MANOWAR / 03.12.2017 – Kiel, Sparkassen-Arena

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Lange hatte ich gezögert, mir ein MANOWAR-Ticket zu holen. Zu schlecht waren die letzten beiden Alben, zu desaströs die Berichte von durch Gesabbel und Solo-Einlagen zerfahrenen Konzerten. Als wir dann auch noch an den Tagen zuvor eigene Konzerte hatten, entschied ich mich für den Spontanversuch. Wäre schließlich ärgerlich, 100,- Euro für eine MANOWAR-Karte zu versenken und dann auf der A7 im Stau zu stehen. Am Sonntag sind wir dann aber rechtzeitig zurück in Kiel und letztendlich lande ich in der Sparkassen-Arena. Zum Glück! Denn allen berechtigten Zweifeln zum Trotz liefern die Kings Of Metal ein hervorragendes Konzert! Und ich zahle dafür… 12,60 €…


Ticket
Markthalle 1987, "Fighting The World "-Tour
 


Zunächst stehen aber Fragezeichen über meinem Kopf, zumindest müsste mich ein Comiczeichner so darstellen, während ich auf einem menschenleeren Vorplatz stehe. Ein Meer aus Dosen und Flaschen zeugt von heftiger Vorglüherei. Nur wo sind die dazugehörigen Schüttelrüben? Es ist doch nicht mal acht Uhr? Und von drinnen hört man bereits Klänge, die sich verdächtig nach Livemusik anhören. Fuck, das SIND ja bereits MANOWAR! Und sie klingen von draußen schon gut! Ich höre „Mountains“, „Secret Of Steel“ und „Herz aus Stahl“, während ich hektisch nach Kartenhändlern suche. Doch es gibt keine. Noch seltsamer: Alle Schotten der fucking Arena sind geschlossen. Auf Nachfrage erzählen mir gelangweilte Ordner, dass es bereits um halb acht begonnen habe, aber „da hinten, da oben da“ noch Karten gebe. Fehlanzeige, Tür ist auch zu. Ich treffe einen gesichtsbekannten Headbanger, der exakt dieselben Erfahrungen gemacht hat. Gemeinsam unrunden wir noch einmal die gesamte Halle – es gibt tatsächlich nirgendwo mehr einen Schalter geschweige denn überhaupt einen offenen Eingang zur Halle. Ist das hier immer so? Ich war tatsächlich das letzte Mal in der Hütte, als sie noch Ostseehalle hieß – 2006 bei DEEP PURPLE. Wir wollen schon aufgeben, uns ein paar Bier von der Tanke holen und von draußen zuhören, als ich das labberige Absperrband der Raucherecke erblicke. Wir grätschen rüber, schieben uns durch die Raucher*innen und werden an der Hintertür von einem Ordner nach Stempeln gefragt. „Haben keinen bekommen“, antworte ich. Nicht die ganze Wahrheit, aber auch nicht wirklich gelogen... „Na, dann geht mal durch!“ Geiler Typ! Wenn ich den mal bei Aldi treffe, bezahle ich seinen Einkauf! Euphorie durchströmt uns, vergleichbar mit dem Gefühl nach dem ersten erfolgreichen Klau bei Karstadt. Jetzt aber rein in die Meute! (Ach so, die 12,60 € erklären sich aus zwei Bier und einer Busfahrt…)

Ticket
Docks 1989, "Kings Of Metal"-Tour

Ticket
Sporthalle 1992, "Triumph Of Steel"/"Another Glory Ride"-Tour  

Mehrere Eindrücke auf einmal vernebeln die Sinne:

  • -      Eric Adams singt gut, richtig gut sogar!
  • -      Der Sound ist sehr geil. Verdammt laut, aber druckvoll und transparent.
  • -      Voll ist es auch, so viele Leute hätte ich nicht erwartet. Der Innenbereich ist komplett dicht, die Ränge auch gut besetzt (bis auf das obere Drittel oder so). Die KN sprechen später von 4500 Besucher*innen, also kann man gewiss von 6000 bis 8000 ausgehen...
  • -      Die Produktion, die MANOWAR auffahren, ist mächtig: Eine gigantische Videoleinwand umrahmt die Bühne, sodass es wirkt, als stünden die Musiker in einem Stadion. Gezeigt werden nicht nur die Musiker, sondern auch egoshooter-artige Videos.
  • -      Die Setlist killt!
 
Wir landen neben Tobi, Meddy, Thomas und anderen textsicheren Freaks ein gutes Stück vom Mischpult. Der Sound lässt die Hosenbeine flattern, Joeys Bass klingt monströser als manche Gitarre. Die Sicht ist trotz unserer guten Position nur suboptimal, irgendwie liegt die Bühne zu tief. Aber die Sicht ist eh ganz fix tränengetrübt, denn MANOWAR dengeln u.a. „Kings Of Metal“, „Kill With Power“, „Fighting The World“, „Sign Of The Hammer“, „The Power“, “Battle Hymn” und “Warriors Of The World United” in unsere kleinen Vogelköppe. In richtig guten Versionen, angetrieben von einem neuen Drummer, wie gesagt super gesungen von Eric Adams, der sein Formtief ähnlich wie Rob Halford offenbar überwunden hat. Das Gute: MANOWAR verzichten weitestgehend auf Bullshit und konzentrieren sich auf die Klassiker. Haben sie sich gar von den ROSS THE BOSS-Shows 2016/2017 inspirieren lassen? Natürlich gibt es auch alberne bis peinliche Momente: Immer wieder erweckt die Kameraführung durch ein Wackeln den Eindruck, als wäre der Klang so mächtig, dass die Erde bebt. Natürlich gibt es ein Bass-Solo mit anschließender Metal-Speech von Joey. Dieser erklärt, warum die Band in bestimmten Ländern nicht spiele (Schuld seien die fucking Promoter, welche die Band mit Billig-Equipment hätten abspeisen wollen. Es wird sogar ein Winz-Amp auf der Leinwand gezeigt, darunter die Zeile „40 $ Crap“.) Nur Deutschland sei geil. Auch „Asshole Journalists“ bekommen einen Diss: Einer habe es gewagt, Joey zu fragen, warum die Band sich selbst als „Kings Of Metal“ bezeichne. So ein Narr, diesen Namen hätten MANOWAR doch die Fans verliehen! Der Rant endet schließlich mit dem immerhin schön druckfähigen Spruch: „Schwing dein Ding aus Kruppstahl und hau weg die Scheiße!“ Und ein Päuschen gönnen sich die Krieger, indem eine Fotostrecke aus den fast vier Jahrzehnten Bandkarriere gezeigt wird, v.a. mit Crowd-Shots. Also im Grunde noch im Rahmen, wenn man bedenkt, dass die Show etwas über zwei Stunden dauert. Am Ende steigt der Betrachter der Videos zahllose Treppen empor, immer wieder werden Motive der Cover gezeigt, bis schließlich eine Gänsehaut-Version von „Hail And Kill“ und das alles zerstampfende „Black Wind, Fire And Steel“ das Konzert beenden inkl. Endlos-Knödel-Urschrei von Eric Adams. Natürlich bleibt der getreue Manowarrior und singt noch zum aus der Dose dudelnden „The Crown And The Ring“ mit.


Ticket
Sporthalle 1997, "Louder Than Hell"-Tour

TicketOstseehalle 2002, "Warriors Of The World"-Tour 

Ja, wenn das das Ende war, dann war es in der Tat würdig. Ob es wirklich „the final battle“ bleiben wird? Fahren sie das SCORPIONS-Modell oder machen sie es eher wie TWISTED SISTER? Ein paar Festival-Auftritte in der Zukunft fände ich persönlich legitim. Ich würde wetten, dass MANOWAR 2018 oder 2019 in Wacken auftauchen. Natürlich war die Band früher noch etwas agiler, natürlich hat Eric Adams in den Achtzigern und Neunzigern sogar noch besser gesungen und na klar spielt Karl Logan lange nicht so gefühlvoll Gitarre wie Ross The Boss. Und dennoch hat dieses Konzert berührt. Ich zitiere meinen Ex-Mit-Vladi Tobi: „Gestern wurde mir eins wieder bewusst. Die Musik, die ich höre, ist nicht einfach nur Musik. Es bedeutet für mich bedingungslose Liebe, absolute Hingabe und Leidenschaft. Es ist eine Lebenseinstellung. Das muss man nicht nachvollziehen können und niemand muss derart vernarrt, in diese Musik sein. Doch - ich liebe sie über alles. ...
Die Gefühle, die einem durch den Körper schießen, machen diese Musik so einzigartig. Pure Emotionen. Der Abend hatte gestern einen Gänsehautfaktor, welcher einen zum Truthahn mutieren lässt. Mein erstes Metalshirt war von Manowar "Battle Hymns". Mit Manowar hat es angefangen und diese Band wird mich auf ewig begleiten. Joey DeMaio sabbelt oft Unsinn, dennoch weist Manowar eine unglaubliche Musikalität auf, die nicht wegzusprechen ist. Man höre sich einfach mal "Mountains" oder "Secret of Steel" an. Hammer.
Eric Adams sang gestern wie ein junger Gott. Reine Bestleistung. Wahnsinn. Dazu der mächtige Sound, der den ganzen Körper durchgerüttelt und die Organe wie Gummibälle durch den Körper hüpfen lassen hat. Auch die Produktion war ziemlich amtlich. Joeys Basssolo ist so angebracht, wie schales Bier auf einem Manowar Konzert (Keine Sorge, alles war gut) und seine Rede ist einfach - ich nenne es mal - amüsant. Ich zähle das Konzert von gestern, zu meinen geilsten und besten Konzerten, die ich je sehen durfte. Meine Stimme ist nun ziemlich angeschlagen und mein Nacken dankt es mir heute nicht wirklich. Egal! Denn das war es wert. In diesem Sinne:
KIEL WITH POWER!“
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