KEEP IT TRUE XVI / 2013 – Lauda-Königshofen, Tauberfrankenhalle, Tag 2
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- Kategorie: Berichte aus dem Pit
- Veröffentlicht: Donnerstag, 09. Mai 2013 15:51
- Geschrieben von MetalSon und Stumpfer Fischkopp
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Stumpfer Fischkopp: Hatte ich mich gestern direkt nach dem Frühstück unfreiwillig meines Magennhalts entledigt („calling Ralf on the porcelain phone“ heißt dat wohl jetzt Neudeutsch), fühle ich mich heute richtig gut und potent für ‘nen metallhaltigen Tag. Ich kann schon mal vorausschicken, dass der zweite Teil unfassliche Knaller, einen faulen Fisch und am Ende noch eine außermusikalische Begegnung der dritten Art bereithalten sollte.
Fotos von Hille, im Fall von OCTOBER 31 von Frank Jäger und die von LEGEND sind von Michelle - www.metal-rock-impressions.com
EVIL INVADERS:
Stumpfer Fischkopp: Yeeeeha! Genau DAS habe ich zum Auftakt gebraucht. Hemmungslos knallender Speed/Thrash Metal, vorgetragen von vier jungen, dürren Typen in bunten Shirts. Herrlichster Kreischgesang, minutenlanges Solo-Gewichse. Ja, bin ich denn schon ins Koma gefallen und halluziniere das nur? Immer in dem Moment, als ich denke, dass es eigentlich nicht mehr geiler geht, setzen die Belgier noch einen drauf und thrashen mit einem noch fieseren und schnelleren Riff in den nächsten Songpart. Mit „Violence & Force“ gibt es auch ein EXCITER-Cover. Der Gitarrist und Sänger (bitte jetzt nicht lachen) Joe Anus sieht bei seinen krassen Schreien so herrlich gestört ist, dass ich über beide Backen grinse und fast mein Frühstücksbier verschütte. Die Halle ist voll besetzt, der Mob tobt. Übrigens: Ist es dieses Jahr eigentlich voller? Es kam uns allen bereits gestern so vor, als sei es noch nie so voll vor der Bühne gewesen – und das jeweils schon zu den ersten Bands. Unangenehm drängelig ist es zwar noch nicht, aber noch mehr Leute sollte man echt nicht in die Halle lassen. Anyway: Später treffen wir die Halunken von EVIL INVADERS noch auf dem „Campingplatz“ vor der Halle und können sie von zwei Freundinnen aus Kiel grüßen und sie aufs WILWARIN-Festival heißmachen, wo sie im Juni spielen werden. Freu ich mich jetzt schon drauf!
MetalSon: Die jungen Belgier springen für Razorwyre aus Neuseeland ein. Der Auftritt ist einfach nur super. Die Songs sind schnell und mitreißend, so dass auch die letzten müden Kreaturen wach werden. Die Band ist sehr sympathisch und ist an beiden Tagen auf dem Campingplatz und in der Halle zu sehen. Ich finde es immer wieder schön, wenn Musiker bei eigenen Auftritten (Festivals oder Kollegen an einem Abend) immer auch die anderen Bands als Fans ansehen.
Die EP habe bisher noch nicht im Regal stehen. Das wird aber auf jeden Fall noch geändert. Gespannt erwarte ich auch das Debütalbum.
Setlist:
Speed Invasion
Driving Fast
Tortured by the Beast
Alcoholic Maniac
Violence & Force (Exciter Cover)
Siren
Stairway to Insanity
Victim of Sacrifice
Evil Invaders
ATTIC:
Stumpfer Fischkopp: Während der Pause beeilen wir uns besonders mit der kurzen Erfrischung am Streckermobil, denn von ATTIC wollen wir nicht einmal das Intro verpassen. Auf dem HELL OVER HAMMABURG hatten sich ATTIC schon deutlich souveräner präsentiert als noch im Sommer letzten Jahres auf dem HEADBANGER’S OPEN AIR. Eine wahnsinnig schnelle Entwicklung, die ja auch schon erkennbar ist, wenn man das Demo und das Debut vergleicht. Und tatsächlich legen die deutschen Hopefuls heute gar noch mal einen drauf. Man merkt, dass die Band alles recht bewusst und durchdacht angeht, sich Gedanken macht, wie man eine stimmungsvolle Atmosphäre erzeugt und sich auf der Bühne präsentiert. Gleichzeitig wirken alle Bandmitglieder motiviert und spielfreudig. Alle sind permanent in Bewegung, schwatte Kerzen sorgen wie gewohnt für das besondere Etwas. Der Klang ist wirklich perfekt zu nennen, was der Mächtigkeit dieses Auftritts zugutekommt. Meister Cagliostro zeigt sich stimmlich in Topform und stemmt Knüller wie „Funeral In The Woods“, „The Headless Horseman“ oder „Edlyn“ mit Bravour. Hatte man in Hamburg noch PENTAGRAM gecovert, sind heute MERCYFUL FATE mit „Black Funeral“ an der Reihe. Hier zeigt sich einerseits, dass Meister C. original wie der King klingen kann, wenn er will, andererseits aber auch, dass die eigenen Songs sich stilistisch durchaus vom typischen MERCYFUL FATE/KING DIAMOND-Songwriting unterscheiden, z.B. im deutlich extremeren Drumming. Insofern auch eine clevere Wahl für ein Cover. Die Band kann bei den letzten Tönen auf eine Halle voller hochgereckter Arme gucken.
MetalSon: ATTIC sind meine "Lieblings-Newcomer" des letzten Jahres. Beim Headbangers Open Air im letzten Jahr waren ATTIC schon sehr gut. Diesmal agiert die Band noch viel eingespielter und erzeugt eine wunderbare Atmosphäre (die wohl bei einer Clubshow noch intensiver ist). An der Setlist habe ich nichts auszusetzen. Warum ATTIC "Mercyful Fate" covern, habe ich mich schon ein wenig gefragt. Die einzig richtige Antwort kann nur lauten: "Weil sie es können." Auch ATTIC liefen einem schon am Freitag über den Weg. Nur Meister Cagliostro hatte wohl mit Stimmproblemen zu kämpfen und schonte sich (Zumindest habe ich ihn nicht bei der Aussprache meiner Drohung "Morgen komme ich auch wieder zur Signing Session“ gesehen). Einige Besucher vermuten, dass die Stimme vom Band komme, was aber nicht der Fall ist. Ich finde die Leistung auch noch besser als letztes Jahr. Sehr starker Auftritt.
Setlist:
(Intro)
Funeral in the Woods
Join the Coven
(Intro)
Satan's Bride
Edlyn
In the Chapel
The Invocation
Evil Inheritance
The Headless Horseman
Black Funeral (Mercyful Fate Cover)
TORANAGA:
MetalSon: TORANAGA gehen mit ihrem Thrash etwas im Gesamtbilling unter. Ich mag die Briten schon recht gerne. Spielerisch ist alles gut, nur leider wirkt die Band auf der Bühne viel zu statisch. Besonders Sänger Mark Duffy zeigt so gut wie kein Stageacting. Bei manchen Bands macht mir sowas nicht so viel aus. Die gebotene Show muss aber meiner Meinung nach schon zur Musik passen, was hier nur begrenzt der Fall ist. Schade, da ist mehr drin gewesen.
