NAGLFAR, INTO ETERNITY / 01.06.2004 - Hamburg, Headbangers Ballroom

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Die Tore der Hölle stehen weit offen: Ich stehe inmitten einer verschwitzten Bangerschar, die willenlos ihre Rüben kreisen lässt. Eine unglaubliche DRUCKWELLE göngelt mir von der Bühne entgegen, da endet der Song. Jens Rydén greift zum Mikro und flüsterkreischt: "This is a song we recorded 1995 for an album called VITTRA. This is 'AS THE TWILIGHT GAVE BIRTH TO THE NIGHT'!" Noch bevor der Song losbratzt, ergreift mich eine Vollkörpergänsehaut: NAGLFAR sind da und sie halten alle Versprechen, die ihre Platten machen!

Allein "Vittra" ist nicht umsonst von der ROCK HARD-Redaktion zu den 300 besten Scheiben ever gewählt worden. Und dat letzte Langeisen "Sheol" ist gar noch besser, find ich zumindest. Was DISSECTION live nicht einhalten konnten, NAGLFAR bringen es: Die perfekte Symbiose aus Death- und Black Metal – Atmosphäre, Aggression, fulminante Sperrfeuer-Riffs und DIESER UNGLAUBLICHE GESANG verschmelzen zu einer natürlichen Einheit. NAGLFAR umgibt eh der Hauch des Besonderen, denn selten veröffentlichen sie Platten, noch seltener lassen sie sich in unseren Breitengraden blicken, die alten Schweden. Sind sie mir im wackenschen Zelt der verschobenen Parallelzeiten vor einiger Zeit glatt durch die Lappen gegangen, steh ich heute ungläubig und entrückt grinsend vor der Bühne. NAGLFAR verbiegen Zeit und Raum, selten klang Black Metal so ernsthaft, überzeugend und spielfreudig zugleich. Die Schweden starren mir irren Blicken in die tobende Meute (besonders Basser Kristoffer Olivius bräuchte als Ork im Herrn der Ringe keine besondere Maske...) und feuern einen Klassiker nach dem anderen ab: "I Am Vengeance", "Horncrowned Majesty", "Black God Aftermath", "Unleash Hell" und und und... Der Sound kann nur noch als schädelspaltend bezeichnet werden, kommt er doch wuchtig und transparent zugleich. Das sehr exakte Zusammenspiel der Band erleichtert natürlich auch jedem Mixer die Arbeit. Tscha, da gibt es einfach keinen Kritikpunkt. Ein perfekter Black/Death Metal-Gig vor begeistertem Publikum.

Vorher gab's mit INTO ETERNITY einen fitten Opener. Die Kanadier zelebrierten progressiven Metal auf höchstmöglichem Niveau. Ich steh eigentlich nicht auf zu komplizierte Sachen, aber ab und zu kommt auch in diesem Bereich eine Ausnahmeband, die einfach Klassesongs schreibt. WATCHTOWER oder ANACRUSIS wären da zu nennen und mit letzteren werden INTO ETERNITY auch oft verglichen. Nicht ganz zu Unrecht, denn auch INTO ETERNITY scheuen keine Ausbrüche in brutalere Gefilde. Nahezu unglaublich war das gesangliche Spektrum, was hier live an den Tag gelegt wurde. Alle fünf Bandmitglieder sangen und offenbar können alle sowohl Death Metal-mäßig grunzen als auch melodiös schmettern. Zuerst dachte ich, der Sänger wird vom Band gedoppelt, weil ich vor dieser Scheißsäule im Headbangers stand und den Gitarristen rechts nicht sehen konnte. Doch Pustekuchen, der hat im exakten Timbre die melodiösen Parts mitgesungen. Wenn dann Growls kamen, wurde der "Hauptsänger" ebenfalls nicht allein im Regen stehen gelassen, sondern ordentlich unterstützt. Und das alles zu halsbrecherischen Riffs und Breaks. Da konnte man kaum mal einen Takt durchbangen... Der Stimmung tat dies indes keinen Abbruch: Die Band wurde vom Mob gut empfangen, obwohl viele sie sicher zum ersten Mal sahen. Auch wenn ich mir jetzt nicht gleich die Platte geholt hab, werde ich der Band in Zukunft keinesfalls aus dem Wege gehen.
- Beitrag von: Philipp

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