OBSCENE EXTREME 2010 / 15.07.10 - Trutnov, Ceská republika, Tag 1

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Unfasslich: Nach Jahrzehnten des Festivalbesuchs (Gott, das hört sich an, als wär ich alt oder so…) stolpert man plötzlich über ein Festival, welches komplett alle Nervfaktoren vermeidet, denen man sonst begegnet. Überlegt mal, welche Dinge oft stressen, auch wenn man des jeweilige Fest natürlich trotzdem gern besucht:

  • -          Mehrere Bühnen = immer ein Stressfaktor, denn egal, wie sehr man von Bühne  zu Bühne hetzt, man verpasst doch immer was.
  • -          Kaum gute Fressstände oder ausschließlich Fleisch
  • -          Spätestens am zweiten Tag vollgeschissene Dixis
  • -          Ewig lange Wege
  • -          Zwischen den guten Bands immer wieder nervige tanzbare Klänge (DER Festivalhorror: SKA!)
  • -          Viel zu viele Menschen
  • -          Keine Duschen
  • -          Kacksound, der ständig verweht wird
  • -          Schlechte Sichtverhältnisse
  • -          Überteuerte Preise für schlechten Fraß und warmes Bier

Und jetzt der Hammer:

Das Obscene Extreme hat jedes Jahr ein Killer-Billing zwischen Grindcore, Death Metal, Hardcore und Crust/D-Beat. Dabei ist das Niveau selbst bei den unbekanntesten Bands erstaunlich hoch (aber dazu später). Das Gelände ist malerisch gelegen mitten zwischen Bergen und Wäldern, man zeltet direkt neben einem Amphitheater, welches vor der Bühne Platz für den Pit bietet, aber auch den ganzen Hang hinauf SITZREIHEN (mit Lehnen)! Die (einzige!) Bühne ist fett, hat eine leistungsstarke Anlage (ich hatte IMMER Ohrproppen drin, weil es mich sonst aus dem Sitz gefetzt hätte), die jeweilige Show wird auf ‘ner großen Leinwand übertragen. Da alles in einem Tal liegt, ist der Klang konstant fett und gut! Überall gibt es Stände mit ausschließlich vegetarischen/veganen Dingen und Getränkestände, die kaltes (!) Bier und Cocktails etc. anbieten. Natürlich sind da auch ein paar eklige Sachen bei, aber man kann unter Dutzenden von Angeboten wählen (die Fleischfresser, die nicht mal drei Tage auf Kadaver verzichten mögen, können sich natürlich auf dem Campinggelände was grillen oder zu einer gegenüberliegenden Tanke gehen). In 600 Metern Entfernung liegt eine Grundschule, in der man für 10 Cent duschen kann. Man muss sich das mal vorstellen: Du kannst dich da den ganzen Tag zwischen ca. 7000 Freaks auf den Bänken lümmeln, geiles Gegrinde hören und dabei kaltes Bier in dich reinschütten und Veganburger mampfen. Pure Grind-Wellness! Ich beschreibe gerade ein imaginäres Paradies? Nein, ich beschreibe die Realität des Obscene Extreme! Und jetzt festhalten: Das Ticket kostet unter 40,- Euro (66 Bands, dazu gibt es eine fette CD mit dickem Booklet und fast allen dort spielenden Bands), ein 0,5-Bier kostet ca. 1,20 Euro… Und aus den Dixis wehte einem sogar noch am dritten Tag beim Öffnen ein frischer Geruch (!) entgegen. Natürlich gibt es dann doch ein paar Kritikpunkte, aber insgesamt sticht dieses Festival qualitativ im Grunde alle anderen aus! 

Seit Jahren ist das Obscene Extreme Festival dafür bekannt, der größte Grind/Crust/D-Beat/Brutal-Death Event der Welt zu sein. Letztes Jahr wollte ich dann mit dem guten Strecker dort hinfahren, was aber irgendwie nicht so recht klappen sollte. Dieses Jahr also zum zweiten Versuch angesetzt und es sollte klappen!

