BULLSHIT BOY, HOW TO SEA SQUIRT / 25.11.2022 – Kiel, Schaubude

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Heute erlebe ich es mal wieder, wie schön es doch ist, nichts von einer Band zu wissen, auf deren Konzert man geht und von der man dann total positiv überrascht wird. Denn ich hatte überhaupt nicht recherchiert, wer BULLSHIT BOY sein mögen. Dass wir an diesem Abend in der Bude aufschlagen, stand eh fest, da unsere liebe Freundin Melli heute Geburtstag hat UND mit ihrer Band HOW TO SEA SQUIRT spielt. Auch hier hatte ich nur einen vagen Eindruck davon, was musikalisch kommen würde. Erste Überraschung: Am Schlagzeug von BULLSHIT BOY sitzt doch tatsächlich Carsten von dem EMILS! Haha, ausgerechnet! Ich bin ja seit meiner Schulzeit EMILS-Addict und habe sogar auf meinen eigenen Abi-Ball sausen lassen, um ein EMILS-Konzert in der Hansa 48 zu besuchen (1988 war das). Später habe ich zwei oder drei EMILS-Konzerte selbst organisiert/veranstaltet und die Band unzählige Male gesehen. Aber egal, ich will BULLSHIT BOY jetzt gar nicht auf ein Mitglied reduzieren, ist halt witzig, Carsten so völlig unerwartet dort zu treffen.  

 

Kundenstopper

Bilder von MJ

 

Melli wird natürlich angemessen gefeiert, so richtig mit Partyhütchen, auf denen ihr Gesicht prangt, Glitzer und Konfetti. Witzig wird ein Foto, das MJ schießt, auf dem Melli selbst so ein Hütchen trägt und original genauso lacht wie auf dem Hütchenbild! Das sieht wirklich so aus, als jemand das neu fotografierte Gesicht auf das Hütchen gefotoshopt.

 

Melli & Melli

 

So, nun kommen wir zum Review-Teil. Wo Schluss ist mit Freundschaft und Fröhlichkeit und der reine Verriss zelebriert wird. Wie viele Bands wurden hier schon „zerstört“, obwohl, Freund:innen, ja Familienmitglieder des oder der Rezensierenden mitgespielt haben? Ich weiß es nicht. Ich kann nur die Briefe mit den Morddrohungen zählen, welche die Redaktion erhält.

 

HOW TO SEA SQUIRTHOW TO SEA SQUIRT

 

Doch HOW TO SEA SQUIRT bilden eine der Ausnahmen. Heute gibt es keinen Verriss. Denn das Trio ist gut! Ich hatte eine insgesamt knüppeligere Ausrichtung erwartet (warum eigentlich), doch HTSS sind recht abwechslungsreich. Grob gesagt ist es Punk, der mal heftiger ausfällt, mal regelrecht ruhig. Es wird geschrien, gesungen und gekotzt, wobei alle drei Bandmitglieder abwechselnd oder zum Teil auch überlappend singen. Schon der Bandname ist ja originell und vieldeutig, könnte man ihn auf die Seekreaturen SEASQUIRTS oder auf einer sexuellen Ebene deuten. Besonders bemerkenswert erscheint mir die Tatsache, dass die Texte offenbar auf persönlichen Erfahrungen beruhen und für die jeweilige Musikerin eine starke Bedeutung besitzen. Ein Song heißt „Luca“ und beruhe auf einem negativen Erlebnis mit dem Roadie einer anderen Band, erzählt die Gitarristin. Dieser habe ihre damalige Band und speziell sie beschimpft, beleidigt und bespuckt, später dann eine Nachricht geschrieben, aus der HTSS einfach einen Songtext gemacht haben. Die Nachricht liegt ausgedruckt am Merch und lautet wie folgt: „Hey guys and grrls i’m the boy ho argue whit your guidar/singer/whatever… ! i still think she has no sense of humor but Can we just avoid public shit, you know? Just I’m not gonna to listen to you and you’re not gonna listen to us, what do you think?” (Rechtschreibung beibehalten). Die Haltung hinter dieser Nachricht brauche ich wohl nicht zu analysieren (allein dieses „whatever“…), aber die Idee, sie als Basis für diesen Song zu nehmen, finde ich super. Eine gelungene Entlarvung und ein gutes Beispiel dafür, was in unserer Gesellschaft falsch läuft. Insgesamt ein beeindruckender erster Auftritt, auf den hoffentlich viele weitere folgen werden!

 

HOW TO SEA SQUIRTHOW TO SEA SQUIRT

 

 

BULLSHIT BOY sind ebenfalls ein Trio, gehen dabei in eine klassischere Punkrockrichtung, in der 77er Punk auf Indierock trifft. Die Art, wie hier Singalongs auf rotzige Art gesungen werden, erinnert mich angenehm an TOY DOLLS. Carsten und Bassistin Silvia haben übrigens bereits zusammen bei GOTTKAISER gespielt, erzählt mir ein anderer Besucher (besser: schreit dieser mir ins linke Ohr). Als besonders überzeugend empfinde ich den Gesang von Gitarristin Sabine. Schön derbe und trotzdem mit Melodien zum Mitschmettern! Der Sound ist leider nicht ganz optimal, denn die Gitarre ist etwas zu leise. Dadurch gehen einige Nuancen unter, die ich erst zu Hause auf dem gleich nach dem Auftritt abgeernteten Tape entdecke. Aber dennoch gefallen Hits wie „Bullshit Boy“, „Love Bomb“, „Helgoland“ oder „The World Is On Fire“ bereits bei Live-Erstkontakt. Mit zwei Coversongs wird das Set erweitert, einmal BLONDIE „One Way Or The Other“ und später SEX PISTOLS (glaube „Bodies“, kann mich auch irren, ordentliche Bandbreite auf jeden Fall). BULLSHIT BOY machen Laune und haben einen eigenen Charakter, da darf man genau wie bei HOW TO SEA SQUIRT gespannt sein, was die in Zukunft noch bringen.

 

BULLSHIT BOYBULLSHIT BOY 

 

Yeah, herrlicher Abend. Morgen gleich wieder Bude mit HOTEL KEMPAUSKI, MELKUS und REST IN FLEAS. Wir lesen uns!

 

BULLSHIT BOY

Bewertung: 5 / 5

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