HELL OVER HAMMABURG WARM-UP: SMOULDER, FIRMAMENT, FVNERAL FVKK / 29.02.2024 – Hamburg, Bambi Galore

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Philipp: Sollten wir für den DreMu-Jahrespoll die Rubrik „bestes Warm-Up des Jahres“ einführen? Nun, im Grunde wäre das sinnlos, denn der Gewinner stünde wohl von vorneherein fest, nämlich natürlich das Aufwärmfest fürs HELL OVER HAMMABURG. Ich sage nur RIOT CITY, SABIRE, MIDNIGHT FORCE und IRON KINGDOM im Jahr 2020! Die Erschütterung in der Macht ist noch bis heute zu spüren. 2024 versammeln sich abermals drei der besten neuen Bands in Bilstedt: Epic Heavy / Doom Metal (SMOULDER) trifft auf Heavy Metal / Hardrock (FIRMEMANT) trifft auf Epic Doom Metal (FVNERAL FVKK), besser geht’s nicht!

 

Torsten: Nach dem formidablen Pre–Warm-Up am Vortag im Hafenklang mit IRON WALRUS und DUN RINGILL (Bericht folgt ...), geht es heute zum wahrhaftigen Warm-Up für's HELL OVER HAMMABURG ins geliebte Bambi Galore. Zwar habe ich es versäumt, mir rechtzeitig ein Ticket zu besorgen (kriegte erst spät mit, dass AUSVERKAUFT ist), aber die beste Petrunella Rübensüss hat durch Zufall noch ein Ticket über, was es mir möglich macht, mich doch noch ins volle Bambi zu stürzen. Danke, Taina! Einige Konzertbesucher:Innen haben allerdings das Pech, nicht bei diesem Konzertabend dabei sein zu können, streikt in Hamburg doch der öffentliche Nahverkehr, sodass ein paar Metaller:Innen leider auf der Strecke bleiben. Kuschlig - warm ist es im Bambi aber trotzdem.

 

SMOULDER

Bilder von MJ.

 

Philipp: Da wollen wir natürlich keine Band verpassen und rollen zeitig los. Gut so, denn es bleibt hinreichend Zeit für einen entspannten Schnack und einen Besuch am Merch (Ich ernte einen völlig sicken SMOULDER-Patch mit Regenbogen-Wizard und ein Shört mit dem Motiv der aktuellen Platte ab, die Tonträger der drei Bands hat man ja alle). 

 

FVNERAL FVKKFVNERAL FVKK

 

Philipp: FVNERAL FVKK beginnen den Reigen. Allein ihre ernsten Mienen nötigen mir schon Respekt ab, und alle vier bleiben vom ersten bis zum letzten Moment voll in der Rolle des Klerikers mit Klatsche (ist das eigentlich eine Tautologie?). Selbstverständlich wären Priesterroben, Bibelschwenken oder mahnende Predigten streng genommen nicht nötig, denn die Hamburger spielen ihren Epic Doom schon auf höchstem Niveau. Aber letztlich schadet ein stimmiges Image auch nicht, ich schwelge begeistert und bange meinen Schädel, während ich mich über die Grimassen des Cantor Cinaedicus freue. Der klare Gesang schwebt klagend über den düster rollenden Riffs und melancholischen Melodien, die heavy Drumbeats schreiten bedächtig voran. „When God Is Not Watching“, „Alone With The Cross“ sowie „Chapel Of Abuse“ heißen meine Höhepunkte des nunmehr vierten FVNERAL-FVKK-Gigs, dem ich beiwohne.

 

FVNERAL FVKKFVNERAL FVKK

 

Torsten: Da hilft auch kaum die kühle Atmosphäre, die die Hamburger FVNERAL FVKK als erste Band des Abends unheilig versprühen. Ihr epischer Doom Metal ist über alle Zweifel erhaben und kommt heute besonders gut zur Geltung. Ein wunderbar sakraler Hall liegt über der Band und besonders über der Stimme des schamlosen Kantors. "Tritt ein in den Dom!", möchte man sagen. "Knie nieder, tue Buße und bereue deine Sünden!" Pffftt! Von wegen: vom ersten Ton an wird lästerlich wider die Kirche gepredigt! Der Bigotterie und Sündhaftigkeit zahlloser Pfaffen und Priestern wird ein Spiegel vorgehalten, der sogleich schamhaft zerspringt, denn die unerhörten Wahrheiten hält selbst das bibelfesteste Glas nicht aus. Während Frontmann Cantor Cinaedicus wieder und wieder verzückt in religiösem Wahn seine Blicke gen (Bambi-) Himmel richtet, pumpt der Bass von Vicarius Vespillo die tiefsten Töne der Hölle in die Ohren und Mägen der Anwesenden. Die himmlischen Gitarrenharmonien gleichen Engelschören und die Drums of Doom bringen gleichsam alle jerichalen Mauern zum Einsturz! Sooft ich die Litaneien FVNERAL FVKKs auch höre; leid werde ich ihrer nicht, sondern schwelge genüsslich in diesen antiklerikalen Klängen. Am Ende verbleibe ich "Alone with my Cross" und nur langsam weicht der Trance ähnliche Zustand aus meinen Gliedern.

 

FVNERAL FVKKFVNERAL FVKK

 

 

FIRMAMENTFIRMAMENT 

 

Philipp: Auf FIRMAMENT bin ich ja nun richtig gespannt, hat es mir doch deren Debut „We Don’t Rise We Just Fall“ (2023) mächtig angetan (Split und Demotape sowie die Releases der Vorgängerband TENSION sind natürlich auch super)! Die Leipziger legen dann auch voller Elan los. Besonders beeindruckend: Die gewaltige Stimme von Marco Hermann, der ja auf dem Debut noch gar nicht zu hören war. Die Band schafft es, völlig zeitlos zwischen Hardrock und Heavy Metal zu musizieren und zu klingen, dabei mit beachtlichem Songwriting im Ohr hängen zu bleiben. Das ausverkaufte, aber zum Glück nicht überfüllte Bambi steigt voll drauf ein – raise the fist of the metal child! FIRMAMENT spielen fast alles vom Debut (besonders gut: „Firmament“, „On The Edge“, „The Void“), die beiden Stücke von der Split mit MIDNIGHT PREY und sogar zwei neue Songs. „Swear By The Moon“ und „Realms Of Distant Wonders“ knüpfen mit 70er/80er Roots und der bandeigenen Selbstverständlichkeit an das bisherige Schaffen an. Daumen hoch!

 

FIRMAMENTFIRMAMENT

 

Torsten: Kaum bin ich zurück im irdischen Jammertal, geht's auch schon wieder hoch zum FIRMAMENT. Dieses spezielle hier ist hart rockend und kommt aus Leipzig. Früher mal TENSION. Beide Bands auf dem tollen DYING VICTIMS PRODUCTIONS – Label (vielleicht auch ein Label für Fvneral Fvkk?). TENSION waren schon gut und zum Glück gründeten sich nach dem Tension–Split gleich FIRMAMENT, denn die finde ich sogar noch besser als eben Tension. Live bestätigt sich dieser Eindruck. FIRMAMENT hardrocken unbeschwert, haben geile Songs am Start, alle Instrumente werden gekonnt bedient, die Gitarrenharmonien sind Spitze (Thin Lizzy lassen bestens grüßen), der Bass ist eigentlich eine dritte Gitarre (super gut gespielt!) und der Frontmann hat Stimme und Ausstrahlung. Mir gefallen die Songs live gespielt deutlich besser als die Studioproduktion; das klingt aus der PA deutlich knackiger und prägnanter. Jeder Song ein Treffer; immer wieder gekonnte Licks und Ideen, die aufhorchen lassen. Hier kannste headbangen, Fist raisen, tanzen, Double leads auf der Luftgitarre zocken oder auch einfach nur zuhören. Weil, wie schon erwähnt: tolle, hörenswerte Songs haben FIRMAMENT reichlich! Also bitte nicht gleich wieder auflösen, sondern ordentlich Platten raushauen und auf Tour gehen. Wir hören und sehen uns!

 

FIRMAMENTFIRMAMENT

 

 

SMOULDERSMOULDER 

 

Philipp: SMOULDER setzen auf ihren letzten Bambi-Auftritt noch einen drauf, würde ich sagen! Das Selbstbewusstsein der Band ist gestiegen, nicht zuletzt durch den gefeierten Auftritt auf dem letztjährigen KEEP IT TRUE und den Resonanzen auf „Violent Creed Of Vengeance“, des „wohl ersten feministischen Metal-Albums überhaupt“ (ROCK HARD #440, S. 55). Episch und packend böllert „The Talisman And The Blade“ zwischen die Augen, die „Warrior Witch Of Hel“ folgt ebenso energisch auf dem Fuße. Sarah ist gut bei Stimme und lebt offenbar jede Textzeile aus, schneidet manische Grimassen und wirft sich in Verrenkungen, die man sonst nur aus dem Film „Der Exorzist“ kennt. Ist ja auch widerlich, dieses Patriarchat. Rache übende Frauen metzeln sich durch die Texte von „Violent Creed Of Vengeance“, „Path Of Witchery“ oder „The Sword Woman“ (Hit!) und alle Anwesenden bölken mit Schaum vorm Mund mit. Noch bleibt „Ilian Of Garathorm“ der wohl bekannteste Song (Flo vermisst übrigens die Hallendecke, bitte melden, der Finder bekommt Leberhaken bis zur Rente), ich überlege, ob ich „Midnight In The Mirror World“ oder „Dragonslayer’s Doom“ nicht gar vorziehe. Die Stimmung bleibt bis zum letzten Ton großartig, loben muss man heute auch die Soundcrew, die einen durchweg gut ausgesteuerten Klang hinbekommt. More power to SMOULDER!

 

SMOULDERSMOULDER

 

Torsten: Nun rufen SMOULDER zur Schlacht! Also Rüstung poliert, Helme auf und Schwerter gezogen. Nachdem ich SMOULDER jetzt ein paar Mal gesehen habe, stelle ich heute fest, dass sie ihr für mich bestes Konzert abliefern. Die Band freut sich, zum zweiten Mal im Bambi spielen zu können und das Publikum frisst der Band sofort aus der Hand. Vom ersten Ton an siehste überall nicht nur fliegende Haare und Fäuste sondern auch glücklich grinsende Gesichter. Schön die Hymnen wie "Sword Women", "The Talisman and the Blade" und (ohne geht's nicht) "Iliam of Garathorm" mitschmettern und mit dem Schwert Luftgitarre spielen. Die Band ist bestens eingespielt, alle Breaks sitzen und Frontfrau Sarah brilliert mit Stimme und Gestik. Voller Theatralik verkörpert sie ihre Texte, agiert mitreißend und animiert die Meute vor der Bühne zum headbangen, feiern und mitsingen. Ihre markante Stimme trägt weit und jeder Schlachtruf wird erhört. Das kommt auf einer größeren Bühne sicher noch besser zur Geltung als auf der kleineren Bambi–Bühne. Dafür ist man jetzt einfach näher dran und erlebt den ARCANE POWER DOOM mittendrin statt nur dabei. Alte Perlen werden dargeboten, neue Juwelen geschliffen; man merkt wieder wie sehr SMOULDER sich musikalisch mit ihrer letzten Scheibe "Violent Creed of Vengeance" gesteigert und an Bühnenpräsenz dazu gewonnen haben. Die sympathischen Power Doomer haben es geschafft Fans und Kritiker gleichermaßen hinter sich zu bringen, was auf mehr dunkel - doomig–arkane Klänge auf Konzerten und Platten hoffen lässt. Ganz groß! 

Philipp: Everybody gut drauf, und morgen geht’s gleich weiter in der Markthalle!

 

HELL OVER HAMMABURG WARM-UP 2024

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