Stumpfer Fischkopp: No rest for the wicked, ein Knüller jagt den nächsten. Also wieder nur schnell ein Bier auf Ex reingekippt und im Spurt zurück in die Halle. Dort riecht es zusehends barbarisch. Zum Geruch der Schnitzelbrötchen gesellt sich eine deutlich pupsige olfaktorische Note. TORANAGA habe ich zum letzten Mal 1990 live gesehen (mit SAXON und METAL CHURCH). Damals fand ich sie recht überzeugend und auch das „God’s Gift“-Album landet bei mir ab und zu auf dem Teller. Sänger Mark Duffy klingt heute allerdings etwas roher und weniger melodiös, was ich etwas schade finde. Dennoch passt auch die rauere Gesangsvariante gut zum Thrash Metal der Briten. Ich muss allerdings sagen, dass der Auftritt trotz guten Sounds und diverser Kracher in der Playlist kein Oberhammer ist. Das mag daran liegen, dass heute einfach zu viele Hochkaräter spielen, neben denen TORANAGA etwas blaß wirken. Das ist allerdings jetzt ganz klar auf hohem Niveau gemeckert, es KANN ja gar nicht jede Band einen Sensationsauftritt hinlegen. Ist auch ganz gut für den Kreislauf, sich mal zu beruhigen, runterzufahren und einfach ein wenig zuzuhören. Mal sehen, wie das kommende Album wird, der vorgestellte neue Song klingt schon mal nicht schlecht. Beste Songs heute: Das pfiffig aufgebaute „The Shrine“ und der OVERKILL-lastige Opener „Hammer To The Skull“.
Setlist:
Hammer To The Skull
Psychotic
Dealers in Death
Sword Of Damocles
Ultimate Act of Betrayal
Sentenced
The Shrine
MIDNIGHT:
Stumpfer Fischkopp: Zeit für ein wenig LUST, FILTH AND SLEAZE! MIDNIGHT begeistern den KEEP IT TRUE-Mob mit einem räudigem Brachialauftritt. Gleich beim ersten Song wird eine Gitarre zerkloppt, wenig später der Bass mit einem Hammer bearbeitet. Optisch schon ansprechend – Gesichtsmasken und Kapuzen, Patronengurte und Leder – hauen MIDNIGHT agil und voller punkiger Power aufs Mett. Immer wieder gehen alle Fäuste hoch und die proppevolle Halle skandiert Black’n’Roll-Granaten wie „Rip This Hell“, „You Can’t Stop Steel“ (Alter!), „Satanic Royalty“ oder „Unholy And Rotten“. Erstaunlich eigentlich, wie schnell MIDNIGHT zum Kult geworden sind, aber das KIT-Publikum rekrutiert sich ja auch aus wohl informierten Kreisen… Mehrfach beleidigen die Musiker den Pöbel und sich gegenseitig, das finale ins Mikro gekotzte „Now clean up your mess and go home“ ist die beste Ansage des Wochenendes. MIDNIGHT haben eben Stil. Das belegen auch der Stagedive des Gitarristen und der präzise austarierte Rumpelfaktor. Dieses Vermögen, bewusst räudig und rumpelig zu spielen, besitzen nicht viele Bands. Wie VENOM will so mancher klingen, scheitert aber an der Schere im eigenen Kopf – MIDNIGHT fangen diesen Spirit tatsächlich ein. Voraussehbar die Kritik einiger Besucher_innen, andere Bands hätten besser gespielt, sich nicht hinter Show-Elementen „versteckt“ und ungerechtfertigt weniger Resonanz eingefahren. Ich finde MIDNIGHTs „Erfolg“ absolut berechtigt – und seit wann sind bitte Action und ein wenig Firlefanz im Metal fehl am Platz?
MetalSon: Der Black/Speed Metal gefällt mir live noch viel besser als auf Platte. Schon bei der Autogrammstunde war die Band vermummt erschienen und "signierte" neben CD- und Vinyl-Covern auch eine kaputte Gitarre mit Hammer und Meißel. Auch beim Auftritt ist die Band vermummt und zerstört während des Beginns von "Vomit Queens" eine Gitarre. Ich finde die Zerstörung von Instrumenten nie gut, passt aber zur Band und der sich entladenden Energie während des Sets. In klassischer Punkbesetzung habe ich selten eine Band solch eine Stimmung erzeugen und halten sehen. Im Rückblick wirkt die Band aber in der Running Order deplatziert, da sie zu etwas späterer Stunde wohl noch mehr überzeugt hätte.
Setlist:
Vomit Queens
Rip This Hell
Lust Filth and Sleaze
All Hail Hell
Take You to Hell
I Am Violator
You Can't Stop Steel
Endless Slut
Satanic Royalty
Black Rock'n'Roll
Unholy and Rotten
OCTOBER 31:
Stumpfer Fischkopp: Endlich mal OCTOBER 31 live! Natürlich können King Fowley und seine Freaks das Level an Stimmung nach dem Anarcho-Orkan nicht halten – dennoch ist es sehenswert, wie die alte Legende über die Bühne tappt. Die ganze Band hat Bock und weiß sicher, dass keiner von ihnen mehr ein Rockstar-Posterboy wird. King Fowley zieht lieber absurde Grimassen und rotzt seinen Gesang deutlich derber als auf Platte raus. Seine Vocals sind gerade für diese Art Heavy Metal einzigartig in ihrer eher tiefen Tonlage. Die Gitarristen konzentrieren sich auf effiziente Old Metal-Riffs, die kraftvoll aus den Boxen donnern. Mit dem bereits auf der „Meet Thy Maker“-LP alles plättenden SAXON-Cover „Power And The Glory“ wählen OCTOBER 31 einen optimalen Abschluss für den Auftritt. Im nächsten Jahr dann DECEASED auf dem KIT, bei denen King Fowley ja Schlagzeug spielt und singt – ich freu mich drauf!
MetalSon: Der Auftritt von OCTOBER 31 ist schon sehr seltsam. Vor der Bühne ist es erschreckend leer. Die Band wirkt sehr kauzig, dabei sympathisch und spielfreudig. Stimmung kommt aber nicht so recht auf, was neben den recht wenigen Zuschauern auch am Material der Amerikaner liegt, da die Qualität der meisten Songs nicht über gehobenem Durchschnitt liegt. Im nächsten Jahr ist Sänger King Fowley mit der Death/Thrash-Metalband DECEASED auf dem Festival. Da erwarte ich einen in der Gesamtheit überzeugenden Auftritt. Im Rückblick ist OCTOBER 31 mein Verlierer des diesjährigen Festivals.
Setlist:
Visions of the End
The Warlock
The Chosen One
Commit to Sin
Salem's Curse
Meet Thy Maker
Rivet Rat
Powerhouse
A Million Goodbyes
Power and the Glory (Saxon Cover)
LEGEND:
MetalSon: LEGEND aus Jersey waren bei vielen Besuchern im Vorfeld des Festivals eine der Bands, auf die sie sich am meisten freuten. Bei mir war es eine Mischung aus Spannung und Vorfreude. "Death In The Nursery" (das erste Mal live in 30 Jahren) und "Hiroshima" gehören für mich zu den ganz großen Songs der NWOBHM. Mike Lezala liefert eine grandiose Gesangsleistung ab und auch der Rest der Band ist super drauf. Man merkt allen beteiligten Personen an, dass sie sich freuen, vor einer so großen Menge an Fans zu spielen. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass der Sound für das Material der Engländer zu verzerrt ist, besonders die Gitarren passen stellenweise eher zu einer Thrash Band. Dieser Umstand ist zwar ärgerlich, schmälert die Leistung der Band aber nicht allzu sehr.
Stumpfer Fischkopp: Zwischendurch widmen wir uns erst mal dem GROSSEN KUTTEN-CONTEST. Magnus, Stefan, Philipp und der MetalSon haben angesichts steigender Zahlen von Metal-Touristen auf größeren Festivals beschlossen, dass KUTTEN her müssen. Eigentlich auch Strecker, aber den hielten Krankheit, Phlegma und Lütje Minze vom gnadenlosen Einsatz der Nähnadel ab. Stefan hat einen DEASTER-Backpatch gewählt, Magnus das MERCYFUL FATE-Cover von „Don’t Break The Oath“ airbrushen lassen und der MetalSon hat gleich zwei Kutten im Einsatz, eine mit NWoBHM-Motiven, eine mit MALIBU BARBI-Backpatch. Da alle geil geworden sind, kann ich als einzig neutrales Jury-Mitglied keine Entscheidung treffen und verordne allen Schnaps.
LEGEND sind in der Tat sehr geil. Der glatzköpfige Sänger Mike Lezala klingt glasklar und schneidet sich durch den Sound. Alle bisherigen Bands des heutigen Tages waren ja recht deftig, LEGEND dagegen setzen eher auf die rockige Seite des NWoBHM, punkten weniger mit brutalem Metal Mayhem, mehr mit eingängigen Refrains („Death In The Nursery“ bleibt sofort haften, wenn du das Stück zum ersten Mal hörst) und filigranen Gitarren_soli.
Setlist:
Hiroshima
Burn with Your Demons
Taste of Life
Death in the Nursery
Red
Why Don't You Kill Me
Prisoner
The Watcher
Buried Alive
In the Dark Place
Too Late to be a Hero
JACK STARR'S BURNING STARR:
MetalSon: Diese Band besteht aus richtig guten Musikern. Das Material finde ich überwiegend auch gut und Jacks (u.a. Virgin Steele, Phantom Lord) und Rhinos (u.a. Manowar, HolyHell) bisherige Stationen dürften der Mehrheit ja auch bekannt sein. Verstärkt wird die Band von Marta Gabriel (Crystal Viper, Börn Again) an der Gitarre. 2008 spielten Jack Starr’s Burning Starr beim Magic Circle Festival ein sehr überzeugendes kurzes Set (6 Songs). Die Vorfreude war also riesig bei mir. Das aktuelle Album "The Land Of The Dead" (2011) wurde mit Bonus Songs neu aufgelegt. 2LP, farbiges Vinyl für 15€: Da gibt es nicht zu meckern. Drehte jetzt auch häufiger seine Runden auf dem Plattenteller. Bei der Setlist wird ein sehr guter Überblick über das Material gegeben. Mit "Land Of The Dead" und "Sands Of Time" finden die zwei stärksten Songs des Albums ins Programm. Besonders hervorzuheben sind die Bandhymne "Burning Starr" und "Evil Never Sleeps". Ein echtes Highlight!
Stumpfer Fischkopp: Tja, es stimmt zwar, dass die Musiker alle fit sind, aber leider wirken JACK STARR’S BURNING STARR auf mich nicht authentisch. Marta Gabriel kommt als einzige engagiert rüber, der Rest eher gelangweilt. Sogar der Meister selbst guckt sparsam unter seiner Perücke hervor. Der Sänger Todd Michael Hall ist zwar bereits seit fast zehn Jahren in der Band, singt auch technisch gut, agiert aber sehr hüftsteif und gehemmt. Der einzige Totalausfall des Festivals – und ich sage das wohlgemerkt als alter VIRGIN-STEELE- und JACK-STARR-Hörer.
Setlist:
Go Down Fighting
The Flame That Never Dies
Blaze of Glory
Guitar Solo
Land of the Dead
Day of the Reaper
No Turning Back!
