SAXON, FM, RAVEN / 25.09.2018 – Hamburg, Große Freiheit 36

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SAXON werden immer relevanter. In einer Zeit, in der viele alte Legenden auf Abschiedstour gehen, ziehen die Briten ihr Ding in aller Ruhe durch, veröffentlichen regelmäßig mindestens gute Platten und killen vor allem live. Faszinierend dabei: Biff Byford wird im Alter stimmlich eher besser statt abzubauen. Von wie vielen Sänger*innen lässt sich das schon sagen? Mir fielen da nur wenige ein. Erfreulich ist auch das Tourpaket SAXON – RAVEN – Y&T. Allerdings müssen letztere die Tour wegen einer schweren Rückenverletzung bei Dave Meniketti absagen. Sehr schade, denn diese fantastische Liveband hätte die ausverkauften Hallen verdient. Kurzfristig springen FM ein.

SAXON


Bilder von Petra Ellen Ruppin



Zum Glück sind wir pünktlich vor Ort, denn überraschenderweise sind RAVEN bereits als Opener an der Reihe. Ich höre später, dass die Band derart früh spiele, weil sie eine bestimmte Fähre erwischen müsse. Ob das stimmt, weiß ich nicht, aber da die nächste Show in Norwegen stattfindet, könnte etwas dran sein. Ärgerlich für später kommende Besucher, die den nur halbstündigen Auftritt verpassen – ein Bekannter hat sich z.B. sein Ticket nur wegen RAVEN gekauft. Und der Ärger ist berechtigt, denn das Trio brennt in der kurzen Zeit alles nieder. Die beiden Gallagher-Brüder rennen über die Bühne, reiben Bass und Gitarre aneinander, Johns Screams sind markerschütternd. Erstmalig wird Mike Heller namentlich vorgestellt und auch an den Bühnenrand geholt. Ein Blick auf die RAVEN-Seiten bestätigt: Heller ist mittlerweile offizielles Bandmitglied, Joe Hasselvander musste nach einer schweren Herzattacke im Mai 2017 das Schlagzeugspiel aufgeben. Bittere Pille, aber Mr. Heller hat sich diese Position nach mehreren Touren redlich verdient. Mit Songs wie „Hell Patrol“, „All For One“ oder „Hung, Drawn And Quartered“ hat man die Halle gut im Griff, die Stimmung ist jetzt schon super. Es gibt sogar einen Song von der kommenden Platte zu hören, „Top Of The Mountain“, der äußerst überzeugend klingt und alle RAVEN-Trademarks aufweist. Wie immer ein hochenergetischer Auftritt, man darf nur gar nicht damit anfangen, darüber nachzudenken, welche geilen Songs alle nicht gespielt werden konnten…


FM können natürlich nicht ansatzweise als gleichwertiger Ersatz für Y&T durchgehen. An mir ist die Band stets komplett vorbeigegangen. Der Name geisterte bereits in den frühen Achtzigern durch die Magazine, aber die wenigen mir bekannten Songs klangen schlicht zu bieder. Ich bin also gespannt, ob die Beurteilung im Jahre 2018 milder ausfällt, manchmal stuft man eine Band ja zu Unrecht als langweilig ab. FM sind in der Tat sehr eingängig, verbinden Hardrock mit poppigen Melodien und Keyboard-Teppichen. Ich mag einige Sachen, die Disco und Metal kombinieren, man denke nur an NAZARETHs „Expect No Mercy“. Aber die Gesangslinien der FM-Songs fallen mir dann doch etwas zu banal aus. Passend dazu scheinen die Texte recht flache Boy-meets-girl-Themen zu behandeln. Mit einer Band wie SARACEN können FM also nicht mithalten, ein Totalverriss wäre angesichts der sehr tighten Performance allerdings unangebracht. Spielerisch sehr gut, stilistisch nicht mein Ding.


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Zum SAXON-Intro (AC/DCs „It’s A Long Way To The Top“) herrscht bereits überschäumende Stimmung, welche den gesamten Auftritt über nicht abreißt. Völlig zu Recht, denn die Band ist mega in Form. Biff bestätigt die eingangs erwähnte These und schmettert sich souverän durch die ca. 20 Stücke umfassende Setlist. Den Gitarrensound empfinde ich als etwas zu laut, besonders Paul Quinns Soli klingen bisweilen etwas schrill. Drauf geschissen, viel wichtiger ist, dass er im Duo mit Doug Scarratt äußerst geschmackvoll zockt, immer wieder lassen herrliche Heavy-Metal-Harmonien und wuchtige Riffs Gänsehaut wuchern. Nigel Glockler hat mit einigen Songs der „Power And The Glory“-Phase den Proto-Speed-Metal miterfunden und ballert auch heute mit Druck und Groove. Die meiste Bühnenaction liefert Nibbs Carter, der wie ein Berserker headbangt und seit seinem Einstieg bei SAXON offenbar so ein Bild wie Dorian Gray aufm Dachboden hängen hat.


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Von dem neuen Album gibt es gleich fünf Stücke, am besten gefallen mir hier „Thunderbolt“ sowie die MOTÖRHEAD-Hommage „They Played Rock’n’Roll“. Ansonsten zocken SAXON natürlich vor allem Klassiker, als Beispiele und persönliche Highlights seien „Power And The Glory“, „Solid Ball Of Rock“, „Dallas 1 PM“, „747 (Strangers In The Night)“, „Princess Of The Night“, „Heavy Metal Thunder“ und das atmosphärisch umwerfende „The Eagle Has Landed“ (wusstet ihr, dass der Text von der Mondlandung handelt? Geiles Thema eigentlich.) genannt. Biff ist gut drauf, setzt ab und zu einen seiner berühmten Pfiffe ein und zieht gegen Ende eine aus dem Publikum zugeworfene Kutte über. Im nächsten Jahr werde man das 40-jährige Bandjubiläum begehen (“Maybe we should play in Wacken…?“). Mit dem von allen mitgebölkten „Denim And Leather“ erklingt die letzte Zugabe und ich bin sicher, dass nicht ein einziger Besucher enttäuscht nach Hause geht. Killer!

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Kommentare   

+2 #1 Philipp 2018-09-27 17:51
Kommentar auf der Dremu-Fb-Seite zu dem Artikellink: "War auch da...hab mal oben gestanden...gute Sicht ! Raven für mich und alle vermutlich geil und aber zu kurz....FM erst so....pfffffhh...geht so....war aber super gitarrenmäßig....haben sich gesteigert...Saxon dann gewohnt gut...musste sie gar nicht soooo unbedingt sehen...Biff schien mir ein wenig fahrig....Text vergessen. bzw. Einsatz verpasst bei HMT ? Mir war so....Aber immerhin ohne seinen Stock.
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