OFF!, TRASH TALK / 12.06.2012 – Hamburg, Hafenklang

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OFF! meinen es Ernst. Das sollte eigentlich jede_r wissen, der/die Band letztes Jahr bereits live gesehen hat. Nun wird das noch deutlicher, denn nach der „First Four EP“-Box folgt der erste Longplayer (ein Begriff, der bei OFF! relativ zu verstehen ist) und die nächste ausgedehnte Tour. Es handelt sich also nicht um ein Hobby nebenbei, was insofern bemerkenswert ist, da Keith Morris nun mal seit den absoluten Anfängen von Hardcore/Punk „dabei“ ist, bzw. das Genre entscheidend mitgeprägt hat. Viele ziehen in seinem Alter (56) eine Reunion durch. Der alte klangvolle Name, automatisch volle Klubs, zwei Sommer noch mal Cash-In. Keith Morris (BLACK FLAG, CIRCLE JERKS), Steven McDonald (REDD KROSS), Dimitri Coats (BURNING BRIDES) und Mario Rubalcaba (ROCKET FROM THE CRYPT, HOT SNAKES)  hingegen ziehen die Ochsentour durch: Alles auf Null, KEINE alten Stücke, komplett eigenes Material, get in the van und ab! Zugegebenermaßen haben die Musiker aufgrund ihrer Vergangenheit und ihres Bekanntheitsgrades einen „Vorteil“, die Eintrittspreise sind auch deutlich höher als die einer durchschnittlichen Punkband. Und natürlich habe auch ich mich über so manche Reunion einer Band gefreut, die man entweder noch nie oder sehr lange nicht mehr gesehen hat. Dennoch finde ich diese OFF’sche Vorgehensweise respektabel und deutlich engagierter als eben den üblichen lauen Aufguss vergangener Taten.

 

Und: OFF! haben Erfolg damit. Das Hafenklang ist ausverkauft. Und zwar NICHT mit Leuten, die auf alte BLACK-FLAG-/CIRCLE-JERKS-Songs hoffen! Denn seit der letzten Tour wissen alle, dass OFF! ausschließlich eigenes Material spielen, du bekommst das, was du auf den Platten hörst.

 

 

 

Zunächst bringen TRASH TALK Leben in die Bude. Die sollten bereits letztes Jahr dabei sein, hatte irgendwie nicht geklappt. Der Sänger zeigt sich sofort als sehr bewegungsfreudig, er springt von der Bühne, rennt in die dichtgedrängte Meute, schubst einzelne Besucher_innen, klettert unter diese Riesendiscokugel an der Seite und schlägt ‘nen Purzelbaum.

 

Trotzdem passiert insgesamt noch nicht soviel im Mob, nur vereinzelt wird geslammt. Musikalisch überzeugen TRASH TALK durch hektischen HC/Power Violence mit fiesem Gekreisch und einigen metallischen Riffattacken. Gefällt!

 

OFF! setzen im Vergleich zu ihrer letzten Stippvisite noch gehörig einen drauf. Arschgut eingespielt und motiviert geht es durch die megalange Playlist. Megalang, denn es stehen so ziemlich alle Stücke der vier EPs und der LP drauf. Somit dieses Mal nicht nur knapp 20 Minuten, sondern fast 40, hehe.

 

Ich find’s erstaunlich, wie viel die Band in ihren 1-2 Minuten-Songs jeweils sagt. Eine echte Leistung, derart kurze Stücke so schlüssig zu komponieren. Es gibt hier nichts Überflüssiges! Steven McDonald und Dimitri Coats schütteln ihr Haupthaar und springen enthusiastisch hin und her. Die meisten Augenpaare richten sich auf Keith Morris, der wirklich exakt so klingt, wie man ihn seit Jahrzehnten kennt. Aus dem angepissten jungen Mann ist ein angepisster Mittfünfziger geworden… Der sich heute zum Beispiel über die amerikanische Politik aufregt, den Staat immer weiter in die Pleite zu treiben, sich dann Geld von anderen Ländern zu leihen, um dann in wiederum anderen Ländern Krieg zu führen. Der aber auch hofft, dass alle den Abend genießen und der Applaus auch für TRASH TALK und die Hafenklang-Crew einfordert. Sehr gern! Von den vier 7“s haben sich bei mir mittlerweile „Fuck People“, „Darkness“, „Jeffery Lee Pierce“, „Don’t Belong“ und „Peace In Hermosa“ als Highlights etabliert, die von einem wilden, fistbangenden Mob mitgeschrien werden. Die neuen Songs zünden aber auch sofort, das Vinyl (wieder mit großartigem Raymond-Pettibon-Artwork) wird natürlich sofort abgeerntet. Kurzweilige Sache, ein Auftritt, bei dem man nicht zum Pissoir oder zum Bierholen gehen sollte, wenn man nicht ein Drittel der Sause verpassen will… Aber ich finde es gut so: schnell, hart und kompakt auf die Glocke – warum weiterschwafeln, wenn du dein Gegenüber bereits überzeugt hast? 

 

 

 

http://www.youtube.com/watch?v=zDwJgujGhMY

 

Video von Christian Bendel Photography

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