KERRY KING, DUST BOLT / 11.06.2024 – Hamburg, Große Freiheit

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Im Nachhinein weiß ich gar nicht mehr, warum es so war, aber von der KERRY-KING-Soloscheibe hatte ich irgendwie nicht so viel erwartet. Als „From Hell I Rise“ aber erstmals auf dem Plattenteller landete, haute mich das blutrote Biest auf Anhieb vom Schreibtischstuhl. Die Riffs, die Power, die Glory, ihr wisst schon. Kerry King hat alles richtig gemacht: Gute Songs geschrieben, die zwar an SLAYER erinnern, aber gleichzeitig keine Kopie sind. Dazu die Traumbesetzung von Paul Bostaph (d), Mark Osegueda (v), Phil Demmel (g) und Kyle Sanders (b), welche diesen Stücken derartig Leben einhaucht, dass sich schon beim Hören der LP der Herzschlag erhöht. Das kann live nur geil werden. Also hin und ab!

 

KERRY KING

Bilder von Bö Börbel. 

 

Selbst ein KERRY KING muss sich auf der ersten Solotour beweisen und sich sein Publikum erspielen. Ausverkauft ist die Hütte längst nicht. Aber eine knisternde Spannung liegt in der Luft und ich empfinde die Menschendichte aus Besuchersicht optimal, auch wenn man einer geilen Band natürlich immer maximal volle Hütte wünscht. Opener sind DUST BOLT, die Thrasher aus Bayern. Die Jungs machen ihre Sache gut und werden dementsprechend positiv empfangen. Die meisten Anwesenden dürften DUST BOLT schon mindestens ein, zwei Mal gesehen haben. Was mir ein wenig fehlt, ist mehr Rotz und Aggression in der Stimme. Das ging mir bei der Band schon immer so, weshalb ich bisher erst zwei Alben von ihnen abgeerntet habe. Aber man muss ihnen eine kraftvolle Performance attestieren. Wenn Sänger und Gitarrist Lenny B. die Bühne Richtung Innenraum verlässt, den Mikroständer mitten im Mob platziert, zum Circle Pit auffordert und losschreddert, ist das schon ein Hingucker. Ich frage mich noch, wie der Circle Pit das auf Brusthöhe gespannte Kabel umgehen soll (Limbo oder Seilsprung?), da fliegt das Mikro auch schon in hohem Bogen davon. Trotzdem oder gerade deswegen ein schöner Move.

 

DUST BOLTDUST BOLT

 

KERRY KINGKERRY KING

 

Bock und Böcke sind ranzig fett, als KERRY KING zum „Diablo“-Intro die Bühne betreten. Los geht es mit dem höllischen Triple „Where I Reign“, „Trophies Of The Tyrant“ und „Toxic“. Gleich ist klar: Die Band ist voll da! Der Groove fällt zwingend aus, die Riffs bohren sich schädelspaltend direkt ins Gehirn. Mark Osegueda klingt anders als bei DEATH ANGEL, nämlich radikaler, bösartiger und durchgehend aggressiv. Er gönnt sich keine einzige Melodie (im engeren Sinn), sondern agiert permanent auf Kreischfaktor 100. Das Geile daran: Er könnte ja melodisch, ja regelrecht sanft singen! Und es gäbe auch melodische SLAYER-Nummern. Aber Kerry King hat ausschließlich Stücke in der Setlist, die er selbst geschrieben hat und die zu den härteren im SLAYER-Katalog gehören. Sieben SLAYER-Songs werden es insgesamt sein, und zwar „Repentless“, „At Dawn They Sleep“ (vielleicht der Höhepunkt des Konzertes), „Chemical Warfare“ (yeah!), „Hate Worldwide“, „Disciple“ (kommt extra evil!), „Raining Blood“ (Zerstörung!) und „Black Magic“. Eine gelungene Auswahl, die auch von der Zahl her die KERRY-KING-Songs nicht dominiert. Denn alle zwölf Stücke des „From Hell I Rise“-Albums werden heute Abend live dargeboten. Faszinierend finde ich dabei, dass sowohl Kerry King selbst als auch seine gesamte Band eine wilde Spielfreude versprühen, obwohl der Meister keine Miene verzieht. Daran macht man ja gern den Begriff der „Spielfreude“ fest – Musiker, die sich angucken, lachen oder verrückte Grimassen ziehen. Gibt’s hier alles nicht, dafür wird das Eisen mit Konzentration geschmiedet, die Birne wie im Fieberrausch geschüttelt und ein Thrashgewitter heraufbeschworen, das jede:n Anwesende:n in den Bann zieht. Ich habe selten derart einstimmige Meinungen nach einem Konzert gehört (irgendwer hat ja sonst immer was zu meckern): Das war Thrash Metal in Perfektion!

 

KERRY KINGKERRY KING

 

Ich hoffe auf noch mehr Konzerte, eine weitere Platte, noch eine Tour und Festivalauftritte. FROM HELL I RISE!    

 

KERRY KINGKERRY KING

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