ROBINSON KRAUSE, AFFENMESSERKAMPF / 23.12.2017 – Rendsburg, T-Stube

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Dieses Konzert hatte ich zwar auf dem Schirm, die Möglichkeit des Besuchs aufgrund verschiedener Umstände eher als unrealistisch angesehen. Aber plötzlich ändern sich alle Parameter und es heißt: Zeit für Punkrock und Bier ist doch vorhanden! Völlig spontan eiern wir also zur T-Stube und denken, dass wir vielleicht sogar schon zu spät für den Anfang sind. Es ist nämlich schon so halb zehn bis zehn oder so, als wir am Stadtpark ankommen. Tatsächlich ist dieser Zeitpunkt rein zufällig perfekt: Ein ganzer Pulk feierwütiger T-Stubenbesucher*innen hat offenbar bereits seit einer Stunde vor der T gewartet, aber die Konzertgruppe konnte oder wollte noch nicht öffnen. Nun ist gerade ein Haufen Menschen zur Überbrückung in die umliegenden Kneipen gezogen, als die Kasse aufgemacht wird. Wir gehören zu den Leuten, die sich original in diesem Moment in die Schlange einreihen und die noch abgestempelt werden, bevor man aus Platzgründen „ausverkauft“ melden muss. Eng wird es und der Gang zum Tresen ist mit erheblichem Körperkontakt verbunden!


AFFENMESSERKAMPF eröffnen und sie sind wütend wie eh und je. Ich bräuchte Hannes‘ Gesang im Grunde gar nicht zu hören, denn hinter mir steht Thrun. Der ist verdammt textsicher und singt jeden Song gestenreich mit. Das Thrun-o-Meter ist also im roten Bereich und ich muss sagen: zu Recht! Denn AFFENMESSERKAMPF bleiben geil. Ich hab die letzte Platte mal der 13-jährigen Tochter meiner Freundin vorgespielt (na ja, ich hab die Platte aufgelegt und sie musste mithören…) und Kinder erkennen ja oft das Wesentliche. Sie sagte jedenfalls: „Philipp, ich weiß, warum die erfolgreicher sind als ihr! Da kann man ja alle Texte verstehen!“ Das mit dem Erfolg ist wohl so, wobei ich mich frage, woher sie das weiß (wahrscheinlich haben AMK mehr Instagram-Klicks), aber wichtig ist ja: In der Tat schmettert Hannes mittlerweile – vielleicht durch erweiterte BULLEN-Kompetenz – noch akzentuierter als früher. Gleichzeitig klingt er genau so angepisst wie immer und dazwischen zetert ja noch Torben ins Mikro. Die Musik punkrockt bei einem Sound, wie er wohl besser nicht geht in der T-Stube (Henrik an den Reglern), und bei enormer Lautstärke eine Schneise in die Punkerleiber der ersten Reihen. Hier wird heute Brachialpogo betrieben, was ja auch nicht selbstverständlich ist. Ich bin gespannt, wie die Band darauf reagiert, als sich vorne vier bis fünf Kerle obenrum nackig machen, „Rendsburg Rendsburg asozial!“ skandieren und schließlich Hannes dazu auffordern, sich ebenfalls auszuziehen. Dieser bleibt pädagogisch korrekt gelassen: „Ach nö, das Ausziehen habe ich hinter mir, das hab ich zuletzt in meiner Henry-Rollins-Phase gemacht.“ So, bei welchen Songs hat Thrun jetzt am lautesten mitgeschrien? Ich schätze, es waren „Bundeswehr-karriere.de“, „1992“, „Böse oder Blöde“, „Ich so, Typ romantischer Rebell“ und eine der drei gespielten Versionen von „Ein deutsches Herz hat aufgehört zu schlagen“.   

 
ROBINSON KRAUSE sind ja im direkten Vergleich zugänglicher und etwas zärtlicher im Gesamtsound. Ob sie das Pogolevel halten können? Aber unbedingt! Denn der Härtegrad-Unterschied, eh ein quatschiges Vergleichslevel, besteht nur auf dem Papier. So wie heute habe ich die Krauses jedenfalls noch nie zupacken sehen. Blickste umher, siehste eigentlich überall nur im Takt nickende Köpfe und grinsende Gesichter. Und dann diese Texte. Wer mal das Hörbuch „Specki Diggersen: Im Bratschlauch nach Afrika“ gehört hat, welches dem „Gays Of Thunder“-Album beiliegt, weiß, dass mindestens Robin im Grunde vollständig dem Wahnsinn verfallen ist. Wahrscheinlich aber auch Aron und Öli. Obwohl: Total vernünftig klingt die Sache mit dem Säuferschutz. Die drei Krauses stellen das Ding zwischen den Stücken häppchenweise vor: Diese Versicherung greife bei allen Unglücken, Unfällen, Zerstörungen, Scheidungen etc., die auf suffbedingte Ursachen zurückzuführen sind. Nicht ganz einig ist sich das Trio hinsichtlich der Frage, ob der Säuferschutz schon auszahle, wenn man dort bisher lediglich ‘nen Deckel hat. Anyway, alles singt und pogt bei Liedern wie „Schnittlauch“, „Heben und Nehmen“, „Stress am Pierpilz“ oder „Fokker 100“. Beeindruckend kommen die Gesänge, die ineinandergreifen, sich abwechseln und dann wieder in den robinsonistischen Refrains gipfeln. Aber auch getrommelt und in fast alle Saiten (sechs braucht ja hier keiner) gewämst wird vortrefflich, jawoll!

 
Nebenbei zum musikalischen Geschehen sind aber auch so nette Menschen heute Abend anzutreffen. Da sabbeln wir uns noch lange fest und gehen erst, als die Saalordner mit dem Absperrgitter kommen.
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