MANTAR, DOWNFALL OF GAIA / 13.04.2019 – Kiel, Pumpe

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Philipp: Hätte man mich Ende 2013 gefragt, welche Undergroundband wohl in den nächsten Jahren so richtig durchstarten könnte, auf MANTAR wäre ich eher nicht gekommen. Ich hatte sie 2013 zwar im Hafenklang als Support von TROUBLE gesehen und mir auch gleich die erste VÖ „Spit“ geholt, aber die „derbe Krachwand aus Black Metal, Doom, Punk und Sludge“ (so beschrieb ich sie damals jedenfalls) erschien mir nicht gerade massentauglich. Tja, und heute wären TROUBLE wohl mehr als dankbar, wenn sie derart große Hallen füllen könnten wie Erinc Sakarya und Hanno Klänhardt. 2014 wagte ich anlässlich ihres HELL OVER HAMMABURG-Auftritts die Prognose „Von MANTAR werden wir noch hören…“, aber die jetzige Popularität der Band hatte ich nicht vorausgeahnt. Leider kamen mit dem völlig verdienten Erfolg auch negative Randerscheinungen dazu, getreu dem weisen Spruch „ab 300 kommen die Spacken“, was mir das 2017er Konzert im Knust etwas vermiest hatte. Wie würde es also in Kiel mit der Mutantendichte stehen?  

 

Doppelbericht von Vincent Heinecke und Philipp Wolter - Bilder von Jan ML sind in der Mache.

 

Vincent: Nun hatte es doch mal geklappt, die deutsche Metal-Hoffnung MANTAR in der eigenen Stadt Kiel zu bewundern. Hatte ich doch das erfolgreiche Duo vor ein paar Jahren in der Schaubude verpasst und auf Festivals sind sie mir immer durch die Lappen gegangen. So starte ich pünktlich und voller Vorfreude zur Kieler Pumpe. Mittlerweile hat sich das Kulturzentrum positiv entwickelt und es finden regelmäßige Veranstaltungen und Metalkonzerte statt, so z.B. heute Abend MANTAR. Die Band ist schnell größer geworden, ständig am Touren und spielt auf vielen Festivals. MANTAR ist eine ganz eigene Zwei-Mann-Combo ohne viele Konventionen, Just Music. So wurde sie dann auch mit Handkuss bei dem großen deutschen Label Nuclear Blast unter Vertrag genommen und konnte durchstarten.

 

 

Philipp: Im Grunde gilt für DOWNFALL OF GAIA ja Ähnliches, zumindest fanden auch sie vor wenigen Jahren ausschließlich im tiefen Untergrund statt (mehrfache Meiereipräsenz). Und nu: Metal Blade-Deal, fette Gigs wie der hier heute in der Pumpe. Ich fand sie schon immer geil, aber heute kicken sie mich wie noch nie! Das liegt zu einem großen Teil an Schlagzeuger Michael Kadnar, dessen Spiel sowohl optisch mitreißt (der Kerl gibt alles und versprüht nach kurzer Zeit Schweißfontänen in alle Himmelsrichtungen), als auch musikalisch sauinteressant ausfällt. Auch in ruhigeren Midtempopassagen zockt er spannende Details, sodass ich jedes Fill gebannt verfolge. Zudem hat die Mischung aus Post Black Metal, (Neo) Crust und atmospärischen Sludge-Passagen mittlerweile eine Songwriting-Evolution durchzogen. Die flirrenden Gitarren vermitteln in den ruhigen Phasen eine kontemplative Nachdenklichkeit, wenn dann später wieder geknüppelt wird, wird eine begeisternde Energie freigesetzt. Intensiv!

 

Vincent: Als ich um kurz vor 20.00 Uhr an der Pumpe ankomme, sind schon einige der Hauptverdächtigen und zugereisten Musikfreunde am Start. Pünktlich spielen die Jungs von DOWNFALL OF GAIA als Support auf, uns erwartet dunkler, atmosphärischer, schleppender, doomiger Black / Death Metal. Durch den Nebel und das passende Licht donnert es in der Pumpe und zum Ende des kurzen Sets können die Burschen mich mitreißen.

 

 

Philipp: Der Sound war bei DOWNFALL OF GAIA sehr gelungen, für MANTAR wird noch mal ordentlich am Lautstärkeregler geschraubt, was zum Glück nicht dazu führt, dass nun alles breiig klingt. Die Pumpe erweist sich größenordnungsmäßig als gut geeignet – es füllt sich zwar zusehends, wird aber nicht stressig eng. Auch heute fallen diverse aggressive Spacken auf, aber es eskaliert nicht derart wie 2017 im Knust. Zumindest hat man hier Platz genug, dem Epizentrum des Prügelpits aus dem Weg zu gehen und dennoch gute Sicht zu haben. MANTAR sind gut drauf und verprügeln den Mob mit Vergnügen. Hanno schmiert uns wieder Honig ums Maul: „Kiel, wir haben auf den Stundenplan geguckt und so viele schreckliche Städte gesehen, aber zum Glück seid ihr auch dabei!“, nur um sich wenig später über die eigens benutzten Klischees lustig zu machen: „Boah, das war wieder so eine lahme Standard-Ansage. Erinc, du hast mir nur Scheiße auf den Spickzettel geschrieben!“ (Erinc: „Wieso, das war Türkisch!“, Hanno: „Ah, hab ich dann falschherum vorgelesen“). Wichtiger natürlich die Wucht, mit welcher sich der irrsinnige Klangmoloch durch die Pumpe schiebt. So gut die Alben auch sind, MANTAR sind für die Bühne geboren. Und wenn ich eingangs erwähne, dass mich ihr Aufstieg überrascht, so erkenne ich im Pit doch auch wieder, wie „tanzbar“ die Stücke sind. Der Groove erzeugt Bewegungsdrang, zwingt dazu, mindestens den Schädel kreisen zu lassen, wenn nicht gleich das Becken. Eigentlich ist es logisch, dass das Leute aus verschiedensten Lagern anzieht. Die Verbindung von peitschenden Beats, abartigem Gitarrengeröhre und den rausgekotzten Hassvocals zieht jedenfalls wie am ersten Tag und nutzt sich auch nicht ab. Ich amüsiere mich außerordentlich und weiß zum Teil gar nicht, wo ich hinschauen soll, weil eigentlich überall spektakuläre Szenen abgehen. Hach, schönes Ding! Übrigens sehe ich bei der früher oft gescholtenen Pumpe heute rein gar keine Kritikpunkte, da hat sich viel verbessert.

  

Vincent: Licht an, ein Kaltgetränk in der Pause und ein paar Gespräche, bis dann MANTAR auf der Bühne stehen, mit einem krassen und lauten Sound auftreten. Das Schlagzeug ist seitlich auf der Bühne aufgebaut, Sänger und Gitarrist Hanno steht brüllend direkt gegenüber. Der Sound ist mit vielen Effekten aufgepumpt und kann sich hören lassen. Die Songs von der aktuellen Scheibe werden gespielt, vom Zuhörer gut angenommen und ein kleiner Mosh-Pit entsteht. MANTAR spielen ihren rotzigen, schleppenden, wütenden Doom Metal und machen in der Mitte des Sets eine kurze Ansage, sich darüber zu freuen,  wieder in Kiel spielen zu dürfen. Songs vom ersten Album „Death By Burning“ und vom zweiten Album, welches Sie erfolgreich gemacht hatte, werden gespielt, „Cross The Cross“, “Age Of The Absurd“, „Era Borealis“, „White Nights“, „Schwanenstein“, „The Spell“ und „Praise The Plague“ -  hier sind keine Wünsche mehr offen. Wir genießen MANTAR und freuen uns über ihren verdienten Erfolg, leider ist die Show schon gegen 23.00 Uhr gelaufen und ich hätte MANTAR noch länger live sehen können. Fazit: Ein geiles Konzert in der Pumpe, beim Preis habe ich dieses Mal auch nichts zu meckern, MANTAR haben vieles richtig gemacht und ich hoffe, dass Sie sich noch lange im hart umkämpften Musikgeschäft halten können.

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