NEVERMORE, DEW-SCENTED, MERCENARY / 06.10.05 - Hamburg, Markthalle

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Jaaa! Endlich mal wieder NEVERMORE in ‘ner Halle sehen! Der letztjährige Wacken-Gig war noch in guter Erinnerung, aber mit neuer Platte im Gepäck, längerer Spielzeit und hoffentlich besserem Sound konnte das eigentlich nur noch besser werden. Und dann noch mit DEW-SCENTED im Gepäck – da dürfte es nun wirklich keine Vollblut-Schüttelrübe vor der heimischen Glotze halten. Und in der Tat war die Hütte bereits gut gefüllt, als die dänischen MERCENARY loslegten. Ich hatte die Band noch als Death/Thrash-Kapelle in Erinnerung, doch die einzige CD, die ich von denen habe, ist auch schon acht Jahre alt („First Breath“, 1997) und seitdem hat sich bei MERCENARY einiges getan. Man hat inzwischen einen eher klassischen Metalsänger mit an Bord, der sich die Vocals mit dem Bassisten teilt. Beide sangen weitgehend melodisch (so zwischen PRIEST und NEVERMORE), streuten aber auch mal leckere Grunzer ein. Ich war überrascht, wie viele Leute die Band kannten und die Songs der letzten beiden Platten mitbrüllten. Die waren in der Tat nicht schlecht, enthielten heftige Thrash-Attacken mit Doublebass und fetten Riffs ebenso wie getragene Passagen, in denen der melodiöse Gesang gut zur Geltung kam. Durch die Komplexität des Materials liegt der Vergleich mit den heutigen Headlinern auf der Hand, auch wenn die Songs zumindest bei diesem Erstkontakt nicht derart zwingend wirkten wie die der Bande um Warrel Dane. Trotzdem gut, da die Band sehr engagiert auftrat und sich ordentlich ins Zeug legte.

Yeah, nun DEW-SCENTED, die sympathischen norddeutschen Thrasher. Witzig, in meinem Wacken-Bericht 2003 schrieb ich noch: „DEW-SCENTED klingen meines Erachtens zu gleichförmig, die Songs haben insgesamt wenig Wiedererkennungswert und knallen einem alle in megafixem Tempo um die Lauscher. Trotzdem natürlich geil, aber halt (noch) nicht oberste Liga.“ Tscha, nach „Impact“ und „Issue VI“ ist das Klassenziel erreicht, mit „Acts Of Rage“, „Processing Life“, „Rituals Of Time“, „The Prison Of Reason“ oder „Cities Of The Dead“ haben Leif & Co. etliche Volltreffer geschrieben, die keinen Thrasher kalt lassen. Die wurden natürlich auch alle runtergerotzt und vor der Bühne kam es zu den ersten Moshpits. So gut wie heute haben mir DEW-SCENTED noch nie gefallen! Gnadenlos donnerten die präzisen Riffs aus der P.A., während der Wahnsinnige am Schlagzeug sein Kit verprügelte. Der Typ war kurzfristig eingesprungen, keine Ahnung, was mit dem eigentlichen Drummer war. Jedenfalls ein echtes Tier, der laut Magnus schon in diversen Bands in Erscheinung getreten ist. Leif zeigte sich über die Resonanzen im Mob erfreut: „Wir dachten zuerst schon, wir seien vielleicht zu extrem für dieses Billing“. Na, da kann man den fleißigen Zockdachsen nur viel Spaß auf der weiteren Tour wünschen (den eigentlichen Off-Day am nächsten Tag wollten sie für einen Gig in Oslo mit MERCENARY nutzen), natürlich auch eine gute Reise in die Staaten, wo es gleich mit VADER weitergehen wird.

Erst jetzt wurde es RICHTIG VOLL vor der Bühne, diverse Leute hatten sich wohl noch im Foyer rumgetrieben. Der Mob war heiß auf NEVERMORE, das war mal glasklar. Als die dann endlich auffe Bühne kamen, bekam ich erst mal einen Schreck, denn Warrel Dane hat ganz schön an Gewicht verloren und sah ungesund dürr und auch im Gesicht eingefallen aus. Hätte ihm am liebsten ’nen Snack hochgeworfen, aber meine Käsestangen lagen noch im Auto... Nun, der optische Eindruck kann trügen, auf jeden Fall sang der gute Warrel ganz hervorragend (obwohl die Stimme während der ersten Songs noch etwas zu leise war). Los ging es gleich mit dem „This Godless Endeavor“-Opener „Born“ und es folgte ein genialer Streifzug durch fast alle Alben der Band. Über die Qualitäten der Band braucht man kaum noch was zu sagen, wir haben sie hier ja schon oft abgefeiert (siehe auch Hendriks Plattenrezis: „Was für Riffs, was für Songs, was für eine Spieltechnik, ein Drive, eine Perfektion.“) und auch heute bewiesen sie ihren Ausnahmestatus. Es gibt heutzutage wirklich nur noch ganz selten mal eine Band, die einen derart eigenständigen Sound zu kreieren vermag. Höhepunkte waren reichlich gesät, zum Beispiel das zerstörerische „The Politics Of Ecstasy“-Doppel „The Seven Tongues Of God“ / „The Learning“. Oder das treibende „Beyond Within“. Oder die sinnverwirrende, verstörende Dekonstruktion des Hippie-Klassikers „Sound Of Silence“ – hier wurde man nur vom Zuhören besoffen und konnte kaum glauben, was diese Freaks da für Klänge aus ihren Instrumenten hobelten. Ganzkörper-Gänsehaut von den Fußsohlen bis zur Kopfhaut dagegen bei „The Heart Collector“, dessen Zeile „nevermore to feel the pain“ in wirklich ohrenbetäubender Lautstärke vom Publikum mitgeschmettert wurde. Es blieb eigentlich kaum ein Wunsch hinsichtlich der Songauswahl offen, lediglich die SANCTUARY-Phase und die erste NEVERMORE-Platte wurden außen vor gelassen.

So wunschlos glücklich befleißigten wir uns auch nur noch der guten Tat des Tages und organisierten für zwei mit dem Zug angereiste Kieler Fahrplätze.

- Beitrag von: Philipp

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