Am Mittwochabend geht es mit einer Klassebesetzung, nämlich Strecker, Jens & Fussel (die Destructioncrew) & Lisa, Andy & Nina und mir ins Streckermobil und ab inne Tschechische Republik. Die Fahrt verläuft erbaulich, zumindest wenn man – wie ich – überzeugter Beifahrer ist (die Fahrer Strecker und Jens müssen mit desaströsen Straßenverhältnissen kämpfen. Props to them!). Schön wat ausm Fenster glotzen, Landschaft genießen, einpennen, lesen, sich unterhalten, ein paar geistige Getränke schlürfen… herrlich. Neben mir sitzt Fussel, dessen Lebensgeschichte ich nun auch kenne. Unhöflicherweise schlafe ich während seines durch Lütje Minze geförderten Redeschwalls mehrfach ein, aber zum Glück erzählt der Gute alles doppelt, sodass ich kaum Lücken in der Bio habe…

Aufstehen, alles schnell zusammen packen, noch was essen und los geht’s, denn schließlich treffen wir uns schon um 13 Uhr bei Strecker, was heißt, dass Nina und ich um 12.00 Uhr das Haus verlassen müssen, um rechtzeitig bei unserem Helldriver zu sein. Nach 45 Minuten zu Fuß unterwegs und Streckers Wohnung fast in Sichtweite erreicht uns eine SMS mit dem Inhalt, dass wir uns doch erst um 17.00 Uhr treffen, wegen Hitze und Stau oder so. Nicht gewillt den ganzen Kram fürs Festival wieder den ganzen Weg zurückzuschleppen gehen wir weiter zu Strecker, um wenigstens die Sachen dort abzustellen. Der ist aber natürlich nicht da und auch telefonisch nicht zu erreichen. Tolle Seitanwurst!

Also noch mal ‘nen Spaziergang von knapp ‘ner Stunde gemacht und wieder zu Hause. Erst mal wird versucht, irgendwie Abkühlung zu bekommen, weshalb wir uns in die kalte Badewanne setzten mit einem eiskalten Getränk. Mein Laptop darf auch mit und unterhält uns mit einer Folge “Hellboy Animated”, die aber mehr und mehr in Vergessenheit gerät, als wir einen Spuckkontest beginnen. Danach sorgen Bratkartoffeln und Tofuwürstchen dafür, dass wir nicht vor Erschöpfung sterben.

Später machen wir uns wieder auf den beschwerlichen Weg Richtung Fahrzeug. Diesmal kommen wir auch an, aber Strecker öffnet wieder nicht, was diesmal daran liegt, dass er im Keller rumfuhrwerkt. Nach und nach trudeln die anderen ein, langsam wird dann auch gepackt und wir machen uns auf den Weg, nicht ohne vorher noch mal einzukaufen und diverse Banken zu besuchen. Die wollen Fussel aber kein Geld geben (kann ich nachvollziehen). Irgendwann finden wir dann aber doch eine Bank, die unseren zahnlosen Freund für kreditwürdig hält und wir können endlich losfahren.

Die Fahrt verläuft ohne größere Vorkommnisse, bis wir irgendwann die polnische Grenze erreichen. Ab dort gleicht die Autobahn eher einer Achterbahn. Die Schilder, die uns davor warnen, dass es auf den nächsten paar Kilometern etwas holprig werden könnte, sind wohl eher sarkastisch gemeint. Tiere wie Marder, Füchse, Mäuse, Damm und auch Rotwild nehmen reißaus, als wir auf der Landstraße längsbrausen, die noch abenteuerlicher ist als die Autobahn. Vor der tschechischen Grenze muss noch ein Gebirge überwunden werden, das von einigen Bergkundigen auf über 3000 Meter geschätzt wird. In Tschechien sind die Straßen etwas besser, deren Führung aber mindestens genau so abenteuerlich.

Das Gelände befindet sich in der tschechischen Kleinstadt Trutnov. Zweisprachige (also tschechische und deutsche) Schilder verweisen auf den Namen Trautenau, was dem historisch Interessierten natürlich hellwach werden lässt. Der Name deutet auf eine sudetische  Vergangenheit hin, was 1938 Hitlers Vorwand war, Trautenau und allg. das sogenannte Sudetenland dem Deutschen Reich anzugliedern. Die Alliierten stimmten dem bekanntlich mit dem Münchener Abkommen zu, ein Vorgang, den die Tschechische Republik bis heute völkerrechtlich nicht anerkennt (zu recht). Die Appeasement-Hoffnungen wurden dann mit der dt. Besetzung der „Rest-Tschechei“ zunichte gemacht. Auch interessant: Ein großes Schild gleich gegenüber dem Festivalgelände mit der Aufschrift 1866, da muss man gleich an den deutschen Bruderkrieg (Preußen vs. Österreich) denken und in der Tat fand in diesem Rahmen die „Schlacht bei Trautenau“  statt.

Diese Sachen interessieren nur leider gerade keinen, weil wir feststellen müssen, dass der Zugang zum Gelände verschlossen ist. Hm, es ist so 4.00 Uhr morgens und es soll noch ca. vier Stunden dauern, bis sich hier die Pforten öffnen.  Was tun? Wir entschließen uns, irgendwo wild zu campieren, um noch ‘ne Mütze Schlaf abzugreifen. Nach kurzem Herumgegurke parken wir an einem Acker, denken uns, der Bauer werde das schon tolerieren. Jens und ich finden sogar so eine kleine Holzhütte mit Tisch und zwei Bänken. Geil, schön schattig. Die anderen legen sich in die blanke Botanik, wir beide halt in diese Hütte. Gerade hingelegt entdecken wir allerdings, dass dort auch ein Wespennest hängt. Bisschen unentspannt das ganze Gesumme, aber wir sind zu müde, um umzuziehen. Geht auch alles gut, die Wespen tolerieren unsere Anwesenheit.
 

Als wir nach vielen Abenteuern und Irrfahrten endlich gegen 4 Uhr nachts am Ziel ankommen, wird uns verkündet, dass der Zeltplatz erst um 8 öffnet. Was also tun? Wie die anderen in der Seitenstraße warten? Nee wir sind ja richtige Punker, deshalb suchen wir uns einen Ort zum Wildcampen. Die eine Hälfte unserer Gruppe schläft unter einem Wespennest in einer Picknickhütte und die Hälfte, der ich zugehörig bin, legt sich auf ein Feld gegenüber. Schlafen fällt mir bei der hübschen Aussicht und den ständigen Besuchen von Rehen und Hasen eher schwer, aber 1-2 Stündchen Schlaf hab ich am Ende doch ab bekommen.

Nach ein paar Stunden geht es dann erquickt  zurück nach Trutnovcity, kurz Supermarkt, dann ab aufs Gelände. Nu erst im Hellen wird uns die ganze Kultigkeit der Umgebung bewusst. Berge, Wiesen, Wälder und all den Scheiß. Fussel und Lisa sind sich sicher, dass ein Platz bei einer Baumreihe optimal sei. Steckers schüchterne Einwände, ob man nicht näher an den Eingang zum Festivalgelände fahren solle, werden ignoriert, bei den Bäumen sei es schattig und supi. Im Nachhinein zeigt sich, dass wir zielsicher den unbequemsten und wahrscheinlich sonnigsten Platz des Geländes anvisiert haben. Die Steigung ist derart heftig, dass man im Zelt auf der Isomatte bis zur Zeltwand herunterrutscht, die Sonne ballert den ganzen Tag, wir waren zwar mit die ersten auffem Campground, haben aber so ziemlich die maximale Entfernung zum Eingang, ordentlich Bodenlöcher und Stolpermöglichkeiten inklusive… Aber scheiß drauf, jetzt soll gegrindet werden.

Nach dem Aufstehen geht’s erst mal zu einem nicht unterstützenswerten Discounter, der mit L beginnt (Dort werden wir übrigens von einer Dame bedient, die anscheinend in einer TWISTED SISTER Coverband spielt). Als der Einkauf beendet ist, fahren wir zurück zum Zeltplatz, wo wir uns ein vermeintlich schattiges, aber abschüssiges Plätzchen sichern. Wenige Minuten später sind Zelte und Dinge, die man für Zelte hielt, die aber in Wirklichkeit Pavillons sind, aufgebaut und wir können endlich ein wenig faulenzen.

