WILWARIN 2016, 03.06.2016 – Ellerdorf, am Arsch der Heide, Tag 1

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Philipp: Space! Das ist das Motto des diesjährigen Wilwarins und ich sach mal: passt. Denn ins All schießen sich dieses Wochenende so einige. So sehr, dass diverse Redaktionsmitglieder sich danach gar nicht mehr sicher sind, welche Elemente der wunderbaren Deko real und welche vielleicht doch eingebildet waren. Als mindestens gesichert, da von mehreren Personen gleichzeitig gesehen, gelten in Dremu-Kreisen die Space Invaders über der Mainstage, eine Alf-Puppe in 'nem Käfig sowie ein immer wieder übern Camping Ground schwebendes Ufo.

Skaterstage



Fotos von Piet Diercks - www.blackwork.de




May-Britt: Beim Releasegig von Mantar war ich zu spät dran und wollte mir die neue Scheibe bei Blitz holen und dazu dann natürlich gleich noch n Wilwarinticket kaufen. Mit Entsetzen musste ich feststellen, dass ich schon wieder zu spät war und die letzten Karten eine Stunde zuvor verkauft wurden... total ärgerlich! Auch die anderen Vorverkaufsstellen hatten keine Karten mehr. Also noch in "letzter Sekunde" zwei einzelne Tagestickets für insgesamt 91 (!!!) Euronen im Internet bestellt. Der Preis verärgert mich schon ein bisschen, denn es sind nicht mal nennenswerte Headliner dieses Jahr dabei. Aber drauf geschissen: das Wilwarin ist schließlich ein verpflichtendes Familienfest. Zum Glück konnte ich dann doch noch ein Ticket zum Normalpreis abstauben (Danke Anna+Tim!) und bin meine überteuerten Tagestickets auch problemlos losgeworden: es wurden ja tatsächlich auch Tickets bei Ebay für horrende Summen verkauft und es wurde sogar davor gewarnt, dass wohl auch Gefälschte im Umlauf sind. Nach allerhand Tickettrubel hatten dann auch alle Leute, die meiner Meinung nach nicht fehlen dürfen, die heiß begehrten Eintrittskarten oder noch begehrtere Gästelistenplätze ergattern können und es hieß ELL AWAITS :-)


AlfSpace Invaders


May-Britt: Die Zeiten, in denen man mit nem Schlafsack, 5 Bier und 10Euro Taschengeld aufs Festival gefahren ist, sind nun endgültig vorbei und ich hab den Bus von meinem Fahrer ordentlich mit allerhand Geraffel und Luxusgütern wie ehebettgroßer Luftmatratze, Zeltventilator, Tisch usw vollgeknallt und es ging bei bestem Wetter und Hummeln im Hintern über die Dörfer Richtung Ellerdorf.

Bereits in der Autoschlange und beim Einlass hat man die ersten bekannten Gesichter gesehen und wir sind auch ziemlich schnell an dem sonst meist übelgelaunten und berüchtigten Zeltplatzein -bzw. abweisern vorbeigekommen und konnten unseren Kram aufbauen :-) Dass dieses Jahr einige hundert Karten weniger verkauft wurden, fiel nicht auf, denn der Zeltplatz war schon Donnerstagnachmittag ziemlich voll. Der restliche Donnerstag bestand darin, Freunde und Bekannte zu treffen, gemütlich zu grillen und 1-94 Cider zu trinken.


Don't panicPatch


May-Britt: Nach einer anstrengenden Nacht neben dem "Vulvarin"-Partywohnwagen (Eurotrash ist ja schön und gut, aber doch nicht mit 5352524 Dezibel) und ner Tour zum Badesee gings dann endlich aufs Konzertgelände. Das diesjährige Motto war "Space" und die Wilwarincrew hat sich wieder viel Mühe gegeben und tolle Sachen gebastelt: von Hommages an StarTrek, über Spaceinvader-Videospiel-Krams und Alf im Käfig war alles dabei. Der allgegenwärtige Staub war sicher nicht Dekorationselement, hat mich aber stark an den SciFi-Klassiker "Dune - der Wüstenplanet" erinnert... oder Tattooine, den Heimatplaneten der Skywalkers. (Anm. Philipp: Ach, DESHALB wurden wir Vladis eingeladen!)


PatchFon


EXPAND


Patch


May-Britt: Die erste Band, die ich mir ansehe, ist EXPAND auf dem Second Ground. Expand spielen geilen Stoner und bieten eine gute Mischung aus gemütlich-mit-dem-Kopf-wackel-Parts und ordentlich Dampf: Genau richtig für den Start. Leider haben sie kein Vinyl, sondern nur CDs und Shirts verkauft, sonst hätte ich mir die Platte geholt.


Patch


CRY MY NAME

May-Britt: Die Combo CRY MY NAME aus Rendsburg habe ich vorher tatsächlich noch nie gesehen, bzw. noch nicht mal etwas von denen gehört. Melodischer Hardcore mit ordentlichen Brüllparts und treibenden Sound schleicht sich in meine Gehörgänge und ich gehe nach vorne und "tanze" ne Runde. Endgültig überzeugt haben sie mich nicht, aber Cry my name bleiben auf meinem Radar und ich werde mir die sicherlich nochmal ansehen.


TOKE


TOKETOKE


May-Britt: Danach geht es kurz zu TOKE, den ich mir wegen dem Namen mal ansehen wollte: poppiger Studentenreggae ist aber leider gar nicht mein Fall. Aber das ist ja auch das Schöne am Wilwarin: Für jede_n ist etwas dabei.


SLYMER


KloPatch


Philipp: Das Zelt ist aufgebaut, dringendste Bedürfnisse gestillt und so kann ein erster Blick aufs Programm Kenntnis darüber verschaffen, was mensch bisher verpasst hat: ZOI!S mal wieder! Diese Band werde ich wohl NIE live sehen können. Doch der erste Bühnengang verschafft uns gleich ein Festivalhighlight: SLYMER! Kelling knüppelt mal wieder, bis seine Birne rot anläuft, steht aber dennoch in den Pausen weniger auf als sonst. Beeindruckt bin ich auch von Olli, der noch krasser schreit, als ich es in Erinnerung hatte. Aber im Grunde sollte mensch keinen Schleimkopf hervorheben, denn alle vier zusammen besorgen das Thrash-Gewitter, welches von Hardcore/Punk-Blitzen durchzuckt wird. Feini Schleimi!

JoyBoy: SLYMER sind dieses Jahr meine Eintrittskarte zum erstaunlich ausverkauften WILWARIN-Festival. Das mir bis dahin unbekannte Digitalpult, mit dem ich es zu tun bekomme, bestätigt mich in meiner Entscheidung, mit der ersehnten ersten Genussbetankung bis nach getaner Arbeit zu warten. Trotz größtmöglicher Gedankenschärfe brauche ich dennoch ein paar Songs, bis der Sound steht. Kommt aber dann ganz gut, was natürlich auch an SLYMER liegt. Souveränes Thrashgeballer mit eigener Note. Noch einen Tag später werde ich der Band zugeordnet von Leuten, die SLYMER mindestens ebenso geil fanden wie ich.

May-Britt: Nach ner Runde Grillen, Cider und finnischem Minzschnaps gehts dann auf die Skaterstage zu SLYMER. Die Kieler habe ich mir schon mal in der Bude zusammen mit Problems angesehen und bin auch dieses Mal wieder begeistert. Ich kenne mich mit diesen ganzen strikten Genre-Klassifizierungen nicht so gut aus: Machen Slymer nun Hardcore oder ist das Metal? Auf jeden Fall sind sie ziemlich schnell und aggressiv, der Sänger "singt"/schreit wie ein geisteskranker Axtmörder und geht ab wie ein Zäpfchen. Die Leute vor der Bühne auch. Ein sehr geiler Auftritt. Edit: um dem Genre-Mysterium auf den Grund zu gehen recherchiere ich ein bisschen: auf ihrer Bandcampseite beschreiben Slymer sich mit den Tags: "Kiel, Krach, Metal, Kiel." Passt :-)


NIGHT FEVER


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Philipp: Argh, NIGHT FEVER oder WUCAN? Diese Überschneidung ist mindestens so ärgerlich wie die von KZIMALPP und VRHN. Ich entscheide mich für erstere und bereue nichts. Denn diese Energie, welche von den Dänen freigesetzt wird, ist genau das, was ich jetzt brauche. Bocky findet ja, dass die Texte mit ihrem Copenhagen-Abgefeier so peinlich seien, dass er NIGHT FEVER nicht ernst nehmen könne. Das kann ich einerseits verstehen, da Patriotismus auch in der kleinen, lokalen Variante suckt, andererseits agieren NIGHT FEVER diesbezüglich noch vergleichslose harmlos (NYHC anyone?) und zudem sorgt gerade das etwas stumpfe Element der Dänen für ihre Durchschlagskraft. Diesbezüglich gehen Texte und Musik Hand in Hand: Brechstange statt Dietrich, Konfrontation statt Deeskalation. Unfassbar geil auch, wie Salomons Stimme rüberkommt – das ist eben keineswegs monotones Affenhardcoregebrüll, sondern transportiert auch räudig-reizende Melodien. Die Kirschen auffer Torte: die Fahrradhandschuhe des erwähnten Sängers!

Danach meint Stefan zu mir, ob NIGHT FEVER alles doppelt so schnell gespielt hätten. Es sei ja jedenfalls nur die Hälfte ihrer offiziellen Spielzeit rum. Moment! Erst die Häfte rum? Das heißt ja, dass ich noch etwas von WUCAN sehen können müsste! Hin da!

JoyBoy: Ich sag es allen die es hören wollen und allen anderen auch: ich halte NIGHT FEVER für die aktuell beste Hardcore-Punkband, besonders live. Die Band produziert enthusiastisches, komplett ironiefreies „Ouuuh yeah“!-Rockgepose und präsentiert sich dabei gleichzeitig als sympathischer Haufen handzahmer, szenebegeisterter Hardcorejünglinge. Seit Wochen habe ich mich auf dieses Konzert gefreut und auch wenn es etwas dauert, bis die nötigen paar mehr Leute merken, dass das, was da auf der Bühne passiert, total geil ist, werde ich nicht enttäuscht. Mein zuvor strahlend weißes, unter der Woche erworbenes SLYMER-Hemd verfärbt sich in Windeseile dem Teint des Bühnenvorraums entsprechend dunkelbraun. Ich würde sagen, nach dem Auftritt auf dem Pfingstfest 2015 der beste Auftritt, den ich von NF bisher gesehen habe. In der Songauswahl fehlt fast nichts – es gibt sogar mal wieder „Nuclear War“ zu hören und die Ersatzgitarristen absolvieren ihre anspruchsvolle Aufgabe ohne erkennbare Schwächen. Wie im letzten Jahr erlebe ich meinen persönlichen Festivalhöhepunkt bereits am frühen Freitagabend. Der Rest des Tages kann gemütlich und ereignisarm abgesessen werden.

May-Britt: Danach muss ich mich zwischen zwei Bands entscheiden und schaue mir erst NIGHT FEVER auf der Skaterbühne an. Die spielen ziemlich geilen Hardcore und mir wird gesagt, dass sei "typisch K-Town"... Kopenhagen kann anscheinend einiges. Erst dachte ich, dass die zwei Sänger haben, aber sowohl Gebrüll, hohes Gekreische als auch Pete Steel oder Glenn Danzig-mäßiges tiefes Gesumme liegen im schizophrenen Stimmrepertoire des Sängers. Nach 5-6 Songs mus ich mich auch schon von den Dänen verabschieden, da ich mir noch WUCAN auf dem Second Ground ansehen wollte.


WUCAN


SpacePatch


Philipp: Schnell hindrängeln zu WUCAN, liebe ich doch vergleichbare Bands wie BLUES PILLS oder BLOOD CEREMONY! Der die Dresdner von diesen Bands abhebende Krautrock-Einfluss ist live noch stärker zu verspüren, wie ich auf Anhieb merke. Obwohl ich zu spät gekommen bin, saugt mich die Magie des Auftritts sofort zur Bühne. Dort haben sich nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Maddie und Tim bereits entkleidet, sondern augenscheinlich sind auch weitere Anwesende im hippieesken Ausziehmodus. Geht. WUCAN spielen einen zwischenzeitlichen Stromausfall einfach akustisch weg und kommen dann zu meinem Lieblingssong, dem deutschsprachigen und über 15-minütigen „Wandersmann“. Was für ein Hammersong, der live sogar noch krasser als Krätze unter die Haut geht. Francis‘ Stimme sort für nachhaltige Gänsehaut, Theremin und Flöte bimmeln und wimmeln mir quasi jetzt noch im Hirn herum.

May-Britt: Wucan spielen abgespaceten Psychedelicrock inkl. Theremin und passen wie die Faust aufs Auge zum Wilwarin-Feeling. Passend zu dem durchgeknallten Querflöten-Woodstock-Rock mit schöner Frauenstimme kommen auch Meddy, Tim und ein paar andere Teilzeitnudisten vor die Bühne und drehen durch. Auch toll ist, dass Wucan einfach improvisieren und eine Akustikshow machen und die gute Stimmung weiterhin aufrechterhalten als wieder mal der Strom ausfällt. Trotzdem schade mit dem Strom: hätte gern mehr vom Theremin gehört. Eine sehr sympathische Band, die mein persönliches (bandmäßiges) Highlight des Festivals ist. Die Platte "Sow the wind" ist auch schon aufm Spieler :-)


STEAK NUMER EIGHT


STEAK NUMBER EIGHTSOKEE


May-Britt: Nach dem betörenden Auftritt von Wucan geht es kurz zu STEAK NUMBER EIGHT, die ich mir aber nur für ein paar Songs anschaue, da sie mich nicht wirklich fesseln können und ich mehr Lust auf Zeltplatzaction habe.


THE MOTH


SOKEE


May-Britt: Dafür sind THE MOTH aber umso besser. Das Trio spielt atmosphärischen und doomigen Weltuntergangsmetal. Der melancholische Gesang von Bassistin und Gitarristen gepaart mit energiegeladenen, schweren Gitarrenriffs finde ich sehr angenehm. Zu Hause höre ich mir das Album "They Fall" an und von Lied zu Lied gefallen sie mir besser. Viele solcher Juwelen wie The Moth gleichen dann auch die fehlenden "Headliner" aus.


DEADHEADS


DEADHEADSDeadheads



Philipp: Wilwarin 2016 – wie immer in der Rückschau ein Sammelsurium aus Erinnerungen. Wir genießen die veganen Burger, hängen vor etlichen Bühnen mal kurz ab, treffen unzählige Menschen oder lassen uns einfach so treiben, bis DEAD HEADS uns wieder länger vor einer Bühne zu fesseln vermögen. Die Göteborger Rotzrocker erinnern mich daran, warum Bands wie GLUECIFER oder HELLACOPTERS mal so fesselten. Im Vergleich zu erwähnten Bands ist mehr MOTÖRHEAD und mehr Metal drin, aber mindestens vergleichbare Rotzigkeit bei hohem Hitpotenzial. Herrlich der (bewusst) leicht verwaschene Gitarrensound und natürlich Manne Olanders Gesang, der einfach 95% aller vergleichbaren Bands auf die Plätze verweist. Die Band liefert die erhofften breitbeinigen Posen, tritt enorm Arsch und ist zu dieser Tageszeit einfach perfekt platziert. „Loaded“ heißt deren zweites Album ja schließlich nicht umsonst!

May-Britt: Später in der Nacht tanzen wir dann noch ordentlich zu Fischmob, Smoke Blow und anderen Krachern aus der Dose vor der Tresenbühne und ich sammel anscheinend Unmengen an Pfandchips an... Bald habe ich einen Pokerkoffer voll ;-)


DISTILLATOR


PatchSpace


Philipp: Es ist zwar spät und der gemeine Wilwarin-Besuchsmensch hat den Tag früh begonnen, aber bei DISTILLATOR geben alle nochmal – genau! – alles. Eine amtliche Dosis Thrash Metal geht in meinem Buch immer. Schön, dass das auch aufs Wilwarin zutrifft. Das niederländische Trio hat mich bereits als Support von RAVEN und von METAL CHURCH begeistert und gibt auch heute wie erwartet Stoff ohne Ende. Wo viele Neo Thrash Bands zu modern klingen, wurzeln DISTILLATOR tief im Old School. KREATOR, SODOM, DESTRUCTION, Spandex, Patronengurte – mehr will ich gar nicht von Musik… Zum Glück haben DISTILLATOR auch in Ellerdorf ihr SLAYER-Cover „Black Magic“ am Start, welches die eigenen Geschosse „Revolutionary Cells“, „Bloody Assault“ oder „Shiver In Fear“ hervorragend ergänzt. Thrrrrrrrrrrrrrrrrash!


Antifa



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