RAM, VULTURE, INDIAN NIGHTMARE / 12.09.2019 – Hamburg, Bahnhof Pauli

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Mittlerweile ist es auch schon 15 Jahre her, dass ich RAM zum ersten Mal live gesehen habe. Das war auf dem HEADBANGERS OPEN AIR VII 2004 (Bericht siehe Schlagwort) und seitdem haben sich die Schweden Schritt für Schritt zu einer meiner Lieblingsbands gemausert. Mindestens zehn RAM-Live-Reviews befinden sich in der DreMu-Datenbank und nicht einmal waren Oscar Carlquist und Co auch nur durchschnittlich, sondern überzeugten immer mit Herzblut, ja, sogar einem gewissen Fanatismus für Heavy Metal. Wo diverse (Black) Combos irgendwann nicht mehr ernst zu nehmen sind, weil sie in ihrem Zwang, möglichst okkult zu wirken, die Grenze zur Lächerlichkeit überschreiten, strahlen RAM pure Authentizität aus. Als Hörer*in fühlst du in jeder Note, dass diese Band Heavy Metal nicht trivialisiert, sondern auf kreative Weise immer neu mit Inhalt füllt. Kein RAM-Album klingt gleich, dennoch ist die Band sofort zu identifizieren. Heute also der Release-Gig des neuen Albums „The Throne Within“, als Support zwei der besten Newcomer überhaupt, INDIAN NIGHTMARE und VULTURE.

 

RAM

 

 

Am Anfang steht die Ernte. Zur Feier der neuen Scheibe haben RAM sogar ein eigenes Bier am Start („8,3% of pure poser posion“). Macht sich bestimmt gut neben meinen Trooper-Fläschchen, denk ich mir, und tüte das Ding neben einem pinken Patch und natürlich der neuen Scheibe ein. Von letzterer gibt es zwei Versionen, ich greife zur Edition mit Bonus-LP, die drei Bonustracks enthät (zwei davon sind extended versions von "Ravnfell" und "Spirit Reaper", der dritte Titel nennt sich "Into the Light" und läuft über neun Minuten). Außerdem gibt’s ein “special 12" inch booklet featuring a horror novella written by Oscar Carlquist marking his literary debut”. Wie sich späer zu Hause herausstellt, ist die eigentliche Sensation aber das reguläre Album an sich.

 

Aaaah, INDIAN NIGHTMARE! Zum dritten Mal ist es mir vergönnt, diese Berliner Band live genießen zu können, die ihre Wurzeln in Indonesien, Italien, der Türkei und Mexiko hat. Heute checke ich auch endlich, woher mir ihr Bassist Cedro Ced so bekannt vorkommt – der Kerl hat früher bei den italienischen Death/Doom-Krusten NIHILDUM gespielt, mit denen wir (VLADIMIR HARKONNEN) vor Jahren mal aufm Rondenbarg gezockt haben. Die Optik der Band erschwert es natürlich auch, jemanden wiederzuerkennen, schmieren sich die Speed Metal Punks doch die Gesichter mit „Kriegsbemalung“ ein und kreuzen Mad Max-D.I.Y.-Klamotten mit Nietenpunk-Style. (Womit heute drei Bands mit geiler Optik auf der Bühne stehen.) Noch schöner gar ihre Musik, denn jedes Riff trifft ins Mark und Poison Snake erzeugt mit irren Screams eine Gänsepelle nach der anderen. Mit „Set The Spirit Free“ ist einer meiner Faves von der zweiten LP in der Setlist – herrlich, wie hier erst die Riffs lospeitschen, dann das galoppierende Schlagzeug einsetzt und schließlich der vergleichsweise catchy gestaltete Gesang das Ding zu einem Hit veredelt. Leider ist der Auftritt viel zu schnell zu Ende, aber Poison Snake bleibt noch Zeit für eine kurze Ansprache gegen Rassismus. Right on, brother! TAKING BACK THE LAND!     

 

VULTURE sind heute die Band mit den meisten Schnurrbärten, ansonsten dominieren Leder, Ketten und Nieten den Look. Mit ihrem Stil zwischen AGENT STEEL, RAZOR und DARK ANGEL haben die Nordrheinwestfalen von Anfang an offene Türen eingerannt, das neue Album „Ghastly Waves & Battered Graves“ darf als bisheriger Höhepunkt der Diskographie gelten. Wie immer wird der Gesang ordentlich mit Hall unterlegt, donnernde Roto-Drums, hektische Überschall-Riffs und Speed, Speed, Speed bestimmen das Geschehen. Ein typisches Merkmal der Band sind zudem die Delay-Effekte im Riff-Gewühle, wobei Twin-Soli immer wieder für melodische Höhepunkte sorgen. L. Steeler erinnert bisweilen an den guten Paul Baloff (R.I.P.), was mir bisher noch gar nicht so stark aufgefallen war. Die Jungs sind bekanntlich coverfreudig, haben auf früheren Shows schon PRIESTs „Rapid Fire“, METALLICAs „Metal Militia“ und DARK ANGELs „We Have Arrived“ gespielt. Heute entscheidet man sich ebenfalls geschmacksscher, und zwar für SLAYER mit „Piece By Piece“. L. Steeler vernuschelt ein, zwei Stellen, aber geschenkt, guter Auftritt wieder.

 

RAM profitieren von einem sehr gut austarierten, drückenden und transparenten Sound. Die Setlist enthält natürlich diverse Songs des neuen Longplayers, was eine absolut nachvollziehbare Entscheidung der Band ist, aber dafür sorgt, dass die Stimmung bisweilen nicht ganz so überkocht wie gewohnt. Das wird sich in Zukunft ganz schnell ändern, denn einige dieser Stücke gehören zum Besten, was RAM bisher abgeliefert haben. Heute ist man zwar auf Anhieb angetan, kann aber zu dem unvertrauten Material noch nicht so abgehen (u.a. sind „Violence (Is Golden)“, „Blades Of Betrayal“, „The Trap“ und „Spirit Reaper“ dabei, glaube ich). Dennoch muss von einem hervorragenden Auftritt gesprochen werden: Alle Bandmitglieder scheinen on fire zu sein und wirken fokussiert wie nie. Oscar Carlquist wirft sich in seine unnachahmlichen Posen und stemmt sowohl hohe als auch mittlere Passagen mit stimmlicher Power. Ältere Songs elektrisieren mich derart, als stünden JUDAS PRIEST mit einem Klassiker auf der Bühne. „Eyes Of The Night“, „The Ursurper“, „Gulag“ oder „Machine Invaders“ stellen die Essenz des Heavy Metal dar. Letzteren Titel nimmt Carlquist zum Anlass, zu erklären, dass die RAM-Musiker mitnichten Maschinen seien, hat Drummer Morgan Petterson (Ex B-THONG übrigens) einen der neuen Songs zweimal beginnen müssen, weil es irgendeinen Absprachefehler gab. Keineswegs ein Makel, so etwas passiert eben bei einer echten Band, zumal einige der Stücke heute zum ersten Mal überhaupt gespielt werden. Vielmehr stimmungstechnisch ein Höhepunkt, weil die RAMManiacs die kurze entstehende Pause sogleich mit begeisterten RAM!RAM!RAM!-Sprechchören füllen. Kein Wunder, dass plötzlich der Gehörnte himself mit Ziegenbockschädel und Laserstrahlenaugen auf der Bühne steht. BANG YOUR HEAD OR LOSE IT!  

 

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