Eine erstmalige Geländebegehung verwirrt: Was sollen die Gradanzeigen an den Bierständen? Ein Bier 10°, das andere 11°? Eine Expertin erzählt mir später, dass die Tschechen damit wohl eher die Stammwürze als die Temperatur meinen…

Wir können es kaum fassen, wie geil das hier alles ist, begrüßen zahlreiche Krusten (besonders Jens und Fussel kennen Hans und Franz), und beginnen mit einem Chill-Grind-Programm, das wahrscheinlich noch Jahre später bei der Erinnerung wehmütiges Grinsen auslösen wird. Eine Einschränkung: Das Bier ist zwar kühl, aber nicht so 100%ig lecker und so richtig betrunken wird man trotz heftigster Versuche  irgendwie nicht.

Die Erholung währt nur kurz, denn es müssen ja noch Bändchen ergattert und das Gelände erkundet werden. Nachdem wir die Bändchen um die Ärmchen haben, müssen wir erst mal unser Geld gegen Coupons eintauschen, die man dafür benötigt, Nahrung auf dem Gelände zu erstehen. Die Preise sind immer mehr als fair, nur so manches Essen und Trinken ist dann doch eher gewöhnungsbedürftig, dafür gibt es auch allerhand Auswahl an veganem Essen. Übrigens gibt’s auf dem gesamten Gelände kein Fleisch zu kaufen, denn Curby, der Veranstalter, ist selbst Vegetarier und will nicht, dass für sein Festival Tiere sterben müssen. Coole Sache bei einem Festival, das doch schon etwas kommerzieller ist. Eine Wasserstelle und genügend Dixis gibt es auch. Die Bühne ist ein altes Amphitheater mit genügend Platz für ‘nen ordentlichen Pit vor der Bühne und genügend Sitzplätze für alle, die keine Lust auf Schubsereien haben.

Gleich die erste Band überrascht mit feistem Sound: PURULENT YACUZZI aus Moskau donnern mit brutalem Sänger und heftigem Goregrind über die Bühnenbretter. Sehr effektiv dabei die walzenden SloMo-Passagen, die uns auf den Sitzplätzen zu Fist- und Headbanging animieren. Erfreulich, dass sich bereits eine ordentliche Schar grindhungriger Freaks direkt vor der Bühne einfindet und den Pit brodeln lässt. Wir sind bass erstaunt, weil geil das alles bereits losgeht. Ich mein, klar muss man generell nicht erst auf die „großen“ Namen warten, um gute Bands zu sehen, aber dass dat Niveau derart hoch gelegt wird, freut uns natürlich.

PURULENT JACUZZI 

Wir nehmen Platz, denn bald soll auch schon die erste Band starten. Eröffnet wird das Festival von PURULENT JACUZZI aus Russland. Die vier Jungs kommen erst fünf Minuten vor ihrem Gig an, weshalb eigentlich schon die zweite Band spielen sollte, aber jetzt haben sie es doch noch rechtzeitig geschafft. PURULENT JACUZZI spielen Grind, haben aber auch einige Goreparts vorzuweisen. Besonders, was der Drummer auf seinem minimalen Schlagzeug zaubert und in welcher Geschwindigkeit der blastbeatet, ist echt beeindruckend. Gute Show, hätte ich vom Opener nicht unbedingt erwartet.

http://www.myspace.com/pjacuzzi

Sympathisch auch, dass Veranstalter Curby so ziemlich JEDE Band ansagt, obwohl der sicherlich genug andere Dinge um die Ohren hat.

Es folgen CEREBRAL BORE aus Glasgow, die mir sogar noch besser etwas gefallen als ihre Vorgänger. Es singen ein Mann und eine Frau, letztere leider eine der wenigen weiblichen Musikanten auf dem Festival – da scheint es im Grindcore doch Nachholbedarf zu geben. Erinnern an eine heftigere Version von DESPISED ICON, da sie doch recht fit anne Instrumente sind und technischen Death Metal einfließen lassen.  Auf meinem Notizzettel steht außerdem: „Strecker will LP!“ Leider müssen sie ihr Set etwas kürzen, da der Soundcheck zu lange gedauert hatte. 

