REVOLT! goes Planten Un Blomen mit ENDSEEKER, OPHIS, NIGHT LASER, REAVERS / 16.07.2021 – Hamburg, Musikpavillon Planten Un Blomen

3 Dislike0

Bei historischen Ereignissen fragt man die Leute ja immer gern, was sie gerade getan haben, als die Nachricht des betreffenden Vorfalls sie erreicht hat. Also 11. September, Mondlandung, Fall der Mauer etc. „REVOLT! goes Planten un Blomen“ reiht sich da schlank ein. Mich traf die elektrisierende Schockmeldung, als ich gerade eine siebte Klasse unterrichtete und während der Arbeitsphase bis dahin unauffällig im Netz surfte. Der Urschrei, der mir beim Lesen von Flos Ankündigung („Unglaublich, aber wahr: Revolt! im Musikpavillon in Planten Un Blomen, 4 Bands - 1 Bühne - 2x Backline - 2h Zeit, Endseeker, Ophis, Night Laser, Reavers + DJ Poser 667, jede Band 25 Minuten und je 5 Minuten Umbau, wird sportlich“) entfuhr, ließ die fleißige Klasse kurz hochschrecken, sie konnte aber durch ein beiläufiges „nur mein Ischias, geht schon wieder“ beruhigt werden. Wie herrlich! Ein Konzert! Bands auf einer Bühne! Bambi Galore quasi im Exil. Klar, durch die Hygieneregelungen alles noch nicht „the real deal“, feste Sitzplätze, Wege zum Tresen nur mit Maske, aber komm, das ist besser als nichts und nach fast neun (!) Monaten ohne Live-Action ein reiner Burner. Zusammen mit Konzerten auf dem Lattenplatz (ES WAR MORD), dem HOA Light und diversen anderen Dingern fühlt sich der Sommer mittlerweile fast normal an.

 

ENDSEEKER

Bilder von Toni B. Gunner (https://mondkringel-photography.de/concert-photos/) und MJ

                                                          

Für mich ist bei solchen Konzerten schon die Anfahrt die halbe Miete. Ab in den Regio, Heavy-Metal-Smalltalk, kühles Bierchen und herrlich. Wie immer empfinde ich die Fahrt fast schon als zu kurz, zumal wir heute bereits am Dammtor aussteigen. Bei bestem Wetter flanieren wir zum dem Dammtor direkt gegenüberliegenden Planten-Un-Blomen-Gelände, der gigantischen Parkanlage, die im November 2021 ihren 200. Geburtstag feiern wird. Ich muss mich hier als Banause outen, betrete ich das Ding doch tatsächlich heute zum ersten Mal. Kann daran liegen, dass hier bisher eher selten Punk- oder Metalbands gespielt haben. Total schön, alles voller… ihr ahnt es… Pflanzen und Blumen. Hamburger:innen aller Altersklassen schlendern umher, keine:n scheint die zunehmende Kuttendichte zu erstaunen oder zu stören. Der Musikpavillon ist schnell gefunden, liegt auch nur ein paar hundert Meter vom Dammtor entfernt. Einchecken, Formulare mit Kontaktdaten ausfüllen und etwas Streetboozing (hier wohl passender Parkboozing) lassen uns die Zeit sinnvoll nutzen. Natürlich treffen wir nun auf Schritt und Tritt altbekannte Gesichter und ein unaufhörliches Gegrüße setzt ein. Schnell weiß man: Allen kann man gar nicht gerecht werden, viele, mit denen ich eigentlich gern gesabbelt hätte, sehe ich von weitem, kann aber natürlich nicht immer hinrennen. Das wird später noch krasser, da Dutzende Schüttelrüben gar nicht auf das eigentliche Konzertareal gehen, sondern (selbstverständlich mit Abstand) hemmungslos im Park davor feiern. Für Toilettengänge muss man allerdings genau durch diesen Partypulk, was somit einem Gang über ein Festivalgelände gleicht. Nicht einfach angesichts des straffen Zeitplans von vier Bands in zwei Stunden!

 

Das Gelände ist natürlich auch mit Blumen dekoriert, wodurch endlich zusammenwächst, was zusammengehört: Pflanzen und Heavy Metal! (Ich muss an die Bühnendekoration der letzten FAITH NO MORE-Tour denken.) DJ Pierre Bade heizt den Anwesenden bereits mit geschmackvoll ausgewählten Tunes ein. Wie in der Ankündigung beschrieben, stehen zwei Drumsets und Backlines nebeneinander, um einen schnellen Wechsel zu ermöglichen. Unsere Plätze liegen recht weit vorn, aber extrem weit raus an der linken Seite. Vorteil: Einer der Tresen liegt dadurch fast in Armeslänge. Leider gibt es wie letztes Wochenende auf dem Lattenplatz echt nur Jever an Biersorten zur „Wahl“, nicht gerade mein Lieblingsbier und mein Kopf bestätigt dies auch am folgenden Morgen. Egal, Nebensache, trotzdem hoffentlich kein Trend.

 

REAVERSREAVERS

 

Erwartetermaßen fangen REAVERS an! Yeah, räudiger und rüpeliger Thrash donnert von der Bühne. Doch Moment, von „Donnern“ kann streng genommen keine Rede sein, denn leider ist es viel zu leise und auch nicht gut abgemischt. Die Drums sind im Verhältnis zu laut, Gitarren und Gesang kaum zu hören. Ich denke, dass man hier von organisatorischer Seite aus Vorsicht hat walten lassen und die Cops nicht bereits mit der ersten Band in Alarmbereitschaft setzen wollte, daher die Anlage nur behutsam hochfährt. Schade! Trotzdem macht’s Spaß, die REAVERS knüpfen gut an die Konzerte an, die ich 2016 und 2019 von ihnen im Bambi gesehen habe. Das Debut „Exit Humanity“ dreht hier seit 2019 regelmäßig seine Runden. DESTRUCTION, DARKNESS, alte SODOM kommen durch fiese Riffs und Hundegebell-artiges Gekeif positiv in den Sinn. Zum Schluss des Gigs gibt’s die Hymne „Bier und Korn“ in die durstigen Kehlen. Well done, Kati, Mike & Co., nur wie gesagt abgedämpft durch den schwachen Sound und die fehlende Lautstärke.

 

NIGHT LASERNIGHT LASER

 

Auch bei NIGHT LASER zeigt sich hinsichtlich dieser Diskrepanzen keine Besserung. Im Gegenteil, die vier Glammetaller erwischen den wohl übelsten Sound des Tages/Abends. Das klingt leider alles, als hätte man den Kopf in der Clubtoilette, die auch noch im Keller liegt. Witzigerweise habe ich dennoch den Eindruck, dass NIGHT LASER sich verbessert haben und tight aufspielen (ist ja auch kein Widerspruch, man muss nur genau hinhören). Die Performance ist sowieso engagiert, die Band liefert heute die agilste Bühnenaction. In den Ansagen trifft Benno Hankers den Nerv der Besucher:innen, indem er ausdrückt, wie viel Bock es macht, endlich wieder live spielen zu können. Die Nightlasers entledigen sich gefühlt mit jedem Song einer weiteren Hülle Kleidung. Ob sie sich auf niedrigere Temperaturen eingestellt hatten? Bevor die Jungs im Adamskostüm aufspielen, ist ihre Spielzeit aber auch schon um. Unterhaltsam, aber… siehe oben.

 

OPHISOPHIS

 

Nun wage ich einen Toilettengang und verpasse aufgrund der oben erwähnten „Wegelagerer“ doch glatt den Anfang von OPHIS. Aber sozialisieren gehört nun mal unbedingt dazu. Und was hören meine erfreuten Ohren? Der Sound rollt jetzt laut und gewaltig aus der PA! OPHIS klingen so, wie man sie kennt – wie eine mächtige Gesteinslawine, die aber natürlich in Zeitlupe auf den erstarrten Betrachter niedergeht. Maim and kill! Geilerweise kommt mit „Earth Expired“ einer meiner OPHIS-Faves zum Zuge (von der „Withered Shades“), ein über elfminütiges Mahlstrom-Monster, bei dem der gesamte Innenraum headbangt. Bei derartig langen Spielzeiten passen natürlich nicht gerade viele Stücke in die Setlist – ich glaube, OPHIS spielen drei Songs, dann ist auch schon Schluss… Aber egal, das war jetzt richtig amtlich und die Stimmung natürlich top! Garcon, noch ein Bier!

 

ENDSEEKERENDSEEKER

 

Aaaah, nun krönen ENDSEEKER den (frühen) Abend! Kann es sein, dass sich der Wall Of Sound nun noch mächtiger auftürmt? Da lacht das finstere Metalheart, wenn Old School Death Metal der Hm2-Art derart kompetent und inbrünstig dargeboten wird. Wie so ziemlich jede Band des Planeten dürften ENDSEEKER kaum live gezockt haben in den letzten 1,5 Jahren, sie klingen aber absolut eingespielt und souverän. Dazu Lennys einzigartige Grimassen und Moves – Vollbedienung! Vom Chartalbum „Mount Carcass“ kommen unter anderen „Count The Dead“ und „Mount Carcass“ zum Zuge. Es bestätigt sich mal wieder, dass ENDSEEKER zu den besten deutschen Death Metal Bands zählen. Stampfendes Midtempo, Überschallgeballer und immer diese eingängigen Melodien, ohne dass es zu „Raise Your Horns“-Schunkelkram auszuarten droht. Das ist schon geil dynamisch!

 

ENDSEEKER

 

Im Nachhinein kann man diskutieren, ob vier Bands für die Spielzeit nicht etwas viel gewesen sind, aber viel wichtiger ist doch, dass Flo und die Bambi-Crew hier ein geiles Konzert mitten in der Pandemie aus dem Boden gestampft haben. Und das in so einer schönen Umgebung. Dafür sage ich allen Beteiligten Danke!   

 

P'n'B

 

Kommentare   

+1 #2 Philipp 2021-07-20 16:05
Wie lautete noch die Begründung für die No-Merch-Entscheidung? Zuviel Fluktuation?
Zitieren
+3 #1 Torsten 2021-07-19 16:03
Verdammt Super! Dank an alle, die daran beteiligt waren!
Sehr, sehr schade war nur, dass es kein Merchandise gab/geben durfte,
Zitieren

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren

Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv