ROSE TATTOO, THE WILD / 18.06.2018 – Kiel, RADIO BOB CAMP
- Details
- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Dienstag, 03. Juli 2018 14:14
- Geschrieben von Siggi Sick und Philipp Wolter
- Zugriffe: 2375
Philipp: Es geschieht tatsächlich erst in der Mitte des – so viel sei vorweggenommen – sensationellen Konzertes, dass mich folgende Erkenntnis wie ein Schlag trifft: Das Timing für eine massive Rückkehr von ROSE TATTOO könnte nicht besser sein, denn der Thron des schmutzigen Rock’n’Roll/Hardrock ist verwaist. Lemmy ist tot und AC/DC sehen nicht viel gesünder aus. Und ohne Scheiße: In der Form, in der sich ROSE TATTOO hier und heute präsentieren, haben sie sehr gute Chancen, sich noch einmal nachhaltig in den Annalen des Rotz-Rock’n’Roll einzutragen.
Photos von Siggi Sick
Philipp: Für Irritationen sorgen allerdings konservative bis rechtspopulistische Äußerungen Angry Andersons in der jüngeren Vergangenheit. Wie schwerwiegend diese sind und ob sie das Erbe der Band nachhaltig beschädigen, muss wohl jede*r für sich selbst entscheiden. Im Falle Phil Anselmo ist es für mich zum Beispiel so, dass ich mir seit der „White Power“-Entgleisung weder PANTERA noch DOWN anzuhören vermag, aktuelle Interviews machen die Sache eher schlimmer. Ist das hier auch so? Holger Stratmann sieht die Sache im aktuellen ROCK HARD differenzierter: „Im gesetzteren Alter nimmt Anderson noch einen Seitenwechsel vor. Lange Zeit galt der Sänger als links, trägt nach wie vor den Overall der Arbeiterklasse als Bühnenkleidung, kümmert sich um sozial Benachteiligte. In den letzten Jahren kandidierte er jedoch für drei konservative politische Parteien, darunter die National Party und die Australian Liberty Alliance, und macht mit patriotisch angehauchten, mitunter anti-muslimisch erscheinenden Stellungnahmen auf sich aufmerksam. Oder kritisiert er zu Recht einfach nur eine aus dem Ruder gelaufene Einwanderungspoltik, die im bis dahin als weit fortschrittlich geltenden Australien für erhöhte Spannungen sorgt? Aus der Distanz schwer zu beurteilen. Ein vom Fernsehen bezahlter Trip nach Kabul und die hautnahe Begleitung von Flüchtlingen konnten seinen Standpunkt aufweichen. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass dieser Mann Widersprüchliches in sich vereint und jede Wahrheit für sich stimmig ist. Angry Anderson ist ein Mann mit vielen Facetten.“ (ROCK HARD #374, S. 24). Nach diversen Interviews und seinen heutigen Bühnenansagen würde ich für mich sagen, dass ich das auch nicht abschließend beurteilen kann, mir Anderson aber recht reflektiert vorkommt.
Das Wort hat erst mal Dr. Sick, der auch die „Vorband“ THE WILD sieht, was mir aufgrund einer Exkursion verwehrt bleibt:
Siggi: The Wild..Canadische Rednecks.. fiese Bärte..breitbeinnig die Les Paul im Schritt..der halz mit tattoos--3 Tage Razur..halzkette aus schmiede eisen...so stellt man sich Schwarzbrenner Rock'n Roll der dreckigen Sorte vor..schmissiger Biker,Schweine Rock..bier saufend werden Songs mit Texten von ,,Hell..living free ..party till dead :,usw reingeschmettert.. die Haare noch fettig von der Canada border line,aber alles Nebensache.. wenn Europa weggerockt wird ,,Muss der harte Schweiß in der Kutte kleben ..ja und mitten im set steigt der Sänger auf die Bassdrumm ..um mit einem irren Jump den Rock Brutal im Flug zu Riffen...hatte die Handy quetsche im Griff und hab ein hammer Pic geschossen.. fettass Foto by Siggi Sick ... Haben coole videos auf YouTube were they Brake alot and fuck shit off..yeah
Philipp: Boah, ich bin mal so richtig gespannt, was uns jetzt erwartet. Wer spielt überhaupt bei ROSE TATTOO, nachdem bereits sechs (!) ehemalige Bandmitglieder verstorben sind, nämlich Dallas „Digger“ Royall (1947 – 1989), Pete Wells (1946 – 2006), Ian Rilen (1947 – 2006), Lobby Loyde (1941 – 2007), Michael (Mick) Cocks (1955 – 2009) und Greg Clarke (1961 – 2011). Es handelt sich zum Teil um Leute, die bereits in der Band waren, so zockte Dai Pritchard bereits in den Nuller Jahren die Slide-Gitarre, Randall Walker ist seit 2011 an der Rhythmusklampfe und Paul DeMarco ist seit den Neunzigern dabei. Für ein Zungenschnalzen sorgt die Tatsache, dass mit Mark Evans am Bass ein alter AC/DC-Recke zur Besetzung gehört. Der war immerhin von 1974 bis 1977 bei AC/DC und hat die Alben „High Voltage“, „Dirty Deeds Done Dirt Cheap“, „Let There Be Rock“ sowie EP „74 Jailbreak“ miteingespielt.