Sands of Time
Conspiratos Sanctos
Burning Starr
Evil Never Sleeps
STEEL PROPHET:
Stumpfer Fischkopp: Der Unterschied von JACK STARR’S BURNING STARR zu STEEL PROPHET könnte größer nicht sein. Man merkt sofort, dass wir es hier mit einer echten Band zu tun haben, die zudem so richtig hart Bock hat. Und dabei stand der Auftritt auf der Schwebe! Rick sitzt im Rollstuhl, weil er sich bei einem Sturz in unbekanntem Terrain beide Knöchel gebrochen hatte. Erst relativ kurz vorher hatte sein Arzt ihm das Go erteilt. Zum Glück, denn STEEL PROPHET legen einen geradezu seelenvollen Auftritt hin. Ricks charismatische Röhre kann in ihrer Eindringlichkeit auch durch die sitzende Position nicht gemindert werden. Kachinsky und Paget geben ein geniales Gitarren-Duo ab und lassen sich ebenso wenig wie der dauergrinsende und barfüßige Vince Du Juan Dennis beim Abgehen lumpen. Toll auch, wie sich der Auftritt steigert: Nach Granaten wie „Montag“ (mit der Anfangszeile „It’s a pleasure to burn“), „When Six Was Nine“ oder „Sleep Of Despair“ folgen gleich drei erinnerungsträchtige Festivalhighlights, nämlich das ergreifende „Earth And Sky“, das gelungene QUEEN-Cover „Bohemian Rhapsody“ und mein persönlicher Bandfavorit „Strange Encounter“ (wie „Montag“ dreht sich der Song thematisch um Bradburys Buch "Fahrenheit 451"): Wie eine Rakete zischt dieses Stück los, Riffs und Tempo erinnern an AGENT STEEL, Rick brilliert mit Halford-ähnlicher Power und megahohen Vocals, dann der Break, die melodischen Twin-Gitarren, diese unfassbar geile Bridge „And for a moment I was free again…“ bis der Song in einem der besten Metal-Refrains mündet: „Strange life is this / that light shines in / from anothers heart / one can be reborn“. Grandios!
MetalSon: Von Steel Prophet habe ich nicht viel erwartet, da ich nicht so sehr mit dem Backkatalog vertraut bin. Rick Mythiasin ist ein sehr guter Sänger, der phasenweise schon etwas überpräsent ist. Solange die Leistung der des diesjährigen Auftritts erreicht wird, soll mir das aber recht sein. Die Band spielt so klar und emotionsvoll, dass sie zum Überraschungshiglight werden. Die Coverversion von Queens "Bohemian Rhapsody" setzt dem Auftritt dann endgültig die Krone auf. Wahnsinn!
Der nächste Auftritt darf sehr gerne in naher Zukunft erfolgen.
Setlist:
The Ides Of March
Montag
Sleep Of Despair
When Six Was Nine
One Way Out
Trickery Of The Scourge
Penance Of Guilt
Earth And Sky
Death
Bohemian Rhapsody
Strange Encounter
ANGEL WITCH:
MetalSon: Angel Witch sind keine One-Hit Band! Das erste Album besteht fast ausschließlich aus sehr guten Songs. Von dem extrem starken Debütalbum finden sieben Songs den Weg auf die Setlist. Von dem sehr guten aktuellen Album nur zwei Songs. Unberücksichtigt bleiben die beiden Alben "Screamin' n' Bleedin'" und "Frontal Assault". Insgesamt also eine sehr frühphasenorientierte Setlist. Die Stimmung ist durchweg recht hoch und wird dann bei der Bandhymne wieder Gänsehaut erzeugend. Im Gegensatz zu den Kollegen der NWOBHM strahlt die Band leider nicht aus, dass sie große Lust zu spielen hat. Das ist mir alles schon ein wenig zu professionell wirkend. Ansonsten ein würdiger Co-Headliner.
Stumpfer Fischkopp: ANGEL WITCH hatten mir neulich bereits in Hamburg (mit GRAND MAGUS und ENFORCER) sehr gefallen, sind aber heute tatsächlich noch besser. Gesanglich und spielerisch ist die Band mittlerweile um Längen souveräner und eingespielter, der Sound ist eh überfett. Bill Steer harmoniert perfekt mit der Band, als hätte er nie etwas Anderes getan und nicht mit CARCASS dem Extrem Metal gefrönt. Etwas schade finde ich es, dass man so wenige Stücke von der sensationellen „As Above, So Below“-LP zockt, aber an den ganzen Klassikern des Debuts kommen Kevin Heybourne und Co. nun mal nicht vorbei. Natürlich erzeugt „Angel Witch“ den meisten Furor, der Saal geht steil und der mitsingstarke KIT-Mob feiert eine weitere Hymne. Manche stören sich etwas daran, dass Kevin Heybourne sich ansagen- und bewegungstechnisch sehr zurückhält. Der ist halt ein knorriger Typ, der schon immer so war und offenbar keinen Bock auf so etwas wie Show und Animation hat. Für mich voll okay, zumal die Band trotzdem ganz offensichtlich Bock hat.
