PRAYING MANTIS, LAST JETON / 23.11.2018 – Hamburg, Bambi Galore

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Bis vor einigen Jahren assoziierte man PRAYING MANTIS vor allem mit ihrem Klassiker-Debut „Time Tells No Lies“ von 1981. Live-Auftritte waren okay, aber unspektakulär und wurden nicht selten unter „immerhin mal gesehen“ verbucht. Das 2009er Album „Sanctuary“ ließ jedoch aufhorchen und zeigte die Band mit packenden Kompositionen. 2013 holten die Troy-Brüder dann den Holländer John „Jaycee“ Cuijpers in die Band, und in dieser Besetzung sorgte die NWoBHM-Legende u.a. auf dem HEADBANGERS OPEN AIR 2013 für Maulsperren. 2015 erschien das erste Album mit dieser Besetzung, „Legacy“, eine Wundertüte zwischen Heavy Metal, AOR und Hardrock. Somit kann die jüngste Entwicklung der Band mit der von TYGERS OF PAN TANG und DIAMOND HEAD verglichen werden, denen in den letzten Jahren mit jeweils neuem Sänger ja ebenfalls sensationelle Alben und großartige Auftritte geglückt sind. Also ab ins Bambi, wo PRAYING MANTIS heute ihr aktuelles Album „Gravity“ präsentieren.



Fotos von Jan ML folgen faster than the speed of light.

 

Das Bambi ist bereits gut gefüllt, als die Frankfurter LAST JETON loslegen. Origineller Name eigentlich, den man auch gleich passenderweise auf mit dem Logo verzierten Chips verewigt hat. Die Musik fällt weniger origineller aus, geboten wird recht simpel strukturierter Rock. Leider ist es – fürs Bambi ungewöhnlich – auch echt zu leise, als dass hier Druck entwickelt werden könnte. Als überdurchschnittlich gut muss allerdings die Stimme der Sängerin Saskia bezeichnet werden. (Jan ML erinnert sie an PINK). Jene Stimme sowie ein, zwei Leberhaken (Schnaps des Tages) vermögen meine Laune im oberen Bereich zu halten, für den Rest der Besucherschaft gilt das offenbar auch, die Stimmung ist jetzt schon ausgelassen.

 

Was dann bei PRAYING MANTIS abgeht, muss eigentlich auf allen Ebenen als „perfektes Konzert“ gelten! Band und Publikum sind von Anfang an gut drauf, steigern sich jedoch von Song zu Song geradezu euphorisch in einen Rausch. Ob es damit zusammenhängt, dass dieser Gig heute live aufgenommen wird? Möglicherweise hat die bezügliche Info für das nötige Quäntchen Mitsing-Motivation gesorgt, die ein sehr gutes Konzert zur „night to remember“ macht. Mit „Captured City“ von der 1979er “Soundhouse Tapes”-Single wählen PRAYING MANTIS den optimalen Opener, es folgen „Panic In The Streets“ vom Debut und die zweite Single „Praying Mantis“ (1980). Der Sound ist klasse, die Gitarren kommen cremig, Schlagzeug und Bass wämsen dir angenehm die Gedärme durch und über allem thront Cuijpers‘ Stimme, der mich heute echt an den jungen David Coverdale erinnert. Was für ein irres Organ, so herrlich voluminös und warm! Jaycee wird gesangsmäßig von Tino Troy, Chris Troy und Andy Burgess begleitet, deren Stimmen tatsächlich auch alle super sind (gerade Chris könnte auch locker als Leadsänger agieren). Mit „Believable“ folgt ein von einem übermächtigen Refrain getragener Melodiehammer, der beweist, dass sich das „Legacy“-Album auf Augenhöhe mit den Klassikern befindet. Majestätisch groovt „Fight For Your Honor” mit flirrenden Twin-Gitarren, sodass spätestens beim nächsten Breitwand-Refrain alle Fistbanger aktiv werden. Das neue Album habe ich leider noch nicht, aber die davon live gespielten Stücke („Keep It Alive“ und „Shadow Of Love“?) zünden auf Anhieb. Im Verlauf des locker anderthalbstündigen Auftritts folgen u.a. natürlich noch „Lovers To The Grave“, „Time Slipping Away“ und „Children Of The Earth“. Ich hoffe sehr, dass die Aufnahmen dieses Abends für eine LP verwendet werden und dass die Magie adäquat eingefangen werden konnte. Killer!

 

Begeistert hüpfen wir irgendwann in den Zug zurück. Erwähnenswert ist unbedingt noch die Begegnung mit zwei Freaks, mit denen wir bisken sabbeln. Der eine ist so desolat am Start, dass er uns bittet, ihn in Einfeld ans Aussteigen zu erinnern, dort wohne seine Freundin. Dort angekommen ist ein Reminder tatsächlich nötig, der Typ springt auch auf unser Drängen auf, will jedoch partout auf der falschen Seite raus, deren Tür sich natürlich nicht öffnet. „Alter, Gleis is‘ hier drüben!“, kommt dann auch zu spät, sodass der Zug weiterfährt. Der Typ schafft es dann sogar noch, seiner Freundin am Fon klarmachen zu wollen, dass er „gleich in Neumünster“ aussteige… Unsere gute Tat des Tages besteht schließlich darin, die Zusammenkunft der beiden Lovebirds zu ermöglichen, indem wir freundlich darauf hinweisen, dass Neumünster bereits hinter uns liegt und der Kollege dann schon in Bordesholm aufgepickt werden muss…

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