HEADBANGERS OPEN AIR VIII / 08.07.2005 - Brande-Hörnerkirchen, Tag 1

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Trotz einer mittlerweile inflationären Zahl an Open-Air-Festivals ragt das HOA mit einem ganz eigenständigen Flair aus der Masse heraus. Das liegt zum einen an der absolut kultigen Location, denn das HOA findet nach wie vor im Garten des Veranstalters statt (!) und zum anderen an der (nicht nur) für diese Größenordnung erstklassige Bandzusammenstellung: Underground-Metal pur aus aller Welt! Von alten US-Metal-Legenden wie HEATHEN, TYRANT’S REIGN, ATTACKER oder DAMIEN THORNE über NWOBHM-Obskuritäten wie WEAPON und GASKIN bis hin zu Exoten aus Griechenland (INNER WISH), Chile (UNDERCROFT), Japan (MAVERICK) usw. reichte wieder die Palette.

Genial auch, dass die Veranstalter nicht daran denken, ein größeres Gelände anzumieten und das ganze Ding lieber qualitativ zu verbessern suchen! Zitat ausm ROCK HARD-Interview: „Ziele wie weiteres Wachstum existieren nicht. Mir persönlich geht es darum Qualität und Atmosphäre des Festivals zu erhalten bzw. zu verbessern – zum Beispiel im Sanitärbereich“ (Thomas Tegelhütter, RH #217). Und diese Ziele hat man erreicht, es gab mehr Dixis, die auch das ganze Wochenende über benutzbar waren ohne dass man erst mal mit den Boots die Fäkalien ein paar Zentimeter tiefer stampfen musste, der Eingangsbereich war etwas erweitert, so dass es nicht zu größeren Staus kam und es gab auch ein besseres Fressalien-Angebot (kultigerweise schmierte die Mudder des Veranstalters auf der Terrasse Stullen und schenkte frisch gekochten Kaffee aus). So blieb also die Besucheranzahl bei den üblichen 800 bis 1000 Köpfen konstant und natürlich waren es eigentlich dieselben Leute, die sich jedes Jahr dort tummeln. Keine Experimente! Gut, Bruder Clé hatte statt der Mönchskutte heuer ein Hasenkostüm (!) übergestreift, aber ansonsten glich der Mob doch sehr dem Pöbel aus den Vorjahren. So trafen wir gleich eine Abteilung Berliner und wärmten uns bei einigen Kannen Bier und Geschichten aus dem bisherigen Festivalsommer auf. Immer wieder neue Horrorstories vom BYH-Festival in Balingen, welches ja von einem krassen Unwetter verwüstet wurde. Berliner Pete: „Ich denk, was ist das plötzlich für eine komische Luft, krabbel aus dem Zelt – da donnert plötzlich ein fliegendes Pavillon mit 50 km/h auf mich zu und ich kann mich gerade noch ducken“. Einfach zum Einrahmen darauf der Kommentar seines Mitreisenden: „Jo, ich hab noch nie so viele fliegende Grills gesehen“, (bei lediglich EINEM fliegenden Grill zuckt der hartgesottene Bastard wohl nicht mal mit der Augenbraue, hi hi). Es ergeben sich ja manchmal auch neue und unerwartete Personenkonstellationen: So war ich doch verwundert, eine (mir bekannte) Kielerin mit einem (mir bekannten) Wolfsburger dort zusammen anzutreffen und musste natürlich gleich fragen, woher sie sich wohl kennen mögen. Sie: „Äh, von Metalflirt.de“! Was dat nicht so alles gibt, do...

Erste Band am Freitag war dann gleich Pflicht, denn dat waren schließlich MITHRIL aus Kiel. Mit neuer CD am Start, die dort auch gleich direkt im Pit von einem Kumpel mit Bauchladen verkauft wurde UND einem neuen Drummer waren die Jungs recht motiviert. Das Zusammenspiel erschein mir stark gesteigert, was am neuen Schlagzeuger liegen mag (ohne jetzt den Vorgänger dissen zu wollen). Die Songs rollten jedenfalls flutschig im gehobenen Midtempo und erinnerten mich nach wie vor an den Stoff von METALLICA zu ihrer „Black Album“-Phase oder auch XENTRIX. MITHRIL haben unterstrichen, dass sie den Headbangers-Ballroom-Wettbewerb nicht ohne Grund gewonnen haben!

Gleich ging es weiter mit MAVERICK aus Japan, die mit viel Power und Enthusiasmus loslegten und so natürlich von Anfang an für ausgelassene Stimmung sorgten. Ist es ein Klischee, wenn ich sage, dass japanische Bands irgendwie immer crazy drauf zu sein scheinen? Man huldigte in den Riffs ungehemmt ACCEPT, versah das aber mit eher melodischem Gesang und vergaß auch nicht schön mit den Klampfen zu posen – yeah! Witziger Nachtrag: Als ich am Montag in HH auf dem Flughafen eincheckte um in den wohlverdienten Urlaub zu fliegen (diese ständigen Dremu-Berichte machen mich noch ganz fertig...), traf ich die Japaner gleich wieder, wie sie mit Klampfen beladen ziellos rumeierten...

Da Pete aus Berlin uns daran hinderte INNER WISH und BLACK MAJESTY ansehen („Dat is ‚Tralala’-Heldenmetal, kommt lieber mit uns saufen!“), fanden wir uns erst wieder zu NECRODEATH vor der Bühne ein, die neben UNDERCROFT dat wohl härteste Brett des Festivals fuhren. Die Italiener brachten herrlich old-schooligen Black Metal mit einem sehr extremen Sänger, was bei mir und vielen anderen gut reinlief. Während sich übrigens die gesamte Band voll mit Headbanging engagierte, wirkte der Gitarrist seltsam unbeteiligt. Nu, nicht jeder fühlt sich auf ’ner Bühne wohl.

