MOTÖRIZER, GEORG SCHROETER, MARC BREITFELDER, TIM ENGEL UND KALLE REUTER / 22.08.2021 – Kiel, OCEAN POP-UP am Geomar

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Rocken für die Wissenschaft, Prost!

Fast exakt vor einem Jahr zockten MOTÖRIZER bereits an selber Stelle. Damals hieß das Ding noch KULTUR POP-UP und kostete Eintritt. Nun fördert wohl das Geomar die Veranstaltung und so können die Veranstalter das Ding umsonst stattfinden lassen. Gute Sache. Wenn jetzt nur alle anderen Clubs, Künstler:innen, Kulturschaffende und alles, was dran hängt, Unterstützung erhielten! Wir beteiligen uns heute in bescheidenem Rahmen und pumpen selbstlos so einige Biere weg, um Knete in die Kasse zu spülen. Nicht alle finden das Ding hier übrigens gut, die in der Umgebung lebenden Millionäre haben sich wohl schon beschwert, dass nun „der Pöbel“ in zunehmendem Maße in Sicht- und Hörweite ihrer Anwesen verkehre. Und um zehn Uhr sei es noch so laut, dass man nicht schlafen könne. Ist echt überall dasselbe – auch nach den ersten Konzerten auf dem Nordmarksportfeld (TOGETHER-Fest) gab es wohl dutzende von Beschwerden. Und das nach anderthalb Jahren ohne Veranstaltungen! Diesen Arschgeigen sei hiermit lebenslang schales Bier gewünscht.

 

MOTÖRIZER

Fotos von MJ

 

Die Überschrift mag verwirren. Haben etwa fünf Bands bzw. Musiker nacheinander gespielt? Nein. GEORG SCHROETER, MARC BREITFELDER, TIM ENGEL UND KALLE REUTER ist der Name eines Bluesprojektes, der zwar etwas lang ist, aber jeden Beteiligten würdigt. In der Reihenfolge zugeordnet: Klavier und Gesang, Mundharmonika, Schlagzeug und Gitarre. Kalle Reuter ist übrigens bereits mit einem Bericht in der DreMu-Datenbank vertreten, denn er spielte 2013 mit dem KALLE REUTER POWER TRIO in der Alten Meierei (mit YRA, HEAT und GRIZZLY RIDER). Damals war Reuter erst 14 und verblüffte mit beseeltem Bluesgitarrenspiel. Die Namen der drei anderen Musiker sind nicht nur in Kiel bekannt, sie dürfen wohl im Bluesbereich international als legendär gelten. Und das völlig zu Recht, diesen Status bestätigen sie nämlich heute. Sensationell tight und mit jam-artigen Attacken auf allen Instrumenten (besonders die Mundharmonika-Soli werden mit Szenenapplaus gefeiert) bieten die vier eine Setlist, welche ausschließlich aus Klassikern besteht. Mich hätten ja auch eigene Stücke interessiert, denn viele der Songs hat man doch schon sehr oft gecovert gehört, z.B. „Cocaine“ (J. J. Cale bzw. Eric Clapton), „Wild Horses“ (Stones) etc. Aber vielleicht muss man es so sehen, dass diese Songs das Grundgerüst bieten und das Wesentliche die Feinheiten sind, die die Musiker aus ihren Instrumenten holen. Und das gelingt außerordentlich gut. Das Ganze profitiert auch vom glasklaren Sound. Ich finde ja übrigens auch die Mischung gelungen, denn Blues und Rock’n’Roll passen in meinen Ohren super zusammen.

 

GEORG SCHROETER, MARC BREITFELDER, TIM ENGEL UND KALLE REUTER OCEAN POP-UP 

 

Trotzdem kommen einige Besucher:innen erst jetzt, während andere gehen. Für ‘nen Lacher sorgt Kollege Dirk Sackers, der eigentlich gekommen ist, um ROCKER zu sehen. Wir klären ihn auf, dass die Band gestern gespielt habe, am Samstag. „Wie, heute ist schon Sonntag? Hab wohl doch zu lange geschlafen!“ Passiert. Dafür sieht der Gute ungeplant einen hervorragenden Auftritt der Kieler MOTÖRHEAD-Coverband. Mir fällt auf, dass das Trio zwei grundsätzliche Dinge richtig macht: Der Bass wird wie eine Gitarre gespielt und ist im Mix sehr präsent. Gut, wer das nicht checkt, hört bei MOTÖRHEAD auch nicht richtig hin. Aber auch wichtig: Lemmy hat eine recht hohe Stimmlage und singt trotz seines kratzigen Whiskeyorgans durchgehend melodiös, trifft und hält jeden Ton. Das wird bei diversen MOTÖRHEAD-Coversongs durch Gegröle ersetzt, aber halt nicht bei MOTÖRIZER. Martin Simon mimt den Lemmy also nicht nur optisch und vom Bassspiel her, sondern singt erfreulich nah am Original. Ob man nun auch die Ansagen von Lemmy („Are you ready? Say yes!“) übernehmen muss, darüber könnte man diskutieren. Er erhöht natürlich die Illusion und kommt zum Teil ganz witzig, aber hier weiß ja eh jede:r, dass es sich um Kieler Jungs handelt, insofern würde ich auch Ansagen mit ein paar Hintergrundinfos zu den Songs auf Deutsch cool finden. Aber das müssen natürlich MOTÖRIZER selbst am besten wissen. Die Chose macht Laune und tritt vom ersten Stück an ordentlich Ärsche, die sich auch alle von den Sitzbänken erheben. Die Setlist umfasst Highlights der Golden Years-Phase, von denen mir persönlich „Damage Case“, „Iron Fist“, „Over The Top“, „Overkill“ und „Bomber“ am besten reinlaufen. Aber auch ein paar spätere Karriere-Highlights sind vertreten, z.B. „Killed By Death“, „Born To Raise Hell“ oder „You Better Run“, bei dem sich der Kreis zum Blues schließt („We can play the blues too. Not so good as Georg and Marc, but we play it anyway“, der hätte echt von Lemmy sein können). Yeah, gegen Ende gibt’s sogar eine Überraschung, denn mit der Bowie-Covernummer “Heroes” hatte ich nicht gerechnet. Das markiert für mich den Höhepunkt des Auftritts, denn MOTÖRHEAD selbst haben „Heroes“ nie live gespielt (es gibt ein witziges Video auf YouTube von 2015, wo sie es versuchen, Lemmy aber dazu den falschen Text singt und man sich nach zwei Mal Chaos darauf einigt, lieber „Ace Of Spades“ zu spielen – Kult!). Insofern also ein Griff in die Schatztruhe – gern mehr davon in Zukunft!

 

MOTÖRIZERMOTÖRIZER 

 

Jo, herrlicher Abend. Top-Atmosphäre. Danke an alle, die sowas möglich machen. Fuck Covid!

Bewertung: 4 / 5

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