COFFINS, MORBITORY / 15.08.2018 – Hamburg, Hafenklang

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Split-Veröffentlichungen können eine feine Sache sein. Du holst dir eine Scheibe, weil du eine der beiden Bands magst, legst dann natürlich irgendwann auch die andere Seite auf – und erlebst im Glücksfall eine krasse Überraschung. So geschah es mir 2010, als ich mir die Split-10“ von WARHAMMER und COFFINS zulegte. WARHAMMER als HELLHAMMER-Worshipper sind ja schon nichts für zarte Gemüter, aber was für ein fauliger Pestilenzhauch mir da von den Japanern COFFINS enrtgegenschlug, begeisterte mich auf Anhieb und ließ mich später auch die Alben „March Of Despair“ (2012) sowie „The Fleshlands“ (2013) abernten. Und als ich mich nun der geschätzte Kollege Jan ML fragte, ob wir uns nicht eine Zugfahrt zum Hafenklang gönnen wollten, war ich sofort Feuer und Flamme: Zugfahren an sich eh schon geil, dazu noch eine Death/Doom-Klatsche im geliebten Hafenklang – was kann man vom Leben eigentlich mehr verlangen?

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Pics von Jan ML



Die Fahrt verläuft dann höchst entspannt. Wir sabbeln einen jungen Metalhead an, der auf unser Ticket mitaufspringt und nicht nur einen Obolus, sondern auch interessante Gespächsbeiträge abdrückt. Unsere Themen: Wacken, historisches Reenactment, RUNNING WILD, SHUDDER AND SPIT und natürlich JUDAS PRIEST. Überrascht sind wir, als wir am Hafenklang ankommen und feststellen, dass mehr los ist als gedacht. Gut, einige der Menschen, die auf der Straße und auf den Treppenstufen des Gebäudekomplexes gegenüber herumlümmeln, gehen auf ein anderes Konzert im Goldenen Salon (scheint was Hippes zu sein, denn dieser Teil der Besucher*innen ist stylisher gekleidet und trägt mitten im Hochsommer Mützen etc.). Dennoch wird auch das eigentliche Hafenklang gut gefüllt, und zwar mit einer Mischung aus Death Metalheads und erstaunlich vielen Krusten. Sehr erbaulich!

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MORBITORY eröffnen und werden von mehreren Leuten gefilmt, offenbar werden zumindest Teile der Aufnahmen in ein Video einfließen, denke ich mir mal (schlau, wa?). Sowas braucht man wohl als Band in Zeiten, in denen die Reputation einer Band in Klicks gemessen wird. Aber auch mir als „analog man in a digital world“ sagen MORBITORY unbedingt zu. Straighter Death Metal, in dessen Wortschatz die Begriffe „dirty“ und „rotten“ von zentraler Bedeutung sind.


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Im letzten Review (zum Gig mit NAPALM DEATH im April) habe ich einerseits BOLT THROWER (wuchtige Walzpassagen), andererseits DEATH und MASSACRE (schnelles Direktgeballer) als Referenzen in den Raum geworfen. Da niemand widersprochen hat, gilt das noch immer. Die Leute mögen MORBITORY und spendieren ordentlich Applaus, achten aber gleichzeitig darauf, dass sie keinen der Kameramenschen anstoßen. Somit gibt es weniger Action inner Frontrow, was aber am 25. August im Bambi Galore bereits nachgeholt werden kann.


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COFFINS:
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Ein Bier und zwei Straßengespräche später legen auch schon die Japaner los. Was für ein barbarischer Sound! Als hätten COFFINS den guten alten BOSS HM-2 Heavy Metal-Klang mit einer Kettensäge gekreuzt. Pervers schwer dröhnen die Riffs durch die Katakomben des Hafenklang, dazu holt der Sänger, der mich irgendwie an eine japanische Version von Joey Ramone erinnert, abartige Growls aus seinen Gedärmen. Beeindruckend ist auch der Mut zum Minimalismus – da wird ein Primitiv-Schlürf-Riff über Minuten ausgewalzt, ohne dass es langweilig wird. Im Gegenteil, die fast schon D-Beat-artigen Takte kommen erfrischend eingängig, sodass man zu COFFINS im Grunde durchbangen oder auch konstant pogen kann (was auch viele tun).


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Kein Wunder, dass die Band auch in der Crustpunk-Ecke wohlgelitten ist! Ich kann nicht anders und gönne mir das Spektakel ohne Ohrenstöpsel. Und das geht durchaus, denn obwohl die Lautstärke enorm ist, ist der Sound auf gewisse Weise angenehm. Insgesamt ein echtes Erlebnis – trotz der Tatsache, dass gewisse Vorbilder wie CELTIC FROST oder AUTOPSY immer mal durchscheinen, finde ich, dass COFFINS in den über zwanzig Jahren ihrer Existenz etwas Eigenes erschaffen haben.


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Auch die Rückfahrt verschafft uns noch interessante Augenblicke, sitzen im Zug doch unzählige Konzertbesucher*innen des TOTE HOSEN-Konzerts. Wir werden immer mal wieder gefragt, wie wir die HOSEN fanden und ernten erstaunte Gesichter, als wir verkünden, gerade eine japanische Death/Doom-Band gesehen zu haben. Wir treffen auch noch einen Bekannten, der den ganzen Tag mit der Roten Gourmet Fraktion für die HOSEN-Entourage von ca. 200 Leuten gekocht habe. Was dat so gibt…

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