AUTHOR AND PUNISHER, TREPANERINGSRITUALEN / 22.05.2018 – Kiel, Alte Meierei
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Montag, 28. Mai 2018 19:29
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Ich stehe gerade am Tresen, als eine Gestalt aus dem Café der Meierei tritt. Der Kerl ist durch eine Kapuze verhüllt, in Lumpen gekleidet und grunzt bereits beim Gang zur Bühne in sein Kopfmikro. Als er direkt an mir vorbeigeht, dringt ein stechender Geruch in meine Nase: Der Typ stinkt hart! Bei näherem Blick erahnt man, warum: Offenbar hat der TREPANERINGSRITUALEN-Mensch die DEVIL’S BLOOD-Attitüde verinnerlicht und sich mit Schweineblut eingeschmiert. Zum Glück wird ordentlich Kunstnebel in die Meierei gepumpt, über den ich selten so erfreut war wie heute, überdeckt das Zeug doch den olfaktorischen Overkill. Im Gegensatz zum eingangs erwähnten Tristan Shone beschränkt sich der Meister aus Göteborg auf Geröchel und Growls, während der Hintergrundsound aus der Dose pröttelt. Die Musik klingt reduziert, fast primitiv und besitzt eine punkig-asoziale Ausstrahlung. Es wummert, klingt insgesamt nach Ambient, Noise oder sogar Techno, wobei ich wie bei den meisten Projekten, bei denen die Musik in der Livesituation aus der Dose kommt, ein irgendwie leeres Gefühl empfinde. Ein richtiger Kick bleibt aus, der Leitspruch „kein Schlagzeug = no satisfaction“ bewahrheitet sich letztlich mal wieder.
Bei AUTHOR AND PUNISHER ist das tatsächlich anders. Dadurch, dass Shone wie oben bereits beschrieben an seinen Gerätschaften ackert, hat man eher das Gefühl eines Konzerts, dass hier also verschiedene Sounds im Moment kreiert werden und aufeinandertreffen. Wenn ich es richtig verstehe, funktioniert dieses Schiebedingsie wie ein Drumpad, das aber nicht gedrückt wird, sondern durch Bewegung einzelne Drumschläge erzeugt. Mit der einen Hand spielt Shone somit Schlagzeug, wenn man so will. Mit der anderen Hand und mit den Füßen werden Gitarrenloops erzeugt, Pianosounds hervorgerufen und so weiter. Es klingt tatsächlich dynamisch! Und es sieht einfach abgefahren aus, wie der Künstler aus San Diego sein selbstgebautes mechanisches Monster bedient. Der Ex-Maschinenbauingenieur liefert eine Sounderfahrung, die einzigartig ist. Bandnamen zu nennen, finde ich hier eher irreführend, auch passt AUTHOR & PUNISHER nicht wirklich in ein klar zu definierendes Genre. Es pulsiert, vermittelt bisweilen einen klaustrophobischen Eindruck, lädt durch doomig schwere Parts zum Headbangen ein und lässt den Hörer beunruhigt zurück.
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