AND THEN THEY RUN, ALWAYS WANTED WAR, SODIUM / 30.08.2013 – Kiel, Schaubude & bisken HEAVY NIGHT am Bootshafen

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Ach, warum wollt ihr mich denn alle quälen und veranstaltet am selben Tag eure wundervollen Konzerte? Heute auch noch in 400 Meter Luftlinie Entfernung. Doch so nah wie die Schaubude und der Bootshafen auch liegen – die Idee, sich in die Mitte zu stellen (Emil-Lueken-Brücke oder so) und BEIDES zu hören, erweist sich als wenig befriedigende Erfahrung.

Also erst mal zum Bootshafen, wo die Bands auf einer Art schwimmenden Bühne zocken, welche durch einen Laufsteg mit dem Ufer verbunden ist. Leck mich am Arsch, hier ist es ja richtig voll! Und nicht mit Pulliknotern, die zufällig vorbeiflanieren! Nein, das Vorherrschen der Farbe Schwarz (jaja, ist keine Farbe, Schlaumeier. Fresse!) weist zweifelsfrei auf hohe Schüttelrübenhaltigkeit im Publikum hin. Offenbar zieht die Kombination des ungewöhnlichen Schauplatzes und der Tatsache, dass die Chose nichts kostet! Die Stufen des Bootshafens sind jedenfalls gut gefüllt, man trifft Bekannte auf Schritt und Tritt. Können gut 500 Leute sein (schwierig zu schätzen). Was mich zur Frage bringt: Wo seid ihr eigentlich sonst? Wären 500 Leute zu NOISE FOREST und METAL WITCH gegangen, wenn diese für 6,- Euro in irgendeinem Klub gespielt hätten? Wohl optimistisch geschätzt eher höchstens 100. Woran liegt das? Underground-Konzerte kosten häufig unter 10,- Euro, der Umsonst-Faktor allein kann doch nicht allein dafür verantwortlich sein. Und klar isses nett da am Wasser, aber für einen Abend voller Rock'n'Roll dürften viele von euch auch gern mal häufiger die Ärsche hochbekommen und Läden/Veranstalter etc. unterstützen, die angesichts leerer Hütten das stetige Damoklesschwert drohenden finanziellen Ruins über sich schweben sehen.

 

 

Toll ist es hier aber zweifelsohne. Zu meinem Glück fangen kurz nach meiner Ankunft METAL WITCH an, die Band, die mich vom Bootshafenprogramm heute am meisten interessiert und die mich vor Jahren bereits auf dem HEADBANGERS OPEN AIR überzeugt haben. Klasse Riffs, die an ACCEPT erinnern, schreddern die beiden Gitarristen. Dazu 'ne Reibeisenstimme, die sich allerdings noch prägnantere Gesangslinien herausleiern dürfte und im Mix nicht präsent genug erscheint. Dennoch geeignet, um metallisch in den Abend zu grooven.

Den gesamten Auftritt können wir allerdings nicht sehen, da es bei drei Bands in der Schaubude erfahrungsgemäß zeitig losgeht. Schade, NOISE FOREST hab ich zwar schon unzählige Male gesehen, jedoch noch keinen Auftritt seit ihrer „Reunion“ mitnehmen können. Aber die Farewell-Show von ATTR geht zweifelsohne vor.

Wird es denn in der Bude leer sein, wenn alle am Bootshafen weilen? Mitnichten! Proppevoll isses, als wir uns hineindrängeln! Und wir sind nicht zu früh vom Bootshafen abgehauen, SODIUM spielen just ihren ersten Song. Auch hier ist es eine Art Abschied – nicht von SODIUM als Band, aber von dieser Besetzung, denn Czassi (b) hat heute seinen letzten Gig mit den Hävener Hunden. Dieser Abend dürfte ihm den Abschied schwer gemacht haben. Denn SODIUM langen noch mal richtig mit der großen Kelle hin. Bastian knüppelt und blastet wie ein Bekloppter, Hendrik und Chris riffen im besten FALL-OF-EFRAFRA-Stil und Lucas torkelt grölend durch die halbe Bude. Dazwischen Czassi, dessen Bassgewaber ich seltsamerweise heute vor allem im linken großen Onkel spüre. Um den Abschied gebührend zu begehen, haben sie für jedes AND-THEN-THEY-RUN-Bandmitglied personalisierten Perlwein als Präsent dabei! Also richtig mit dem jeweiligen Namen auf die Pulle bzw. deren Etikett gedruckt! Wir bekommen auch Perlwein per Tablett. Begeisterung. Mehr! Doch die Zeit ist rum, Zugaben sind Rockstarscheiße, nicht mal einen letzten Witz darf Czassi erzählen...

