HEIDENFEST mit FINNTROLL, PRIMORDIAL, ELUVEITIE, EQUILIBRIUM et al / 06.11.08 – Hamburg, Markthalle

0 Dislike0

Es STINKT! Es stinkt RICHTIG! Und zwar nach fiesem Schweiß, uargh.

Ich befinde mich in der proppevoll ausverkauften Markthalle zwischen 1200 tobenden Schüttelrüben und erinnere mich gerade daran, dass mir eine Bekannte neulich erzählt hat, diverse Kneipen hätten nach dem Rauchverbot allein deshalb derbe Probleme bekommen, weil zuvor nur der Zigarettenqualm samt Geruch das fiesere Odeur von Schweiß, Bier, Pisse und/oder Schimmel überdeckt hatte! Diese Theorie scheint wahr, denn nach dem Konzert frag ich meine MitfahrerInnen (es hätte ja auch sein können, dass mir zufällig ein paar StinkerInnen den Abend lang durch die Halle gefolgt sind…) und alle ham dasselbe Phänomen beobachtet oder vielmehr verspürt…

Aber erstunken ist nu auch noch keiner und somit der Reihe nach: HEAVY METAL ACTION, Baby!

Isses nicht schön, wenn alles wie geplant verläuft? Nach der Schule zu ‘ner Kollegin ab nach Lübeck, Unterricht für morgen vorbereitet, zusammen ab nach Hamburg, über ‘ne Connection für umme reingezeckt und nach ein paar Metern zufällig die ersten KielerInnen getroffen und ‘nen Fahrplatz zurück nach Kiel geschnorrt!

Nur MANEGARN sind bereits durch (und es ist erst 18.30 Uhr oder so), CATAMENIA spielen schon. Ich bin doch etwas erschrocken, wie voll es ist. Klar, Pagan Metal ist angesagt, aber ausverkauft auf ‘nen Wochentag? CATAMENIA kommen gut an, auf Dauer find ich die Songs etwas gleichförmig. Meist rasend schnell, ein klarer Sänger und ein Grunzkreischer. Gut find ich, dass der melodiöse Sänger ‘ne richtige Metalsirene ist (also nicht die Sorte „liebeskranker-Wikinger-steht-auf-Gletscher-und-klagt-dem-Wind-sein-Leid“).Allerdings etwas wenig Bewegung auf der Bühne und die langsam und mit müder Stimme vorgetragenen Forderungen wie „I wanna see some headbanging“ wirken mit dieser Lethargie eher erheiternd. Nicht schlecht, nicht schlecht, aber ich steh noch.

Huch? Kennt ihr das, wenn ihr zwar wisst, dass es eine Band X gibt, euch auch bewusst ist, dass die durchaus ein paar Fans hat, aber euch NICHT klar war, dass die bereits durch die Decke geht und ihr ungefähr die einzigen seid, welche NICHT die Texte auswendig kennen? So geht es mir bei bei EQUILIBRIUM – die Hütte ist wirklich bis zum Bersten voll, die Band betritt die Bühne und JEDE Faust geht nach oben (bis auf meine). Ab geht es, pompöses Intro, ein krasser Schrei des halbnackten Sängers (den meine Kollegin glatt entführen würde, wenn er sich denn ma gefälligst die Achselhaare rasierte) und los knattert die Band. Nur wo ist der Drummer? Der Sänger klärt später auf, dass der Typ leider im Krankenhaus liege, also wird das Schlagzeug komplett aus der Konserve eingespielt. Den wirklich unglaublich begeisterten Mob kümmert das mal ‘nen feuchten  Kehricht, hier wird ein Alarm veranstaltet, dass die Temperaturen sekündlich steigen. Ich bin  zwar nicht soo exaltiert wie… offenbar der ganze Rest heute Abend, aber der Einkauf bei Blitz am nächsten Tach ist beschlossene Sache.  Die Band hat abwechslungsreiche Songs, von sehr schnell bis sehr langsam, mal Death Metal-Growls, mal infernalisches Gekreisch, pompöse Keyboards, typische Pagan-Folk-Melodien. Songs wie „Met“ oder „Wingthors Hammer“ passen schon gut zum Partyfaktor von FINNTROLL. Zum Teil sind mir die Melodien etwas zu kitschig, ansonsten klasse Band mit viel Elan und Bewegung.

