RYKER’S, 1000 LÖWEN UNTER FEINDEN / 02.05.2018 – Hamburg, Logo

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Auf einem RYKER’S-Konzert hätte ich mich noch vor kurzer Zeit nicht unbedingt gewähnt. Ein Ex-Kollege hatte mich jedoch vor vollendete Tatsachen gestellt und einfach Karten bestellt („Du bezahlst das Bier!“). Ich hatte zwar gewisse Vorurteile, aber seit AFFENMESSERKAMPFs „Ryker’s Don’t Like Us“ sind auch schon wieder ein paar Jährchen vergangen, von der Originalbesetzung spielt lediglich noch Bassist und Gründer Chris Luft in der Band, am Mikro befindet sich mittlerweile Dennis (BRIGHTSIDE) und recht neu dabei ist tatsächlich Stefan Römhild (EROSION, Gitarre natürlich). Klingt hinreichend interessant, zumal es bei Dremu bisher nur einen kurzen Festivalbericht von RYKER’S 2003 gibt und ich auch Bock auf ein paar Humpen mit dem erwähnten Ex-Kollegen habe.



 
Boah, der Name 1000 LÖWEN UNTER FEINDEN triggert sämtliche inneren Alarmsysteme und lässt Schlimmes befürchten. Ich bin aber gleich milder gestimmt, als ich sehe, dass die Bandmitglieder zum Teil Shirts von NIGHT DEMON und BLACK FLAG tragen. Der Sänger macht gern längere Ansagen, die dem Stereotyp des stumpfen Metalcore-Moshers widersprechen. So erzählt er uns, dass er mit jugendlichen Flüchtlingen arbeite, die aus Ländern kommen, in denen ihnen kein selbstbestimmtes Leben in Freiheit ermöglicht werde, in Deutschland wiederum ihre Flucht von Leuten negativ kommentiert werde, die ihren eigenen Wohlstand gefährdet sähen. Der Applaus auf diese und ähnliche Aussagen zeigt mir, dass ich mich hier doch nicht am falschen Ort befinde. Musikalisch ist das insgesamt nicht mein Ding – Midtempo Mosh mit zahlreichen Breakdowns, deutschen Texten und Hip-Hop-Passagen. Auf der positiven Seite gibt es auch deutliche Punk-Einflüsse und O-ho-ho-Chöre, die sich zum Beispiel in den Songs „Immer und ewig“ oder „Bis zum letzten Tag“, einer textlichen Hommage an 7 SECONDS‘ „Young Til I Die“, manifestieren („Ich bleibe jung bis zum letzten Tag“).
 

Mein Bild von RYKER’S ist irgendwie geprägt von so einer Art Soundwurst mit durchgehendem Brüllgesang. Das ist tatsächlich definitiv falsch. Ich bin positiv überrascht, dass die Band deutlich näher am Hardcore/Punk dran ist, wie ich ihn mag: NYHC, klar, aber auch deutliche Punk- und 80er Metal-Vibes. Der Gesang von Dennis gefällt mir gut, er ist aggressiv, dabei gleichzeitig variabel und immer wieder auch überraschend melodiös. Dazu ist der Typ ausgesprochen fit und befindet sich durchgehend im Abgehmodus, springt von einer Bühnenseite zur anderen und ist immer in der Luft, wenn die Gesangsparts es zulassen. Das Logo ist gut gefüllt, der Sound transparent. Steve hält sich bescheiden zurück und fokussiert sich auf das Zusammenspiel mit dem anderen Gitarristen, den die unendlichen Weiten des Internets mit dem Namen Fusel identifizieren. Das Duo fährt einen sägenden Gitarrensound, der mir etwas fluffiger und frischer vorkommt als in den Neunzigern. Raum für kurze melodiöse Leads gibbet et ebenso wie für fiese Slo-Mo-Walzen und bretternde Riff-Attacken. Der Mob reagiert mit Circle-Pits und Mitschmetter-Trauben rund ums hingestreckte Mikro wie aus dem Hardcore-Bilderbuch. Wobei es am Tag zuvor am 1. Mai vorm CoreTex in Berlin den Bildern zufolge mal so richtig abging. Ich habe jedenfalls absolut nichts zu meckern und hüpfe erquickt in den Zug zurück nach Kiel.

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