ALWAYS WANTED WAR waren auf US-Tour (!) und schulden uns noch ihr (versprochenes!) Tourtagebuch. Als wollten sie diese Schande wiedergutmachen, treten sie einen hemmungslosen Hardcore/Metal-Orkan los (vielleicht haben sie auch einfach Bock...). Nikolas und Dennis stehen beide vor der Bühne und somit direkt im Mob, malträtieren ihre Saiten und schreien den Asis direkt in die Fratzen, gern auch ohne Mikro. Auch bei AWW sitzt ein Tier an den Drums – Henning hackt, hobelt und drischt auf die Felle ein. Manchmal streichelt er sie auch, aber nur wenn keiner hinguckt. Der Boden ist schon flutschig von Getränken und Körpersäften, die ersten Leuten machen sich lang, um die Mikros tummeln sich Mitbrüllwillige. Herrlich hier also. Ach ja: Kauft euch unbedingt den AWW-Longplayer!  

Und dann... Die finale Sause einer der besten Kieler Bands. Sollte ich die zehn großartigsten Tonträger auflisten müssen, welche das Kiel-Loch je hervorgebracht hat, so stünde „The Core And The Shell“ auf dem Zettel. Das sehen offenbar alle Anwesenden ähnlich und es entsteht ein Energieaustausch zwischen Band und Publikum, dessen Emotionalität sich in dieser Form nur auf einem Abschiedskonzert entwickeln kann. Es ist kein perfektes Konzert, aber das gewisse chaotische Element gibt der Attacke gerade die nötige Würze. So rennt der Ex-Bassist sichtlich bewegt mehrfach auf die Bühne und wedelt dort hektisch mit allen verfügbaren Extremitäten, was mehrfach zu umgestoßenen Mikroständern, rausgerissenen Mikros und schließlich unweigerlich zu einem zerfetzten Kabel führt. Immer wieder werfen sich Teile der Besucherschaft in Wellen nach vorne, bölken Refrains und Textpassagen in die Mikros, trompeten in urplötzlich omnipräsente Karnevalströten. Der Fels in der Brandung ist Niles, der mit abgeklärtem Blick immer wieder an die Mission erinnert, ein Konzert spielen zu wollen. Präzise und konzentriert bearbeitet der Noch-Kieler und Bald-Hamburger, der auch bei OPHIS und FÄULNIS Schlagzeug spielt (und auf der gerade erschienenen THRÄNENKIND singt), sein Kit – ich guck gern zu. Svend, Ufo und Blastbeat-Productions-Olli sind ein herrliches Saiten-Team, dabei allein schon optisch so derbe unterschiedliche Typen, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hingucken soll und sich am besten unterhalten fühlt. Vielleicht zu Peder, der sich die Seele herausbrüllt und screamt. Passt bestens zu den zum Teil abgefahrenen, zum Teil hammermelodischen Riffs. Für den wohl krassesten Moment sorgt „Jaded Empire“, dessen Zeilen „I’ve grown so weary. Relieve me. I want out. Let’s escape from this fucked up world. ‘Cause it’s a Dead end. WE ARE DONE HERE. IT'S OVER“ gefühlt von allen Anwesenden mitgebrüllt werden. AND THEN THEY RUN R.I.P.!

Danach locken die Trottelbrüder, die ich zusammen mit JoyBoy als beste DJs in Kiel empfinde. Es kommen auch gleich diverse Klassiker und Kracher, denen man mindestens parallel zum Schnacken und Trinken gerne lauscht. Doch irgendwie muss ich nach einem Konzi in der Schaubude immer raus an die frische Luft. Wie so oft geht es von dort aus zu Murat und wenn man da erst mal sitzt, findet man erst spät wieder hinaus, wenn überhaupt...

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