BENEDICTION, DAWN OF OBLITERATION / 27.04.2022 – Hamburg, Bambi Galore

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Mensch, wer hätte das gedacht? Noch vor drei Jahren hätte kaum jemand damit gerechnet, dass Dave Ingram zu BENEDICTION zurückkehrt. Und nicht nur geschah im Juli 2019 genau das, es folgte ein grandioser Auftritt im Kulturpalast und dann hauten die Death-Metal-Urgesteine mit „Sciptures“ auch noch so ein unfassbar geiles Album raus, welches wirklich mit dem stärksten Stoff der Band mithalten kann. Einziger Downer war im Dezember letzten Jahres die Nachricht von der Verschiebung der Tour zur Platte, aber nun ist es soweit, der Nachholtermin ist da.

 

Bevor ich mich in die Katakomben des Bambi Galore stürzen kann, muss ich allerdings noch ein Ticket verkaufen, da sich unsere Reisegruppe kurzfristig um ein Mitglied reduziert hatte. Dies gestaltet sich schwieriger als gedacht, denn das Konzert ist seit langem ausverkauft. Spontane Besucher:innen ohne Karte scheint es nicht zu geben. Während der Rest meiner Leute bereits mit dem Mob feiert und irgendwann DAWN OF OBLITERATION beginnen, stehe ich noch auf der Straße und labere jeden Menschen an, der auch nur entfernt nach Death Metal aussieht. Um 20:10 Uhr werde ich nervös und erweitere die Personengruppe radikal auf alles, was zwei Ohren hat. Wäre doch wenigstens ein Benediktinermönch vorbeigekommen, dem hätte ich das Ding sogar geschenkt! Schließlich gebe ich auf, weil ich DAWN OF OBLITERATION nicht gänzlich verpassen will. Immerhin habe ich dadurch mit fast allen Besucher:innen einen kurzen Schnack gehabt und kenne alle dummen Antworten, die es auf die Frage „Alter, brauchst du noch ‘ne Karte?“ gibt. Vorteilhaft ist auch, dass ich allen rüpelhaften Mosh-Pit-Eskalierern meine zwei Tickets vor das verblüffte Gesicht halten und mein Recht auf DOPPELT SO VIEL PLATZ einfordern kann.

 

BENEDICTION

Bilder von Torsten Matzat (bis auf das letzte, das hab ich mir von der Fb-Bandseite geborgt)

 

Yeah, auch wenn ich den Anfang verpasst habe, bin ich natürlich schnell drin im Sound von DAWN OF OBLITERATION. Flupp schön im Jogger und mit Hansa-Pilsdose in den Pranken – da fühlt man sich doch glatt wie zu Hause. Rund gemacht wird der Eindruck von Wolf, der wie immer barfuß zockt (aufm Klo steht er später aber in Flipflops neben mir). Rotter gibt sein Bestes am Schlagzeug – und das ist bekanntlich ‘ne Menge! BOLT THROWER-artige Wucht und entsprechende Melodien brechen über uns herein. Die bangenden Horden stehen jetzt schon bis dicht vor der Bühne und schütteln ihre Rüben. „Kommt näher, kommt ran!“, fordert Flupp. „Ja, und was dann, hä?“, brüllt einer zurück – „Das wirste schon sehen!“ Große Worte, viel dahinter. Denn der Fünfer erhöht die Wucht nochmal und zwingt alle Anwesenden mit einem fiesen Galeerensklavengroove ins Headbangkoma. Das wär allein schon zwei Tickets wert gewesen, geil!

 

DAWN OF OBLITERATION

 

Danach müssen wir recht lange warten, bis es endlich losgeht. Der Grund ist offenbar ein streikender Amp. Gitarrist Darren Brookes schraubt ordentlich an dem Biest herum, mit vereinter Kraft und nach der Auswechslung mehrerer Kabel erwacht der Mesa Boogie schließlich zum Leben. Die anderen BENEDICTION-members schlurfen auf die Bühne und es ist ganz witzig zu sehen, wie entspannt sich der Konzertbeginn gestaltet. Zunächst stöpseln alle ein, schrauben kurz herum und steigen in einen kurzen Jam ein. An dieser Stelle hätten die meisten Bands noch mal die Bühne verlassen und dann ein Intro laufen lassen. BENEDICTION lassen dagegen ohne weiteres Gewese den Jam in den ersten Song übergehen. Ehe wir uns versehen, haben wir den Rubikon bereits überschritten. Es dauert nicht lange und der ganze Laden bangt. Auch auf der Bühne fliegen und kreisen die Matten nur so. Grinsende, manisch verzerrte Gesichter, wohin das Auge blickt. Der Sound ist geil räudig, die Gitarren sägen, Drummer Giovanni Durst (sic!) pumpt exakt den Beat, den diese Mucke braucht und was soll man über Dave Ingram sagen? Was für ein charismatisches Organ, was für launige Ansagen, was für eine Death-Metal-Frontsau!

 

BENEDICTIONBENEDICTION

 

Meinen letzten BENEDICTION-Bericht kommentierte hier jemand mit den Worten: „Sehr sympathische Band, denen es offensichtlich noch viel Spaß auf der Bühne macht, ohne viel Gepose und Verkrampfung. Rohes Geballer, authentisch, handgemacht.“ Das trifft es, das gilt. BENEDICTION, das heißt bekanntlich SEGNUNG. Mit einer Segnung von Setlist geht es dann auch heute in die Death Metal-Hölle. „Stormcrow“, „Progenitors Of A New Paradigm“, „We Are Legion“, „The Dreams You Dread“, “Nightfear” (geil!), “Subconcious Terror”, “They Must Die Screaming”, “Agonised”, “Magnificat” und “Foetus Noose” sind nur ein paar Stationen aus der ausschließlich mit Highlights bestückten Setlist. Es gibt keinen langweiligen Moment in der Show, weswegen ich den Gang zum Urinal so lange hinauszögere, bis mir fast die Blase platzt. Es stinkt hart nach Schweiß, Bier und Kutten und es ist unfassbar heiß. Aber die Benediktiner segnen einfach immer weiter, gehen nicht mal von der Bühne, um die Meute nach Zugaben brüllen zu lassen, sondern spielen die Dinger einfach unaufgefordert und zum Teil offenbar auch spontan, denn einmal ist Ingram samt Bierkasten schon fast von der Bühne abgegangen, als ihn der Bandcall erreicht, dass man jetzt noch einen Song ranhänge. Einfach herrlich, mit verknoteten Haaren und verdrehten Nackenmuskeln geht’s raus in die Nachtluft.

 

BENEDICTION

 

Perfektes Death-Metal-Fest mit der nötigen Punk-Attitüde!

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