PROTECTOR, PRIPJAT, SKULLED, EMPIRESFALL / 24.06.2016 – Hamburg, Bambi Galore

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Aus meiner Kieler Hood will doch tatsächlich kein Schwein zu PROTECTOR. Wie kann das bitte angehen, was ist das für ein mittelschwerer Skandal? Schließlich hat man die Thrash-Urgesteine nicht gerade häufig live bestaunen können. Ich erst einmal 1992 (mit D.V.C. und NO RETURN in Lübeck) und das war nicht mit Urshouter Martin Missy am Mikro, sondern die Besetzung mit Oliver Wiebel. Da heißt es also, allein nach Hamburch zu düsen - macht ja auch Spaß, schon im Zug treffe ich Bekannte (mit anderen Zielen allerdings) und in Billstedt beim Dönertreff gibt's das nächste Begrüßungsbierchen. PROTECTOR speisen dort übrigens zeitgleich auch gerade.


Das Ganze dauert dann zu lange, um noch RAYDER mitzubekommen, welche aus Hamburg kommen, Speed Metal zocken und heute ihren ersten Auftritt überhaupt spielen. Schade, soll ziemlich gut gewesen sein, wie mir danach mehrere Nasen erzählen. Der Merchstand hat ein richtig üppiges PROTECTOR-Angebot am Start, da wird der Backkatalog mal schön verwaltet. High Roller haben ja einiges rereleast, dazu gibt es von FLOGA-Records ein richtig gieriges Tape-Boxset mit “Misanthrophy”, “Golem” und “Urm The Mad” und von F.O.A.D.-Records eine Doppel-LP mit alten Demosongs und Liveaufnahmen (fetzt alles weg!). Whoa, da wird mal hart geshoppt und es bleibt gerade noch genug Kohle für Bier und Schnaps übrig.


Ja, glaubt es oder leckt mich am Arsch, aber die Hamburger Thrasher EMPIRESFALL hab ich bisher noch nicht gesehen, immer irgendwie verpasst. Aber jetzt ist meine Chance da und die wird ergriffen. Das Quartett böllert angenehm old schoolig, klingt roh und aggressiv. Die Hitze im Bambi ist heute unfasslich, womit Band und Mob zu kämpfen haben (Sänger/Gitarrist Franky nach dem dritten Song oder so: “Verdammt, ich hab schon Arschwasser!”), was aber niemanden davon abhält, die Rübe zu schütteln. Die Band gefällt mir, denn das kommt sehr direkt und dreckig aus den Boxen gedonnert. Wird sich definitiv noch mal gegönnt und das Debutalbum “Riot” angecheckt!


Von SKULLED (Thrash aus Bremen) bekomme ich durch zuviel draußen abhängen und sabbeln nicht soviel mit. Es hat sich unten auch ziemlich geleert, da viele nach zwei Hamburger Bands erst mal 'nen Päuschen einlegen. Ich gucke aber natürlich dennoch für ein paar Songs rein und attestiere dem Sänger 'ne ganz geile Röhre, wenngleich den Bremern im Vergleich zu ihren Vorgängern die Rohheit fehlt und im Vergleich zu der danach folgenden Abrissbirne PRIPJAT die hektische Chaosenergie.


Denn PRIPJAT hatte ich so geil niemals erwartet, obwohl mir die Kölner Speed/Thrash Metaller schon durch diverse sympathische Interviews aufgefallen sind! Pfeilschnelle Songs mit abwechslungsreich pulsierenden Beats und Riffs, die sich nicht hinter SLAYER oder KREATOR verstecken müssen – in deren besten Zeiten. Die Energie der Band ist förmlich greifbar und erinnert an die ähnlich krass abgehenden EVIL INVADERS. Wobei ich bei PRIPJAT den Gesang noch etwas stärker finde. Kirill Gromada heißt der Sänger und Gitarrist und wie man schon am Namen erahnen kann, stammt der Genosse ursprünglich aus Russland, (nach Recherche exakter: aus der Ukraine). Genau wie der zweite Teil des Gitarrenduos Eugen 'Dude' Lyubavskyy - “Sons Of Tschernobyl” indeed! Zumal Pripjat der Name einer Geisterstadt in der Nähe des berühmten, mittlerweile unter einem Sarkophag liegenden Reaktors ist. Da scheint sich noch ein bisschen hulkische Reststrahlung in den Hirnen und Bodys dieser Freaks zu befinden, denn was hier von der Bühne lärmt, ist ja schier von übermenschlicher Power. Geil. PRIPJAT SMASH! Bühne kaputt!


Um hier noch irgendwelche Züge erwischen zu können, ist es längst zu spät, aber ich habe immerhin einen Lift bis nach Neumünster und zurück kommen sie ja schließlich immer. Viel wichtiger ist der Moment, denn der gehört PROTECTOR! Martin Missy und seine schwedischen Schergen suhlen sich im morastigen Sound der Frühwerke. Die Gitarre klingt so, als wenn Tom G. Warrior zu HELLHAMMER-Zeiten für Sound und Spielweise zuständig wäre. Also optimal. Neben viel Geknüppel begeistern mich bei PROTECTOR auch unbedingt die langsamen Songs, deren Riffs sich so richtig tief ins Hirn schlürfen. Was für ein geiler Steinzeit-Groove! Und Martin Missy klingt genau wie früher in den Achtzigern, was mensch ja auch bereits auf den beiden sehr gelungenen Alben der aktuellen Besetzung “Reanimated Homunculus” sowie “Cursed And Coronated” hört. Konsequenterweise gibt's 'ne Mischung aus neuen Songs wie “Xenopohobia”, “Calle Brutal” oder “Reanimated Homunculus” und natürlich ohne Ende Klassikern von “Goooooleeeeeem!” über “A Shedding Of Skin”, “Urm The Mad” bis hin zu “Protector Of Death”, letzterer vom ersten Demo von 1986. Songs, die meiner Meinung nach das Optimum im Extrem Metal darstellen, zumal sie auch noch antifaschistische Postionierungen und politische Texte vorweisen, zumindest einige. Ergänzt wird die Setlist um ein MOTÖRHEAD-Cover, nämlch “Overkill”. Es stinkt nach ranzigen Kutten, nassem Hund und Bier im Bambi, als PROTECTOR schließlich irgendwann die Bühne verlassen. Ein herrliche Old-School-Keule, welche absolut überzeugend ausgefallen ist!


In Neumünster hat dann sogar noch eine Kneipe auf, wodurch auch die letzten Stündchen überbrückt werden können, bis die Züge wieder fahren. URM THE MAD!

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