DEATHRITE, AVALANCHE / 02.02.2013 – Hamburg, Rote Flora

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Vor der Flora steht ein Grüppchen aufgeregt schnatternder Menschen, die ich mal netterweise als Touristen bezeichne. Unter Kreischen und Gackern werden Fotos von der Roten Flora gemacht, welche in das Flair des Viertels ja so gar nicht mehr zu passen scheint… Ist es ein Treppenwitz der Geschichte, dass so ziemlich an dieser Stelle vor einiger Zeit ein satirischer Werbefilm gedreht wurde, der unter dem Titel „Deutschlands härtester Hooligan G. Alao“ im Internet berühmt wurde – freilich ohne dass die meisten gerafft haben, dass es sich bei dem „Hooligan“ um einen Schauspieler (Hendrik von Bültzingslöwen) handelt…?


Konzertflyer



Aber lieber fix hinein in die Katakomben der Flora, in welchen man aufatmen und sich wieder Mensch fühlen kann. Hurra, wir sind pünktlich, AVALANCHE bauen gerade auf. Es ist der zweite Tag der DEATHRITE/AVALANCHE-Tour, zwei Bands, die ebenso unterschiedlich sind, wie sie gleichermaßen gut zusammenpassen. Denn in beiden Fällen gilt: Metal regiert. „No Racism, No Antisemitism, Just Headbangin'“, verkündet daher auch der Konzertflyer. Da ich die DEATHRITE-12“ (auf Per Koro) und die AVALANCHE-7“ (auf Kiels own WORSHIP RECORDS) beide schlicht umwerfend finde, ist Erscheinen heute selbstmurmelnd. Findet Herb auch. Wir scheinen im gut gefüllten unteren Raum der Flora übrigens die einzigen Kieler zu sein, WORSHIP-Bolle hatte leider absagen müssen. Die gemütliche Verkaufsecke wird bereits vor Showbeginn bedrängt. Es gibt aber auch so richtig liebevoll gestalteten Kram. DEATHRITE haben gleich zwei neue Veröffentlichungen, eine Split-7“ mit den großartigen GOLDUST (wunderschönes Cut-Out-Cover) sowie eine Kassette mit allem bisher aufgenommenen Songs der Band (Nerdcore, Kartonhülle mit weiß eingeprägtem Logo, Kase nochmal in fetten Karton mit allen Texten etc. gehüllt). Die extrem geilen Shirts machen auch was her – going out in satanic hardcore-style, baby. AVALANCHE haben ihrer 7“ eine 12“ folgen lassen, wie auch die DEATHRITE auf Per Koro erschienen, einseitig bespielt und mit einem Screenprint auf der unbespielten Seite. Beide Bands haben anlässlich der Tour zudem ein kartoniertes Poster dabei, auf welchem dem Gehörnten gehuldigt wird.


Kase_Deathrite


Die Wiener beginnen und bauen gleich eine erstaunliche Wall Of Sound auf. So dick haben z.B. WOLGBRIGADE an derselben Stelle vor Jahren jedenfalls nicht geklungen. Bolle hatte die 7“ seinerzeit mit den warmen Worten "That sweet Vienna Hardcore Sound combined with the heritage of BLACK SABBATH” beworben. Gut gesagt, wobei die Chose live doch ein paar Schöppen angriffslustiger und feindseliger klingt. Immer wieder holen AVALANCHE die ganz dicke Doom-Kelle heraus und servieren Riffs im Klumpfußtempo, welche EYEHATEGOD oder CELTIC FROST garantiert nicht in die Mülltonne gekickt hätten. Der Gesang hat ordentlich Hall und liegt etwas unter den Riffbergen, besitzt aber genügend Präsenz. Wenn die Band das Tempo anzieht, muss ich an eine etwas hardcorigere Version von OKKULTOKRATI denken, von denen der Sänger heute übrigens auch ein Shirt trägt. Ansagen oder große Gesten sind nicht so sein Ding, fast schon bescheiden werden in den kurzen Pausen Songtitel und Dankeschöns gemurmelt. Sympathisch. Wenn ich mich umdrehe, sehe ich überall wippende Köpfe und geballte Fäuste.


DEATHRITE_GOLDUST_Cut


Noch mehr Headbanging gibt es, als DEATHRITE losknattern. Die Dresdner müssen sich wirklich nicht hinter TRAP THEM, BLACK BREATH, NAILS oder so verstecken. Die tief gestimmten Gitarren wühlen in ENTOMBEDschem Urschlamm, während der Drummer in bester NAPALM –DEATH-Manier blastet. Dazu ein infernalischer Kreischgrunzer im geschmackssicheren KING-DIAMOND-Shirt. Die Band hat ein äußerst gutes Gespür dafür, wann sie ihre Hörer_innen hemmungslos verprügeln und wann sie diese herrlichen Schlürfparts zelebrieren können, die ich so liebe. Textlich tätigt man nicht unbedingt philantropische Aussagen – „Plagues“ („Acid rain – peels the flesh from your bone. Torture – tempest – disgrace dragged into gloom”) oder “Destination Death” (Pull the trigger. Bury the corpse. Hell is my salvation. Human disgust”) sprechen da bereits in diesen Auszügen eine deutliche Sprache. Die ganze Band ist ständig in Bewegung – der Gitarrist rammt mir mehrfach fast seine Klampfe in die Visage – was sich natürlich auf den entrückt lächelnden Mob überträgt.


Granatendingen – mal sehen, ob Herb die Bands auch mal nach Kiel holen kann!


Tourplakat

Kommentare   

+3 #4 casi 2013-02-04 21:38
zitiere HeavyHerb:
PS: Muss ja sagen, finde das Tourposter eher so mäßig cool, aber das ist auch der einzige Dissens zum Bericht...

Ein kommentar von Herb ohne meckern wär ja irgendwie auch merkwürdig...
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+2 #3 XsenatorX 2013-02-04 18:19
D.A.N.K.E. - für den support!

wäre selbst gerne vor ort gewesen! leider wollte aus bielefeld niemand mit mir die reise antreten!

XmarkusX / PER KORO
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0 #2 Philipp 2013-02-04 17:03
Wobei die Farben der Internet-Version auch echt hässlich sind, in echt sieht das viel besser aus!

Stimmt, das hätte ich eigentlich erwähnen müssen. Was für ein Aufgebot an Cops!
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+2 #1 HeavyHerb 2013-02-04 16:09
Oh ja, ein großartiges Konzert! Avalanche richtig gut, Deathrite der absolute Abriss. besonders cool: das King Diamond Shirt des Sängers!
Erwähnenswert: am Hauptbahnhof geraten wir auf dem Hinweg in einen riesigen Mob bestehend aus Bullen ("Sie gehen hier auf eigene Gefahr durch"), HSVern und Frankfurtern, was den nicht-fußballaffinen Teil der Reisegruppe doch ziemlich beeindruckt. :-)

PS: Muss ja sagen, finde das Tourposter eher so mäßig cool, aber das ist auch der einzige Dissens zum Bericht...
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