THE COURETTES, BELLA & THE BIZARRE, THE BEASTS / 09.10.2021 – Hamburg, Molotow

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3G und 2 Bands? Das klingt schon super, aber 2G und 3 Bands klingt noch viel besser! Obwohl ich keine der Bands bisher kenne, gibt es für uns nur eine einzige Möglichkeit (und die ist diesmal nicht der FC St. Pauli…sondern…): Hin da! Immerhin kennt Zlatko den Hauptact und nennt sogar eine ihrer Platten sein Eigen.

Einlass 1800, Beginn 1900. Das erscheint für einen Samstag recht früh, aber liegt womöglich daran, dass in Hamburg nach 2300 kein Alkohol mehr ausgeschenkt bzw. verkauft werden darf. Geplant war das Konzert wohl ursprünglich als Backyard Show im Innenhof, findet aber nun doch im innen gelegenen Club statt. Im Nachhinein finde ich das sogar besser, aber nun der Reihe nach: 

 

The Courettes

 

Die 3 Mumien der „The Beasts“ schlürfen vorbei am Publikum auf die Bühne. Geiler Scheiß, denke ich jetzt schon. Ich brauche für ein Konzert keine Background Tänzerinnen (und noch weniger Tänzer…) auf der Bühne; geschweige denn ein Wikingerschiff oder den Nachbau von Schloss Neuschwanstein in Originalgröße. Mir reicht es, wenn die Musik „live“ gespielt wird und die Band zumindest halbwegs den Eindruck vermittelt, sie hätte selbst auch ihren – salopp gesagt – Spaß und würde das Publikum an diesem Abend nun nicht gerade mega kacke finden. Aber Mumien in Turnschuhen sind da etwas ganz anderes und ebenso klasse wie die Folterknechte von Savage Master. Auch hier wird ähnlich dem geil fetten Kerkermeister zuvor genannter Band Brille getragen, was zweifelsfrei dem auf uns allem liegenden Fluch der Jahre geschuldet ist.

Ist hier aber mehr Schein als Sein? Gehören die Mumien zurück in die Gruft? Rotiert der untote Pharao bei diesen nun ertönenden Klängen etwa wütend im Sarkophag? Mitnichten! Der Mumien-Rock erfasst das Publikum sofort. Primitive BluesThrash´n´Roll-Hits, schmutzige Surf-Monster und dazu noch fetzige Garage Rocker bilden die Basis des Monster Cocktails, den uns der gleichsam exzentrische wie auch geniale Sänger Ray Orsen - mit einer Kirsche on top - kredenzt. Da kocht in den ersten Reihen die Stimmung bereits über und „Let´s dance!“ wird wörtlich genommen.

 

The Courettes

 

Mich erinnert die ganze Chose vielleicht etwas an die altehrwürdigen The Cramps, aber dann auch wieder nicht. Das Surfbrett schiebt sich definitiv mehr in den Vordergrund, weitere Vergleiche fallen mir da aber auch schon nicht mehr ein und ich muss komischerweise, je länger ich nun überlege, immer wieder an ein Erdbeer Milch-Shake denken.

Der Mumien Rock ist aber zweifelsfrei irgendwo in der Mitte zwischen coolem Psycho – und Rockabilly zu verordnen, wobei letztgenannter schon extrem cool und punkig sein müsste. Neben teils quietschendem und teils aggressivem Schreigesang ist auch immer mal wieder Platz für einen eingängigen „sing along“ und musikalisch ist nach 12 Jahren Bandgeschichte die Mumie sowieso nicht mehr schief gewickelt. Die Surf-Gitarre flimmert über allem und selbst Dick Dale hätte sie nicht besser spielen könne. Darunter wabert der Bass und das Schlagzeug hämmert die Songs punkesque quer durch die Pyramide. Super! Einziger Kritikpunkt: Das Konzert ist nach 16 Liedern viel zu schnell vorbei. Demnächst gibt es aber eine weitere Chance, die untoten Herrscher des Nils zu sehen. The Beasts spielen ihren Surfpunk im Stellwerk und ich werde wohl wieder dabei sein!

 

The CourettesThe Courettes

 

Jetzt kann es nur noch abwärts gehen, denkt sicher der eine oder andere in dem bereits mehr als gut gefüllten Molotov. Die Damen und Herren täuschen sich aber gewaltig! Mit Bella & the Bizarre geht´s weiter und nicht ein Atü Druck wird hier von dem kurz vor der Explosion stehendem Kessel genommen. Noch steht Bella im schwarzen Ledermantel vor dem nach Punk´n´Roll (und kaltem Bier) dürstendem Publikum und ich frage mich, ob ich der Einzige bin, der hier wie ein Biber schwitzt. Vorne ist es inzwischen eng geworden und die Vorteile des „2G“ Konzepts sind für uns Geimpfte oder Genesene nicht zu leugnen – es wird gerockt! Ein älterer Herr neben mir zeigt übrigens gleich Tanz-Moves, die seines gleichen suchen und mit denen er auch Jack Rabbit Slim´s Twist Contest gewonnen hätte. Sorry, John T., aber isso. Es ist übrigens alles Musik an diesem Abend, die in jene Tarantino oder Rodriguez Filme gepasst hätte, die noch geil oder zumindest unterhaltsam waren.

Bald schon fällt der Mantel der Sängerin - wie auch Gitarristin - und es wird aber mal so richtig losgerockt. Fetziger Rock´n´Roll bzw eingängiger Garage Rock als Basis, aber da ist so viel anderes mehr mit drin, dass ich mich wundere, warum ich von eben dieser Musik Richtung nicht schon viel länger Fan bin. Wie glühendes Blei geht es nach vorn und Bella singt, schreit und quietscht uns ihre Vocals entgegen. Klasse! Also wirklich prima…also der Gesang…und die Musik! Dabei zeigt sie uns zwischen den Songs aber immer wieder mit einem verschmitzten Lächeln, dass auch ihr – und den anderen Bandmitgliedern sowieso – der Auftritt mal richtig Laune macht. Ausgiebiger, frenetischer Applaus ist hier der mehr als verdiente Lohn.

Viel gefunden habe ich im Internet bisher leider nicht über diese Band und ich vermute, wir waren Zeuge von dem Beginn von etwas gaaanz Großem. Es würde mich nicht wundern, wenn es sogar einer der ersten Auftritte war – wenngleich dieser absolut professionell daherkam und es gleichfalls der 100ste hätte sein können. Weiterhin bin ich davon überzeugt, dass Bella & the Bizarre nicht aus Hamburg kommen können. Natürlich auch nicht aus Bremen oder Wattenscheid – nein, für mich kommt da nur Berlin in Frage. Ok, werden jetzt manche sagen, ich war auch mal davon überzeugt, die Titanic wäre ein Flugzeug gewesen und hätte in 800 Meter Höhe einen Eisberg gerammt. Dafür kann ich mich nur wieder und wieder entschuldigen und bedauere natürlich die Unannehmlichkeiten, die daraus für den einen oder anderen entstanden sind.

Ich würde gerne noch mehr dazu schreiben, aber hatte da auch schon ganz gut einen im Tee. Das Fazit kann aber nur sein: Super, super, super! Klasse Stimme, nach vorne gehender, heißer Rock´n´Punk aus der Garage der Motoren mit den vielen PS – nein, dies war alles andere als verstaubter Rockabilly oder 60s Sound. Wäre ich sofort wieder dabei und definitiv hört man bald mehr von der schrecklich mysteriösen Bella und ihrer bizarren wie auch top eingespielten Crew.

Wer auch immer das Booking heute Abend gemacht hat, dem kann ich nur entgegnen: Chapeau, du hast alles richtig gemacht. 2 Bands bisher, 2 Volltreffer – besser kann es jetzt nun wirklich nicht mehr werden. Wir gehen kurz raus, holen neues Bier und ich suche mir einen neuen Platz irgendwo in der Mitte. Hat sich jetzt schon alles gelohnt, mehr kannst für die paar Kröten nicht verlangen und außerdem wird´s langsam brechend voll.

 

The Courettes

 

The Courettes zeigen uns als nächstes, warum das Rahsegel immer mittig angeschlagen und quer zur Kielline geführt wird. Das Konzept ist nicht mehr ganz neu, aber hier zündet es mal wieder. Ein top Schlagzeuger und eine Sängerin/Gitarristin – mehr braucht es nicht, um das inzwischen bis ganz hinten gefüllte Molotov zum Kochen zu bringen.

Mir und manch anderem war das in dem Moment fast schon zu viel. Einige sehr wenige sind wohl nach 1,5 Jahren Corona und ständig alleine mit den Kindern zu hause nicht mehr ganz sicher, wie das so ist im öffentlichen Raum und wieviel Drogen sie brauchen; nur um anschließend dann vorsichtshalber lieber das doppelte zu nehmen - ich dagegen greife in Zukunft eher wieder zu meinen Rangers mit Stahlkappe.

Aber dafür können die Courettes nichts. Die Stimmung – na klar, es sind die Headliner – ist am besten und scheinbar spielen sie Kracher auf Kracher. Auch die Bühnenshow ist Energie geladen. Die Moves sitzen und es wird gerne auch mal über „Kimme und Korn“ mit der Gitarre ins Publikum gezielt. Der Brasilianerin und dem Dänen fehlt nur der eine richtige Hit zum Durchbruch und sie füllen wie die White Stripes ganze Arenen. Das Molotow hat ja schon oft später große Bands als erstes gehabt.

 

The Courettes

 

Am Ende wird Zugabe um Zugabe gefordert und diese auch gegeben. Das ist natürlich nett und alle sind durchgeschwitzt und zufrieden. Ich persönlich fand dagegen beide Vorbands etwas besser, aber das ist auch nur eine persönliche, unbedeutende Meinung. Im November in Marseille spielen sie erneut und ich habe schon ein Ticket, da ich zufällig zu jener Zeit auch da bin. Der Club dort heißt übrigens „Le Molotov“ – Deja Vu oder Touché? Wäre schön wenn die Bestien und Bella & das Bizarre ebenfalls wieder auftreten würden, aber ich fürchte, das wird nichts werden.

 

The Courettes

 

Zurück geht es irgendwann morgens ins Hotel Atlantic – ich hatte im Vorwege noch Umsonst-Hotel-Übernachtungen, die eingelöst werden mussten. Wen ich da auf dem Gang traf und mit wem ich noch Eierlikör trank, ist einen weiteren Bericht mehr als wert. Kleiner Tip: „Keine Panik, ist alles Paletti.“, erklärte er mir nuschelnd, derweil ich versuchte, einen offenen Halben der Sorte Holsten Edel in der Jacke zu verstecken, „Wir sind hier doch alles Panik Rocker!“

 

The Courettes

 

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