Setlist:
Atlantis
Confused
Dead Sea Scrolls
White Witch
Sorceress
Gorgon
Guillotine
Free Man
Dr. Phibes
Angel Of Death
Baphomet
Angel Witch
WARLORD:
MetalSon: Nach jahrelangem Warten war es Oliver Weinsheimer gelungen, eine der meistgewünschten Bands zu verpflichten.
Bei der Autogrammstunde ist es extrem voll, die Fans stehen bis zum Halleneingang an, um diverse Utensilien signieren zu lassen. Manch ein Fan hat neben der gesamten Diskographie alte VHS-Kassetten und Tourflyer mit. Nachdem ich alles unterschrieben lassen habe, was ich mithabe, fehlt plötzlich das Booklet des neuen Albums "The Holy Empire". Die CD soll ein Mitbringsel für einen Freund sein. Ich muss wohl etwas geschockt aussehen, da mich Mark Zonder fragt, was ich suche. Nach meiner Schilderung meint er nur: "Warte mal kurz." Nach ein paar Minuten bekomme ich von ihm eine komplett neue CD überreicht, welche die Band dann noch signiert. In der Situation mit so vielen wartenden Fans auf jeden so nett einzugehen ist wirklich etwas Besonderes. Vielen Dank dafür!
Stumpfer Fischkopp: Ein interessantes Phänomen beschäftigt uns im Vorfeld. Immerhin vier von uns (Magnus, Stefan, Philipp und ich) waren 2002 in Wacken und original KEINER kann sich an den damaligen Auftritt erinnern. Alle sind WARLORD-Hörer, z.T. seit Erscheinen des Debutalbums, müssten dem Gig also beigewohnt haben. Als alter Listennerd entdecke ich später zu Hause, dass WARLORD zusammen mit EXODUS, CANDLEMASS, VICIOUS RUMORS und HEATHEN zu meinen Top Five des Wacken 2002 gehörten. Doch auch dieser Fakt triggert keine Erinnerung. Sehr seltsam, denn ich kann mich an viel ältere Shows irgendwelcher Bands aus den 80ern oder so z.T. noch völlig detailliert erinnern. Leider haben wir mit Dremu erst 2003 angefangen, sodass kein Festivalbericht existiert.
MetalSon: "Das Warten hatte also ein Ende, gleich werden sie auf der Bühne stehen." – Falsch gedacht. Der Soundcheck dauert ganze 45 Minuten. Während des Soundchecks gibt es neben Rückkopplungen auch andere Störungen, die ich nicht benennen kann, da mir die Fachbegriffe nicht geläufig sind. Jedenfalls ist der Soundcheck sehr nervig. Und die Störungen sind bei den ersten beiden Songs auch noch regelmäßiger Begleiter. So stellt man sich die triumphale Live-Rückkehr nicht vor.
Glücklicherweise gibt sich das Ganze wieder. Nach der Bekanntgabe, dass Giles Lavery singen würde, war ich etwas skeptisch ob des gehörten Materials bei Youtube, welches Lavery beim Performen von ein paar Warlord Songs hören ließ. Mal wieder werde ich sehr positiv überrascht. Lavery kann alle Song sehr gut singen und ergänzt die super Leistung von Tsamis, Zonder und Co. "The Hammer will fall on you!"
