ESOTERIC, OPHIS, shEver / 24.05.08 – Marx, Hamburg

0 Dislike0

(Beitrag von Philipp und Torsten

NIE hätte ich es zu hoffen gewagt, dass ich ESOTERIC mal live zu sehen bekäme! Die ultraextremen Doomer schienen mir so speziell, dass sich ausgedehnte Konzertreisen gar nicht lohnen, dachte ich. Doch das Marx ist sogar richtig gut gefüllt, möglicherweise auch durch das attraktive Billing mit den Schweizer Frauen von shEver und den Hamburger Lokalmatadoren OPHIS.

 

Es wird mehr als ein Konzert, ein jegliche Nerven des Körpers elektrisierendes Erlebnis, dass eher einer Naturgewalt gleicht, in der Intensität höchstens mit zwei Bands vergleichbar: NEUROSIS und NEGURA BUNGET.

 

Die erste Band ist gleich ein derartiger Hammer, dass sich viele der Anwesenden kaum vorstellen können, wie eine Steigerung möglich sein soll. Herrlich kranker und abartig langsamer Doom mit harschen Grunz-Vocals servieren die vier Schweizerinnen. Ich könnte als Vergleich WINTER nennen, wobei shEver durch den Einsatz einer Geige und vereinzelte klare und klagende Gesangseinsätze deutlich abwechslungsreicher klingen. Die Stimmung dennoch: destruktiv, selbstzerstörerisch, negativ. Kein Schimmer Hoffnung am Horizont, alles ist dunkel, nein schwarz. Warum genieße ich das eigentlich? Bin ich irgendwie gestört? Sehr gut gefällt mir, wie der Gesang aufgeteilt wird – Sängerin, Bassistin und Gitarristin beherrschen jeweils alle sowohl Growls als auch den Klargesang (vor allem „Mirror“ überzeugt). Beim letzten Song steigern sich shEver in einen Rausch, die Sängerin reißt die Bassistin zu Boden – beide bringen den Titel ineinander verknotet zum Abschluss. Lang anhaltender Jubel!

 

Die CD der Mädels besitze ich schon länger und „Oceans Of Illusions“ rotierte recht oft im CD-Dreher. Deshalb (und weil man Schweizerinnen im Norden generell nicht so oft sieht ;-) freue ich mich besonders, dass ich heute einen livehaftigen Eindruck der Damen-Combo bekomme. Dass sie aber so viel besser rüberkommen, als auf CD hätte ich dann aber nicht vermutet. Unheimlich wuchtig und dunkel präsentieren sich shEver. Aber Schönheit und Charme sind ebenso vertreten. Hier passt alles zusammen! DIE Überraschung des Abends. Bin immer noch platt!

 

OPHIS haben heute die meisten Leute vor der Bühne und gefallen auch mir recht gut. Allerdings können sie mich im Vergleich mit den anderen beiden Bands nicht derart nachhaltig beeindrucken. Die Band ist hervorragend eingespielt und spielt Doom/Death Metal, der sehr heavy ist und durch plötzliche schnelle Eruptionen aufgelockert wird. Es gibt immer wieder Parts, die mich aufhorchen lassen und der Mob ist insgesamt wild am Rübeschütteln. Dennoch muss ich das Fazit ziehen, dass OPHIS nicht wirklich originell klingen und man diese Stilistik hie und da einfach schon gehört hat. Ganz großes Potenzial ist aber vorhanden und der Umstand, dass man eben heute vor einer herausragenden Band wie ESOTERIC spielt, lässt mich hier möglicherweise etwas streng urteilen. Gut gefallen mir die sarkastischen bis zynischen Ansagen des Sängers, der zudem die Anweisung der Markthallen-Crew, jetzt sei Schluss, ignoriert und einfach einen weiteren Song intoniert („Pff, dann fliegen wir halt raus und dürfen hier nie wieder spielen“). Soviel Chuzpe beeindruckt offenbar - die PA bleibt an.

 

Mir gefallen OPHIS `nen Ticken besser als Philipp. Ich liebe diesen Death doomigen Kram total. SATURNUS lassen grüßen. Geil, die ab und an gestreuten doppelstimmigen Gitarren („Beneath Sardonic Skies“). Wenn langsame Takte noch mehr verschleppt werden, um alles in Grund und Boden zu doomen, geht für mich die Sonne auf. Da bin ich doch stolz gestört zu sein! Geiler Gig! (CD-Tipp „Stream Of Misery“)

 

Die neue ESOTERIC – „The Maniacal Vale“ – kostet am Merch abschreckende 15,- Euro – allerdings handelt es sich um eine feiste Doppel-CD mit über 100 Minuten Material. 100 Minuten bedeuten bei ESOTERIC in diesem Fall sieben Songs…

Nach minutenlangen Wabergeräuschen beginnt eine Abfahrt für die Sinne. ESOTERIC sind nicht hier um „Entertainment“ zu bieten – es gibt zwischen den Songs lediglich konzentrierte Mienen auf der Bühne und wortloses Stimmen (ein einziges Mal hat der der Sänger/Gitarrist „Cheers“ genuschelt, glaub ich – vielleicht musste er aber auch nur aufstoßen). Es schlagen unglaublich laute Klangwellen auf die Hörer ein, sich überlappende Frequenzen steigern die Intensität, bis alles im Körper zittert. Die Zähne klappern, der Magen vibriert – die Hälfte der Anwesenden verlässt den Saal, die andere Hälfte lässt sich fallen. Hier bangt keiner, jede/r schwebt in seiner/ihrer eigenen Vision. Ich stelle danach im Gespräch mit anderen übereinstimmend fest, dass dennoch ähnliche Assoziationen geweckt wurden: Mal das Gefühl, in Treibsand zu stecken und zu versinken, mal im Weltraum unendliche Kälte zu spüren, dann auch sexuelle Fantasien von Haut und Schweiß. Schwer in Worte zu fassen! Das Keyboard liefert völlig abartige Töne, die oft ganz im Hintergrund wabern und sich im Laufe der oft viertelstündigen Stücke langsam in Spiralen nach vorne schrauben, bis der Kopf mit einem Mal von diesen Klängen fast zu platzen droht und sich in der Ohrmuschel alles überschlägt. Der „Gesang“ – eine Art verzweifeltes/klagendes Growlen - kommt mit abartigem Hall irgendwo aus dem siebten Kreis der Hölle – völlig unverständlich und dennoch ein wichtiges Element. Wie gesagt, gibt es kaum vergleichbare Konzerterlebnisse, für mich ganz groß und eigenständig.

 

ESOTERIC verlangen viel Stehvermögen. Doch wer sich hierauf einlässt, wird intensivst belohnt (und meistert noch ganz andere Sachen). Ich schwör’! Das, was die Briten machen, kriegt so KEIN anderer hin! ESOTERIC hinterlassen tiefe Spuren und das – wie Phillipp schon sagte – bei jedem aus anderen Gründen. ESOTERIC sind eine Band UND eine Klasse für sich! Unbeschreib- aber zutiefst erlebbar.

Für mich ist das „DUNKEL – DOOM – DÄMMERUNG – Fest“ DAS Konzert des Jahres bisher! Mehr Intensität geht kaum.

DOOM FOREVER  –  FOREVER DOOM

 

PS: Vielen Dank an Markus!!!

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv