PESTICIDE, 4TUNE8, SILENTSPHERE, DENYING TRUTH, 07.09.07, Räucherei, Kiel

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Nur durch Mundpropaganda erfahre ich, dass am Freitag ein schwermetallisches Konzert in der Räucherei stattfinden soll. Um sicher zu gehen, surfe ich lieber noch auf die Räucherei-Seite und stelle mit Erstaunen fest, dass nicht nur das Konz am 07.09. eine nicht gerade reichlich beworbene Veranstaltung ist. Warum nicht mehr Ankündigungen? DREMU is’ eine coole Plattform für so was! Jede/r kann hier seine Veranstaltungsdaten reinstellen. Nutzt das, Leute – dafür gibt es uns doch! Oder haut einfach mehr Flyer raus ….

Durch die generelle Nicht-Propaganda gehe ich dann auch nur von drei spielenden Bands an diesem Abend aus, doch mit DENYING TRUTH gesellt sich noch eine vierte dazu. Kaum betrete ich den Rauchsalon, legen diese Jungs auch schon los. Anfangs halte ich das noch für einen Soundcheck, denn es befinden sich gerade mal ein paar (uninteressierte) Nasen im Saal. Doch die Band meint es ernst und kümmert sich nicht um die gähnende Leere. Auffällig hier sind die zwei Frontmänner: Einer fühlt sich eher für die Brüll- und Grunzlaute zuständig; der andere übernimmt Melodien und Geschmachte. Beide versuchen auf ihre Art das nicht vorhandene Publikum aus der Reserve zu locken, was aber völlig überzogen wirkt, denn es ist keiner da der darauf überhaupt reagieren könnte. Sinnlos! Aber auch musikalisch können mich DT nicht überzeugen. Ihr bei KORN angelehnter Metal wirkt auf mich völlig Substanzlos. Dummerweise ist auch noch die Gitarre viel zu leise, so dass von dieser Seite kein Druck rüberkommt. Beim „Denying Truth“ benannten Titelstück wird auch noch dreist bei RAGE AGAINST THE MACHINE geklaut. „Killing In The Name Of…“ muss dran glauben und es wirkt zudem beim DT-Song unpassend. So nach dem Motto: „Lass da ma’ so was einbauen …“ Unhomogen wirken auch die beiden Frontmänner. Jeder macht für sich allein – „Hurra, ich singe in einer Band! Und Ich bin toller als der andere.“ Scheiße, meine Mundwinkel zerren immer weiter nach unten, meine Laune wird schlechter. Keinen Bock auf so was. Hoffentlich wird’s mit den nächsten Bands besser …

Zumindest freue ich mich im Vorfeld auf SILENTSPHERE, denn dort gibt’s weiblichen Gesang, was ich generell mag. Aber gerade der enttäuscht schließlich zuerst. Ich fall’ vom Glauben ab! Geht’s denn heute Abend noch schlimmer? Solch einen harmlosen und ausdruckslosen Gesang habe ich lange nicht gehört. Die Stimme der Sängerin ist eher als dünn zu bezeichnen und weckt bei mir keinerlei Entspannung. Liegt’s an dieser proggig angehauchten Mucke? – technisch perfekt, aber ohne Biss. Der Tastenmann versteckt sich hinter Keybords, Monitor und Kopfhörern und ist leider immer nur dann zu hören, wenn die anderen Instrumente mal still sind. Uneffektiv. Auch der Drummer braucht einen externen Taktgeber und trägt ebenso Kopfhörer. Steril. Passt aber zur Mucke, denn die bewegt sich großteils in nur einem Tempo. Alles eher „getragen“ – ohne Höhepunkte. Naja, fast: „Foreign Land“(?) bringt mit seinem orientalischem Touch doch so etwas wie Atmosphäre in die Bude. Passend dazu stellt sich die Sängerin ab und an auf die Spitzen ihrer Ballettschuhe. Au Mann …

Frische Gaardener Luft – ich muss ers’ma’ durchatmen. Eigentlich mag ich ja alles und jeden (musikalisch gesehen), aber heute ist die Mischung richtig schön an mir vorbei gesegelt …

Ich lasse mich dadurch aber nicht entmutigen und stürze mich erneut ins Getümmel, denn endlich sind auch ein paar mehr Leute da, und ich stelle mich der nächsten bandtechnischen Herausforderung. Harte, einfache Beats, Samples und dichte Gitarrenklänge erwarten mich. Auch hier bin ich anfangs skeptisch. Doch nach und nach fängt mir zu gefallen an, was 4TUNE8 da fabrizieren. Das liegt hier vor allem am Sänger, dessen doch recht ausgewogene Stimme gekonnt und sicher perfekte Melodien und Verse setzt. Hier stimmt der Flow ausnahmsweise. Und auch der Sound kann sich hören lassen. Art und Gesang des Frontmannes erinnern stark an Sachen aus dem Elektro- (Metal-) Bereich. Und auch die guten, alten verwavten Achtziger lassen grüßen. Das geht gut ins Ohr. An der Gitarre sorgt der PESTICIDE-Gitarrist für fette, moderne Riffs, womit die Mischung ihre Abrundung erhält. Feine Sache! Das erste Mal an diesem Abend vollführen meine Hände klatschende Bewegungen. Der heimliche Headliner heut’ Abend.

Als PESTICIDE beginnen, ist die Hütte sogar recht voll. Viele sind anscheinend nur wegen dieser Combo gekommen. Immerhin bieten die Jungs nicht nur Musik. Fast alle sind in weiße Overalls gehüllt und jeder hat Farbe im Gesicht. Nein, Malergesellen sind es trotzdem nicht. Die aufgemalte Maskerade ist schon subtiler. Scheint, dass es bei jedem eine unterschiedliche Bedeutung gibt. Der Sound ist zum ersten Mal RICHTIG gut und ordentlich laut und PESTICIDE lassen auf der Bühne die Sau raus. Musikalisch immer noch nicht mein Geschmack, aber unterhaltsam sind die Kieler auf jeden Fall. Grob gesagt befinden sich PESTICIDE irgendwo zwischen KORN, SLIPKNOT, den DEFTONES und RAMMSTEIN. In ihrem Bereich nichts wirklich Neues, aber gut gespielt und mit Herzblut und Energie rübergebracht. Denn PESTICIDE sind sich ihrer hiesigen Angesagtheit durchaus bewusst und lassen dies auch an einer gewissen Selbstverständlichkeit merken. Band und Publikum stacheln sich immer wieder zur Action an. Beide Teile sind begeistert und so wird mit Lobhudeleien nicht gespart. Einziges Negativum an der Show ist der Tastenmann der Band, der, wenn er nichts an seinem Instrument zu tun hat, an den Bühnenrand kommt, in sein kabelloses Mikro brüllt und einen auf dicke Hose macht. Wirkt unsympathisch und unpassend. Ansonsten machen die Pestizide alles richtig und bieten einen kurzweiligen Auftritt. Mal sehen, was wir noch von denen hören (und sehen) werden.

Torsten

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