Kennt außer mir eigentlich noch jemand die gute alte Zeit, als DESPISED ICON noch eine der chaotischsten Grindbands überhaupt waren? Wenn ja, dann wisst ihr ganz genau, wie sich CEREBRAL BORE anhören. Die Band aus England mit männlich/weiblichen Gegrunze feuert die Leute von Anfang an an und versucht die Leute zu noch wilderem Tanzen zu animieren. Als das Publikum darauf eingeht, bedankt sich die Sängerin mit: “Fuck you very much! Eh, I mean thank you…” Die Band kann mich wirklich sehr überzeugen, muss unbedingt auf Platte ausgecheckt werden.

http://www.myspace.com/cerebralbore2

SEXY POLICE (was für ein Name!) werden von Curby mit den Worten „dark, fast and filthy“ angekündigt. Und das zu Recht: Die Norweger grinden entfesselt los, das Wort „Gesang“ wäre hier vollständig unangebracht, die Laute sind eher animalisch und scheinen aus dem tiefsten Schlund der Hölle zu uns herüberzumodern.  Musikalisch sei man beeinflusst durch “Grind/Crust/Thrash/Death/Black Metal, but also by this fucked up world and the stupid people that inhabit it. (Yes, you may have had an impact on the band, congratulations.)”

SEXY POLICE 

SEXY POLICE können schon allein wegen des tollen Bandnamen überzeugen, aber auch die Musik ist nicht schlecht, wirklich hängengeblieben ist aber nichts, muss Wolter etwas mehr zu sagen, der saß ja den ganzen Tag faul in der Sonne und hat sich Notizen gemacht.

http://www.myspace.com/sexypolicegrind

Eigentlich hätte ich erwartet, dass man öfter mal Bands auslässt und zum Zelt/Auto geht. Aber wieso soll ich meinen gemütlichen Sitzplatz verlassen, wenn mir Grind, kühles Bier und gebratene Tauben, quatsch Veggiesnacks quasi zugeflogen kommen? Außerdem überzeugen auch MUCUS (Hainut/Belgien) wieder. Hier haben wir einen singenden Trommler und einen etatmäßigen Sänger, die um die Wette grunzen/schreien/kreischen. Dazu kommen groovige Riffs und knüppelndes Schlagzeug. Für einen Song steuert der Sänger von PURULENT YACUZZI seine Kloschüssel-Vocals bei. Vor der Bühne drehen Grinder und Krusten durch!

MUCUS liefern danach ebenfalls ‘ne geile Grindshow ab, auch Gratis-Cds werden im Publikum verteilt. Unglaublich, wie hoch das Niveau schon immer morgens ist und sich die kleinen Bands auch gut mit den Headlinern messen können.

http://www.myspace.com/grindcoremucus (Mehrere Videos von der Show druff)

Nun könnte man ja denken, dass ein ganzes Wochenende voller derartiger Bands irgendwann langweilig werden könnte. Doch nein, absolut nicht! Vielleicht ist es die gelungene Abwechslung, oft wird zwischen mehreren Grindbands mal eine Death-Metal-Combo eingestreut, dann gibt es bisken Hardcore… oder eben Crust/D-Beat wie jetzt TINNER aus Finnland. Die Unterschiede mögen vielleicht für Radiohörer nicht soo groß zu sein, doch Eingeweihte wissen: Sie sind gigantisch! Allein die Trommelarbeit! Die Snare z.B. bedienen manche Grinddrummer kaum, da horcht man richtig auf, wenn jemand eine aggressive Snare spielt. TINNER zocken brutalen D-Beat, es sind drei Typen mit Kapuzen, die immer wieder Fragen stellen: „Do you like Death Metal?“ – „No? But do you like D-Beat? “ – „Yes! Right Answer, now here is some D-beat for you!”… Ein Anti-Cimex-Cover gibt es auch, und so bleiben TINNER als Festival-Highlight im Gedächtnis. 