Es geht los. Schnell werden zwei Dinge klar: Es ist ENDLICH mal angemessen laut auf dieser Bühne! Und: Die Band ist tight, und zwar verdammt tight! Da sitzt jeder Beat und jedes Riff mit Präzision und Wumms, dazu ist Angry stimmlich und konditionell gut drauf. Mit „One Of The Boys“ gibt es gleich einen Dampfhammer vor die Stirn, der leidenschaftlich vorgetragen wird. Der Platz füllt sich und die Rock’n’Roll-Meute gerät schnell in Wallung. Angry nimmt sich fast nach jedem Zeit für Ansagen, die an uns „brothers and sisters“ richtet. Es geht meistens um Liebe und dass man aufeinander achten solle. Wobei ich 40% von dem Genuschel auch nicht wirklich verstehe. „Juice On The Loose“ pflügt das Campt durch gnadenlosen, aber beschwingten Groove um, bevor mit „Man About Town“ tatsächlich ein neuerer Song von der sehr guten 2007er „Blood Brothers“-Scheibe kommt (Angry: „We got a new album out – recorded ten years ago…“). In der Folge hagelt es Klassiker der ersten drei Alben, von denen besonders „Assault & Battery“, „Rock’n’Roll Outlaw“, „Branded“, „The Butcher And Fast Eddy“, „Rock’n’Roll Is King“, „We Can’t Be Beaten“ und die Zugabe „Nice Boys Don’t Play Rock’n’Roll“ für Euphorie sorgen. Die No Bullshit-Attitüde der Galgenvögel und die knallharten, astrein gespielten Versionen dieser Songs überzeugen restlos und lassen dieses Line-Up mit dem des Comebacks in Wacken 2000 ebenbürtig erscheinen. Das hätte ich nicht gedacht. Viele Anwesenden berichten, dass der heutige Auftritt deutlich besser ausfällt als der in der Hamburger Markthalle neulich, auf dem Angry nicht ganz so fit gewesen sei. Die Slide-Gitarre bohrt sich immer tiefer in mein Hirn, Angry röhrt und leidet, die unsterblichen Riffs und Refrains rattern alles weg. Da trinkt sich das Bier wie von allein. Am Ende sickert die Erkenntnis, einer legendären Show beigewohnt zu haben.
Siggi: Rose Tattoo Australisches Urgestein in Sachen Slide Rock n Roll vom Feinsten...der Sound ging mal richtig rein..Bad Boys for Love..zeitlose Klassiker am Stück..Angry der Sänger kamm mit lecker xxl Craft Bier Buddel auf die Stage,,und freute sich auch voll auf die Live Party..spielfreude pur.. die Band sehr gut im Boogie Rhythmus..bei seinen ansagen zwischen den Stücken ging er auch auf die vielen Freunde die schon verstorben sind ein...für mich ein absolutes Highlight..da ich schon 78 die erste lp hatte und Hard Rock Ruhlz,Yes Zum Schluss noch mal fett..Nice Boys gebracht..mehr geht nicht
The Butcher and Fast Eddy- War für mich aber der Song von Rose Tattoo den ich am meisten hören wolte,,Schmissiger BluesAbsturz --unerreicht in seiner PerformanceTextAussage.. herrlich langsam steigert er sich in der Song Strucktur--bis zur totalen hingabe und aufbrausendem ende --wälzt sich in dein Leben und läst dich den Song nicht wieder vergessen ..echte Kunst auch...
Philipp: Jetzt darf man gespannt sein, was ROSE TATTOO auf Platte veranstalten werden. Die beiden Spätwerke „Pain“ und „Blood Brothers“ waren erstaunlich gut – mal sehen, ob auch die aktuelle Besetzung songwritingtechnisch überzeugen kann. Es käme zur rechten Zeit und wäre hochwillkommen!