NWOBHM zählt ja zu meinen Lieblingsmusiken – ich kann es kaum beschreiben, aber nahezu alle Bands dieser Spielart strahlen so etwas Urwüchsiges, Unbekümmertes und Natürliches aus, manchmal auch als Naivität tituliert, aber das war wohl einfach eine Phase, in der die Bands aus dem Bauch raus agiert haben, sich nicht viel um Image, Pathos oder Klischees gekümmert haben. So auch WEAPON, die genauso zeitlos und frisch wie letztes Jahr FIST klangen. Ich gestehe, von der Band spontan nur den von zahllosen NWOBHM-Samplern bekannten Song „Set The Stage Alight“ nennen zu können, der natürlich auch gespielt wurde und vom Publikum am lautstärksten abgefeiert wurde.

Von diversen Metalheads hatte man zugeflüstert bekommen, ja nicht den Auftritt der US Metal-Truppe RAVENSTHORN aus Chicago zu verpassen. Chicago – da denkt man gleich an Bands wie TROUBLE, DAMIEN THORNE, WARCRY oder SORCERY und tut so eine Aussage nicht leichtfertig ab. Der Sänger bewies Mut zur Hässlichkeit, indem er sich echt so ein Fledermaus-Cape umgehängt hatte und schlampig geschminkt auf die Bühne trat. Mein Grinsen wich jedoch fix Begeisterung, denn der knallige US Metal war erfreulich variabel gestaltet und gerade der Sänger überzeugte von klassischen Metal-Screams a la KING DIAMOND bis hin zu Death Metal-Growls. Außerdem peitschte er die nun exaltierte Menge ordentlich weiter an, so dass Rübenschütteln und Pommesgabelnhochhalten angesagt war. Geil, da kaufte ich mir doch glatt die aktuelle Doppel-LP im Klappcover, betitelt „The Haunted House Of The Possessed“, in der Tat zwei Longplayer enthaltend und hiermit ausdrücklich empfohlen (zu beziehen bei Hellion-Records).

Nun war es Zeit für die etwas bekannteren Bands, zunächst konnte man RIVAL bestaunen, die bereits 2002 auf dem H:O:A gespielt hatten. Was soll man sagen? OMEN ohne Ende! Und da ich OMEN immer sehr verehrt habe, begeisterten mich natürlich auch RIVAL wieder, vor allem der Gesang klingt so unheimlich nach J.D. Kimball, dass es ein wenig unglaubwürdig klingt, wenn RIVAL im UNBROKEN METALMAG-Inti erzählen, dass sie NOCH NIE von OMEN gehört hätten... Egal, der Sound war glasklar und heavy, die Band spielte schön tight – da wollten wir nicht Erbsen zählen und genossen die Songs, die vor allem von der „Modern World“-Knallerplatte waren, Höhepunkt wohl das beliebte „Death Stalker“.

Aber nun HEATHEN! He, hier war nix mit „erstmal am Zelt ein Bierchen trinken und beim ersten oder zweiten Song aufs Gelände schlendern“, es herrschte durchaus eine gespannte Erwartungshaltung. Und was dann kam, war nur noch SCHÄDELSPALTEND! Bay Area-Thrash mit gnadenlosem Riffing in einer Qualität, die – man muss es leider so sagen – heutzutage selten geworden ist. Wie gut die Gitarristen waren! Ein Rifffeuerwerk sondergleichen, man mogelte sich nicht um schwierigste Passagen herum und spielte ALLE Sachen, die auch auf den Platten zu hören sind, egal, ob Akustik-Intros oder diese Handgelenk-Brech-Riffs, wie sie auch METALLICA mal drauf hatten (GANZ am Anfang). Aber es war ja nicht nur musikalisches Show-Off, letztendlich ist es das Songwriting von Underground-Klassikern wie „Goblins Blade“, „Hypnotized“ oder Timeless Cell Of Prophecy“, das HEATHEN auch 14 Jahre nach „Victims Of Deception“ im Bewusstsein der Metal Community lebendig hält. UND natürlich die unverwechselbare melodische Stimme von David White-Godfrey, der zwar seine Haare, nicht aber seine stimmlichen Fähigkeiten eingebüßt hat. Fehlten überhaupt Songs von „Breaking The Silence“ und des eben erwähnten Nachfolgers? Ich glaube fast, dass HEATHEN in ihrem unheimlich kraftvollen Set alle Songs gespielt haben. Außerdem gab es noch das THIN LIZZY-Cover „The Holy War“ von der „Recovered“-Scheibe, wozu man Götz K. auf die Bühne holte, der sich nach einigen anfänglichen Textunsicherheiten wacker schlug. Lee Altus, für diesen Gig verzeihen wir dir sogar die KRUPPS... Bleibt natürlich noch Ex-Bassist Mike „Yaz“ Jastremski zu gedenken, der im Mai gestorben ist. Wer HEATHEN vor ein paar Jahren in Wacken gesehen hat, wird diese ...exzentrische... Erscheinung nie vergessen!

Alle waren begeistert und so musste es erst hell werden um uns der drohenden Hitze des nächsten Tages gewahr werden zu lassen und die Bier- und Wodka-Vorräte mal langsam in Ruhe zu lassen. Es geht weiter...
- Beitrag von: Philipp

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