FVNERAL FVKK, URZA / 20.12.2019 – Hamburg, Astra Stube

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Endlich Absolution! Bei der vierköpfigen Büßergruppe haben sich hinreichend Sünden angesammelt, um sich zur uns allen bisher unbekannten Kapelle namens ASTRA STUBE zu begeben und uns durch intensives Mitbeten der Sermone reinwaschen zu lassen. FVNERAL FVKK haben mit ihrem ersten Longplayer „Lecherous Liturgies“ alle Erwartungen transzendiert und eines der besten (Doom-)Alben 2019 abgeliefert. Sie stehen gleichauf mit Großtaten von CRYPT SERMON, ORODRUIN, ISOLE, SAINT VITUS oder CANDLEMASS. Jan ML ist wegen unseres Bußgangs derart aufgeregt, dass ihm bereits am Kieler Hauptbahnhof der Jutebeutel kurz aus der Hand gleitet, der mit einem sanften Klicken den Boden berührt. Dies reicht, um drei der im Büddel befindlichen Bierpullen zerknallen zu lassen. Ein gehöriger Bierschwall ergießt sich aus allen Beutelporen. „Äh, lass mal einsteigen…“

 

Als wir uns der Astra Stube nähern, zieht Herr Lobeck keine Bierspur mehr hinter sich her. Torsten legt die Lauscher schief: „Haben die etwa schon angefangen? Ich hör so’n Brummen!“ „Quatsch, Mann – du hörst nur die S-Bahn über unseren Köpfen!“, bin ich sicher, doch da irre ich mich: URZA haben tatsächlich kurz vor unserem Eintreffen begonnen und sie klingen auf den ersten Hör wirklich wie ein vorbeifahrender Zug. Das brummt und knarzt und besitzt eine Schwere, dass sich die Berliner mit Recht das Etikett Extreme Doom auf die Fahnen schreiben. Wir sehen beim Bezahlen erst mal nur Rücken in der proppevollen Astra Stube. Der Anfang des Konzerts ist mit Mühen verbunden: Irgendwo einen Platz für die Klamotten finden, sich zum Tresen durchkämpfen und dann einen Platz ergattern, von dem aus man wenigstens ein bisschen vom Bühnengeschehen sieht. Zur Astra Stube kann man sagen, dass sie durchaus Charme besitzt, aber für das heutige Konzert schlicht zu klein ist. Der Sound ist aber top und so überzeugen URZA auf ganzer Linie. Funeral Doom, der mich an frühe AHAB oder z.T. auch ESOTERIC erinnert. Teilweise dauert es ewig, bis der Drummer zum nächsten Beat ansetzt, sodass Headbanging zur Herausforderung wird. Schöner Dialog zwischen Sänger und Zwischenrufer: „Joah, Hamburg, wir sind URZA aus Berlin. Schön, dass ihr alle da seid!“ Die noch in Doom-Trance befindliche Meute reagiert lediglich mit vereinzeltem Grunzen. „Hm, da hätte ich jetzt etwas mehr erwartet, naja.“ Nun der Zwischenrufer: „Ja, ihr macht ja auch so richtige Gute-Laune-Musik! Was hast du denn erwartet?“ – „Leck mich! Zum Beispiel so was!“ Hahaha, everybody gut drauf. Danach schreiten gleich drei Sünder unserer Gruppe zur Aberntung des URZA-Albums „The Omnipresense Of Loss“.

 

Hurra, bei FVNERAL FVKK spielt mittlerweile auch RIOT-Addict Micha Tunk (als Pastor Pellex) und so können die herrlichen Gitarren auch doppelstimmig erklingen. Nach einer kurzen Umbaupause legt der Fünfer die Mönchsroben an und die Weihnachtsmesse kann beginnen. Die Glaubensgemeinschaft möchte nicht weniger als ihr gesamtes Schaffen zum Vortrage bringen und daher bin ich froh, einen Beichtstuhl in der ersten Reihe ergattert zu haben. Der Klang in der Astra Stube ist auch an dieser Position gut, sodass alle Nuancen des epischen Doom zu vernehmen sind. Verdammt, was haben FVNERAL FVKK hier für ein Monster erschaffen! Solch Gänsehaut-Riffs und melancholische Gitarrenwände habe ich seit den frühen SOLITUDE AETURNUS-Jahren nicht mehr vernommen. Mit „Chapel Of Abuse“, „Alone With The Cross“ und „When God Is Not Watching“ möchte ich drei besonders ergreifende Beispiele nennen. Sehen auch viele andere Doomfreaks so, wie ich aus Gesprächen mit den zahlreichen Bekannten im Publikum erfahre sowie den Reaktionen auf diese Stücke entnehme. Die Kompositionen erschlagen die Anwesenden förmlich durch Wucht und Anmut gleichermaßen, dazu veredelt sie noch Cantor Cinaedicus mit seiner glockenklaren Stimme. Gelungen auch seine Ansagen im pastoralen Duktus, denn was einst eher als ironisches Beiwerk erschien, hat mittlerweile doch tiefere Ebenen gewonnen und bringt zum Beispiel bei den bereits oben genannten Titeln eine bitterböse Kritik an Doppelmoral und Heuchlerei. Die Messe wird durch ein Problem der Schlagzeughardware nur kurz unterbrochen, dann kann es u.a. mit „Erection In The House Of God“ weitergehen. Zur Freude der Gemeinde, die so kurz vor dem Christfest jedem Sermon besonders andächtig lauscht. Schön, dass sowohl FVNERAL FVKK als auch OPHIS fürs nächstjährige HAMMER OF DOOM bestätigt sind.

                                                                  

Puh, das war heiß und intensiv. Aber nun sind wir von allen Sünden reingewaschen und können entspannt die Rückfahrt antreten.

Bewertung: 5 / 5

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