IMPERIAL STATE ELECTRIC, DEAD LORD / 26.11.2017 – Hamburg, Hafenklang

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Während man im Metal-Mainstream zunehmend das Gefühl hat, dass dem Käufer eines 100-Euro-Tickets im Grunde jeglicher Scheiß als „Vorband“ zugemutet werden kann (FIVE FINGER DEATH PUNCH als Support für PRIEST, SHINEDOWN bei MAIDEN etc.), gibt’s bei Underground-Veranstaltungen noch richtige Traum-Packages. IMPERIAL STATE ELECTRIC und DEAD LORD auf einer Show – wie geil ist das bitte? In der Folge meldet das Hafenklang dann auch Wochen vorher sold-out. Ich war gespannt, ob es Besucher*innen geben würde, die sich jeweils nur für eine der beiden Bands interessieren und die andere links liegen lassen. Es scheint aber tatsächlich eher so, dass der optimale Effekt gelingt, beiden Kapellen neue Hörer*innen in die Arme zu treiben, denn die Aussage „Ich kannte die vorher gar nicht, aber die war’n ja super!“ fällt so und ähnlich formuliert sowohl nach DEAD LORD als auch nach IMPERIAL STATE ELECTRIC.

Fotos von Jan ML folgen. 
  
 
Eigentlich müsste ich DEAD LORD mittlerweile zu oft gesehen haben, um derartig begeistert zu werden, aber die Schweden gehen heute over the top auf der Bühne ab. Hakim Krim wirkt bisweilen regelrecht überdreht, zieht unfasslichste Grimassen und steigert seinen Phil Lynott-artigen Vortrag mehrfach in ein hyperventilierendes Kreischen. Er und Olle Hedenström hauen die Twin-Licks lässigst aus der Hüfte, ein Volltreffer jagt den anderen. Schließlich können DEAD LORD mittlerweile aus drei Tonträgern schöpfen und haben eine Setlist zusammengestellt, die schlicht keinen Hänger enthält. „Too Late“, „When History Repeats Itself“, „Kill Them All“, „No Regrets“, “Onkalo”, “Because Of Spite”, “Hank”, “Reruns” oder “Hammer To The Heart” seien spontan und ohne weitere Recherche genannt, um das zu belegen. Bei “Reruns” springt plötzlich ein der Redaktion namentlich bekannter Freak auf die Bühne, drängelt sich ans Mikro und singt herrlich schief die Zeilen “Tired of reruns in my head, they never leave me be / Tired of dancing with the dead, tired of humanity / Loneliness, Loneliness, Loneliness won't leave me alone  / Loneliness just won't leave me alone, no“, was Hakim Krim danach mit einem trockenen “Anybody wanna try the drums now?” kommentiert. Wie immer: Sie haben uns mit ihrem Rock gerockt!


IMPERIAL STATE ELECTRIC haben seit ihrer letzten Tour offenbar an Popularität gewonnen, was nur gerecht ist. Besser geht’s schlicht nicht, wenn man auf Rock’n’Roll steht, der Einflüsse von KISS, MC5, den BEATLES, Soul und Blues zulässt. Beim letzten Mal im Februar dauerte es etwas, bis das Publikum so richtig in Fahrt kam, heute geht das schneller, wobei auch dieser Auftritt in einer klar ansteigenden Spannungskurve verläuft. Nicke Andersson und Tobias Egge riffen, bis der Horizont glüht, und das muss einfach mal konstatiert werden: Die ISE-Riffs sind das eine schlagkräftige Argument, welches für die Band spricht. Das andere sind die Hooks, die wirklich widerborstig im Fleisch der Ohrmuschel stecken bleiben, ich sage nur „It Ain’t What You Think (It’s What You Do)“, „Empire Of Fire“ oder „All Through The Night“. Doch halt! Es gibt sogar noch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Schweden – die Tatsache, dass alle Bandmitglieder super Stimmen haben und sich die Gesangspassagen aufteilen. Hamburg feiert diesen letzten Tourtag, der sich ein grandioses Finale steigert: Zum Schluss kommen die DEAD LORD-Nasen auf die Bühne, Olle schnappt sich eine Gitarre und es gibt ein gelungenes THIN-LIZZY-Cover von „The Rocker“. Ich liebe diesen Song! Damit nicht genug, denn Johanna Sadonis (LUCIFER) kommt dazu und schmettert ein herrliches „Beer Drinkers & Hell Raisers“. Das Rock’n’Roll-Traumpaar Johanna & Nicke gönnt sich noch einen Kuss auf der Bühne – love, beer and stagedivers are in the air tonight!

 
Die nächste IMPERIAL STATE ELECTRIC-Album ist bereits vorzubestellen, die LUCIFER (da spielt Nicke jetzt auch mit) wird gerade aufgenommen und dann kommen ja auch noch die Alben von ENTOMBED und DEATH BREATH (die HELLACOPTERS sollen wohl nur noch Liveauftritte machen, aber mal abwarten). Amtlich Stoff zum Abernten für die Electric Legions!
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