Stumpfer Fischkopp: Ich finde die Aufregung um den soundtechnisch suboptimalen Beginn stark übertrieben. 20 Bands haben dieses Jahr gespielt – bei gerade mal EINER gab es Probleme. So what? Es fällt halt bereits beim Soundcheck auf, dass offenbar Probleme in der Mikrofonierung auftreten. Schwierig, die Ursache in aller Schnelligkeit zu finden und gar zu beheben. Irgendwo rauscht es saulaut. Als es dann losgeht, ist der Bass dominant, die Gitarren zu leise. Dennoch freue ich mich sehr darüber, die Knaller „Deliver Us From Evil“, „Winter Tears“ und „Child Of The Damned“ wieder live zu hören. Der Sänger Giles Lavery ist absolut okay und passt sehr gut zu WARLORD, wobei ich es schon strange finde, dass man den Sänger der aktuellen Platte nicht dabei hat. Vielleicht sollte man Lavery gleich behalten – der ist live stimmlich souverän und gleichzeitig enthusiastisch. Überhaupt ist die Band generell sehr fit. Meister Tsamis agiert äußerst konzentriert, der Bassist groovt herrlich und Mark Zonder gewinnt mit seinem spektakulärem Drumming alle Metallherzen für sich – „when drumming becomes art!“ schreit mir ein begeisterter türkischer Fan ins Ohr. Angesichts der exorbitanten Playlist bleiben wirklich keine Songwünsche offen – bei „Lost And Lonely Days“, „Aliens“, „Soliloquy“ und „Lucifer’s Hammer“ wandern massive Gänsehautwellen über meinen Körper.
Setlist:
Intro
Deliver Us From Evil
Winter Tears
Child of the Damned
Penny for a Poor Man
Black Mass
Mrs. Victoria
Lost and Lonely Days
Aliens
Soliloquy
City Walls Of Troy
Kill Zone
Father
Glory
War in Heaven
Winds of Thor
Beginning / Lucifer's Hammer
Achilles Revenge
Stumpfer Fischkopp: Wir chillen gerade im Streckermobil, da kommt ein Typ längs und warnt uns vor “Flaschendieben”. Wir denken zunächst, der meint unsere vollen Pullen, die wir zur Kühlung unterm Auto liegen haben. Aber nein, es gehe den dreisten „Dieben“ um die Pfandflaschen. Unsere Erklärung, dass die paar paar Cent gern an Bedürftige gehen dürfen, scheint bei unserem Gast auf kein Verständnis zu stoßen. Dafür wechselt er urplötzlich das Thema und spricht über griechische Frauen. Die habe er wegschubsen müssen: „Alle wollten mein Sperma!“ Ja, wenn man so ein Schnauzbart-Adonis ist, dann ist dann wohl kein Wunder. Magnus kitzelt durch eigentlich immer offensichtlichere ironische Antworten immer unfasslichere Statements aus dem Typen heraus. Muss man eigentlich selbst erlebt haben, hier die Top-3: „Griechische Frauen halten nie das Maul“, „Die sind wie Katzen“ und „Immer wenn ich in den Krieg ziehen wollte, wurde meine Alte schwanger. Das war Absicht!“ Rein somatisch reagiert sein Körper aber noch – als ich ihm im Dunkeln aus Versehen ein Alsterwasser/Radler gebe, schreit er beim ersten Schluck spuckenderweise empört auf: „Was ist das für ein Dreck?“
MetalSon: Viel zu schnell verging mal wieder das Festival. Für die nächste Ausgabe stehen mit JAG PANZER (spezielle Early Days Show mit Joey Tafolla, der zum ersten Mal mit denen in Europa spielt), LETHAL, HEXX (zum ersten Mal in Europa, spezielles Old School Set!), SINNER, ATLANTEAN KODEX, PERSIAN RISK, DECEASED, IRON CROSS, MASQUE, DEEP MACHINE und NIGHT DEMON schon wieder einige Hochkaräter fest.
Stumpfer Fischkopp: ONWARD TO KIT XVII!
Kommentare
Frank knipst sonst für die Kolleg_innen von Power Metal.de. Hier ihr sehr lesenswerter Bericht: http://www.powermetal.de/content/konzert/show-Keep_It_True_XVI-Koenigshofen,7993-2.html
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