TINNER aus Schweden sind die erste D-Beat Band des Festes und das erwähnen sie auch in jeder Ansage. Die Band singt meistens in der eigenen Sprache und ist trotz der Affenhitze vermummt. Ein Gastsänger darf sich einen Song lang auch mit austoben und ANTI-CIMAX werden auch gecovert. Außerdem wird auch das “Scum”-Intro von NAPALM DEATH ganz frech geklaut. Auch die Ansagen sind sehr unterhaltsam. Insgesamt eine der besten Bands des Wochenendes.

 http://www.myspace.com/tinnercrust

Im Gegensatz zu EARDELETE, die doch eher langweiligen Death Grind bieten.

 

EARDELETE sind die erste tschechische Band und haben die von El Tofu so geliebten Schwein- und Schwein-bekommt-Stromschlag-Vocals am Start. Da wird gequiekt und gegrunzt, dass es sich komplett nach Schweinestall anhört. Ich liege allerdings mit Strecker – vom Bierholen erschöpft – faul im Schatten eines Baumes und höre den Kram eher, als dass ich ihn sehe. Ab und zu nicke ich auch mal ein und als ich aufwache, ist Strecker verschwunden!

http://www.myspace.com/eardelete

Hossa, jetzt kommt mal eine Band von richtig weit weg: NOXA aus Jakarta/Indonesien. Sieht man mal von den peinlichen Nationalflaggen ab, welche sich die Jungs über die Boxen hängen, fällt die Bilanz zu NOXA überzeugend aus: Scharfkantiger Grind in Überschallgeschwindigkeit, sehr präzise und mit Herzblut gespielt. Besonders der Drummer lässt Kinnladen herunterklappen. Und irgendwann taucht auch Strecker wieder auf.

NOXA 

NOXA aus Indonesien sind dann aber wieder nicht mehr langweilig. Gespielt wird Grind mit einem bisschen Crust. NOXA träumten schon immer davon, auf dem Obscene spielen zu dürfen und jetzt, wo sie diesen Traum erreicht haben, müssen sie das ohne ihren alten Drummer machen, der Anfang letzten Jahres verstorben ist. Deshalb wurde der Festival Sampler auch Robin Hutagoal gewidmet. Sehr sympathische Band mit einer Menge Spielfreude, nur die Landesflagge können sie das nächste Mal zu Hause lassen.

http://www.myspace.com/noxanxgc

Die schwedischen INEVITABLE END müssen zunächst damit leben, dass sie nach diesem Hackinferno deutlich braver wirken. Ich hätte dann auch lieber klassischen Schwedensound gehört, doch die Band tendiert zu einem moderneren US-Death-Metal-Sound. Irgendwie sind die auch saulaut und ab und zu kommt es zu nervigen Feedbacks. 

INEVITABLE END sind musikalisch etwas statischer als ihre Vorgänger, doch können sie mich auch überzeugen. Erinnert mich ihr vertrackter Death Metal doch ein wenig an die schwedischen CIPHER SYSTEM. Außerdem nutzen die Musiker die große Bühne komplett aus und klettern auf alles, was erkletterbar ist.

http://www.myspace.com/inevitableend

Einen richtig fiesen Bastard aus Grindcore (Blastbeats), Death Metal (Riffs) und Black Metal (Vocals) bieten die Australier BEYOND TERROR BEYOND GRACE. Im Vergleich zu anderen Bands wirkt diese Band mit ihren Tempowechseln und sphärischen Passagen durchaus progressiv. Heftiger und interessanter Stoff! 

Darauf folgen die Amis von BEYOND TERROR BEYOND GRACE, die gerade auf großer Europa-Tour mit ihren Freunden von CATTLE DECAPITATION sind. Die Band mit ihrem sehr charismatischen Frontmann kann mich mit ihrer vertrackten und oft chaotischen Mischung aus Hardcore, Grind und Death Metal sehr überzeugen. Irgendwo hab ich auch die Bezeichnung Avantgarde Grind aufgeschnappt, auch ganz passend. Sozialkritische Texte gibt’s auch noch, mehr kann man ja nicht verlangen.

http://www.myspace.com/beyondterrorbeyondgrace

Die Jungs von INGROWING sind mittlerweile professionell geworden, aber gemeinsame Auftritte mit Bonehouse liegen auch schon gute 15 Jahre zurück… Die Tschechen konnte man schon den ganzen Tag als Stagehands mitarbeiten sehen, die gehören hier also quasi zur Familie und werden dementsprechend mit sehr großem Hallo empfangen. Die guten Resonanzen sind aber auch wirklich verdient, besonders der Schlagzeuger überzeugt mit NAPALM-DEATH-Blasts und –Grooves und derart eingängige Grindsongs schreiben sonst auch nur Legenden a la NASUM. Richtig gut, und die Ankündigung, nun werde ein MANOWAR-Cover folgen, war offenbar auch nur ein Joke, zumindest war in dem folgenden Geknatter nix Manowarhaftes herauszuhören!

Danach geht’s weiter mit einem der tschechischen Großväter feinsten Lärms: INGROWING. Die Band ist ordentlich watt schneller als noch vor Jahren, so dass es mich nicht mehr länger auf meinem Sitzplatz hält und ich mir erst mal den Kopf an der Bühne blutig haue!

http://www.myspace.com/ingrowing

Darauf folgt eine Band, bei der ich mir mittlerweile schon sehr oft etwas blutig gehauen habe. Denn THE ARSON PROJECT aus Schweden habe ich seit ihrer Show in der Meierei schon 8 oder 9 mal gesehen, was nicht zuletzt daran liegt, dass ich die Kapelle auf ihrer Schwedentour mit BIRDFLESH begleitet habe. Wie immer knüppeln die Feuerleger ‘ne ordentliche Moderngrind-Ladung ins Publikum, das sich wohlig im Lärm wälzt. Sogar ein paar neue Songs bekommen wir inne Ohren. Mal wieder können THE ARSON PROJECT zeigen, dass sie im Moment eine der vielversprechendsten Grindbands Europas sind!  

THE ARSON PROJECT (Schweden) haben vor ca. einem Jahr ein begeisterndes Konzi in der Meierei gespielt (Review: http://mosh.dremufuestias.de/index.php?option=com_content&task=view&id=1715&Itemid=116) und können heute locker an dieses Niveau anknüpfen. Vielleicht der bewegungsaktivste Sänger heute, vielleicht auch das größte Energie- und Wutlevel des Tages. Auch erfreulich, dass diese Band einen deutlichen Hardcore/Punk-Background hat, der sich in kritischen Texten manifestiert.

http://www.myspace.com/thearsonproject

„The doctors are ready for you!“, kündigt Curby an und schon marschiert der Sänger im weißen Kittel und einem Eimer voller Kunstblut auf die Bühne. Die ersten Reihen werden ordentlich besudelt und die Stimmung ist wohl die beste des Tages, zumal es jetzt richtig voll auf dem Gelände ist und die Temperaturen endlich angenehmer sind (21.35 – 22.35 Uhr). Im Gegensatz zu den 20- und 30-minütigen Sets der bisherigen Bands dürfen die Schweden eine volle Stunde lang ihren Old School Death Metal vortragen. Titel wie „Perfunctory Fleshless Precipitate“ oder „Decedent Scarification Aesthetics“ erinnern mit ihrem Medizin-Wörterbuch-Zungenschlag schwer an CARCASS, deren (spätere) Klasse man allerdings musikalisch nicht erreicht. Aber statt Skalpell tut es der grobe Knüppel ja auch und so sieht man überall begeistert hochgereckte Pommesgabeln.

GENERAL SURGERY sind keine Newcomer mehr, zerpflücken sie den Underground doch mittlerweile schon ein Vierteljahrhundert lang und so dient dieses Konzert auch dazu, den 25ten Geburtstag ihrer EP zu feiern. Wie immer wird mit einer Menge Blut rumgesudelt und textlich geht’s noch viel wilder zu. Freunde von CARCASS und anderen Medizinerbands haben ihre helle Freude, ich finde es okay, aber nicht herausragend.

http://www.myspace.com/generalsurgery

El Tofu feiert CATTLE DECAPITATION zwar ab, das textliche Konzept scheint auch nicht uninteressant zu sein, aber musikalisch nerven die Amis mit viel zu technischem Gegniedel. Vor allem die Gitarrensoli gehen gar nicht und lassen Fußnägel hochrollen, sodass sich das Gelände merklich leert. Für Erholung sorgen eigentlich nur die Pausen zwischen den Songs, in denen der Sänger ganz gute Ansagen macht: „Are you high on life? Are you high on Jesus? Definitely not, huh?“ Ansonsten: Nö, lass ma.

CATTLE DECAPITATION 

Jetzt geht’s weiter mit veganem Goregrind aus Amiland. CATTLE DECAPITATION singen von der Vernichtung der Menschheit und das meistens aus der Sicht rachsüchtiger Tiere. Mir gefällt’s, obwohl die Band schon länger das Niveau der ersten Scheiben nicht mehr erreicht und sich manchmal zu sehr in technischen Frickeleien verstrickt. Alte, ungezügelte Stücke wie “To serve men”, “I eat your skin” oder “Humanure” können aber total überzeugen. Vor der Bühne ist leider die Lautstärke dermaßen übertrieben, dass ich es nicht aushalte und mich ein wenig weiter weg stelle. Leider wird mal wieder nichts von der noisigen Frühphase und auch keiner der spanischen Songs gespielt. Schade!

http://www.myspace.com/cattledecapitation

MARTYRDOD gefallen mir da doch wesentlich besser, schließlich steht hier Crust mit (leichten) Black-Metal-Zusätzen auf dem Programm. Ganz geile Verbindung, die zurzeit ja immer häufiger auftritt. Kritisiert werden muss allerdings die Länge der Songs. Kürzere Biester wären hier doch knackiger gewesen. Daher können die Schweden das Interesse des Mobs nicht völlig fesseln.

Danach MARTYRDÖD mit ihrer schwedischen Kruste. Live kann mich die Band dann mal gar nicht überzeugen. Zu statisch und langatmig ist das Ganze und hängengeblieben ist dann auch nichts.

http://www.myspace.com/martyrdod

Das war es auch schon mit dem musikalischen Teil. Nun soll allerdings noch die sogenannte „Hell show“ stattfinden, von der wir uns nur kurz den Anfang ansehen. Naja, hier werden halt showmäßig Freaks mit den entsprechenden Apps an Fleischerhaken in die Luft gezerrt. Find ich persönlich nicht so aufregend, weswegen ich mich langsam zum Zelt begebe. Ein Teil der Show soll dann noch ein gegenseitiges Fressezunähen beinhaltet haben…

Wir erzählen uns lieber noch wat und feiern noch ein bisschen, bevor es mit der Vorfreude auf zwei weitere Tage in die Zelte geht. IN GRIND WE TRUST!

Zuletzt gibt es noch die Hellshow, bei der sich Freaks an Fleischerhaken hängen und so was. Hab ich in meiner langen Zeit als Freak schon öfter und ganz bestimmt auch schon stimmungsvoller gesehen. Als es dann auch noch anfängt zu regnen habe ich dann gar keinen Bock mehr. So geht der erste Tag vorbei, aber es sollten ja noch zwei ereignisreiche Tage folgen.

Kommentare   

0 #7 Philipp 2012-07-19 13:54
Pics neu reingebaut. Blöde neue MySpace-Codes.
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0 #6 The Grim Wombat 2011-01-09 19:39
EARDELETE sind eine der besten Band gewesen die das Billing von '10 zu bieten hatte!!!!! 8)
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0 #5 roi 2010-07-25 20:45
hey hast voll recht ,nimm den weg nich in kauf .....komm gleich zum `KACKEN ` ,abba warst ja eh schon,!bis dann jockel
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0 #4 Andy 2010-07-25 20:45
total unwichtige ergänzung das ANTI-CIMEX Cover das TINNER gespielt haben war: Heroindöd!
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0 #3 Nils 2010-07-25 20:45
' Irgendwann finden wir dann aber doch eine Bank, die unseren zahnlosen Freund für kreditwürdig hält und wir können endlich losfahren.' Hahahaha ich lach mich kaputt. Herrlich ;)
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0 #2 Torsten 2010-07-25 20:45
Toll!!! Toll!!! Toll!!! :-)
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0 #1 Andy 2010-07-25 20:45
so nochn paar fotos reingepackt auf myspace gibts noch viel mehr davon.
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