POWER "Overthrown by Vermin Pt. II" - Tour 2013, Teil 4

0 Dislike0

Tag 8, Donnerstag, 04.04. – Berlin, Trickster

In Berlin verlässt Inga die Reisegesellschaft. Wie Horst aus Mannheim und vermutlich weite Teile Mitteleuropas hat auch sie sich die von Kelling eingeschleppte Seuche aufgesackt. Im Gegenzug bereichert Niles den Bus um seine auch Nachts verfügbaren Fahrkünste und seinen dekorativen Kurt Cobain-Look.Das Trickster in Kreuzberg ist ein gemütlicher Partykeller der praktischerweise über einen Lastenaufzug verfügt. Unerwarteterweise wird hier mit relativ wenig Möglichkeiten ein ziemlich guter Sound produziert. Offenbar weiß der findige Techniker, was er tut. Der bluesige Stonerrock der haarigen URANUS FRONT walzt sich entsprechend kraftvoll durchs Gemäuer. Die Band probt augenscheinlich grade einen neuen Schlagzeuger ein. Seine Haar- und Bartlänge liegt weit unter dem Banddurchschnitt. Heute ist der Laden tatsächlich mal voll. Wie eigentlich immer in Berlin befinden sich auch zahlreiche langjährige Freund_innen unter den Anwesenden. Das macht das Ganze fast zu einem Heimspiel. Kurzzeitig ist niemand so richtig krank. Es wird der Höhepunkt der Tour

 

 

 

Zur Aftershowparty gibt es Tanzpunk vom Feinsten. Berny und Tim von LIBERTY MADNESS, die zeitgleich zu unserem Konzert irgendwo in der Nähe mit einer anderen Band einen Auftritt hatten, katapultieren das Partylevel auf eine ganz neue Ebene. Motto: Für's Nicht-Tanzen gibt es KEINE Ausrede.

Cuba Libre, Mexikaner, Breakdance-Einlagen. Irgendwann haut sich Berny an einer Glasscherbe die Hand auf. Hoffentlich kann der Gute noch Gitarre spielen.

 

Der genesende Olli wird beim Erwachen in unserer komfortablen Unterkunft aus einem Bilderrahmen abschätzig von Mike Patton beäugt und läuft im Laufe des Tages langsam zu Hochtouren auf. Ein dümmlicher Gag jagt den Nächsten. Halb schmerzerfülltes Kichern macht sich breit. Zitat Olli: „Ich reiche mir langsam“.

 

Tag 9, Freitag, 05.04. – Leipzig, Kulturcafé Manfreds

 

Leipzig schafft es immer wieder, alles Jammerige in mir zu mobilisieren. Subjektive Empfindung: Das stadtgewordene Unbehagen. Immer wenn ich hier nicht grade bei Marius oder – wie bei diesem Besuch – beim Panda zu hause bin, friere ich trotz liebevollster Umsorgung. Am vorletzten Tourtag holt mich die Krankheit so doch noch ein. Für mich heute keinen Holunderlikör. So ein Ärger!

Angesichts des namhaften Pakets mit GOLDUST und DEATHRITE ist die Hütte voll. Unsere Darbietung scheint die Besucher_innen extrem kalt zu lassen. Power: „schrummel, römer“; die Leute: entgeistert. Die Reaktionen bleiben allerdings den ganzen Abend über eher verhalten, obwohl die nachfolgenden Bands ein ziemliches Feuerwerk abbrennen. Aus diesem Publikum werde ich nicht schlau. Zum Glück haben nicht alle so miese Laune wie ich. Schnell ins Bett und den Schnupfen wegschlafen.

 

Zum Frühstück serviert uns der Panda Hot Shots 1. Das erheitert alle und entlastet Olli.

Auf zum großen Finale nach Salzgitter.

 

Tag 10, Samstag, 06.04. - Forellenhof Salzgitter

 

Der Forellenhof war schon auf unserer ersten Tour 2010 die letzte Station. Damals wie heute mit den großartigen WE WILL FLY, zu denen heute, wie sonst auch, wenig körperliche Distanz gewahrt wird. Großartiges Konzert, auch gar nicht schlecht besucht, aber der Forellenhof ist einfach eine Nummer groß und die Bühne zu hoch für das Ganze. Bands und Publikum kommen sich nur schwierig nahe. Paul verpasst zudem leider seine Chance, das kleine Rote mit seinen Ausdünstungen zu benetzen, bevor ich es höchstselbst für die 100. Power-Livedarbietung überstreife. Die Akustik auf der Bühne ist trotz guter technischer Möglichkeiten wirklich ungünstig. Die hintere Hallenwand schmeißt sämtliche Geräusche vom Schlagzeug zurück und vermischt alles zu einem desorientierenden Brei. Prompt spiele ich zum Abschluss nochmal so richtig kacke Gitarre. Dazu werden wir eingenebelt wie eine handelsübliche bodenständige Dorfmetalband. Finde ich ja eigentlich immer geil, aber bei Kellings Atemwegserkrankung ist das nicht so der Hit. Na ja - schön war's natürlich trotzdem.

Erstmalig (unfassbar eigentlich) betreten nach uns dann die zu Recht für ihre aktuelle Platte „Deny“ im Dremu-Poll gefeierten DETECTORS die Bühne. Die Band (wenn man bei den vielen Besetzungswechseln noch von einer Band sprechen kann) hat sich über die Jahre einen Status erspielt, der sich auch heute bemerkbar macht. Einige Fans starten die ersten Pogoversuche des Abends. Wenig Ansagen, viel gute Musik und zwischendurch ein Ständchen für den jubilierenden Adrian. Stark.

Tamy erlebt dazu später folgenden Witz:

Kommt n Detectors-Fan zum Merchstand: „Ich will die Platte mit ,Woohooohooo' drauf!“

Ist wirklich so passiert.

 

Nachdem die lieben DETECTORS sich auf den Heimweg gemacht haben, verschlägt es den Rest noch in eine Art Jugenddisco, die im Forellenhof stattfindet. Hier lernen wir, zu welcher Mucke die örtlichen 16-18jährigen grade total steil gehen. Das sich in wilder Extase überschlagende Jennifer-Rostock-Songtexte-Mitbrüllen befremdet unsere gesetzte Altersposse. Alles ist laut, die Codes unbekannt und unverständlich.

Beim Kickern habe ich gegen die Jungspunde auch nicht mehr als Achtungserfolge zu verbuchen. Eindeutig sind wir hier nicht Herr im Haus. Zeit, ein letztes Mal in den Schlafsack zu kriechen. Von jüngeren Generationen verdrängt aus dem Schmelztiegel nächtlichen Amüsements.

Zum ersten Mal beim Ende einer Tour gesellt sich bei mir zum Wehmut auch ein Wenig Erleichterung, dass diese nicht grade von Strapazen freien 10 Tage vorbei sind. Vermutlich wird von dieser Tour mehr ins Langzeitkollektivgedächtnis der Band wandern, als von den stressfreieren Touren. Ich sehne mich trotzdem schon nach einer ereignislosen Reise im warmen Wonnemonat Oktober.

 

Zum Schluss wie immer wieder herzliche Dankeschöns und Grüße an alle Menschen, die einer Band wie uns das Touren ermöglichen, an alle netten Bands und Menschen die uns über den Weg gelaufen oder getorkelt sind, an Tamy, Inga und Niles fürs Helfen, Erlebnisse teilen und Seuche aushalten, an die französisch-schweizerischen Zollbullen dafür, dass sie ihren Job nicht machen und an Olli für einige Worte.

 

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv