KONGH, SEXX ACTION BABES / 08.05.09 - Martha, Kiel

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Als ich mit meinem neuen Zweitrad zum traditionellen Vorglühen bei Strecker fahre, verdunkelt sich plötzlich der Himmel, Sturm zieht auf, dicke Regentropfen fallen, unheilvolle Glockenschläge ertönen – und spätestens als eine in 'ne schwarze Kutte gewandete Gestalt mit ihrem Finger auf mich zeigt und mit feurigen Augen anklagend anstarrt, weiß ich, dass meine Wahl fürs Doom- statt fürs Death Metal-Konzi richtig war (auch wenn der Kuttentyp bei näherem Hinsehen nur so ‘nen mülltütenförmigen Asi-Regenmantel umhat, die Augen vom Kiffen rot geädert sind und die Hand zum flehentlichen Trampzeichen ausgestreckt war).

 

Ich bin ja zum ersten Mal inne Selbsthilfewerkstatt der Marthastraße. Ha, ist das herrlich hier! Mad Max galore, überall Trümmer, tote Autos, ungesicherte Gruben, in die man besoffen metertief stürzen kann, Stapel von Autoreifen. Dazu grillt die Mieter-Family schön Würstchen und verscherbelt die zum Bier für‘n Euro! Tonnenschwerer Kult. Was müssen die Schweden gedacht haben, als sie erstens DIESEN Zockraum erblickten und zweitens einen Blick auf die mit Strapsen, Perücken und Schminke versehen SEXX ACTION BABES geworfen hatten… „We didn’t expect THAT“, gesteht mir dann auch einer der Schweden bei einem beruhigenden Bier.

Schwer fiel mir die Wahl nicht: Disbelief in der Pumpe oder Kongh in der Martha – mein Herz schlägt für DOOM und wenn sich schon die Gelegenheit bietet, eine solche Band spielen zu sehen, dann MUSS ich dahin. Disbelief sind dann später dran …  

Auch in der Marthastrasse laufen heute zwei Veranstaltungen: das Konzert zum einen, zum anderen eine Grillparty der Leutings vonner Selbsthilfewerkstatt. Mucke zwischen Wurst und Buletten also.  

Bis die Mucke beginnt, die Künstler (der einen Band) geschminkt sind und doch noch ein paar Leute eintreffen, mache ich es mir mit einem Bier in einem der Sessel bequem. Bin gespannt auf das, was KONGH fabrizieren werden, denn ich muss zugeben: ich kenne die Band nicht.  

Ich auch nicht, nur kurz via MySpace reingezappt. Aber erstma die Babes! Die sehe ich heute – glaubt es oder leckt mich am Arsch – zum ersten Mal. Es war ja klar, dass Siggi Sick und Steve Steel GAR NICHTS peinlich ist, dem Gitarristen Dr. Waschmaschinewski sicher auch nicht. Das Outfit soll laut Siggi Leather/SM-Look sein, sieht eher aus, als hätte man dem Regisseur vonner Rocky Horror Peep Show LSD innen Drink gekippt, bevor es zum Casting und zur Schminke ging. Völlig befremdlich, gerade surreal dann auch, dass zu den Babes sechs Oi-Skinheads verzückt vor der Bühne tanzen. Ich mein, die Band schraddelt ultratrashigen (ja, ohne „h“) Glam/Lärm, und dazu tanzen SKINHEADS! Siggi spuckt Blut, lässt den Bass Feedback heulen und singt vom „Fistfuck Terminator“. Definitiv unterhaltsam, „gut“ geht hingegen anders, hi hi.

Doch schon die ersten Klänge des Soundchecks lassen ein wohliges, vertrautes Gefühl aufkommen. Der Gitarrensound knarzt ganz schön fett! Die „Orange“ - Verstärker sind gut eingestellt, hehe. Das einzige, was etwas untergeht, ist der Gesang. Da der jedoch nur temporär auftaucht, kann man das verschmerzen. Die Songs an sich haben mehr als genug zu bieten. Klar, es dominiert die Langsamkeit. Es ist eine wiederholte Entdeckung derselben, denn – jede langsam spielende Band doomt auf ihre Weise. KONGHs Sound hat nicht nur siebziger Vibes und Sabbath-eske Töne, hier gibt es auch stonige Anklänge oder brutales Metal – Riffing. Kurze schnelle Parts gibt es ebenso wie ruhige, leise Momente. Über allem thronen diese fiesen, zähen Riffs, die sich schön in Herz und Magen bohren und süchtig machen. So um die zehn Minuten dauern die Songs, haben Zeit sich zu entwickeln und die Schweden haben ein paar gute Ideen in petto, die das Langsame nicht langweilig werden lassen. Zwar verlassen einige Besucher vorzeitig dieses Ereignis, doch die, die dableiben können nicht genug von dieser schweren Heavyness bekommen, sodass KONGH noch eine Zugabe spielen müssen. Das ist bei weitem nicht genug! Ein, zwei Zehnminüter hätten’s ruhig noch sein dürfen … Das Ding hier war echt was Besonderes!   

Das stimmt, den Skinheads war es dann wohl doch zu langsam… Aber mich zieht der Doom vollständig in den Bann, mehr als weiland mein Esoterik-Seminarleiter Hypno-Hans. Zäh, rabiat, rau, dabei doch zart wie ein Pflänzken inmitten der urbanen Betonwüste. „Counting Heartbeats“ heißt das fette Doppel-Vinyl im Klappcover. Ich muss an ISIS denken, an NEUROSIS, aber auch an THE DEVIL’S BLOOD, allerdings ohne schönen Gesang, eher mit verzweifelten Growls. Ich habe es selten, dass ich mir Songs LÄNGER wünsche und nicht kürzer, hier aber sind die mindestens elf Minuten pro Stück nötig. KONGH türmen geradezu majestätisch Riffwelle um Riffwelle auf, bis der analytische Verstand aussetzt, du einfach hin- und herdröhnst und dich im Klangozean treiben lässt. Ein Erlebnis!

  

Torsten & Philipp

Kommentare   

0 #2 siggi sick 2009-05-14 18:22
haben von beiden bands fotos im album-my space-Sexx Action Babes-----Kongh war echt der doomhammer,geil
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0 #1 Kochi 2009-05-14 18:22
Sehr unterhaltsam geschrieben. Nach dem Lesen wäre ich gern da gewesen - so sollte ein Review sein.
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