KURHAUS, COLESLAW, MORBUS DOWN / 03.10.03 - Kiel, Pumpe

0 Dislike0

Na, schöne Überraschung, als kurzfristig bekannt wurde, dass am Tach der deutschen Gleichschaltung, äh Einheit, `nen dickes HC-Konz in Kiel abgeht! Schade nur, dass am selben Tag die SCUMBAGS inner Räucherei spielen sollten. Aber da ich die letzten Gigs von MORBUS DOWN und KURHAUS verpasst hatte, entschied ich mich zugunsten dieser Bands.
Im Roten Salon war es dann auch ganz gut gefüllt, immerhin mehr Leute als bei INTEGRITY, wobei die ja auch noch kurzfristiger anberaunt worden waren. Im großen Saal oben mühten sich übrigens auch einige Bands ab, allerdings vor spärlicher Kulisse.

MORBUS DOWN eröffneten den Reigen mit HardcoreMetalPunk. Volle Kanne Old School donnerte uns entgegen, wobei sofort klar wurde, dass die Band sich im Proberaum ordentlich den Arsch aufgerissen hat. Zwei neue Leute an Bass und zweiter Gitarre hatte man auch am Start. Der neue Klampfer im Hawaii-Hemd erinnerte mich optisch an den PRO-PAIN-Typen, der Bassist kam wat punkig rüber. Mann, vom ollen Rumpelpunk früherer Tage ist aber wenig übrig geblieben. Schön schnell bollerten die Kieler uns thrashige Riffs und Hardcore-Shouting um die Ohren, manchmal auch genau umgekehrt. Sänger Semmel schrie sich jedenfalls ordentlich die Kehle wund, bis seine Rübe zur roten Bombe anlief und wurde dabei des Öfteren gekonnt vom Drummer unterstützt. Letzterer sang ab und zu auch erstaunlich melodische Backings, kam schön punkig rüber. Daumen hoch auch für das Engagement der Band, da wurde ordentlich scharf geschossen gegen Politiker ("Amoknation"), Vergewaltiger ("Lasst sie sterben"), US-Politik ("Feuersturm Amerika") und gegen Nazis gewettert (man beachte allein schon dat neue Shirt mit dem krassen Spruch "lasst Naziknochen brechen") - geil! Ex-Drummer Axel (nu ABGELEHNT) war auch ordentlich begeistert und pöbelte ununterbrochen in der ersten Reihe die Texte mit. Zum Schluss wurde die Band dann von ihren Die Hard-Fans genötigt, in der Mottenkiste zu wühlen und den Classic "Zech bis du stirbst!" zu intonieren. Klare Sache: Wenn MORBUS DOWN die Effizienz ihrer Songs NOCH weiter erhöhen, sich derart positiv weiterentwickeln, erwartet uns hier noch Einiges!

Als "Knüppelhardcore aus Kiel mit 3 (!!!) Sängern" hatte man uns COLESLAW beschrieben. So knüppelig fand ich es gar nicht, im Vergleich zu MORBUS wurde das Tempo eher etwas zurückgefahren, meist Midtempo gezockt mit einigen Ausflügen in schnellere Beats. Die Riffs pendelten zwischen HC und NU Metal. Der Sinn, drei Sänger in der Band zu haben, erschloss sich mir allerdings nicht. Gut, dadurch war ordentlich Bewegung auf der Bühne, aber rein stimmlich wäre dat nicht zwingend nötig, denn zwei der drei grunzen ziemlich ähnlich, während der dritte eher HC-mäßig shoutet. Insgesamt rissen mich COLESLAW nicht so mit, aber hey - die Band steht nun wirklich noch ganz am Anfang, ist im Durchschnitt zarte 18 Lenze (einer - ich glaub der Gitarrist - hatte just heute seinen achtzehnten Geburtstach - Glückwunsch!). Geil auf jeden Fall, dass immer neue, junge Bands die Kieler Szene bereichern.

Wow! Was KURHAUS danach abzogen, ließ bei vielen dann aber die Unterkiefer runterklappen! Wer die Band noch gar nicht kannte oder nur mit der "Last Exit: Revolution"-Scheibe vertraut war, auf der die Band sich im Grunde noch in der Orientierungsphase befand, wurde nun mit einer tighten Wand intensivsten Hardcores überrascht. Mit den gesprochenen Worten "Geschlecht ist nur eine Erfindung des Systems" begann Sänger Gø den Gig. Interessantes Thema - inwiefern sind Rollenklischees lediglich geprägt durch Erziehung, Indoktrination der Werbung usw.? Während man noch darüber sinnierte, brach dat HC-Inferno über einen herein. KURHAUS haben einen geilen eigenen Stil entwickelt - ein bisschen frickelig im Gitarrenbereich, trotzdem aber voll auf die Fresse. Ganz grob könnte man AT THE DRIVE-IN als Anhaltungspunkt nennen. Textlich absolut kompromisslos gegen Staatsgewalt, Tierversuche, Rassismus und für die Erhaltung linker Projekte. Lest dazu das Inti, die Standpunkte der Band werden da gut deutlich und wurden auch heute wieder leidenschaftlich vertreten. Nach einem Statement für vegetarisches/veganes Leben brachte Gø auf jeden Fall die Ansage des Abends: "Eins ist klar: Jeder Fleischfresser, der heute hier ist, ist uns lieber als jeder vegetarische Nazi." Vom alten Material gab es lediglich "Theme from the riots" und "Wallbreak", aber das ist schon okay so, denn das neue Material ist einfach stärker. Verdammt geil!
Den Abend konnte man dann noch amtlich in der Schaubude ausklingen lassen, wo Big D. samt Kollege einem stetig breiter werdenden Publikum Punkrock-Hits auf dem Plattenteller servierte. Ein gewisser Verkäufer von Blitz-Records war sogar auch mal wieder auffer Piste und trug doch recht gelungen zur allgemeinen guten Laune bei. Barhocker können verdammt wackelig sein... - Beitrag von: Philipp

Kommentare   

+1 #4 Der Feine 2012-06-04 07:10
Das war wirklich ein klasse Abend und das erste Mal, dass Morbus nicht ein einem Jugendclub spielte :-)

Schade, dass es Kurhaus und Coleslaw auch nicht mehr gibt
Zitieren
0 #3 Philipp 2012-06-01 10:26
Hehe, da passt mein Satz "trotzdem aber voll auf die Fresse" ja besser, als ich damals dachte...
Zitieren
+2 #2 casi 2012-06-01 10:00
Eines der besten Kurhaus-Konzerte, dass ich gesehen hab. Im brachial-pogo-mob während "Theme from the Riots" hab ich dermaßen ne faust ins gesicht bekommen, dass ich den rest nur noch vom sofa weitergucken konnte... sowas gabs bei späteren Kurhaus-Konzerten irgendwie nicht mehr...
Zitieren
+1 #1 Matt 2012-06-01 06:29
MORBUS DOWN feiern dieser Tage ja Jubiläum... Grund genug für uns, diesen Bericht als DreMuFueStiAs-Klassik-Artikel des Monats im Juni 12 nochmal zu kredenzen!
Zitieren

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv