DEPECHE MODE / 17.06.2013 – Hamburg, Imtech Arena
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Mittwoch, 19. Juni 2013 14:23
- Geschrieben von Philipp Wolter
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Joah, da hatte Kerstin also mal einfach zwei Tickets für DEPECHE MODE bestellt. Für wen denn das zweite sei, frage ich. Überflüssigerweise, wie mir ihr Blick im selben Moment zeigt. Aber warum nicht, wir wechseln uns beim Frühstück generell gern mit dem Musikbestimmungsrecht ab, wenn wir nicht gerade eine der wenigen Bands hören, die wir beide mögen. Ich bin also gewissermaßen passiv mit dem Material von DEPECHE MODE vertraut, weiß aber so gut wie nichts über deren Background. Hier also ein völlig inkompetenter Konzertbericht meinerseits (und wer jetzt „mal wieder!“ ruft, der darf gleich die linke Backe hinhalten) ...
Bilder von Toni Gunner - mehr: http://mondkringel-photography.de/depeche-mode-17-06-2013/
Spätestens am Hamburger Hauptbahnhof brauchen wir uns nicht mehr selbst zu orientieren, sondern lediglich stumpf den Massen in DM-T-Shirts zu folgen. Man bräuchte dabei nicht mal die Augen zu öffnen, denn als wir ins S-Bahn-Abteil steigen, werden wir olfaktorisch zurück in die Neunziger versetzt. CK1, flüstert Kerstin. Die zur Imtech Arena strömenden Massen sind fast ausnahmslos altersmäßig dem Ü40/Ü50-Bereich zuzuordnen. Für mich sind das diverse ungewohnte Konzerterfahrungen. Metal- und Punkbands erreichen aus irgendwelchen Gründen doch auch viele Kids und wenn ich zwei Tage später bei IRON MAIDEN weile, werden dort mindestens vier Generationen vertreten sein. Allerdings nicht derart viele Menschen – wie ich später erfahre, sind heute 45.000 Besucher_innen zugegen. Auch interessant: das Meer aus weißen Shirts. Überhaupt kenne ich hier mal GAR KEINEN. Das ist mir seit Jahrzehnten nicht passiert, dass ich auf einem Konzert (in Hamburg) kein bekanntes Gesicht treffe. Die Imtech Arena (klingt der Name nur für mich irgendwie ägyptisch?) entpuppt sich als gigantisches Fußballstadion, in welchem wir uns erst mal mehrfach verlaufen, bis wir unsere Plätze finden. Diese liegen in schwindelerregender Höhe ganz oben auf der der Bühne gegenüberliegenden Tribüne. Bei dieser Höhe bekomme sie Sodbrennen, sagt Kerstin und schickt mich auf die Jagd nach einem der Brezelmänner. Brezeln seien gut gegen Magensäure. In unserer Nähe sitzt dann doch ein Typ, der mich grüßt, als kenne er mich seit Jahren. Ich grüße vorsichtig zurück, denn genau das könnte ja der Fall sein. Wer merkt sich all die Namen, wer kennt all die Gesichter?
Die im Hintergrund laufende Musik habe ich bisher für reine Pausenbeschallung aus der Konserve gehalten. Ist aber ganz schön laut und stimmt nur so halb. Da stehe doch ein Sänger, ist sich Kerstin sicher. Oh, stimmt, ich hatte den allerdings für ein Crewmitglied gehalten, welches den Sound checkt. Das ist aber auch der einzige Musiker auf der Bühne. Niemand scheint seinen Namen zu kennen, lediglich die ersten Reihen reagieren (was hier zugegebenermaßen zwischen 500 und 1000 Leuten entspricht). Die Musik ist so'n Drum & Bass-Gewummer, zu welchem der Typ mit nölig-quakiger Stimme singt. Naja, der Spuk ist auch schnell wieder vorbei und wir betrachten von oben das Ameisengewimmel in der Arena.
Zum Glück sind DEPECHE MODE komplett live – zu der Dreierbesetzung, die man von den Fotos kennt, gesellen sich zwei weitere Live-Musiker am Schlagzeug und (zweitem) Keyboard. Nach kurzer Recherche erfahre ich, dass die beiden bereits seit den späten Neunzigern dabei sind. Muss auch komisch sein – da spielste jahrelang in 'ner Band mit, tauchst aber auf keinem Promophoto auf. Ein weiterer Bonuspunkt sind die drei Videoleinwände, welche das Geschehen auf der Bühne sowie Videoschnipsel und psychedelische Farben zeigen. Sonst hätten wir von unseren Plätzen aus nicht wirklich viel gesehen. Erstaunlich gut gelingt die Beschallung der kompletten Arena, das Klangbild ist laut, wuchtig und gut abgemischt. Mit einem neuen Song – „Welcome To My World“ - geht es los. Der stößt noch nicht auf die späteren gigantischen Resonanzen, welche die Klassiker einfahren. Dennoch kein schlechter Opener, pumpt gut und hat eine durchaus düstere Atmosphäre. Überhaupt gefallen mir bei vielen Stücken die melancholischen Vibes, welche mich zum Teil an JOY DIVISION erinnern. Im Mittelpunkt steht Sänger Dave Gahan. Der tänzelt gekonnt über die Bühne und spielt herrlich ironisch mit den Erwartungen des Publikums. Jede kleinste Bewegung außerhalb der Norm wird mit ekstatischen Schreien aus Tausenden Kehlen quittiert. So wirft der Sänger sein Jäckchen nach dem ersten Stück einem Roadie zu – Euphorie. Der Mikroständer wird in die Luft geschleudert und generell als Showrequisite genutzt – teilweise schraubt sich Gahan in immer schnelleren Pirouetten um das Teil herum. Später trägt er lediglich eine Weste über der nackten Brust, die an geschickt kalkulierten Stellen auch mal lasziv gelupft wird... „Walking In My Shoes“ beschreibe die harte Drogenvergangenheit des Sängers, wird mir erzählt. Ein klarer Höhepunkt, dem viele weitere folgen.
Zur Abwechslung steht im Mittelteil mal Gitarrist/Keyboarder Martin Gore im Vordergrund: Gahan verschwindet, Gore singt zwei ruhigere Songs, welche in einen lauten Ohooo-ohooo-Chor des Publikums münden. Sehr intensiv kommt das zäh wabernde „Black Celebration“. Ein weiterer Song, den selbst ich kenne, ist „Personal Jesus“, dessen „Reach out, touch faith“ massiv mitgebrüllt und von imposanten Lichteffekten begleitet wird. Am lautesten ist das Publikum wohl bei dem Refrain „Words are very unnessecary“ von „Enjoy The Silence“. Insgesamt sagen mir recht viele Stücke zu, die zum Teil düsterer als so manche Metalband klingen. Natürlich gibt es auch Passagen/Songs, die mir zu poppig oder zu pathetisch sind. Aber mein Fazit ist positiv: Trotz einiger nerviger Randerscheinungen, die eine Veranstaltung dieser Größenordnung mit sich bringen, hab ich an DEPECHE MODE live meinen Spaß. Beeindruckende Show einer charismatischen Band!
Hier noch die Playlist laut last fm:
Welcome to My World
Angel
Walking in My Shoes
Precious
Black Celebration
Policy of Truth
Should Be Higher
Barrel of a Gun
Higher Love (Sung by Martin)
But Not Tonight (Acoustic; Sung by Martin)
Heaven
Soothe My Soul
A Pain That I'm Used To ('Jacques Lu Cont's Remix' version)
A Question of Time
Secret to the End
Enjoy the Silence
Personal Jesus
Goodbye
Encore:
Home (Acoustic)
Halo ('Goldfrapp Remix' version)
Just Can't Get Enough
I Feel You
Never Let Me Down Again
Kommentare
Von unseren Standpunkt aus war der Sound bei MAIDEN gestern von Beginn an sehr gut. Bericht folgt...
Der Sound war für Stadionverhältnisse echt super !
Hätte sich gestern der Soundmixer bei Iron Maiden in der O2 Arena ein Stücken abschneiden können !
Die ersten 4-5 Songs gingen ja mal garnicht !
Up the irons Phillip
CKone ist son Parfum für Jungs und Mädchen aus den neunzigern, das hatte meine Schwester auch ;)!
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