WACKEN-OPEN-AIR XIV / 31.07. - 02.08.2003, Wacken

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WACKEN - für unzählige Freaks einmal im Jahr DER NABEL DER (STROMGITARREN) WELT, die dann auch keine Kosten scheuen und hunderte von Kilometern Anreise in Kauf nehmen. Metalheads aus China, Japan, Italien, Spanien, Finnland, Frankreich...ach wat weiß ich woher tummelten sich auch dieses Jahr wieder um uns herum. Da lacht man sich als Schleswig-Holsteiner doch ins Fäustchen, dass man fast vor Ort lebt und nur eine schlappe Stunde Fahrtweg zurücklegen muss. Für einen Kollegen aus Kiel war das dieses Jahr besonders von Vorteil, denn der hatte es vollbracht, in der Nacht von Donnerstag auf Freitag sein ganzes Zelt samt Klamotten VOLLZUKOTZEN und ist dann einfach mal nach Hause gedüst, um alles zu waschen und wieder zurückzudonnern...

 

Letztes Jahr gab es am W:O:A massive Kritik, Abzocke bei den Campingpreisen, unzureichend oder gar nicht angekündigte Verschiebungen im Programm, Soundmischmasch durch gleichzeitig auf nebeneinanderliegenden Bühnen spielende Bands, mangelnde sanitäre Einrichtungen, totale Überfüllung und ausbeuterische Preise an den Fress- und Saufbuden waren nur einige Kritikpunkte.

Die Organisatoren gelobten (möglicherweise nicht zuletzt auf Druck des ROCK HARD, welches sich daraufhin weigerte, das Festival weiterhin zu präsentieren) Besserung und eine enorme qualitative Steigerung in allen Bereichen. Das Publikum ließ sich nicht bitten, offiziell wurden über 30000 Besucher genannt, ich würde sogar sagen, dass es NOCH MEHR waren, da das Gelände voller erschien als letztes Jahr, wo bereits gleiche Zahlen verzeichnet wurden. Die angebliche Ticketlimitierung scheint also nicht stattgefunden zu haben, aber welcher Außenstehende soll das auch kontrollieren können? Würden die Macher Besucher mit den Worten "Sorry, ausverkauft!" wieder nach Hause schicken? Wer`s glaubt...

Aber was soll`s - in nahezu allen Punkten hat tatsächlich eine Verbesserung stattgefunden: Zwischen den beiden Hauptbühnen hatte man eine Videoleinwand aufgehängt, die nicht nur die mitgefilmten Gigs auf diesen Bühnen zeigte, sondern auch noch jegliche News und Änderungen im Plan verkündigte. Zudem gab es an mehreren Stellen elektronische Anzeigen mit News-Meldungen. Auch das Soundproblem war weitgehend gelöst: Zwar hatte man die Bühnen für meine Augen GAR NICHT umgestellt, aber durch ein paar Bands weniger wurden auf den drei größten Bühnen die Gigs so organisiert, dass niemals zwei Bands gleichzeitig auf benachbarten Bühnen zockten. Überhaupt war das Klangbild insgesamt besser als in den Vorjahren, gerade die Gitarren konnten sich besser durchsetzen. (Ausgerechnet bei SLAYER gab es dann leider doch massive P.A.-Probleme, aber dazu weiter unten mehr.) Man hatte auch nicht nur leere Worte rausposaunt, sondern tatsächlich wesentlich mehr Toiletten (auch mit Wasserspülung und extra "Lady-Toiletten", toller Ausdruck, he he) aufgestellt und sich bei den Camping-Preisen auf 20,- Euro pro Karre beschränkt. Zu den Fress- und Saufbuden kann ich allerdings nix sagen, denn wer sich zu so `nem Open Air nix selbst mitbringt und den gierigen Händlern für Fast Food-Dreck die Euros in den Rachen schleudert, ist doch wirklich selbst Schuld.

Durch unsere Pressepässe fürs WANKER-Fanzine hatten wir auch noch den Luxus, nur wenige Meter vom Gelände entfernt zelten zu können, was natürlich den Gang zum Auto für `ne Stulle und ein schön heißes Pilsken erleichterte, musste man dafür nicht gleich 5 Bands verpassen! Zur insgesamt hervorragenden Stimmung trug natürlich das Wetter bei, fast schon ZU schön und heiß, um wahr zu sein. "Ich denk, hier regnet es IMMER!?" sprachen mich täglich ortsfremde Schüttelrüben an... Die Temperaturen ließen dann auch Männlein wie Weiblein zu teilweise SEHR GEWAGTER Garderobe greifen... Da wurden doch so diverse sekundäre als auch primäre Geschlechtsmerkmale offenbar - ob immer zum Vorteil gereichend, sei hier mal dahingestellt... Aber nun weiß ich eines sicher: Unter dem Schottenrock – da ist was...


Alles lief SEHR relaxt ab, ich habe nicht EINE Schlägerei, ja nicht eine angespannte Situation beobachtet. Was Wacken aber auch zu einem angenehmen Ort macht, ist die relative Anarchie, die auf den zahlreichen Campingplätzen herrscht. Für ein Festival dieser Größenordnung, wird das ungewöhnlich locker gehandhabt: Rauf auf den Acker/die Wiese mit der Karre und das Zelt danebengestellt. Nix mit getrennten Parkplätzen oder gar Shuttle-Zwang. Die Fans boten dann auch die ganze Palette dar: Von besoffenen StiAs, die sich gerade mal noch in ihre unaufgebauten Zelte einrollen konnten, bis zu geradezu PROFIHAFTEN Camplagern mit wohnzimmerartiger Einrichtung fand man wieder alles! In letzterer Hinsicht stach eine Gruppe mit einem gigantischen, weißen INDUSTRIE-CONTAINER alles aus! Innen drin Kühlschrank, Eisschrank, Zapfanlage, Fässer und Kisten. Wie bekommt man so ein Monster nach WACKEN? "Für diesen Anlass mieten wir uns halt jedes Jahr einen SATTELSCHLEPPER!" Ich versteh zwar nie, warum solche Leute nicht gleich ZU HAUSE saufen, aber jedem das seine...

Also alles eitel Sonnenschein und rückhaltslose Begeisterung? Nun, leider nicht, denn das Billing war insgesamt nicht sehr originell, hauptsächlich spielten die von der Presse gefeierten Bands und üblichen Wiederholungstäter. Wo waren die versteckten Perlen und Undergroundhelden der Vorjahre a la Breaker, Leatherwolf, Razor, Wardog, Agent Steel, Solstice, Liege Lord, Solitude Aeturnus? Aber gut, warten wir ab, ob das nun eine generelle Entwicklung in Wacken ist oder eine eher glücklose Besetzung in diesem Jahr. Wobei gesagt werden muss, dass natürlich auch bewährte und oft gesehene Bands begeistern können und dies oft auch taten und dieses Jahr wirklich würdige Headliner am Start waren.

Am Donnerstag geht es immer mit vier Bands entspannt los. Nachdem wir uns auf unserem Billig-Grill die Bäuche vollgeschlagen und diverse Humpen (Krümet und den Holsten Edel-Paletten für 6,- Euro ohne Pfand sei Dank!) vernichtet hatten, wankten wir aufs Gelände, um zu gucken, was die mit viel Vorschusslorbeeren abgefeierten CIRCLE II CICLE wirklich bieten würden. Na ja, meiner Meinung nach stellte sich da eine völlig überbewertete Band dar. Mittelmäßiger, Stadion-kompatibler Hardrock/Power Metal eierte eher unspannend durch die Boxen. Sicher, Ex-Savatage-Fronter Zak Stevens hat `ne verdammt geile Röhre, aber was soll`s, wenn das Songmaterial nicht wirklich zündet? Gegen Ende gab es noch zwei SAVATAGE-Songs, "Taunting Cobras" und "Edge Of Thorns", die dann auch in Sachen Eingängigkeit das Manko des eigenen Materials bloßstellten und gleichzeitig den absoluten Höhepunkt des Sets markierten. Interessanter soll am Mittwoch im Paulaner Biergarten die "Freiwillige Feuerwehr Wacken" gewesen sein, die, wie mir mehrere begeisterte Metaller erzählten, mit "amtlichen Blasorchester einen Höllensound gefahren" hätten!

Aber dann ANNIHILATOR! Auch hier gab es eine bittere Pille zu schlucken: Mainman Jeff Waters hat es schon wieder getan! Mit Joe Comeau hatte er so einen amtlichen Sänger und dann schmeißt er den raus! Der neue Sänger war zwar stimmlich absolut zufriedenstellend - er meisterte souverän die melodischen als auch die aggressiven Parts -, blieb in Sachen Charisma und Performance aber eher blass. Nach jedem Einsatz rannte er hinter die Bühne - war dat Unsicherheit oder hat der noch schnell Texte gelernt? Ach Jeff, hol doch wieder Randy Rampage in die Band!! Na ja, allein musikalisch bretterten ANNI natürlich voll nach vorne und lieferten schön viele Kracher: "Ultra-Motion", "Imperiled Eyes", "Never Neverland", "Set The World On Fire", "King Of The Kill", "Alison Hell", "Welcome To Your Death", "Phantasmagoria" und "Shallow Grave" waren u.a. dabei (wenn auch nicht in dieser Reihenfolge, das gilt auch für weitere Titelaufzählungen...). Machte wieder Spaß, dieser Mischung aus brutaler Tightness und Spielfreude zuzusehen. Da ist jedes Signal "Rimshot", einfach nicht zu fassen, wie exakt die zocken...

Danach wurde ich genötigt, mir VICTORY mitanzusehen - gähn! Poser-Hardrock ist ja nun GAR NICHT meine Welt, und speziell diese Band fand ich schon immer langweilig. Zum Glück drückten mir nette Seelen ein Gläsken Wickinger-Blut nach dem anderen inne Finger.... Und im Nachhinein bin ich sogar dankbar, denn als ich das Gelände grade verlassen wollte, beendeten VICTORY ihr Set und die Veranstalter rannten auf die Bühne, um irgendwas von einer SAXON-DVD-Präsentation zu faseln. Die hatte es dann aber in sich, denn SAXON verstehen unter "Präsentation" offenbar nicht Gelaber und bunte Bilder auffe Leinwand, sondern LIVE-Attacken...

Also SAXON, die kurzerhand loslegten (erleichternd die Tatsache, dass der VICTORY-Drummer Fritz Randow ja auch bei SAXON spielt) und die Banger geradezu magnetisch und in Scharen wieder vor die Bühne lockten, wo es sich bei VICTORY merklich geleert hatte. Zwar gab es nur drei Songs ("Motorcycle Man", "Denim & Leather" und "Princess Of The Night"), aber Mann, was für eine ENERGIESPRITZE! Ich liebe Biff Byford und SAXON sind einfach eine Live-Macht, die sogar MOTÖRHEAD plattrocken (mehrfach erlebt!!!).

Aber der Abend sollte noch seinen Höhepunkt finden: RUNNING WILD! Nennt mich bekloppt, nennt mich Rumpelstilzchen, aber RUNNING WILD waren ASTREIN. Wenn Old School Metal, dann bitte auch LAUT & SCHÄBIG!! Primitiver, eingängiger Metal, zu dem man stampfen, mitgröhlen und (fist)bangen kann - einfach herrlich. Rock`n`Rolf griff zudem tief in die Mottenkiste und zauberte viele alte Songs wie "Prisoners Of Our Time", "Chains & Leather", "Branded And Exiled", "Riding The Storm", "Genghis Khan", "Under Jolly Roger", "Bad To The Bone" oder "Little Big Horn" hervor. Außerdem gab es sogar einen bisher auf Platte nicht veröffentlichten Song aus Demo-Zeiten namens "Pounding Rebel" oder so und einen nicht auf die Scheibe gepackten Titel der "Under Jolly Roger"-Sessions ("Apocalyptic Horsemen"), die sich hinter den bewährten Klopfern nicht verstecken mussten. Dazu natürlich auch neuere Dinger wie "Victory" oder "Welcome To Hell". Warum nur der Chef sich mit seinen Kostümierungen freiwillig der Lächerlichkeit preisgibt, bleibt sein Geheimnis. Fakt ist jedenfalls, dass selbst beinharte Fans nur darüber lachen, wenn der Gute nach einer kurzen Pause mit einem neuen "schicken" Piratenhut auf die Bühne stapft. Ganz schlecht auch das Drum-Solo! Die sind ja schon per se scheiße, aber dieses Solo war wirklich ganz mies gespielt, völlig ideenlos und oft schien es, als beginne der Drummer irgendeine Schlagzeug-Figur, nur um dann mittendrin innezuhalten und wieder ganz woanders draufzukloppen. Mensch, was war das? Na ja, ansonsten wie gesagt ein sehr großer Spaß!!

Mittlerweile beherrschte EIN Gesprächsthema die Konversationen in Wacken: Auf Leinwand und im Programmheft wurden nämlich bereits einige Namen des kommenden Jahres verkündet. Neben NEVERMORE, SAXON usw. auch die BÖHSEN ONKELZ... Ich sach ma KOTZ DICH FREI. Interessanterweise habe ich jedenfalls keinen getroffen, der sich darüber nicht negativ geäußert hat. Von Tag zu Tag wurden ANTI-Onkelz-Chöre lauter, wenn die Ankündigung gezeigt wurde. Beliebt waren Chöre wie "ONKELZ SIND SCHEISSE", "ONKELZ RAUS", aber der RENNER war "MAIDEN STAT ONKELZ". Da haben sich die Veranstalter aber ein Ei gelegt, denn in den Wacken- und Onkelz-Foren geht es bereits jetzt heiß her. Nach dem Motto "und nächstes jahr werden onkelz fans geklatscht" bzw. "jeden Onkelz-Gegner hauen wir vom Gelände" (beides O-Ton!). Na, ob Wacken 2004 so stressfrei wird wie dieses Jahr?#

Samstach: Erbarmungslos knallte die Sonne spätestens gegen 10:00 Uhr dermaßen brutal aufs Zelt, dass selbst ohne Klamotten nicht mehr an Schlaf zu denken war. Aber das war schon O.K, denn um 11:00 Uhr ging bereits die erste sehenswerte Band auffe Bühne: Die Norddeutschen DEW-SCENTED, die sich sehr schnellem Thrash Metal verschrieben haben. Eine vieltausendfache Schar hatte bereits die Buxen strammgezogen und feierte die Jungs ab - Recht so! Pfeilschnelle Riffs, fieser Kreisch/Grunz-Gesang - oft wird die Band ja mit SLAYER verglichen, doch dafür klingen DEW-SCENTED meines Erachtens zu gleichförmig, die Songs haben insgesamt wenig Wiedererkennungswert und knallen einem alle in megafixem Tempo um die Lauscher. Trotzdem natürlich geil, aber halt (noch) nicht oberste Liga. Die Band stellte allerdings auch schon brandneue Titel der kommenden Platte "Impact" vor, die eine klare Steigerung versprachen und NOCH geilere Riffs enthielten. Erwähnen muss ich noch die sympathisch-lockere Art des Frontmanns Leif ("Mensch, Ihr seht aber noch ganz schön besoffen aus! Der nächste Song ist für alle, die morgens um 11:00 schon Bock auf Headbangen haben!").

Es folgte ein echter Höhepunkt, den ich gar nicht als solchen erwartet hatte. EXTREME NOISE TERROR hatte ich nämlich zum einen mal in recht schwacher Verfassung in HH (Marquee) gesehen, zum anderen ziehe ich den alten Grind/Crust-Kram den neuen, stark Death Metal-lastigen Platten vor. Aber in HH waren ENT auch nur mit einem Sänger zugange, und das neue Zeug knallte live dann doch um ein Vielfaches mehr als auf Konserve. Das schob, drückte, bratzte frei von der Leber weg und hatte sich geilerweise noch ein Punk-Flair bewahrt! Die beiden Sänger (mindestens einer original, sofern ich dat auf den verschwommenen Pics auf den alten Platten richtig seh) grunzten und schrien jeweils beide, manchmal gleichzeitig, manchmal im Wechsel, soffen Dosenbier und hüpften ekstatisch auf der Bühne rum. Und was soll man sagen - der Mob war begeistert! Geboten wurde viel neuer Stoff von der "Being And Nothing", mit "Bullshit Propaganda" kam immerhin noch ein älterer Hammer, "Murder" spielt die Band leider nicht mehr mit der offiziellen Begründung, es seien nicht mehr alle Mitglieder in der Band Vegetarier (sollen die doch lieber die Fleischfresser rauswerfen statt ihre besten Songs, he he)...

Gleich wieder zur "Black Metal Stage" rübergetaumelt, kam gleich der nächste Hammer: THE CROWN! Die Schweden profitierten von einem glasklaren Sound, der gleich reihenweise Schädel abschraubte. Tomas Lindberg ist zwar draußen, dafür aber Originalsänger Johan Lindstrand wieder mit von der Partie und da "Deathrace King" und "Hell Is Here" eh meine favorisierten Platten der Band sind, hatte ich damit kein Problem. Der Fünfer warf sich ordentlich ins Zeug, feuerte das tobende Publikum unaufhörlich an und hatte im Vergleich zu z.B. DEW SCENTED einfach die schmissigeren Stücke im Gepäck. Höhepunkte darunter "Deathexplosion", "Under The Whip", "1999 - Revolution 666", "Total Satan", "Blitzkrieg Witchcraft", "Executioner - Slayer Of The Light", "World Below" (mit seinem schleppenden Beat herrlich zum Bangen!) und ein formidables neues Stück. Die Band genoss die imposante Kulisse offenbar sehr, hatte sie doch auf der diesjährigen Tour mit schwachen Zuschauerzahlen zu kämpfen gehabt.

Leider konnten DIAMOND HEAD nicht komplett antreten und so hatte man TYGERS OF PAN TANG-Sänger Jess Cox verpflichtet, der wie schon ein paar Jahre zuvor bei der TYGERS-Reunion katastrophal schlaftablettig rüberkam. Ich mochte schon damals Jon Deverill ("Spellbound"!) wesentlich lieber, von Sean Harris ganz zu schweigen. Na ja, so langweilte man das Publikum mit öden Versionen von "Wild Cat"-Songs wie "Euthanasia", "Money", "Insantiy" (L.A.H.M.!) oder "Suzie Smiled". Seltsamerweise wirkte die Band bei den DIAMOND HEAD-Stücken wie verwandelt! "The Prince", "It`s Electric" und natürlich "Am I Evil" krachten geradezu aus der P.A., daran konnte auch Cox nix ändern, der offenbar völlig unmotiviert über die Bühne schlich (dessen Stimme aber paradoxerweise bei diesen Songs viel besser klang!). Beim Solo von "Am I Evil" gab es Gänsehäute en masse, "so muss eine Gitarre klingen" jauchzte neben mir ein entrückter Banger und Kirk Hammet hätte da mal anwesend sein sollen. Na ja, insgesamt trotzdem eher enttäuschend, hätte gern mal was von "Canterbury", "Borrowed Time" oder sogar "Death And Progress" live gehört statt so ein lahmes Nummer Sicher-Programm.

Zwischendurch war ich sogar mal abgehauen und schlenderte ins Zelt zur sog. W.E.T.-Stage, wo die V8 WANKERS gerade ihre Tattoos zur Schau stellten. Der Sound dort war aber so mies und die Luft so beschissen, dass ich gleich wieder die Flucht ergriffen hatte. Ist eh nicht mein Ding, so`n Midtempo-Rock`n`Roll.

Danach aber versammelte sich eine erwartungsvolle Menge vor der Black Metal Stage, wo DISMEMBER lupenreinen Schweden Death Metal zelebrierten. Im Gegensatz zu ENTOMBED ist die Band (zum Glück) ihrem Stil nie untreu geworden und dafür sind die Death Metal Freaks ihnen mehr als dankbar. Wie schon beim With Full Force vor ein paar Jahren feierte eine wirklich GIGANTISCHE Menge DISMEMBER nach Strich und Faden ab. Cool der Session-Bassist, quasi der Urtyp des schwedischen Todesmetallers und keine Pose auslassend... "Skin Her Alive", "Soon To Be Dead", "Casket Garden" (geil!), "Dismembered", "Override Of The Overture" ertönten in exakt dem knarzigen Sound, den man von der Band erwartet. Auch DISMEMBER stellten was Neues vor, einen schön flotten Brecher, der am Ende in nett melodische Doppel-Klampfereien überging. Neue Platte wird "Where The Iron Crosses Grow" heißen, wie Matti Kärki auf der Bühne verkündete, und ich verweise es ins Reich der Fabeln, dass dieser Titel den ENDSTILLE-Proberaum beschreibt.

Im Zelt hatten PSYCHO PUNCH bereits begonnen, aber offenbar brauchten die meisten Leute jetzt eine Pause, denn vor der Bühne , nein im ganzen Zelt war verdammt wenig los. 100 Leuts vielleicht, die kleinste Ansammlung, die ich dieses Jahr vor irgendeiner Bühne erblickte. Durch die Leere klang es noch beschissener als bei den V8 WANKERS, das Zelt scheint offenbar ein Alptraum für Mischer zu sein... rein von der Power her gefielen mir PP aber besser als letztes Jahr auf der Tour, vielleicht wollten die Jungs auch schnell wieder nach Hause, jedenfalls ballerten sie alle ihre Songs im Affenzahn runter.

Nu war auch für mich die Zeit gekommen, mal zum Campingplatz zu streunern, denn sämtliche Bands, die auf den großen Bühnen folgen sollten - FREEDOM CALL (schröckliche Heldengesänge), SENTENCED (nur in ihrer Frühphase interessant), LOTTO KING KARL (häh?) sowie PRIMAL FEAR (auf Platte okay, aber live kann ich Superralf und sein gestelztes Gehabe nich ertragen) interessierten mich nicht und vom Zelt war ich erstmal kuriert...

Tat aber gut, auch wenn wir vergessen hatten, unser Bier aus dem Kofferraum zu nehmen, der sich inzwischen zu einer solchen Gluthölle entwickelt hatte, dass wohl jegliche Lebewesen dort nicht lange hätten existieren können. Mhh, noch nie Bier in solch orbitanter Temperatur getrunken... Zum Glück hatte Kollege Stefan noch irgend so`n Hartgas mit, welches er mit Cola gemischt servierte und nach diversen Stromstößen ins körpereigene System war man wieder fit.

Waren bis jetzt EXTREME NOISE TERROR und DISMEMBER meine Highlights gewesen, vermochten TESTAMENT da sogar noch einen draufzusetzen. Auch hier wieder gelungener Sound, der die Qualitäten der Recken bestens in Szene setzte. Erfreulicherweise hatten TESTAMENT ihre Playlist seit den NO MERCY-Festivals umgestellt, so dass man heute auch "Alone In The Dark" (mit den unglaublichen Zeilen: "The high priest of evil has lowered his iron fist - thousands of prople will die!" – wenn dat mal nich METAL ist!), "Souls Of Black" sowie "Practice What You Preach" spielte. Ansonsten donnerten einem Klopfer wie "Over The Wall", "D.N.R.", "Disciples Of The Watch", "Low", "True Believer", "The Haunting", Burnt Offerings", "Into The Pit" usw. entgegen. Steve DiGiorgios Finger flitzen über den Bass, Eric Peterson moschte Riffs raus wie ein Berserker - aber im Blickpunkt stand natürlich der vom Krebs genesene HÜNE Chuck Billy. Der strahlte bei den euphorischen Reaktionen über beide Backen und ließ stimmlich nix anbrennen. Geil!

Danach galt es etwas auszuruhen und den Klängen von GAMMA RAY zu lauschen. Ich mag Kai Hansen, der dürre Spacken ist mit seinem koboldartigen Grinsen angenehm weit weg vom Klischee des Rockstars. Außerdem hat der Typ meiner Meinung nach zwei richtige Schritte in seiner Karriere vollzogen: Einmal rechtzeitig bei HELLOWEEN auszusteigen und außerdem sich von Scheepers zu trennen, der nie richtig zu GAMMA RAY gepasst hat. Hansens eigene Stimme mag weniger voluminös sein, hat doch aber wesentlich mehr Charakter! Auch die jetzige Ausrichtung von GAMMA RAY kann ich mir gut ziehen, meist schön flotte Songs, klassischer HM mit Speed Metal-Einschlag und nicht zuviel Bombast. So gab es vor allem Songs von den drei gelungenen letzten Platten zu hören (u.a. "No World Order", "Gardens Of The Sinner", "Valley Of The Kings", "Heavy Metal Universe", "Shine On", "Heart Of The Unicorn"), mit "Last Before The Storm" ging es dann noch mal zurück in die Vergangenheit und als Zugabe gab`s noch mit "Victim Of Fate" einen schönen Gassenhauer aus der HELLOWEEN-Frühphase. Schönet Dingens, mir gefiel auch Hansens Reaktion bei folgendem kleinen Malheur: dramatische Steigerung, Break, seine Stimme schraubt sich höher und höher und - ist plötzlich weg! Kai Hansen haucht perplex ins Mikro "Wo ist meine Stimme hin?", aber zack, da setzt die Band auch schon wieder grinsend ein und nach Songende guckt Hansen teils belustigt, teils peinlich berührt und meint: "Ups, was war denn das?"

Aber nun sollte es wieder wat auffe Glocke geben und statt zum x-ten Mal IN FLAMES zu bestaunen (die aber wieder ordentlich einschenkten, besonders der Bassist fetzte rum wie bekloppt), zogen wir den Reunion-Gig der Ruhrpott-Thrasher ASSASSIN vor. Da drischt mittlerweile der kultige Atomic Steif (VIOLENT FORCE, SODOM, STAHLTRÄGER) in die Felle, was immer schon `ne Show für sich ist. ASSASSIN waren ja damals inne Achtziger nicht oft im Norden, habse nur einmal in einem winzigen Hamburger Klub gesehen (mit den Kielern METAL FORCE!). Trotz IN FLAMES waren daher viele Banger vor der "Partystage", die endlich mal Songs von "The Upcoming Terror" und "Interstellar Experience" live umme Ohren gepustet bekommen wollten. Und yes - die Jungs zockten ihren herrlich urwüchsigen Thrash, der Gitarrensound einfach nur roh und ungeschlacht. Was in den Achtzigern ja bei solchen Bands selbstverständlich war, hat sich auch jetzt noch bei ASSASSIN gehalten: Texte, die ordentlich das System ficken! "Fight (to stop the tyranny"), "Abstract War" oder "Holy Terror" (unfreiwillig komisch: "Depressed by our nation, destruction by their big army, the reality no one sees, because of this we start a terror") wurden daher kämpferisch angesagt, ein neuer Titel schlug in dieselbe Kerbe und überzeugte ebenso. Vor mir fiel plötzlich ein besoffener Typ in den Dreck, nix zu machen, der wog TONNEN und stand auch nich mehr auf. Da es mittlerweile völlig dunkel war, stolperten ständig Leute über den Kerl, knallten fluchend zu Boden - großes Kino hier. Sänger Robert Gonnella ruderte inzwischen auf der Bühne mit den Armen, sprang unkontrolliert herum und grölt sich zu "Junk Food", "Baka", der Bandhymne "Assassin" und dem schnellsten ASSASSIN-Klopfer "Speed Of Light" die Stimmbänder wund. Mission erfüllt, wenn die anwesenden Plattenfuzzis angetan waren, sollte die Band bald ihre neue Platte am Start haben - die erste seit 15 Jahren!

Nu galt es aber `nen guten Platz vor der Hauptbühne zu ergattern, denn DEE fuckin` SNIDER und seine sick mutherfuckers von TWISTED SISTER waren an der Reihe. Nach dem üblichen AC/DC-Intro "It`s a long way..." ging`s auch schon los. "What You Don`t Know (Sure Can Hurt You)"! Wie soll man diesen Sturm der guten Laune in Worte fassen? Mit Abstand die beste Stimmung des Festivals - kein Wunder, denn Herr Snider hat die Massen fest in der Hand, perfekter Entertainer, der er ist. Wer sonst bringt zehntausende von Bastarden dazu zu brüllen "Ich bin ein kranker Mutterficker!" oder während "I Wanna Rock" bei dem Schrei "Rock!" mit einer in die Luft ausgestreckten Faust simultan in die Höhe zu hüpfen? Ansonsten war die Form des Typen bestaunenswert, kaum eine Sekunde stillstehend wirbelte der über das gesamte Bühnenareal und riss sich einfach während der gesamten Show den Arsch auf. Die Mitschwestern zeigten sich dazu alles andere als eingerostet, Mark "The Animal" Mendoza bearbeitete den Bass mit Fäusten und Handflächen, entlockte ihm aber irgendwie dennoch die richtigen Töne... Die Songs sind dazu in der Sparte "mitgröhlkompatibler Metalrock" unübertroffen und rockten, bis das Publikum bis zum Horizont brodelte. Einfach ein riesiger Spaß, und wer nicht schon irgendwann irgendwo zu "We`re Not Gonna Take It", "Stay Hungry" oder "I Am, I`m Me" die Hörner in die Luft gestreckt und alle Beherrschung hat fahren lassen, der kann kein wahrer SMF sein...

Danach konnte nix mehr kommen und so guckte ich auch nur kurz bei LORDI (lustige Verkleidungen, durchschnittliche Mucke) und SUBWAY TO SALLY rein (gar nicht meine Welt), bevor ich mich einer Horde Nasen anschloss, die bereits seit Dienstag (!) in Wacken campierten und zum gepflegten Umtrunk luden.

Samstach: Durch die Video-Leinwand war man informiert, dass heut statt SINISTER HOLY MOSES spielen würden, meines Wissens auch die einzige Änderung im Billing. Teile der Band waren zufällig zugegen, als der kurzfristige Ausfall von SINISTER bekannt wurde und erklärten sich knall auf Fall am Vorabend dazu bereit einzuspringen - man musste nur noch kurz die überraschten Mitmusiker informieren und aus HH abholen.
Leider brauchten wir aber heute etwas mehr Zeit als gestern beim Aufstehen, so dass wir nicht mehr den ganzen Gig sehen konnten. Erstaunlich viele Leute waren aber bereits auf den Beinen und läuteten mit Sabina & Co. den dritten Tag ein. Zwei Umbesetzungen hatte es gegeben (b + g), wobei mit Michi ein alter Bekannter (EROSION) mit an Bord ist. Gerade rollte "Lost In The Maze" schleppend über Wacken, gefolgt von "World Chaos" und dem von Sabina als ältesten HOLY MOSES-Song angekündigten "Devil`s Dancer" -zeitloser Thrash. Ich musste an mein erstes HOLY MOSES-Konz irgendwann in Rendsburg denken, wo mir ein überzeugter MOSES-Fan die Gretchen-Frage stellte: "Weissu warum die so geil sin?" - "Äh, erzähl!..." - "Die Alte singt wie`n Macker, ey!!" Großartige Begründung... Dann kam eine Überraschung, denn mit "Hate Is Just A 4 Letter Word" (Shock Therapy-Cover) zockte man einen Song von der "No Matter What`s The Cause"-Platte, auf der weder Sabina noch sonst jemand von der aktuellen Besetzung mitgespielt hatte. Aber egal - ist ja eh ein Coversong und was für einer! Hatte trotz sengender Hitze eine meterdicke Gänsehaut. Zum Abschluss gab`s dann noch "Too Drunk To Fuck" (DK), bei welchem eigentlich Rachel von SINISTER mitschmettern sollte. "Die ist eigentlich hier!", schimpfte Sabina, "Aber wahrscheinlich liegt die noch im Bett und lässt mich hier einfach allein - Frechheit!". Na, ging aber auch ohne zweite Chanteuse, so dass sich die Band den donnernden Applaus verdient hatte.

Nu standen THYRFING auf dem Speiseplan, die ja auch schon so manches Festival "bereichert" hatten. Na ja, gibt es "Black Metal für Hausfrauen"? Nee, das wär gemein ausgedrückt (den Hausfrauen gegenüber, har har). Eigentlich konnte man höchstens den Gesang inne BM-Ecke stellen, musikalisch schunkelte man eher im Viking Metal-Bereich. Leider aber permanent im selben Midtempo und vor allem ohne die nötige Aggression. Nee, lass ma sein. Lustig noch der Sänger, der einen Becher Kunstblut nach dem anderen ins Publikum spuckte.

Bei MALEVOLENT CREATION zeigte sich, wie wichtig ein amtlicher Sound gerade bei Knüppelbands sein kann. Die Gitarren frästen sich direkt in unsere Schädel, so dass wir jubelnd "Malleluja" schrien. Erinnerte an 1000 tollwütige Hummeln, die grade hinter Dir her sind (äh, können Hummeln Tollwut kriegen?). Durch diesen machtvollen Klangorkan kamen MALLE gleich doppelt so heftig rüber. Klarer Pluspunkt war auch mal wieder HATE PLOW-Shouter Kyle Symons, sicherlich einer der variabelsten Death/Thrash-Fronter schlechthin. Die fiesen hohen Schreie, der gutturale Gurgelgesang - alles perfekt! Wer braucht da noch Brett Hoffmann, der doch wesentlich eindimensionaler gegrunzt hat? "Kill Zone", "The Will To Kill", "Divide And Conquer", "Manic Demise" und "Blood Brothers" sind mir als Highlights dieses fetten Gigs in Erinnerung geblieben. Schön zu sehen, dass diese Band endlich mal etwas Erfolg einfährt (nach ACHT Scheiben)!

Bevor man es sich versehen hatte, störten METALIUM unsere verklärten Gesichtsausdrücke mit unsäglichen Fußnägel-Hochroll-Heldengesängen, so dass nur die Flucht zum Auto mit dem herrlich warmen Bier verheißungsvoll erschien. Leider, leider hielten wir uns dort zu lange auf und verpassten daher CARPATHIAN FOREST vollständig - ärgerlich.

Aber aufs Gelände zurückgekehrt gab es dann doch eine Überraschung: MASTERPLAN, die ich ähnlich wie CIRCLE II CIRCLE als übertriebenen Pressehype eingestuft hatte. Vor Namedropping wie Ex-dies, Ex-das sollte man ja keinen Respekt haben, da kann es oft böse Überraschungen geben... Doch FUCK - was für ein Sänger! Eine kraftvolle Stimme drang durch Mark und Bein, locker eines Dio oder jungen Coverdale würdig, also nicht so`n dünnes True Metal-Stimmchen! Sondern ein phonstarker Recke, der den treibenden Songs ordentlich Leben einhauchte. Auch die Keyboards nervten nicht, sondern unterstützten die Songs im Stile alter RAINBOW-Klamotten. Sicherlich eine Band, von der man noch viel hören wird.

SOILWORK sind natürlich `ne geile Band, die mit "Figure Number Five" gerade wieder eine weitere gelungene Platte abgeliefert haben. Trotzdem zog ich es zunächst vor, mal bei den zeitgleich spielenden EIDOLON vorbeizuschauen, deren erste drei Platten ich sehr schätze. Die enttäuschten aber durch einen lahmen Sänger, dem man wohl kurz vorm Gig eine Dosis Tranquilizer ins Bier gekippt hatte. Jedenfalls war der Typ eigentlich halb so jung wie olle Halford, bewegte sich aber eher wie dessen Urgroßvater und nervte auch mit extrem monotonem Gesang. Also ab zu SOILWORK, die gewohnt überzeugend abrockten. Mit "As We Speak", "Rejection Role", "Like The Average Stalker" usw. reihten sie eine Songperle nach der anderen auffe Kette. Gesanglich überzeugte Strid durch den gekonnten Wechsel zwischen Thrash-Aggro-Vocals und den verblüffend melodischen Parts, wo er mit klarer Stimmer regelrecht "singt". Nur wird der Kerl mir mit seinem Rennfahrer-Jacken-Tick langsam unsympathisch. Was ist an `ner Jacke mit Emblemen von Konzernen wie Shell oder Marlboro so geil? Dann doch lieber Rock`n`Rolfs Piratenhüte...

Ich glaub, der letzte Wacken-Gig von RAGE war einer der ersten in der neuen Besetzung. Damals konnte man zwar erleichtert von einem gelungenen Gig und einer Rückkehr zu den Roots der Band sprechen (scheiß auf die Klassik-Platten!), jedoch wirkte das Ganze noch nicht wirklich als Band. Aber seitdem hat sich Einiges getan und RAGE könnte ein neuer (x-ter) Frühling bevorstehen, wenn sie die Power dieses Gigs auf den nächsten Tonträger retten. Man merkte sofort, dass hier Vollblutzocker am Werke waren - gerade Drummer Terrana und Gitarrist Smolski sorgten für Maulsperren -, die jedoch in der Lage waren, ihre Egos zu kontrollieren. Kein Griffbrettgewichse also, sondern knallige Songs. Die Videoleinwand machte sich hier bezahlt, konnte man genau sehen, wie z.B. Terrana energisch und punktgenau auf sein Set eindrosch und dabei literweise Schweiß vergoss. Don`t Fear The Winter, Ollen!

Harte Entscheidung: KATAKLYSM oder HEAVEN SHALL BURN? Beide schon gesehen, beide verdammt geil. Da ich HSB nur einmal und von weitem auf der riesigen Hauptbühne beim WFF gesehen hatte, entschied ich mich für sie. In Wacken waren sie ins Zelt gesteckt worden, dass nun recht voll war. Optisch eher wie `ne Hardcore-Band aussehend, machen HSB eher Metal zwischen BOLT THROWER, AT THE GATES oder THE HAUNTED, allerdings sorgt der Sänger auch stimmlich für `nen HC-Einfluss. Sehr schnell und gerade der Sänger macht dazu voll Alarm auf der Bühne, schreit energisch, bis die Backen platzen. Der Sound war ganz geil, saulaut zwar, aber das kam jetzt umso intensiver. Das Publikum ging ab wie `ne Rakete - der Sänger schaffte es sogar die Leute zu einem Circle Pit zu bewegen (und das in Wacken!) und (von vielen Ami-HC-Bands abgeguckt) sich vor einem weiteren Song in zwei Hälften zu teilen, um dann aufeinander zuzurennen. Ansonsten gab man sich sehr bescheiden ("Danke, dass wir hier zwischen den alten Legenden so positiv aufgenommen wurden, wir sind nämlich eine sehr junge Band"), was für Pluspunkte sorgte. Sehr, sehr guter Gig, der im vollen Zelt eher was von Klubatmosphäre hatte.

Langsam aber sicher rückten SLAYER näher, das merkte man schon an den stetig häufiger werdenden SLAYEEEER-Schlachtrufen (sehr beliebt aber auch HELGAAA aus mir unerfindlichen Gründen...). Doch zuvor standen noch STRATOVARIUS und NILE an. Hm, wie soll man Außenstehenden erklären, dass man GAMMA RAY oder STRATOVARIUS mag, FREEDOM CALL oder METALIUM aber zum Davonlaufen findet? Die meisten meiner Bekannten würden da keinen großen Unterschied erkennen (Boller kann ja nich mal MAIDEN von SLAYER unterscheiden, he he)... Im Falle der Finnen kommt aber ein musikalischer Irrwitz ins Spiel, durch die teils vertrackten, teils hoch melodischen Songs scheint ständig die Fratze des Wahnsinns zu blecken. Gut, manche Songs sind einfach nur kitschig, aber auf die meisten von dieser Sorte verzichtete man gottlob und spielte vor allem schnelle Speed-Nummern wie "Against The Wind", "Father Time", "Forever Free", "Black Diamond" oder "Paradise". Bei den Texten zeigt sich für mich auch ein RIESIGER Unterschied zu vielen Power Metal-Kapellen, die von Schwertern und Drachen singen, z.B. in letzterem Song: "Many rare species will perish soon, and we`ll be short on food, why do we have to be so selfish - we`ve got to change our attitude". Insgesamt ein umjubelter, kurzweiliger Gig, der besonders Tastenzauberer Jens Johannsson und Schmetterhans Timo Kotipelto (oder war`s Boris Kronenberg?) im Hochform zeigte.

NILE profitierten nun eindeutig davon, dass sich die MASSEN in Richtung Bühne bewegten, um sich langsam einen Platz für SLAYER zu sichern. Da sie direkt nebenan spielten, fanden sich sicherlich viele Zuschauer ein, die von den Ägypten-Freaks noch nie was gehört hatten. Ägypten? Yep, nahezu jeder Song dieser Band befasst sich mit Mythen und Geschichten aus dem antiken Ägypten. Und welche Gesellschaft wäre für Death Metal besser geeignet, als eine, die um ihre Herrscher einen gigantischen Todeskult errichtet hat? Platten wie "Amongst The Catacombs Of Nephren-Ka" und "In Their Darkened Shrines" sind aber auch musikalisch nicht gerade Death Metal von der Stange und auch live klangen NILE manchmal so, als spielten zwei Combos gleichzeitig. In die sinnverwirrenden Kompositionen voller Blastbeats woben sie orientalische Melodien und ließen dazu beständig die Rüben kreisen. Besonders beeindruckend der hünenhafte Bassist - who the fuck is Peter Steele? "Next song is for the fucking flight compny! Fuckers lost ALL of my stuff - we`re happy we can PLAY here!" schimpfte Gitarrist Karl Sanders. Schließlich bedankte sich die Band beeindruckt bei der Menge für die Unterstützung und es gab eine Massenwanderung rüber zur Hauptbühne.

Dort in der Menge eingekeilt musste man erstmal mit schmerzenden Fußsohlen ausharren. Um uns herum einige GANZ WITZIGE Metaller, die es furchtbar komisch fanden, möglichst unpassende Bandnamen zu rufen: "He - ich hab noch einen, he he - BRO SIS!" Diese Hirnzwerge wollten wohl mit Zwang dat alte Klischee "Häwi Meddel - nix im Scheddel" bestätigen, echt anstrengend nach 25 Minuten. Aber endlich war es nach zehnminütiger Verspätung soweit: SLAYER! Das Intro von "God Hates Us All" erklang, die Lightshow strahlte mächtig wirkungsvoll alles rot aus und der Reigen ging los! Erstmal die Playlist (nur ungefähre Reihenfolge aus dem Gedächtnis): "Disciple", "Stain Of Mind", "God Send Death", "War Ensemble", "Hell Awaits", "The Antichrist", "Angel Of Death", "Piece By Piece", "Necrophobic", "South Of Heaven", "Criminally Insane", "Dead Skin Mask", "Altar Of Sacrifice", "Jesus Saves", "Mandatory Suicide", "Reborn", "Epidemic", "Post Mortem" und schließlich "Raining Blood", bevor die Band ohne Zugabe konsequent abtauchte! Yep, das ist richtig - sie haben tatsächlich DIE GANZE "Reign In Blood" gespielt plus die größten weiteren Kracher!! Nu nehmt Ihr vielleicht an, dann müsste das einer der besten SLAYER-Gigs ever gewesen sein? LEIDER NICHT! Es war schlicht ZU LEISE!! Wie ich später erfuhr, hatte man Probleme mit der P.A. - eine beträchtliche Anzahl von Kanälen war ausgefallen, der Mischer soll sich die Haare gerauft haben. Sehr ärgerlich, denn so fehlte die GANZE Intensität eines SLAYER-Gigs. War irgendwie wie Sex mit Kondom - immer noch geil, aber du weißt, dass da etwas deine Empfindung beeinträchtigt. Da später bei ONKEL TOM wieder alles O.K. war, muss eine Reparatur möglich gewesen sein, von daher geht die Kritik an die Organisatoren, hier nicht gewartet zu haben, bis der Fehler behoben worden wäre. Schließlich kamen nur noch VADER und ONKEL TOM, da hätten sicherlich die meisten eine Verzögerung nach entsprechender Info in Kauf genommen. Auch Tom Araya sagte aber garnix, blieb wortkarg wie eigentlich immer in den letzten Jahren, lächelte nur angesichts der nichtsdestotrotz jubelnden Massen etwas skeptisch, als ob er sagen wolle "Ist ja gut, wir sind auch nur Menschen" und bedankte sich immer wieder charmant murmelnd. Hrmpf, das hätte besser laufen können, auch wenn man der Band an sich keinen Vorwurf machen kann (soweit ich das beurteilen kann, mal sehen, was man noch so hört), denn rein zock- und bewegungstechnisch war alles wie immer.

Im Vergleich dazu zwirbelten VADER kurz darauf nebenan wieder ordentlich in den Lauschern, nach den gedämpften Tönen war die Gitarrenbreitwand und Docs Drum-Inferno eine echte Wohltat. "It`s very hard to play after SLAYER - but we`ll try" verkündete Peter. Ich muss sagen, dass mir die Band wieder wesentlich besser gefiel als bei den zuletzt etwas zu routiniert wirkenden Gigs. War aber vielleicht echt nur eine Soundfrage, denn man bewegte sich eher noch weniger als SLAYER, schüttelte sich aber unisono ordentlich die Läuse aus den Matten. "Nomad", "Wings", "Black To The Blind", "Silent Empire" und v.a. "Carnal" verzeichnete ich als persönliche Hits, bevor wir mittlerweile völlig im Eimer "heimwärts" trotteten.

Tscha, da muss ich mit meinem kleinen Bericht wohl langsam zum Ende kommen. Aus der Ferne ertönte ONKEL TOM (lachen musste ich ja, als Tom einen Titel namens "Ich hab` Bon Scott noch live gesehen" ankündigte, der dann im Refrain exakt diese Worte plus einige Oi Oi OI-Chöre enthielt) und wir schossen uns noch gaanz langsam und gepflegt die Lampen aus. Gute Nacht.

- Beitrag von: Philipp

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