CANNIBAL CORPSE, VLADIMIR HARKONNEN / 03.07.2019 - Kiel, Pumpe

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Vincent: Nach über 30 Jahren im Musikgeschäft haben nur wenige Death Metal Bands den Durchhaltewillen und so viel Power wie die Herren von CANNIBAL CORPSE im Blut. Dass die Kannibalen heute in Kiel spielen, sorgte im Vorfeld schon für viel Begeisterung und Aufsehen. Ich habe CORPSE in meinem Leben schon sechsmal live gesehen, in kleinen Clubs oder auf großen Festivals… In den Anfangstagen mit altem Sänger Chris Barnes (Six Feet Under), dann in den 90igern mit dem unverwüstlichen „Corpsegrinder Fisher“, der aktuelle Killer-Mosher.

 

Torsten: Cannibal Corpse in Kiel. Cannibal Corpse? In Kiel?? Ja, Cannibal Corpse in Kiel!!! Irgendwie unglaublich. Und doch wahr! Dieses an Highlights nicht gerade arme Konzertjahr wartet mit einer neuerlichen Großtat auf. Vielleicht DIE amerikanische Death-Metal-Band schlechthin besucht die Pumpe.

 

Doppelbericht von Torsten Matzat und Vincent Heinecke, Fotos von Jan ML folgen.

 

Vincent: Im Zuge der Aufmerksamkeit um die CANNIBAL-CORPSE-Tour, ihrer extremen Cover und Texte sorgt eine selbsternannte Tante Saubermann für Probleme. Christa Jenal, Lehrerin und Politikerin, nervte in der Presse mit Vorwürfen, CORPSE seien gewaltverherrlichend, jugendgefährdend, frauenfeindlich und sexistisch usw. bla bla balaaaaaa….. Wir wissen doch alle lange, CORPSE sind wie ein guter Horrorfilm…. nur geiler. An diesem Abend dürfen die Kannibalen drei der Songs nicht singen…. Aber immer schön der Reihe nach..

 

Torsten: Wie einige vorangegangene Konzerte auch ist dieses Konzert Tages- und Wochengespräch unter Fans und Eingeweihten. Die Vorfreude (und die Erwartungshaltung) sind groß! Sowie die Frage, wer wohl den Opener macht. Lange Zeit gibt es keinen, bis dann plötzlich die Vladis als Vorband feststehen. Was für eine angenehme Überraschung! Sicher gäbe es Bands, die aufgrund ihrer musikalischen Ausrichtung besser passen würden; dennoch ist die Wahl dieser Kiel/Rendsburger Institution eine gute. Denn zum einen ist es angenehm einen solchen musikalischen harten Mix aus "Thash-Flavoured-Hardcore" und Death Metal zu bekommen, und zum anderen begleiten Cannibal Corpse Vladimir Harkonnen im Grunde schon ihr gesamtes musikalisches Leben. (Dem verstorbenem Bandintimus und Cannibal-Corpse-Fan Fischi Harkonnen wird zur Feier dieses Auftritts eine besondere Ansage gewidmet). Frontmann Philipp bringt es auf den Punkt: "Vor 28 Jahren(!!!) habe ich mir mein erstes Cannibal Corpse-Album gekauft. "Butchered at Birth"! Für damalige Verhältnisse war das so ziemlich das Fieseste, was man Hören/Ertragen konnte. Meine erste Begenung mit CC muss auch zu dieser Zeit gewesen sein – da kriegte ich morgens im Zug zur Berufsschule einfach die Walkman (!) - Kopfhörer eines Kumpels übergestülpt, guckte entgeistert aufs gorige Cover der "Polen–Kassette" und stammelte so'n büsch'n überfordert: "Ja, geil!" Was oder wer rülpst da so ins Mikro? Was is'n das für'n Gitarrensound? Wieso sind die so schnell? Fragen über Fragen. Die spätestens dann beantwortet wurden, als ich CC einige Jahre später das erste Mal live sah. Wie geil war das denn? Geil isses bis heute geblieben, was für so eine Band nach so langer Zeit nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist. Dreißig Jahre Splatter, Gore & Death Metal! Hut ab, meine Herren! Respekt!

 

Vincent: Als ich am Mittwochabend an der Kieler Pumpe ankam, war schon Einiges los und die Musikfreunde waren guter Laune… Pünktlich um 20.00 Uhr legten die Lokalhelden von VLADIMIR HARKONNEN los. Die Pumpe war schon gut gefüllt und Sänger Wolter röhhhhrte und bellte ordentlich. Die Herren HARKONNEN waren motiviert und machten keine Gefangenen mit ihrem Thrash-, Hardcore-, Punk-Mix. So wurde die Band SLIME gecovert und Basser Andi gab, was er konnte. Es gab Bierduschen und nach 45 Minuten war dann die Show auch vorbei.

 

Torsten: Ob VLADIMIR HARKONNEN auch so lange unter uns sein werden? Naja, 13 Jahre sind die Jungs ja auch schon dabei (ich erinnere noch den ersten Auftritt inner PALENKE!) - den Rest schaffen sie auch noch. Aber heute erstmal die breite Bühne in der Pumpe, auf der die Band sehr auseinander gezogen aussieht. Sonst spielen sie ja eher auf kleinem Raum; da hat man sie einfach näher dran. Macht aber nix: VLAD smasht trotzdem. Dank des geilen Ace–Sounds drückt Andis Bass ordentlich und bietet ein stabiles Fundament für Zarc, Eric und Philipp. Der ist außer sich vor Freude, dass er und "seine" Band hier heute den Opener machen kann. Die Jungs geben Vollgas und heizen der anfangs noch etwas verhaltenen Meute prächtig ein. Fast schon synchron fliegen die Haare von Andi und Philipp. Man sieht förmlich die Energie, die die Jungs verströmen. Philipp rennt wie ein Tier die Bühne entlang, stürzt sich in den Graben vor selbiger und nimmt Kontakt zu den Freaks in der ersten Reihe auf – nicht ohne einen Schluck Bier zu vertilgen, der ihm kurzerhand angeboten wird. Trotz des feucht-fröhlichen Spaßes (Andi: "Jetzt wär ein Ouzu schön..."), werden auch ernste Themen angerissen. Philipps Ansagen machen deutlich, was von "ewig gestrigen" zu halten ist ("In the good old Days"), warum die Flat-Earthler in der Tat ne Scheibe haben ("Flatties") und warum Zensur scheiße ist. Das weiß Frau Jenal ganz sicher auch, macht es aber seit viel zu langer Zeit. Deshalb kriegt sie von den Vladis ihr Fett weg! Genau. WEG! Zum unverzichtbaren Song im Vladi–Repertoire hat sich Slimes "Schweineherbst" entwickelt. Nach ein paar Startschwierigkeiten (ich glaub, die Jungs sind doch ordentlich aufgeregt oder zumindest aufgewühlt ;-) fräst sich dieser Klassiker in die Köpfe der Anwesenden. Und das ist keine "Heuchelei". Mit "Perfect Storm" und dem unvermeidlichem "Roadkill BBQ" beenden VLADIMIR HARKONNEN ihren 45 minütigen Auftritt. Der Applaus wurde im Laufe dessen immer größer und das Publikum ausgelassener. Gut gemacht, Jungs; ab zum Bier trinken!

 

Vincent: Jetzt war der große Saal der Pumpe brechend voll und ich war gespannt, wie die Herren CANNIBAL CORPSE die Bühne zerlegen würden… Nach einer kurzen Umbaupause und Soundcheck wurde es sehr laut, düster und extrem…… Vom aktuellen Album „Red Before Black“ (2017) knallte uns Basser Alex Webster mit amtlichem Sound den ersten Song vor den Latz………. „Make Tham Suffer“ ……. Als dann Sänger „Corpsegrinder Fisher“ die Bühne enterte, gab es kein Halten mehr, der gute Mann zeigte seinen Zuhörern, wie propellerartiges Moshen aussehen kann. Es folgten viele Hits, „Staring Throungh The Eyes Of The Dead“ von der „The Bleeding“ (1994), der gesamten Bandgeschichte vom aktuellen Album bis zu den ersten Alben….. Bei den indizierten Songs wie z.B. „Hammer Smashed Face“ wurde der Gesang weggelassen und munter weitergespielt. Auf 14 Alben und ständiges Touren können CANNIBAL CORPSE zurückblicken und sind Meister ihres Fachs. Der Sänger machte lockere Ansagen und verteilt Geschenke, die sich in Form von Pogo und headbangendem Publikum auswirken.

 

Torsten: Aaahh, die Vladis haben die Menge ordentlich angewärmt; alle sind heiß auf den Headliner heute Abend. Schon jetzt ist es ofenwarm im Saal, der proppevoll ist. Das riesige Banner mit dem Bandnamen (man sieht nur die obere Hälfte) wirkt verheißungsvoll. Es ist ja nicht so, dass man die Kannibalen nicht schon öfter gesehen hat, aber heute, jetzt, hier ist es nochmal was anderes – so besonders irgendwie. Frenetisch wird die Band begrüßt, als sie die Bühne betritt. Der erste Song ist dann instrumental. Moment mal – instrumental? Wo ist Frontmann Corpsegrinder? Erst später wird mir klar, dass da Zensur im Spiel ist: CC Erzfeindin und Chefmoralikerin Christel Jenal steht (mal wieder) quasi mit auf der Bühne. Gleich mehr dazu ... Vorerst jedoch geniessen wir ein Weilchen den satten Sound und Songs wie "Red before Black" oder "Staring through the eyes of the Dead". Mittlerweile ist auch Frontnacken George Fisher auf der Bühne. Die Meute im Saal steht Kopf und huldigt dem Meister der gutturalen Töne. Im Circle Pit geht's heiß her und so manches Bier wird verschüttet (oder verdunstet einfach wegen der Hitze) anstatt durstige Kehlen zu kühlen. CANNIBAL CORPSE ackern konzentriert und man merkt der Band die Routine an. Das fällt jedoch nicht negativ auf. Nachdem Corpsegrinder nach einigen Songs gut gelaunt das Publikum begrüßt, antwortet das euphorisch. Die Menge hat verdammt nochmal Spaß und den Amis scheint das zu gefallen. "Unleashing the Bloodthirsty" knallt durch die Pumpe und läßt niemandem eine Atempause. Es fühlt sich einfach herrlich an, den Kannibalen zuzuhören und zuzugucken. Besonders Bassist Alex Webster steht hoch in der Publikumsgunst: sobald sein Bassspiel mal alleine zu hören ist, brandet Szenenapplaus auf. Cooler Typ, der Mann (mittlerweile grau bebärtet). Welcher Gitarrist heute für den im Knast sitzenden Pat O'Brien eingesprungen ist bzw. angeheuert wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. [Erik Rutan! Anm. Red] Ist auch egal, denn der Mann rifft und sägt sich super durchs Set! Corpsegrinder scherzt indes mit dem Publikum und verteilt Wasserflaschen. Als eine davon nicht gefangen wird und runterfällt gibt's vom Frontbrüller noch ein launiges Geschenk hintendrein; nämlich "Noooothiiing!" Eben das, mal so rein gar nichts, hat auch die ewige Verfolgerin der Band Christal Jenal verdient. Im Vorfeld dieser Tour taucht diese überspannte Frau auf, wie son Kobold aus der Kiste und schreibt einen offenen Brief an alle Oberbürgermeister(!) der Städte, in denen Cannibal Corpse spielen. Darin schwafelt sie von Jugendschutz und "Verrohungspotenzialen in der Gesellschaft". Als Folge davon erlassen alle OBs Verwaltungsverfügungen gegen diese Veranstaltungen. Also dürfen CC unter Androhung von empfindlichen Strafen etliche Songs nicht spielen. Im Grunde kennt man das ja schon (die ersten drei Alben stehen noch immer auf dem Index), doch es stellt sich die Frage: Was soll das? Gerade in Zeiten von Serien wie "The Walking Dead" oder diversen anderen (realen) Gewalttätigkeiten wird so jemandem Aufmerksamkeit geschenkt!? (In der Bremer Lokalpresse auch per Interview ...) Das ist absurd. Wir haben wahrlich einige andere Probleme auf der Welt (global & lokal), die wichtiger sind, als ein bißchen Realitätsflucht bei einem Death-Metal-Konzert. Während ich weiter das Konzert geniesse, empfehle ich Fr. Jenal sich ein anderers "Hobby" zu suchen; warum nicht auf einem Flüchtlingschiff im Mittelmeer helfen ... Am Ende unterstützt diese Frau indirekt Cannibal Corpse, weil sie immer schön Werbung macht für die Band. Die Floridianer zocken indes munter weiter und belegen alle Zweifler mit einem "Firestorm". Zum Schluß gibt's noch den Klassiker "Make them Suffer" und noch ein rein instrumentales Stück (ja, genau dieses ...). Der Corpsegrinder verschwindet sang – und klanglos von der Bühne und kommt auch zur Verabschiedung nicht mehr nach vorne. Das finde ich durchaus schade. Die Mosher in der Pumpe hätten das echt verdient gehabt. Eine Zugabe wäre bei der kurzen Spielzeit (ca. 65Min) bstimmt auch noch drin gewesen. Stattdessen geht abrupt das Saallicht an und Donovans "Country Roads" ertönt. Dafür geht Alex Webster noch abklatschend die erste Reihe längs und freut sich zusammen mit den Fans. Feine Geste! Geiler Gig!

 

Vincent: Fazit: Leider ist die Show auf ihrem Höhepunkt dann auch schon zu Ende und CORPSE spielen keine Zugaben mehr. Gegen 22.30 Uhr ist es aus, dass Licht geht an und ich blicke in verschwitzte und glückliche Gesichter. Mein Nacken bedankt sich herzlich und wir unterhalten uns noch lange vor der Pumpe. Die Band ist zu Recht dort, wo sie heute steht und ist über die Jahre immer weiter gewachsen. Mit dem Eintrittspreis von knapp 30,- Euro bin ich auch zufrieden und mit 700 Besuchern an einem Mittwochabend kann die Pumpe auch zufrieden sein. Also Daumen hoch….

 

Vincent und Torsten

Bewertung: 5 / 5

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