VICTIMS, SVALBARD und THE COLD / 25.10.2019 – Hamburg, Yoko Club

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The times, they are a-changin´“, textete mal ein Folk-Barde, dem - aus mir unerklärlichen Gründen – vor einiger Zeit der Nobelpreis für Literatur zugesprochen wurde. Recht hat er aber nichtsdestotrotz mit dieser Zeile und das Hafenklang ist ein sehr gutes Beispiel dafür.

Derweil die Kieler not-so-Youth-anymore Crew noch bis vor zwei Jahren mehrmals pro Woche runter an die Elbe juckelte, schaue ich mir inzwischen nicht mal mehr die dortigen Vorankündigungen an. Das Programm hat sich zu stark verändert. Aber wo eine Tür sich schließt, öffnet sich woanders eine neue. Das Monkeys in Altona hat die HC-Schiene übernommen und im Molotow gibt es jetzt Doom.

Generell lässt sich feststellen: Alles halb so schlimm. Hamburg hat noch so einige andere geile Clubs – von den üblichen Läden wie dem Logo, der Markthalle, dem Knust oder dem Bambi abgesehen. Gerade die zweite Reihe wie das Fundbureau, der Bahnhof St. Pauli oder der Yoko Club bieten entsprechendes Potential.

 

SVALBARD

 

 

Victims sind heute abend in den Yoko Club (oder „die Yoko“ oder „Yoko Bar“ - wie auch immer…) ausgewichen und sind wohl selbst überrascht, nicht wie sonst im Hafenklang zu spielen. War es eine gute Entscheidung? Immerhin hat bei dem Booking der sehr umtriebige Ex-Hafenklang Daniel seine Finger im Spiel und der geneigte Konzertgänger kann nur hoffen, dass dies kein Einzelfall bleibt.

Die Yoko liegt nicht unweit des Gängeviertels und wir erreichen sie zu Fuß vom Bahnhof Dammtor in 10 Minuten. Vielleicht auch 15 oder 20, irgendwer braucht immer eine Pause….aber weit ist es nicht. Einlass ist erst in Kürze, also gibt es ein Wartebier am Kiosk, der direkt daneben liegt. Hier ist nun Zeit, die Yoko etwas zu beleuchten.

Der YokoClub wurde unter dem Namen „Yoko Mono“ eröffnet, spielte aber auch zu der Zeit schon Musik in Stereo. Yoko Ono (die wohl Künstlerin ist und mit irgendwem mal irgendwann zusammen war - ich vermute, jemandem von Iron Maiden) fand das nicht lustig oder wollte Geld, um es lustig zu finden.

Hier muss der einzige Exkurs dieses Konzertberichtes erlaubt sein. Nach mehrmaligen Aufenthalten in Japan kann ich bestätigen, dass jeder vierte japanische Witz mit folgender Einleitung beginnt: „Steht Yoko Ono am Flughafen,...“. Ok, viel lustiger wird es dann auch nicht mehr, aber man lacht trotzdem. Sonst verliert der andere sein Gesicht und erzählt nie wieder etwas vermeintlich witziges. Nein, vielmehr kann es passieren, dass er/sie die Visitenkarte zurück fordert, welche erst kurz zuvor mit beiden Händen lächelnd übergeben wurde.

Der Yoko-Bums hat nun geöffnet, also rein da. Das ausgesprochen freundliche Personal zerreißt die Karte nicht, sondern scannt diese nur (wichtige Info für Kartensammler) und hinab geht es eine sehr steile und gleichsam lange Treppe (wichtige Info für übermäßige Biertrinker). Unten angekommen ist es nicht wahnsinnig groß, aber ich werde trozdem im Laufe des Abends mehrfach die Orientierung verlieren. Die Kapazität des Clubs schätze ich auf 200+ und etwas über 100 sind später anwesend – also gemütlich und gleichsam ganz gut gefüllt.

 

Mit The Cold aus Hamburg geht’s los. Eine kurze Recherche ergibt, dass die Band bereits 10 Jahre existiert und vor kurzem das 2te Album veröffentlicht hat. Die Texte sind (vermutlich) politisch und der Sänger (offensichtlich) angepisst. Typisches HC-Gebrüll, nicht schlecht, aber auch nichts besonderes – dem normalen HC Freak wird’s gefallen. Das Gebretter im Hintergrund ist für HC-Verhältnisse relativ gitarrenlastig und eher Mid-Tempo - ich fand das durchaus angenehm. So richtig hat mich „der Schnupfen“ (frei übersetzt) aber nicht gepackt, ich höre zuhause auch gerade mal wieder die beiden leider einzigen Alben von „Scheer“ aus Londonderry, Nordirland. Das ist eine ganz andere Richtung und ganz ohne Gebrüll. Anspieltips von Scheer: „the Healer“ und „sad loved Girl“; von The Cold: für HC Maniacs alles – für den Wolthers Philip nichts!

 

Umbaupause! HC Olli trinkt Bier/Gin Tonic, was sich auf der Rückfahrt bemerkbar macht – Polka Zlatko trinkt Bier/Slivovitz, was sich auf der Rückfahrt auch bemerkbar macht. Letzterer schläft immerhin…

 

VICTIMSVICTIMS

 

Mighty Svalbard next. Zum 6en Mal für mich inzwischen, u.a. einmal in London mit fuckin Oathbreaker. Nachdem die Band aus Bristol meiner Meinung nach bereits 2 mal das Album des Jahres veröffentlicht hat, wird sie nach der gemeinsamen Tour mit Victims den Sommer damit verbringen, das dritte Album des Jahres einzuspielen. Natürlich wird mit Liam, dem Gitarristen, vor und nach dem Konzert geiles Gesülze ausgetauscht. In Kiel hat es ihnen immer super gefallen (beim ersten Mal sogar noch besser  als beim zweiten Mal) und sie würden jederzeit wieder zum Kiel Explode kommen. Grüße natürlich auch an Klömmsön und den Rest der Crew. Sie würden jederzeit wieder kommen. Und spielen auch für ganz kleines Geld. Und Klömmsön soll ich grüßen – der war immer so nett. Natürlich würden sie jederzeit wieder kommen. In Kiel fanden sie es nämlich super. Es gab auch super lecker Kuchen und sie würden natürlich immer wieder nach Kiel kommen.

Heute spielen Svalbard vornehmlich Stücke von ihrem zweiten Album. Berichte über Svalbard gibt es hier glaube ich genug und von ihrer Energie haben sie nichts eingebüßt. Immer noch schreien/brüllen Serena und Liam ihre Texte heraus und noch immer rätsel ich, ob das Post-Hardcore, Black Metal, Post-Rock, Emo oder was-auch immer-ist; ich weiß nur, geiler spielt das keiner.

Etwas mehr Energie im Publikum wäre allerdings schön gewesen. Natürlich gibt es kräftig Applaus, aber so richtig kommt heute keine Bewegung in den Mob. Ähnlich wie bei den folgenden Victims bleibt ein Halbkreis vor der Bühne bestehen und niemand wagt, diesen zu durchqueren.

Ich vermute, es ist einfach zu hell in der Hütte. Es braucht ja nicht so finster sein wie bei Meiers, aber etwas gedämpfteres Licht wäre für die Stimmung sicherlich besser. Immerhin ist es so für ein Photo natürlich top.

 

VICTIMS

 

Victims last. Es ist das erste Konzert der Tour und die Band aus Schweden ist natürlich noch nicht so im Lauf wie sie es bei den folgenden Konzerten sein wird. Ich selbst merke das allerdings nicht wirklich. Geil fett kommt es hier aus den Boxen und lässt nur einen Vergleich zu: Tragedy!

Mal etwas schneller und mal etwas langsamer knallt im Hintergrund das Schlagzeug und gerne kommt auch mal der D-Beat durch. Aber dies ist alles weder einfach noch primitiv; darüber liegt ein Bass und zwei Gitarren, die durch eingängige Riffs glänzen. Gebrüllt wird Zweistimmig – hier wird an nichts gespart! Ich hoffe ja immer noch, dass der inzwischen ab-ebbenden Doom Welle als nächstes der Crust-Tsunami folgt, aber so viele Fanatics mit gutem Musikgeschmack kann es auf der Welt trotz globaler Bevölkerungsexplosion gar nicht geben. 

Gespielt werden Lieder aus allen Epochen der Band, so auch vom neuen Album „the Horse and Sparrow Theory“, welches ich mir hätte kaufen sollen, aber dafür war ich leider viel zu dicht.

Der Sound ist nebenbei top in der Yoko und Gitarrist Jon Lindqvuist (u.a. Acursed, Nasum, Retaliation, etc.) zieht es schon vor dem ersten Akkord die Schuhe aus. Dazu spielt er in dem immer noch bestehenden Halbkreis vor der Bühne oder auf der Anhöhe hinter dem Schlagzeug. Als er uns auch noch einen Kurzen reicht, können wir nur zu einem Urteil kommen: Gaaaanz großes Kino!

Im Anschluss erfahren wir zudem, dass „The Killchain“ sein Lieblingslied von Bolt Thrower ist.

 

Was bleibt? Die Yoko super, Victims super, Svalbard natürlich super, kommen gerne wieder nach Kiel und grüßen Klööömmsööön.

Krusten waren komischerweise irgendwie keine im Publikum. Entweder war wohl zeitgleich noch was anderes im Lobusch oder sie waren alle auf der Demo gegen Krabbenbrötchen an den Landungsbrücken.

 

In Crust we trust!

Kommentare   

+2 #1 Philipp 2019-10-29 18:21
Da wäre ich auch gern gewesen, habe mir aber immerhin die neue VICTIMS mitbringen lassen.
Bei THE COLD trog übrigens deine Recherche. Gibt wohl mehrere Bands mit dem Namen. Die Hamburger gibt es noch nicht so lange und sie haben erst ein Album draußen, "Certainty of Failure ":
https://thecold.bandcamp.com/?fbclid=IwAR0BqkZbBqGhDein0K0XNFkTsT_MP_9ibjcfChFdY4sIngFG6m3D7lXMBAs
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