CANNIBAL CORPSE, BEHEMOTH, LEGION OF THE DAMNED et al / 09.02.12 – Hamburg, Markthalle

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FULL OF HATE: CANNIBAL CORPSE, BEHEMOTH, LEGION OF THE DAMNED, MISERY INDEX, SUICIDAL ANGELS, NEXUS INFERIS / 09.02.12 – Hamburg, Markthalle

Und wieder eine dieser Festivaltouren von Rock The Nation. Obwohl ich bei jedem Bericht kritisiere, dass da zu viel Bands spielen, kriegen mich die Hunde doch immer wieder. Den Erfolg dieses Konzeptes ist auch nicht von der Hand zu weisen: Wie diverse andere Schuppen ist auch die Markthalle heute ausverkauft. Zum Glück heißt das nicht, dass es derart voll ist wie früher – offenbar achtet man heutzutage eher darauf, bei einer noch menschenfreundlichen Grenze das „Sold Out“-Schild anne Tür zu nageln. Und so kann ich schon mal vorwegnehmen, dass ich alle Bands unter optimalen Bedingungen genießen kann und übrigens bis zum Ende nicht das Gefühl habe, saturiert zu sein. Der Hunger nach Geknüppel, Gebrüll und Feedback scheint heute unstillbar zu sein.

 

Aber was heißt „alle Bands“ – natürlich ist es trotz überpünktlicher Anreise nahezu unmöglich, den Opener NEXUS INFERIS komplett zu sehen. Was allerdings nicht weiter schlimm ist. Der Begriff „Future Extreme Metal“ schreckt bereits hinreichend ab. Die Heinze, die ihre Antlitze allesamt hinter Gesichtsmasken versteckt haben, bieten nicht wirklich etwas Neues – Elektro-Death/Black-Metal wurde nun wirklich schon viel zu oft versucht. Insgesamt zu zahm, zu monoton, zu vorhersehbar.

Die Charteinsteiger SUICIDAL ANGELS können bereits auf einen amtlichen Supporter-Mob und vitale Circle Pis blicken. Auch sie sind im Grunde etwas monoton und sicherlich vorhersehbar, aber der permanente Einsatz und der durchgehend hohe Knüppelfaktor überzeugen unterm Strich dann doch. Irgendwie KANN ich die Band nur lieben, die stilistisch irgendwo zwischen Bay-Area-Thrash, early SEPULTURA und Euro-Thrash anzusiedeln ist. Im Vergleich zum letzten Gastspiel mit KREATOR sind die Griechen gar tighter geworden, vergessen aber nicht ihre Rüben zu schütteln wie SLAYER ’87.

Schon witzig: Wenn man darüber fachsimpelte, ob Grindcore oder Thrash Metal mehr Abwechslung bieten, fiele diesbezüglich das Votum mehrheitlich wohl für Thrash aus. Aber grau ist alle Theorie. Sind die Thrash-Vertreter des heutigen Abends SUCIDAL ANGELS und LEGION OF THE DAMNED eher Beispiele für wenig Variation, grinden und ballern MISERY INDEX deutlich facettenreicher. Wie NASUM schaffen es MISERY INDEX, dass jeder Song anders klingt. Das Gaspedal wird nicht durchgehend aufs Blech gedrückt, vielmehr häufig extrem effektive Walzpassagen eingebaut. Ein Song wie „The Spectator“ überrollt das Auditorium förmlich, wenn im Refrain Mark Klöppel und Jason Netherton gleichzeitig bölken, die Gitarren den Part mit Harmonien unterlegen und der Drummer unwiderstehlich groovt. Ruppiger kommen Eruptionen wie „Traitors“, „Embracing Extinction“ oder „The Great Depression“, zu deren kritischen Texten ruhig noch ein paar Ansagen hätten kommen können. Insgesamt für mich neben CANNIBAL CORPSE das Tageshighlight, wobei der Auftritt auf dem OBSCENE EXTREME 2010 noch wirkungsvoller war.  

Nun habe ich weiter oben bereits Kritik an LEGION OF THE DAMNED geäußert, die es allerdings zu relativieren gilt: Positiv hervorzuheben ist zunächst der glasklare Sound. Und was die Holländer auszeichnet, sind Refrains, die wirklich hängenbleiben. So recken buchstäblich Hunderte mitbrüllend die Fäuste, wenn „Death Head’s March“, „Legion Of The Damned“, „Werewolf Corpse“, „Son Of The Jackal“ oder „Cult Of The Dead“ zelebriert werden. Ich finde ja immer, dass die Band ein wenig mehr Action auf der Bühne machen könnte. So bleibt als Aktivposten lediglich Sänger Maurice, der seine unfassliche Matte kreisen lässt und raubtierhaft ins Mikro faucht.

Ein sehr großer Teil des Publikums ist offenbar hauptsächlich wegen BEHEMOTH gekommen. Der emotionale Faktor wird natürlich durch die Tatsache befeuert, dass Nergal nach der erfolgreichen Stammzellentransplantation den Blutkrebs besiegen konnte und nach längerer Zeit zurück auf den Bühnen ist. Außerdem sieht man BEHEMOTH auch nicht allzu oft – für mich isses heute erst das dritte Mal nach 2005 und 2007. Die Umbaupause dauert eeeewig, aber es wird ja auch wieder liebevoll wat Deko aufgefahren. Reguläre Mikroständer reichen den Polen nicht – es müssen schon feiste Pentagramme, kryptische Symbole und Schlangen dran befestigt sein… Irgendwann fegen BEHEMOTH los und ich stelle fest: Zu dieser Musik kann man im Grunde nicht nur die Rübe schütteln, sondern in einen regelrechten Ausdruckstanz verfallen. Zu beobachten ist das zum Beispiel bei einer Besucherin direkt vor mir – eine sehenswerte Sideshow! Nergal ist gut drauf: „It feels good to be alive!“ Kann er auch sein, denn nicht nur hat er die Scheiße überlebt, sondern seine Band klingt auch verdammt gut – alles scheint ineinander zu fließen und die recht komplexen Songs kommen mitsamt ihrer z.T. abgefahrenen Melodieführung fast rüber wie auf Platte. Vom Black Metal der früheren Tage sind eigentlich nur noch die Optik und ansatzweise die Atmosphäre geblieben, musikalisch sind BEHEMOTH schon seit längerem ja eher dem Death Metal zuzuordnen. Find ich in diesem Fall gut – und das Publikum ganz offensichtlich auch, welches begeistert an den Tränken den eben gesehenen Auftritt abfeiert.

Für mich setzen CANNIBAL CORPSE da noch einen drauf. Die Bühne wirkt aufs Wesentliche reduziert – da kommen der Mann ohne Hals und seine Kannibalen auch schon herbei und liefern aufs Spritzigste ab. Länger schon nicht mehr auf ‘nem Hallenkonzert bzw. aus nächster Nähe gesehen. Mir fällt auf, wie viel Spaß die Band (immer noch) auf der Bühne hat. Auch wenn einige Sprüche standardisiert wirken („next song is for the ladies“… „who wants to do a contest in headbanging?“ etc.), so hat der der gute Corpsegrinder stets ein Funkeln in den Augen und ein Grinsen auf den Backen. Der ganze Auftritt wirkt höchst lebendig und zudem in der Spielzeit großzügig bemessen. So ist ja meist in der Markthalle um 24.00 Uhr rum Schluss, weil man die Bands von einer längeren Spielzeit eher abrät (letzte Bahn und so), aber CC donnern bis halb eins. Es gibt einfach zu viele Hits zu spielen – meine Highlights lauten heute „Evisceration Plague“, „The Time to Kill Is Now“, „I Cum Blood“ (herrliche Gestik von Herrn Fisher…), „Fucked With A Knife“, „Pit Of Zombies“, „I Will Kill You“, „The Wretched Spawn“ sowie “Unleasing The Bloodthirsty”…  Ich sach: Knaller.

Strecker und ich denken ja rechtzeitig daran, unserem Kram von der Garderobe zu holen – andere Mitglieder unserer Reisegruppe hingegen NICHT… So verzögert sich die Abfahrt des Streckermobils um locker eine Stunde. Der arme Strecker hat dann nicht nur einen Arbeitstag vor sich, sondern eine sechsköpfige Gruppe Hyperaktiver um sich, die Deutschpunksongs grölen und durcheinander rufen: „Ich will zur Tanke!“, „Hups, mir issen Bier ausgelaufen!“, „Mach lauter!“, „Mehr CANAL TERROR!“…

Kommentare   

+2 #1 DoctorJoyBoyLove 2012-02-16 10:05
Bin jetzt erst dazu gekommen das zu lesen. Verdammt - doch wieder was verpasst.
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