Kann es sein, dass die Stimmung bei ELUVEITIE gar noch steigt? Ist doch echt nicht zu fassen, FINNTROLL und PRIMORDIAL sind ganz offensichtlich für einen Großteil des Publikums mitnichten im Fokus, die Filetstücke EQUILIBRIUM und eben ELUVEITIE hätten die Hütte offenbar auch alleine ausverkauft. ELUVEITIE kommen aus der Schweiz und präsentieren einen Folk Pagan Metal mit keltischen Einflüssen. Sicherlich ist die Basis Death Metal, allerdings flitzen hier acht Leute über die Bühne, gespielt werden neben dem traditionellen Kram Drehleiern, Fiedeln, Sackpfeifen und von mir unbenennbare Instrumente. NEIN, das ist jetzt KEIN Mittelalter-Scheiß, eher muss ich an eine moderne und heftigere Version von SKYCLAD denken. Die wahnsinnig schnell gespielten keltischen Melodien ZWINGEN zu Bewegung und ausgelassenem Tanz (der im ersten Moment etwas alberne Begriff „Heidenfest“ bekommt plötzlich einen Sinn). Der nicht uncharismatische Sänger mit Stirnglatze und Dreadlocks bringt uns sogar ein paar Brocken helvetisches Gallisch bei, testlich geht es offenbar um historische Hintergründe des keltischen Stammes der Helvetier. Beeindruckend!

PRIMORDIAL können danach nicht mehr so viele Leute in der Halle halten. Klingt jetzt gemein, aber ich finde das gut, denn endlich ist mal etwas mehr Platz und der Auftritt der Iren kann von bis A bis Z genossen werden. Für die Underdogs, die seit zwanzig Jahren aktiv sind und mit „To The Nameless Dead“ ihre sechste Platte veröffentlicht haben, ist der Auftritt trotz reduzierten Publikums ein Erfolg – jahrelang blieb man nahezu unbeachtet. Für einige sind PRIMORDIAL heute offensichtlich nicht „extrem“ genug. Das ist eine Sache des Blickwinkels: Sicherlich wird hier weder geblastet noch gegrunzt, andererseits sind PRIMORDIAL meiner Ansicht nach emotionaler, spiritueller und tiefgründiger als alle anderen heutigen Bands, insofern somit durchaus „extrem“. So ist Alan Nemtheanga heute Abend auch der einzige Sänger, der inhaltliche Erklärungen macht, z.B. zu dem Stück „The Coffin Ships“ und die behandelten Tausenden von Toten unter den Iren, die 1847 in die Neue Welt zu emigrieren versuchten. Nemtheangas Bewegungen sind schon als theatralisch zu bezeichnen, er scheint jedes Stück zu durchleiden und singt mit anklagender und melancholischer Stimme von untergegangen Weltreichen („Empire Falls“), hinterfragt Expansionismus und Imperialismus („As Rome Burns“) und kritisiert dogmatische Weltsichten („Gallows Hymn“). Für mich der klare Höhepunkt des Abends, den PRIMORDIAL mit einem gelungenen BATHORY-Cover abrunden.

FINNTROLL haben wir auf Dremu schon so oft Revue passieren lassen, dass ich ich mich etwas kürzer fassen darf. Die Halle wird wieder voller und ich hätte nicht gedacht, dass der Mob doch noch einmal derart abgeht. Zu den Überhits wie „Trollhammaren“ oder „Korpens Saga“ wirbeln die Leute nur so durcheinander, sieht eher nach Kneipenschlägerei aus als nach ‘nem wohlgeordneten Circle Pit… Der Sänger macht sich darüber lustig, dass die Leute eigentlich bei keiner Ankündigung eines Songs reagieren, aber bei Wörtern wie „Bier“ oder „Met“ wie pawlowsche Hunde zu sabbern beginnen. KANN natürlich auch daran liegen, dass sich kein Schwein die finnischen Titel merken kann. Tatsächlich jubeln die Leute immer erst, wenn ein Song intoniert wird, sie ihn also erkennen, he he. Die Band kommt insgesamt immer noch schön trollisch rüber, hat sich trotz Pagan- und Humppa-Boom ihre Ausnahmestellung bewahrt. Keep trollin‘!

Kommentare   

0 #3 Thomas 2008-11-08 15:05
maaaan der zurücksetzknopf nervt...

klappe die 3te:

ich berufe mich auch nur auf den artikel.
in der szene ist es ja auch keine seltenheit, dass die bands rechts sind.
konntest du ja auch nich wissen, wolls halt nur mal kundtun ;)
Zitieren
0 #2 Philipp Wolter 2008-11-08 15:05
@Thomas. Naja, was heißt 'vergessen': Wie du vielleicht gelesen hast, hab ich diese Band ja gar nicht gesehen. Ich habe mir gerade die Indy-Einträge durchgelesen - dort ist man sich über derartige Vorwürfe offensichtlich nicht einig, aber wenn du konkrete Fakten hast, dann gerne her damit.
Antifaschistische Grüße
Philipp
Zitieren
0 #1 Thomas 2008-11-08 15:05
Hast vergessen hinzuzufügen, dass eine Band rechte Ansichten vertritt.

http://de.indymedia.org/2008/11/231431.shtml
Zitieren

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv