HEADBANGERS OPEN AIR LIGHT / 24.07.2021 – Brande-Hörnerkirchen, Tach 2

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THE RISE FROM RUINS!

Ich habe jetzt 15 Veranstaltungen unter Corona-Bedingungen besucht bzw. als Band selbst miterlebt. Für die einen sind die Bedingungen inakzeptabel, sie wollen lieber abwarten, bis „alles wieder normal“ sei. Andere lechzen einfach nach live erlebbarer Kultur und für viele Künstler:innen sind Live-Auftritte unter widrigen Umständen ebenfalls tausendmal besser als gar keine. Ich habe noch jedes dieser Konzerte genossen, obwohl ich es schade finde, dass man fast überall nur im Sitzen zusehen kann und von den anderen Konzertbesucher:innen isoliert ist. Das Besondere am HOA LIGHT ist es, dass Thomas Tegelhütter, Jürgen Hegewald und ihre Crew ein Konzept fahren konnten, unter dem man weder isoliert ist, noch ausschließlich im Sitzen zusehen muss! Natürlich gilt das 3G-Prinzip, sind Masken auf den Wegen und im Stehen Pflicht, aber durch die auf 500 Nasen limitierte Besucherzahl gestaltet sich ein herrlich entspanntes Miteinander auf dem großflächigen Gelände. Am Eingang und an generell an allen relevanten Stellen befinden sich Desinfektionsmittel, die Ordner:innen achten auf Regeleinhaltung, sind dabei superfreundlich. Dazu kommt ein perfektes Wetter, der grandiose HOA-Sound und eine durchweg hohe musikalische Qualität – MAGIE LIEGT IN DER LUFT!

 

STORMWARRIOR

 Bilder von Jan Bünning (https://www.facebook.com/janbuenningHH) und Max Vonlobeck (https://www.facebook.com/max.vonlobeck.37). 

 

Viele äußern während des Festivals, dass sie jetzt erst merken, wie sehr ihnen ein Festival dieser Art gefehlt habe. Ein Kumpel erzählt sogar, dass er am Vortag vor der Bühne vor Freude geheult habe. Allein mit so vielen Leuten mal wieder von Angesicht zu Angesicht zu sabbeln und die Humpen kreisen zu lassen, ist ein unbeschreibliches Gefühl nach anderthalb Jahren der Enthaltung. Als fast noch BESSER im Vergleich zum regulären HOA-Ablauf empfinde ich die langen Pausen! Jede Band spielt eine Stunde, danach wird eine Stunde pausiert. Das ist dem Schnacken und Abhängen natürlich förderlich. Der sonstige Takt bringt für Leute wie mich, die generell jede Band sehen wollen, immer eine gewisse Hektik, denn ich möchte ja auch gern feiern, halte es aber nicht aus, auf dem Campingplatz zu verharren und etwas zu verpassen! Heute kann man beides, zumindest auf dem Infield, denn Camping gibt’s natürlich gar nicht.

 

BURNING

 

BURNINGBURNING

 

Mit BURNING und SAD IRON beginnen heute zwei niederländische Bands den Reigen. Dutch Steel Double Package! Die Band gibt’s seit 2013, bis jetzt haben sie eine Single, eine Full-length LP und eine EP veröffentlicht. Gezockt wird traditioneller Heavy Metal. Die Qualitäten der Band werden von Song zu Song deutlicher und dementsprechend steigt die Stimmung. Auf Anhieb klingt die Stimme des Sängers Hugo Koch nicht spektakulär, da sich seine mittlere Stimmlage im Mix nicht leicht durchsetzt. Aber mit der Zeit lerne ich die gerade die Vocals zu schätzen, die grob gesagt in Richtung Biff Byford gehen. Die Songs besitzen starke Riffs und drücken durch das treibend gespielte Schlagzeug mächtig ins Gesicht, als Beispiele seien „Razors And Reasons“, „Something Is Lurking In The Dark“ oder „The Angels Of The Universe“ genannt. Vor der Bühne stehen Stühle, in denen man ohne Maske sitzen kann, darauf folgen „Wellenbrecher“-Absperrungen, hinter denen man maskiert stehen und bangen kann. Alle freuen sich und feiern BURNING, die mit SAXONs „Princess Of The Night“ noch ein Super-Cover draufpacken. Den Song habe man angeblich nicht geprobt, „you gotta help me with the lyrics“ (Koch), worauf der Gitarrist ergänzt: „And can someone help me with the guitar too?“. Ersteres läuft, letzteres ist zum Glück nicht nötig. Super Auftakt!

 

BURNING

 

SAD IRON

 

SAD IRONSAD IRON

 

Mit SAD IRON kommen alte Helden auf die Bühne, schließlich gibt es die Band (mit Unterbrechungen) seit 1979. Das Debut „Total Damnation“ stammt aus dem Jahr 1983 und ist vielen Anwesenden bekannt. Mit Bernand Rive ist der originale Gitarrist am Start, während Charles Heijnen auch bereits seit 1985 mitzockt. Recht frisch aufgenommen wurden Marcel Paardekooper (v) und Cor Bolt (d), nämlich erst 2019. SAD IRON erinnern an eine der ungestümen NWOBHM-Bands, welche durch Speed und punkige Power bereits zum Teil die Grenze zum Speed und Thrash überschreiten (JAGUAR etwa). Die „Metal Damnation“-Songs knallen gut, Paardekooper kniet sich ordentlich rein und tritt würdig in die Fußstapfen des 2016 verstorbenen Herke Van Der Poel (RIP!). „Demon’s Night“, „We All Praise The Devil“, „Prisoners“, „Rock’n’Roll-Rendez-vous” und “Hellfighter” werden alle gespielt, dazu kommt das peitschende “Powerthrash” vom „Dutch Steel“-Sampler, die Hymne „Living Like A Rat“ vom „Heavy Metal Maniacs“-Sampler sowie natürlich ein paar Songs von den beiden neuen Alben „The Antichrist“ (2016) und „Chapter II: The Deal“ (2019). Die Band wird mit offenen Armen empfangen, liefert super ab und kommuniziert gut gelaunt mit Zwischenrufer:innen aus dem Mob. Geilomat!

 

PYRACANDA

 

PYRACANDAPYRACANDA

 

Zeit für Thrash mit den wiedervereinigten PYRACANDA. Beide Alben wurden bzw. werden ja gerade von FHM Records wiederveröffentlicht – und das mit Recht, denn wir haben es mit überdurchschnittlich gutem Speed/Thrash Metal zu tun. Trotz der zum Teil komplexeren Songstrukturen gehen PYRACANDA gut ins Ohr – wer einmal „Top Gun“ gehört hat, behält das Ding eigentlich lebenslänglich im Ohr. Drei der Koblenzer stammen aus der Originalbesetzung, verstärkt werden sie seit 2019 von Patrick Grün (d) und Denis Schmidt (g), die beide auch bei CALIBAN zocken. Ich finde PARYACANDA vor allem durch den Gesang von Hansi Nefen herausragend. Der hat so eine schneidende melodische Stimme, wie sie im Thrash eher selten ist. Ich muss sogar bisweilen an melodische HC/Punk-Sänger denken, also nicht an die typischen Hardcore-Shouter, sondern an Leute wie Mr. Chi Pig (SNFU) oder Eddie Sutton (LEEWAY). Würde mich interessieren, ob das jemand nachvollziehen kann. Auf jeden Fall stehen PYRACANDA voll im Saft und selbst den kritischsten Beobachter:innen fallen lediglich minimale Fehler auf. Tight wie Sau pflügen die Thrasher durch ihr Set und die 500 Freaks vor der Bühne machen Lärm für 2000. Highlights? Ich wähle „Democratic Terror“, „Rigor Mortis“ und natürlich den Anti-Tiefflieger-Song „Top Gun“! „We don’t need no rockets in the sky!“ Ja, genau!

 

PYRACANDA

 

AIRFORCE

 

AIRFORCEAIRFORCE

 

Ich hatte mich vorher nicht mit dem Namen AIRFORCE beschäftigt und bin dann ziemlich geplättet, dass wir hier und heute eine lebende Legende auf der Bühne sehen. Übertrieben? Wohl kaum, wenn jemand die „The Soundhouse Tapes“-7” (1979), die „Running Free“-Single (1980) sowie die „Running Free/Sancutuary“-EP (1980) miteingespielt hat. Yep, mit Ex-IRON MAIDEN-Drummer Doug Sampson sitzt lebendige Musikgeschichte am Schlagzeug! Wobei wir tatsächlich zunächst erstaunt aufhorchen, als Flávio Lino seine ersten Töne ins Mikro schmettert. Holy shit, der Typ klingt wie ein junger Bruce Dickinson! Der Band gelingt es, mit durchgängig im Midtempo gehaltenen Songs einen irren Abriss zu zelebrieren. Das ist nicht selbstverständlich, da man als Metalhead ja doch gerne zu den Extremen tendiert, aber AIRFORCE schaffen es, die Spannung oben zu halten. Die Songs sind eben super gespielt und komponiert. Dass der Gitarrist, Chop Pitman, noch nicht bekannter ist, verwundert im Nachhinein, denn der Mann zockt extrem geschmackvoll und variantenreich. Ich bin begeistert und ernte noch während der Show die Scheibe „Strike Hard“ ab, auf der übrigens bei einem Song Paul Di’Anno mitsingt (um die MAIDEN-Referenzen zu komplettieren, kündigen AIRFORCE übrigens ein neues Stück an, bei dem auf der nächsten Platte Dennis Stratton mitspielt).

 

AIRFORCEAIRFORCE

 

STORMWARRIOR

 

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Erst mal gilt es, STORMWARRIOR Respekt auszusprechen, spielen sie doch bereits heute zum sechsten Mal auf dem HOA, kehren 21 Jahre nach ihrem ersten HOA-Auftritt abermals zurück. Da waren einige kultige Shows dabei, die keine:r vergisst, der/die sie erlebt hat, zum Beispiel die Special-HELLOWEEN-Sets mit Kai Hansen als Gast. Darauf sollte man die Band natürlich angesichts von sieben Alben, 23 Jahren Bandgeschichte etc. keinesfalls reduzieren. Early HELLOWEEN bleiben aber natürlich einer der Eckpfeiler im STORMWARRIOR-Sound, wobei noch ‘ne Kante RUNNING WILD dazukommt, doch wem sag ich das. Was mir heute so richtig auffällt, ist das phänomenale Bassspiel von Yenz Leonhardt. Krasser Typ, der ja auch bei den BRATS, SAVAGE CIRCUS, IRON SAVIOUR… gespielt hat und Livejobs für LACRIMOSA, SAXON oder KINGDOM COME übernahm und übernimmt. Der Garten brennt, als Lars Ramcke und seine Norsemen gleich mit „Sign Of The Warlorde“ und „Heavy Metal Fire“ loslegen. Geil finde ich bei der Band immer, wie Lars Ramckes und Yenz‘ Stimmen sich in den Refrains und anderen Passagen ergänzen. Freund:innen des Debuts werden reich bedient, kommen doch auch „Iron Prayers“, „Defenders Of Metal“, „The Axewielder“ und „Thunderer“ zum Zuge. Ihr findet übrigens noch mehr Fotos von der Show auf der Facebookseite von Jan Bünning (Jan Bünning | Facebook), der auf, hinter, vor und wahrscheinlich auch unter der Bühne umhergeflitzt ist, um diese Killerpics zu machen (Danke, dass wir die hier benutzen dürfen). Yeah, ein weiterer Höhepunkt des Festivals, welches somit heute keine Schwächen zeigte, sondern ausnahmslos feinsten Stoff bot. HEADING NORTHE!

 

STORMWARRIORSTORMWARRIORSTORMWARRIOR

 

Auch wenn diese Ausgabe des HOA den Zusatz „light“ trug, wurde von allen Beteiligten Vollgas gegeben. Falls es im nächsten Jahr noch nicht wieder unter gewohnten Bedingungen weitergehen kann, würde ich mich über ein zweites HOA Light freuen! Ein fettes Dankeschön geht an die Veranstalter und alle Crew-Mitglieder, Helfer:innen und natürlich an die Bands, die das möglich gemacht haben. Neben Jan Bünning (s.o.) hat auch Max Vonlobeck Bilder gespendet – geil, Danke! Übrigens war ich lediglich am zweiten Tag vor Ort, aber vielleicht berichtet noch jemand vom ersten Tag. Der Wille war zumindest da, mal sehen, ob der nur von Bier befeuert war…

Mehr Bilder findet ihr in der Galerie, wo ihr sie auch in vergrößerter Ansicht sehen könnt: http://www.dremufuestias.de/index.php?view=category&catid=838&option=com_joomgallery&Itemid=516 

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