MODERN PETS, NEON BONE / 02.04.2012 - Münster, Baracke

0 Dislike0

"Er ist schon reichlich rumgekommen, von Hamburg bis nach Bremen / aber südlich der Elbe hat er nix gesehen", irgendwie so ging das doch bei TORFROCK, oder? Also, mal ein Bericht aus Münster, da muss es doch 'ne kleine Einführung geben, denn wie sagte ollen Felix letztens so schön zu mir? "Köln, Münster ... Hauptsache Hessen!" Wir sehen, da ist Nachholfbedarf. Also, Münster (in Westfalen, Alla!!) würde ich am ehesten als den Bauspartvertrag unter den deutschen Städten bezeichnen. Wer auf der Flucht vor sich selbst ist, findet hier ein gutes Exil und genau dieses habe ich 2010 angetreten. Alles weitere Wissenswerte über dieses erzkatholische Nest kann dem SUPERNICHTS-Song "Last Exit Ascheberg" entnommen werden:

"Punkrockcity Münstertown/
Lass uns hier sofort abhauen/
diesen ganzen Scheiß abbauen/
oder alle Räder klauen."


Das beste an Münster ist, dass man es in fast alle Richtungen verlassen kann und über kurz oder lang in einer geileren Stadt landet. Da wäre der gesamte Ruhrpott, andere Richtung kommt Hannover und irgendwo liegt da auch noch dieses Köln, kurz dahinter ungefähr Amsterdam. Eine weitere Besonderheit an Münster ist, dass es hier keine alternativen Zentren gibt. Bei 300.000 Einwohnern kein AZ zu haben, ist natürlich schon schäbig, aber die Stadtregierung (seit dem Urknall CDU) fährt hier auch Zero-Toleranz. Das hat natürlich auch sein Gutes, denn der aufkeimende Wahnsinn, dem ein Berufsjugendlicher hier anheim fallen muss, kann nur durch Mucke machen kompensiert werden und deshalb kommen auch so viele geile Bands von hier, wie zum Beispiel NERVOUS BREAKDOWN, UNREST oder ALPINIST. Und weil die alle viel rumkommen, bringen sie hin und wieder geile Bands mit und die zocken dann in so 'nem Unischuppen namens Baracke und das ist geil.

Besagte Baracke liegt direkt zwischen Jugendherberge und Uni-Mensa am Aa-See. Da darf man sich als Norddeutscher aber nicht täuschen lassen, denn das, was man hier in Westfalen einen See nennt, findet man in Schleswig Holstein nicht mal auf der Landkarte. Trotzdem ist das mit dem nahen Tümpel natürlich die volle Ladung Romantik und so muss auch ich meinen Teil tun und quäle mich aus der heimischen Bude in Richtung Baracke. Erfahrungsgemäßg geht es dort immer erst zu recht später Stunde zur Sache, daher breche ich auch erst gegen 21:00 Uhr - mit zwei Veltins bewaffnet für den Fußmarsch - auf. Die widerlichste Ausgeburt Münsters ist zweifelsfrei der, so wie ich ihn zu nennen pflege, "Student neuen Typs". Damit meine ich diese widerlichen Fitness-Nazis im Tommy Hilfiger Einheitsdress, die sich joggenderweise um den Aa-Tümpel quälen, anstatt sich anständig aufs Sterben vorzubereiten. Man könnte ja meinen, dass sich des nächtens dort nur noch Pfarrer und Messdiener Gute Nacht sagen, aber nein! Es wimmelt rund um das Jauchebecken zu jeder verdammten Tag- und Nachtzeit nur so von diesen Typen, die sich schon den ganzen Scheisstag auf Fahrrädern abquälen, nur um dann nachts zu joggen. Ihr Arschlöcher!!


Die kleine Baracke ist für einen Montag ziemlich gut gefüllt, das wundert bei einem Top-Act wie den MODERN PETS aber auch nicht. Desweiteren sind die Preise in der Baracke immer sehr fair, 5 Euro Eintritt und das Bier (wahlweise Hansa oder Beck's) kostet auch nur zwischen 1 und 2 Euro, da gibt es gar nix zu meckern. Ein kleiner Plattenstand ist auch am Start. Also alles, was man zum Wohlfühlen braucht, soweit vorhanden. Die MODERN PETS machen einen sehr hangoverten Eindruck und lümmeln in den hinteren Reihen, betont desinteressiert. Vielleicht gehört das aber auch einfach zu einer 77er angehauchten Attitüde dazu. Oder aber so 'ne Tour schlaucht auch einfach. Außerdem sind die Jungs alle viel zu dünn, da kriegt man ja Angst. Ich bin nun wirklich selbst das absolute Gegenteil von muskolös, aber meine knochigen Unterarme sind ja dicker als deren Oberschenkel ... Alter! Angeblich war es auch Einstellungskriterium, um in die Band zu kommen, einen Bodymass-Index von knapp über Null zu haben, das bringen die auf jeden Fall alle mit. Dazu diese angesifften, aber stylishen Klamotten ... Das passt schon! Ich wette, da klingeln bei den meisten Mädels direkt sämtliche Mutterinstinkte, wenn die diesen abgemagerten Haufen vor sich haben, hehe!

