ROSE TATTOO, THUNDERMOTHER / 11.03.2020 – Kiel, Pumpe

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„Was war dein letztes Konzert vor der Coronakrise?“, das wird sicherlich zukünftig eine häufig und regelmäßig gestellte Frage sein.

In meinem Fall lautet die Antwort: ROSE TATTOO und THUNDERMOTHER in der Kieler Pumpe. Es ist ja verrückt: Das Konzert ist gerade mal eine Woche her und es erscheint mittlerweile kaum vorstellbar, dass noch vor so wenigen Tagen Hunderte von Menschen in der Pumpe entspannt dem Rock’n’Roll gefrönt haben. War das überhaupt richtig, hätte man zu Hause bleiben sollen? Aber zum damaligen Zeitpunkt hat sich die Lage derart dynamisch entwickelt, dass jeden Tag neue Erkenntnisse neue Reaktionen nötig machten. Noch an diesem Mittwoch hieß es zum Beispiel, dass eine Schulschließung wohl nicht nötig sei – und am Freitag haben wir an meiner Schule die Schüler*innen gruppenweise in der Nutzung eines Onlinemoduls für Aufgabenbearbeitung instruiert. Mittlerweile heißt es zu Recht: STAY THE FUCK HOME, vor einer Woche noch: ALL I NEED IS A ROCK’N’ROLL BAND, AND SOMEWHERE NEW TO PLAY. Wann man letzteres wieder zur zentralen Lebensdoktrin erklären kann, ist ungewiss…

 

Aber zu Mittwoch: Die Pumpe füllt sich, so ziemlich alle sind da. Nur Jan ML leider nicht, der kurz vorher erkrankt ist (nein, nicht daran). Daher gibt’s heute leider keine Fotos. THUNDERMOTHER hätten gute Rock’n’Roll-Action-Pics ermöglicht, sind die vier Schwedinnen doch permanent in Bewegung. Die Schlagzeugerin grinst wirklich den gesamten Auftritt über, was ich sehr sympathisch finde. Diese runderneuerte Besetzung hat schon mal Bock. Irgendwie habe ich THUNDERMOTHER zwar schon mehrfach gesehen, aber nicht zweimal im selben Line-Up. Chefin scheint Gitarristin Filippa Nässil zu sein, dat schließe ich messerscharf aus der Tatsache, dass sie die einzige Konstante ist. Die alte Sängerin Clare Cunningham besitzt eine etwas rotzigere Stimme, aber Guernica Mancini hat definitiv auch Power und klingt etwas souliger und rauer. Leider sind vom gelungenen „Road Fever“-Album nur zwei Songs in der Setlist, nämlich „Give Me Some Lights“ und „Deal With The Devil“, aber auch die neuen Stücke kommen auf Anhieb beim Publikum an. Kein Wunder, spielen THUNDERMOTHER mit ihren AC/DC-lastigen Hardrock doch generell einen Stil, den hier wohl keine*r generell ablehnt… Filippa bekommt mit en passant gezockten Riffs und Licks von OZZY bzw. Randy Rhoads oder IRON MAIDEN zusätzlichen Applaus. Insgesamt keine Sensation, aber die Band macht immer wieder Spaß.

 

Ich find’s ja schon interessant, wie eine Band ihr Konzert beginnt. ROSE TATTOO schlurfen ohne jegliches Intro einfach auf die Bühne, Angry freut sich kurz über ein THUNDERMOTHER-T-Shirt in der ersten Reihe, nuschelt irgendwas ins Mikro und los geht’s. „Scarred For Life“ ist ein Top-Einstieg für ‘ne ROSE-TATTOO-Show. Gleich bei diesem ersten Stück wird deutlich, dass die Band heute anders klingt als zuletzt in Wacken oder auf der Kieler Woche. Zwar ist die Besetzung weitestgehend stabil geblieben (Ex-AC/DC-Recke Mark Evans am Bass, Dai Pritchard und Bob Spencer an den [Slide-]Gitarren), aber am Schlagzeug sitzt ein „new guy“, der laut Fan-Kommentaren Justin Ngariki heißt. Und der Kerl spielt völlig anders als seine beiden direkten Vorgänger. Die Band klingt luftiger, bluesiger. Ich muss mich damit kurz arrangieren, finde aber schnell rein. Diese ROSE-TATTOO-Darbietung hat definitiv auch ihren Reiz, die Gitarren bekommen mehr Raum, das Slide-Element gerät stärker in den Fokus. Angry ist klasse bei Stimme, grölt, flüstert, singt und rotzt seine Gossentexte ins Mikro, lacht viel und weiß immer wieder von „Freedom“ zu erzählen. Es kommen fast ausschließlich Hits der drei zentralen Alben von 1978, 1981 und 1982, aber überraschenderweise auch drei Stücke vom „Blood Brothers“-Album (2007). „One Of The Boys“, „Juice On The Loose“, „Rock’n’Roll Outlaw“, „The Butcher And Fast Eddie”, “Rock’n’Roll Is King”, “We Can’t Be Beaten”, “Bad Boy For Love”, “Nice Boys (Don’t Play Rock’n’Roll)” und das herrlich räudig gespielte “Astra Wally” bilden natürlich die Highlights. Angry darf sich ordentlich austoben, improvisieren und von den Songstrukturen der Studioaufnahmen abweichen, während der Rest der Truppe stoisch weiterzockt, Mark Evans meist mit geschlossenen Augen. Am Schluss stürmen die Donnermütter mit auf die Bühne und schmettern mit, nette Geste.

 

Ein schönes letztes Konzert vor der Pause. Mal sehen, wann ich wohl den nächsten „Bericht aus dem Pit“ verfassen kann…

Bewertung: 4 / 5

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