ROCKJAM / 29.07.05 - Kiel, Traum GmbH

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Vom Veranstalter der rockjam-Geschichten in der Trauma habe ich letzte Woche erfahren, dass er wegen des geringen Zulaufs und der trotzdem entstehenden Unkosten geneigt ist, die bereits feststehenden Termine für den August abzublasen. Das bedeutet im Klartext, dass eine weitere Veranstaltungsreihe zu sterben droht. Somit stand für mich also fest, meinen Beitrag zur Rettung des Kieler Nachtlebens zu leisten und Freitagabend in den Grasweg zu gehen. Auf dem Programm standen BGT, NOISE FOREST, SUBTERFUGE CARVER und TWO DOLLAR HAIRCUT.

Und obwohl ich ja eher mit den 80er Haarspray-Rockern groß geworden bin und gar nicht so zwingend auf Metal stehe, kämpfte ich mich durch die dicke Abendluft ins Stinkviertel. Auf meine Frage, wo denn der ganze Sauerstoff geblieben sei, bekam ich auch in der kleinen Halle der Traum GmbH keine Antwort; dafür tröstete mich die Bardame, die auf dem Weg zum lateinamerikanischen Abend in der Piola-Bar entführt und den Metalheads zum Kellnern vorgesetzt wurde, mit 50 Cent-Getränken aller Art. Wenn das mal nicht fair ist…
Es muss so gegen 21.30 Uhr gewesen sein, als TWO DOLLAR HAIRCUT aus Köln vor derzeit etwa 50 zahlenden Gästen die Bühne betraten. Während ich beim ersten Song noch die Eins im Takt zu finden suchte, rülpste mir Rob Coteletti von Zyclotron ins Ohr: „Das nervt mich jetzt schon, dass der Sänger die Slipknot-Gesangslinien nachahmt – aber volles Rohr.“ Nu Metal kann stinklangweilig sein, aber manchmal auch sehr überraschend. In diesem speziellen Fall empfand ich es als sehr angenehm, dass die Refrains keine weiteren Kopien der ganzen Radioscheiße waren. Die gänzlich fehlenden Hooklines hatten aber auch zur Folge, dass kein Song bei mir hängen blieb. Es kann allerdings auch an der Ausstrahlung des Sängers gelegen haben, der mit dem zurückhaltenden Publikum so seine Schwierigkeiten hatte. Zitat: „Bleibt einfach wo Ihr seid und hört zu!“ Naja, wenn man ganz aus Köln kommt, als erste Band spielen muss und sich dann keiner auf die Tanzfläche vor der Bühne traut, ist das vielleicht auch nachzuvollziehen.
Musikalisch war das Ganze nicht uninteressant. Mit viel Liebe zum Detail wurden Taktspielereien, Auslasser und andere Kniffe dargeboten. Der Gitarrensound hätte für meinen Geschmack bei dieser Art von Musik noch etwas kratziger sein dürfen. Vielleicht ist die Les Paul einfach keine Nu Metal-Gitarre ;-)
In der Pause las ich mir einen der vielen BGT-Zettel durch, die man aufgehängt hatte. Und so erfuhr ich, dass diese nicht spielen konnten, hatte der Schlagzeuger sich doch einen Hexenschuß zugezogen. Gute Besserung!
Zwei Jägermeister später begannen dann SUBTERFUGE CARVER aus Ludwigslust. Die Band spielt, laut homepage, seit 2002 Konzerte und kann achtbare Contest-Erfolge vorweisen. Die Live-Erfahrung merkte man den Jungs auch an. Ungeachtet der immer noch leeren Fläche vor der Bühne brüllte dem Publikum punktgenau gespielter Deathcore entgegen. Mit geschlossenen Augen hätte ich am Mikro einen Mittdreißiger mit Rauschelbart erwartet, aber diese beeindruckende Röhre gehörte einem recht jungen Rastafari, der in rar gesäten Passagen eine ausgezeichnete Singstimme aufblitzen ließ. Die Band spielte engagiert und wirkte hoch motiviert, was das Publikum mit einem kleinen Moshpit belohnte. Die Songs mit Titeln wie „Devils Don´t Bleed“ und „One Bullet Will Do“ waren sehr abwechslungsreich, und das Quintett glänzte mit Instrumenten-Skills. Besonders gelungen fand ich den Cover-Song „I Like To Move It“, den Reel2Real feat. The Mad Stuntman 1994 als peinliche Dancenummer auf den Markt brachten. Schlimm, dass ich überhaupt so eine CD im Regal habe, wo ich solche Infos finde… Wer´s erkannte, hatte auf jeden Fall ein fettes Grinsen im Gesicht. Mich hat der Gig überzeugt. Gut gemacht!
Mittlerweile war das Publikum auf das Doppelte angewachsen und das Bier am Tresen schon schwieriger zu bekommen. Bei dem Preis ist eigentlich klar, dass keiner vor der Bühne stand.
Die Umbaupausen waren angenehm kurz, und so betraten auch schon bald NOISE FOREST als Lokalmatadoren und letzte Band des Abends die Bühne. Ich freue mich übrigens, dass mit denen neben Endstille eine zweite Kieler Band in Wacken spielt. Wird doch noch so was wie ´ne Hochburg hier.
Noise Forest habe ich mittlerweile schon einige Male gesehen und bin immer wieder angetan davon, wie eingespielt und sicher die vier Ihr Ding durchziehen. Einzig die irgendwie zu freundliche Art, mit der Sänger Boris seine Ansagen macht, fiel aus dem Rahmen. Vielleicht ist es komisch, angesichts der ganzen Bekannten und Freunde im Publikum auf die Bühne zu rotzen und ordentlich einen abzulatzen, aber ich hätte da schon gern das Gesamtpaket. Wer so aggressiv seine Songs brüllt, darf mich dazwischen auch gern an den Ohren packen und mir den nächsten Titel ins Gesicht schreien. Aber das ist Ansichtssache. Ich hatte auch einfach Bock! Nach einigen wenigen Zugabe-Rufen gab es dann auch einen kleinen Nachschlag.
Für mich war´s ein gelungener Abend, aber es bleibt der fade Beigeschmack, dass es Livemusik in Kiel echt schwer hat. Nehmt dies ruhig als Aufruf, die nächste rockjam-Veranstaltung zu besuchen, allein schon, damit uns solch geile Locations erhalten bleiben.

So, und nu´ hoffe ich, dass ich schneller bin als Philipp, denn der war auch da… ;-)
- Beitrag von: JohnPorno

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