Aber vorerst genug der Äußerlichkeiten, denn alsbald wagt sich die Vorband auf die Bretter. Und zwar NEON BONE. Gefälliger Punkrock, sehr Bubble-Gum, sehr RAMONES. Aber das muss ja nix schlechtes sein, hat man zwar schon tausendmal besser gehört, aber deshalb war es noch lange nicht schlecht. Es wird viel gewitzelt, der Bandeigene Anhang nimmt die ersten Reihen des Publikums ein und es haben die meisten Leute Spaß. In den hinteren Reihen wird etwas rumgenölt über die mangelnde Originalität, aber mir gefällt das, was NEON BONE machen. Keine Band, die über ihren JUZ-Status hinauskommen wird, aber das passt schon. Ein Song geht sogar mal schön in Richtung HÜSKER DÜ, zumindest in meinem hansageschwängerten Kopf. Textlich geht es um das übliche: Keine Kohle, keine Freundin, keinen oder eben einen Scheiss Job. Der Abräumer ist für mich ein Song namens "Girlfriend", denn die Urkatastrophe des männlichen Daseins kann nicht oft genug besungen/gewürdigt/geschmäht/verehrt werden. Auf der Bühne geht es recht chaotisch zu, der Mikoständer macht mehrmals einen Abgang und es wird sich auch ein paar mal vergriffen, aber egal.


Vor den MODERN PETS dann erstmal kurz Pause, die ich nutze, um mir den Merchstand der Haustiere anzugucken. Junge, Junge! Was für Buttons! Diese riesigen Tellerminen ... trägt das eigentlich wirklich wer? Das sah doch schon immer dämlich aus, aber immerhin erkennt man nun aus 2 Km Distanz schon, wer MODERN PETS Fan ist, solange sich so ein Teil an den Kragen gepinnt wird. Nicht schlecht, diese Gigantomanie! Das sollte auch in der Streetpunk- oder Crust-Szene Einzug halten. Ich denke da an eine Art Monster-Niete! Warum tausende Killernieten auf der Kutte verteilen, wenn man auch einfach eine Mega-Niete umschnallen kann? Am besten mit so Rucksackträgern über die Schulter, hehe!


Der sich anschließende Soundcheck der MODERN PETS kommt schon richtig gut, da ahnt man schon, wo die Reise hingeht. Es geht dann auch nahtlos über und es wird fies und quietschig gerockt! Gutes Tempo, geile aufs wesentliche reduzierte Songs. Der Funken will dennoch nicht so ganz überspringen. Die Band gibt sich zwar alle Mühe und baut auch während des Sets dicht am Schnapps, aber ein Montag bleibt nunmal leider ein Montag. Trotzdem, diese schnellen Bretter wie "Five Finger Discount" kommen live sehr gut rüber, auch ohne Geschunkel. Es werden auch einige neue Nummern zum Besten gegeben, die nach der kürzlich erschinenen LP geschrieben wurden. Die müssen ja 'nen ganz schönen Output haben! Einer dieser Songs wird mit der Lüge "Wir haben den Song beim Biertrinken und Pizza essen geschrieben!" angekündigt ... Stop lying to yourself, Modern Pet!!! kann man da nur sagen! Man sieht doch, dass ihr NIX esst!! Erst recht keine fettige Pizza!! Nach etwa 25 Minuten ist der Spaß dann auch zu Ende. Es wird rockstarmäßig der Raum verlassen, um den Zugabe-Chören Platz zu machen. Die kommen aber nicht, alles steht einfach weiter vor der Bühne rum, etwas irritiert von dem doch raschen Abgang. Aber es wird alles gut: Die MODERN PETS kommen auch ohne Aufforderung wieder und zocken nochmal drei Nummern und - siehe da! - es kommt Bewegung ins Spiel! Ein paar betagtere Punks und Sympathisanten schwingen auf den letzten Metern nochmal das Tanzbein. Das gibt der ganzen Chose doch noch einen runden Abschluss. Ich gehe derweil schnurstracks auf Vollhorst-Level 1000+, verschütte aus Versehen am Tresen das Bier anderer Leute und entschuldige mich dann noch bei den Falschen ... Auf die letzte Minute noch voll gehonkt, schön! Das war es denn auch schon und pünktlich um 23:00 Uhr geht es durchaus beseelt nach Hause.

Kommentare   

0 #1 peter ... mary 2012-04-07 08:15
geiler bericht, liest sich richtig gut
Zitieren

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv