HEAVY HAMBURG HALLOWEEN: SATAN, ROSS THE BOSS, BULLET, PORTRAIT, NIGHT DEMON / 31.10.2018 – Hamburg, Markthalle

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Was für ein geniales Package! Diese fünf Bands zusammen dürften keinen wahren Musikliebhaber kalt lassen. Und ich erlebe im Laufe des Abends dann auch etwas Außergewöhnliches: Bei jeder der fünf Bands gibt es Momente, in denen ich eine feiste Gänsehaut bekomme. Das ist wirklich selten, weil es häufig ja doch ein klares persönliches Highlight gibt, bei dem mensch am stärksten steilgeht. In der Tendenz sind das heute SATAN, aber auch NIGHT DEMON mit spezieller Show, PORTRAIT, BULLET und ROSS THE BOSS liefern wirklich sehens- und hörenswürdig ab.

Fotos von Jan ML folgen...



Wir sind pünktlich vor Ort und spekulieren, ob NIGHT DEMON wohl außer der Premiere ihres neuen Videos zu „Black Widow“ wohl auch live auftreten mögen. Darauf deutet die Formulierung in der Veranstaltungsankündigung „Seid rechtzeitig um 18:00 in der Markthalle-Hamburg, es gibt noch eine weitere Überraschung!“ ja doch hin. Das Video läuft auf der hinteren Bühnenrückseite, alle applaudieren artig, auf der Bühne wallt Nebel auf und yes! NIGHT DEMON stürmen auf die Bretter. Aber es gibt keine reguläre Setlist mit NIGHT-DEMON-Stücken, worauf bereits die Schmalzlocke von Armand John Anthony hindeutet, die ihm lässig in der Visage hängt. Nope, heute ist schließlich Reformationstag und da Luther bekanntlich großer MISFITS-Fan war, gibbet eine Zusammenstellung von zentralen Smashern der Horrorpunk-Urväter. Jarvis‘ Stimme passt erstaunlich gut zu Songs wie „We Are 138“, „Green Hell“ oder „Last Caress“. Zwar gibt es auch ein paar Leute, die völlig verwirrt aus der Wäsche gucken, aber die meisten feiern diesen Auftritt hart. Respekt für NIGHT DEMON, die sich mal eben für einen Gig diese Extra-Setlist draufgepackt haben!


Die letzte PORTRAIT-Show in Hamburg ist erst ca. acht Monate her (Februar im Bambi), aber „Burn The World“ ist noch heiß und läuft und läuft und läuft. Auch heute gewinnt Sänger Per Lengstedt den Preis für das mutigste Outfit – knallenges Netzshirt und Schnurrbart from hell kann nicht jeder derart würdevoll tragen… Die Kompositionen packen den Mob mit zunehmender Spieldauer stärker am Schlafittchen, auch habe ich das Gefühl, dass Pers Stimme mit jedem Song besser klingt. Die Verbindung aus KING DIAMOND/MERCYFUL FATE-Einflüssen und schwarzmetallischen Vibes knallt nachhaltig, das Gitarristenduo Christian Lindell und Robin Holmberg zockt virtuos. Ein Heavy-Metal-Rausch!

 

BULLET mal in der Sandwich-Position und ohne die üblichen Show-Elemente: Kein Problem für Hell Hofer, Hampus Klang und die anderen Vergnügungspark-Hippies. Die Bande zelebriert den totalen Abriss und hat Dank des genialen „Dust To Gold“-Albums jetzt noch mehr Hits in der Hinterhand! Die verrückterweise „nur“ gut gefüllte und nicht ausverkaufte Markthalle ballt unisono die Fäuste und versucht so schneidbrennerartig wie Hell Hofer zu kreischen, als Burner wie „Speed And Attack“, „Turn It Up Loud“, „“Rolling Home“ (Dauer-Ohrwurm für ‘ne Woche!), „Dusk To Dawn“, „Stay Wild“ oder natürlich „Bite The Bullet“ in den Rock’n’Roll-Kochtopf geworfen werden. Einfach herrlich, wie BULLET Stadionhymnen, Fistbanger, Speedattacken und AC/DC-Rocker aufeinander folgen lassen. Die Band hat ihren Stil perfektioniert und macht auch in Sachen Stageacting alles richtig. Ich brauche das ja nicht mehr en Detail zu beschreiben, wie die Gitarrenarmada in engen Lederjacken an den Bühnenrand tritt und ihre Soli abfeuert. Killer!


Die aktuelle Besetzung von ROSS THE BOSS hat ja nun ein Album aufgenommen („By Blood Sworn“), welches in der Setlist mit drei Songs vertreten ist, die das übliche MANOWAR-Programm unterbrechen. Die Stimmung wird an dieser Stelle nicht gehalten, die Dinger können halt qualitativ und in Sachen Popularität nicht an die Klassiker der Ledertangaträger anknüpfen. Der Rest stammt aber natürlich von den ersten sechs MANOWAR-Alben und erfährt die entsprechenden Reaktionen. Marc Lopes ist leider kein Mike Cotoia, auch kein Eric Adams, aber er kämpft sich wacker durchs Set und kann getrost als guter Frontmann bezeichnet werden. Die großen epischen Melodien kann er halt nicht singen, dafür shoutet er eher aggressiv. Trotzdem kommen „Wheels Of Fire“, „The Oath“, „Sign Of The Hammer“, “Kill With Power” oder “Fighting The World” in überzeugenden Versionen, die in dieser “stripped-down streetlevel”-Version schlicht Spaß machen. Und wenn bei „Battle Hymn“ und „Hail And Kill“ die ganze Halle mitsingt, dann darf Ross Friedman zu Recht zufrieden grinsen.


SATAN
– ein Phänomen! Mir fällt keine andere Band ein, die auf einem derart hohen Niveau die Essenz ihrer frühen Tage wiederbelebt hat. Man muss sich ja vor Augen halten, dass hier das Line-Up der 1983er LP „Court In The Act“ auf der Bühne steht, und das nicht etwa für eine schnelllebige Reunion, sondern bereits wieder seit 2011 und mit drei unfassbar guten neuen Alben in Reihenfolge („Life Sentence“ 2013, „Atom By Atom“ 2015 und „Cruel Magic“ 2018). Gut, sehr stark sind aktuell auch RIOT, aber da spielt kein Originalmitglied mehr mit. Darüber hinaus glänzen SATAN sowohl auf den Alben (nahezu live im Studio aufgenommen) als auch auf der Bühne mit einer konkurrenzlos starken Performance. Brian Ross angenehme Stimme klingt ohne jede Beschönigung nun wirklich wie früher, dazu unterhält er mit witzigen Ansagen und geht spontan auf Zwischenrufer ein. Und ich will jetzt nicht auf jeden einzelnen Musiker eingehen, aber Russ Tippins‘ & Steve Ramseys Gitarrenarbeit ist einfach – wow! Ersterer hat heute Geburtstag und bedankt sich für die Grüße mit einem Song, den er komplett und fehlerfrei auf dem Rücken zockt. Bei welcher anderen Band ist es EGAL, ob sie neue Stücke oder die Klassiker spielt? „The Doomsday Clock“ steht in der Gunst der Fans gleichberechtigt neben „Trial By Fire“, „Into The Mouth Of Eternity“ neben „Break Free“ und “Incantations” (dieses Riff!) neben „Blades Of Steel“. Ich bange durchgehend und bin völlig geflasht.


So konnte man den freien Tag mal sinnvoll verbringen. Das Ding darf gerne zur jährlich wiederkehrenden Veranstaltung werden. Was ich heute übrigens auch schön fand, war die Abwesenheit einer Absperrung vor der Bühne. Markthalle "wie früher" also, das hat man ja auch nicht mehr so oft.

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