Stonehenge Festival Steenwijk, NL 29.07.17

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Strange Sachen passieren, wenn der Musikliebhaber gerne einmal GODFLESH sehen möchte. Headliner-Touren fallen aus, Support-Touren (für Neurosis z. B.) werden kurzfristig abgesagt. Und die allerletze Tour zur Hymns-Scheibe (als Support für Fear Factory und Devin Townsend) findet überall statt nur nicht der Gig von GODFLESH in HH. Ted Parsons hatte seine Freundin in Schweden besucht, den Zug verpasst und Justin K. Broadrick, der alte Perfektionist wollte nicht ohne Ted auftreten. Hatte wohl den Laptop nicht mit. Der einsprungbereite Gene Hoglan war dem feinen Herrn auch nicht gut genug. Nach der Tour 2002 galt die Band dann als aufgelöst. Alles Scheiße an der Live-Front also!




Seit 2010 werden aber wieder Konzerte zu zweit gespielt (ohne die unzuverlässigen Drummer). Äußerst sporadisch allerdings nur. Mal ein Festival-Auftritt in Tschechien oder Frankreich (nach einer halben Stunde abgebrochen wegen Soundproblemen). Ein einzelner Gig in Birmingham oder Italien. Eine ganze Tour in den USA! Aber nichts "in der Nähe".

Dann im März(?) die Ankündigung für das Stonehenge. Nur grob 450 km entfernt. Das geht doch. Mitreisewillige sind schnell gefunden aber wir einigen uns darauf mindestens noch einen Monat abzuwarten mit dem Ticketkauf. Mit Sicherheit werden sie noch absagen (30€ für 30 Bands!, Frühbuchertickets für 20€ waren schon ausverkauft).
Anfang Mai kaufe ich todesmutig 3 Tickets, der vierte Kollege will sich aus den oben genannte Gründen immer noch nicht festlegen. Ende Juni heißt es allerdings: Ausverkauft! 3-köpfige Reisegruppe.



Anfang Juli dann gute Nachrichten: Immer noch nicht abgesagt und Headliner Morbid Angel werden durch CARCASS ersetzt.
Entgegen aller Vernunft entscheiden wir uns die Tour an einem Tag durchzuziehen und nach dem Konzert die direkte Heimreise anzutreten. Ein Hotel buchen wäre sicherlich die bessere Alternative gewesen.

Das Festival startet um 10 Uhr, wir fahren aber erst gegen 12:30 in Kiel los. Mit Wechselklamotten an Bord und kulinarisch ausgerüstet als wollten wir für eine Woche nach Roskilde. Die späte Abfahrt: Es geht uns wirklich nur um den Godflesh-Auftritt, aber da uns der Herr Klemsen ABSU ans Herz gelegt hat zielen wir auf eine Ankunft gegen 18:00 Uhr. Zähflüssiger Verkehr auf der Strecke lässt uns die Marke zwar reißen, aber es reicht noch für ein wenig ABSU. Haben wir also "nur" 23 Bands verpasst.

Ein Parkplatz in direkter Nähe zum Festival verwundert (5 Minuten von den Bühnen entfernt). Kommen die hier alle noch später als wir? Es beginnt ganz leicht zu regnen.
Der Zaun ums Gelände ist keine 2 Meter hoch, wer sich den Eintritt sparen wollte, könnte sich auf die gegenüberliegende Straßenseite setzen und beide Bühnen einsehen. Macht aber niemand. Einlasskontrollen nahezu keine. Alles in Deutschland undenkbar.

Das ganze findet auf einem Parkplatz zwischen einem Kulturzentrum und dem Bahnhof statt, auf einem Gelände, kleiner als der Kieler Bahnhofsvorplatz. Ausverkauft gilt hier scheinbar ab ca. 3.000 Metallern.

ABSU: Den Drumpart von Proscriptor McGovern haben wir leider verpasst, er tanzt also schon Schamanen-like mit seiner FransenJacke am Bühnenrand, wälzt sich, fleht, keift, jammert und verschwindet immer mal wieder aus dem Sichtfeld. Black Metal. Ein ganz guter Start, humorvoll, aber nichts Weltbewegendes. Sorry.

Der Alkohol-Level der meisten Besucher deutet daraufhin, dass die meisten schon vormittags dabei waren. Auch die Sonnenbrände in den Gesichtern bestätigen diese Theorie. Der Regen steigert sich zu einem netten Dauerregen, Jacken und Schuhe halten (noch). Die meisten sind nur im T-Shirt vor Ort und sehr schnell durch...

Bei zwei Bühnen wird im fliegenden Wechsel gespielt. Wer sich den ganzen Tag gönnt hat 14 Stunden Dauerbeschallung mit Extremmetall. Yippie!
BENIGHTED spielen einen neumodischen Death Metal der uns dreien überhaupt nicht zusagt, also erkunden wir das Gelände im sich stetig steigernden Regen. Platten- und T-Shirtstände sind schnell langweilig, aber nicht ansatzweise so langweilig wie die Band. Mit Leute gucken und Witzen über Godflesh und den Regen vertreiben wir uns die Zeit.



KRISIUN sind danach um Längen besser, aber die Kleidung ist inzwischen durch und durch feucht. Ein kurzer Gang zum Auto beschert uns 10 Minuten in Trockenheit, Getränke und vernünftiges Essen zum Selbstkostenpreis.

Zu MACABRE sind wir wieder da und die drei Wurzelgreise machen ordentlich Spaß, die humorigen Ansagen zu den Abschlachte-Liedern sind teilweise länger als die Songs selbst. Auch ein als Leatherface verkleideter Roadie passt ins alberne Bild. Würde ich mir wieder ansehen.

Darf man MARDUK jetzt mögen? Die ganze Kriegsverherrlichung nervt doch irgendwie und dumme Interviews scheinen ja auch keine Seltenheit zu sein. Vom Auftritt, Sound und Gehabe auf der Bühne wirkt die Band allerdings wie der erste "professionelle" Act. Aber bevor man meint hier gibt es nichts zu lachen, kommt eine erstklassig tanzbare Disco-Nummer. Keine Ahnung wie sie heißt, aber definitiv mein Lieblingssong des Abends (bis hierhin).



Auf der anderen Bühne wird währenddessen eine Leinwand aufgebaut, das riecht ja dann doch verdächtig nach GODFLESH. Wir lassen Marduk Marduk sein und sammeln uns mit den wenigen anderen, die auch eher monothematisch interessiert sind schon mal vor der Bühne. Da sind auch schon die heiß erwarteten Protagonisten Justin K. Broadrick und G. C. Green und soundchecken um die Wette. Sieht nach Soundproblemen aus. Warum auch nicht, gesehen haben wir sie ja jetzt, heißt noch lange nicht, dass sie spielen...



Unglaublicherweise kann der Regen noch mal zulegen. Das Frauen-EM-Spiel D-land gegen die Niederlande wird an diesem Abend auf Grund der Regenfälle abgesagt. Viele Festivalbesucher scheinen auch den Nachhauseweg angetreten zu haben. Jedenfalls wirkt das Gelände langsam verwaist.
23:00 offizielle Startzeit für GODFLESH. Immer noch Soundprobleme. Das anwesende Restpublikum wird nervös (wir) oder respektlos (die meisten anderen). Der Veranstalter bittet um Geduld (bei uns) und Fairness (bei den anderen). Inzwischen macht unsere Anreise bei einigen Godflesh-Anhängern die Runde, 5 Stunden Anreise gegen die Anzahl der Konzerte die jene schon besucht haben. We lose!

Um 23:20 Uhr sagen sich die beiden Helden "Fuck it!" und fangen einfach an, scheiß auf den Sound. Es bleiben immerhin 40 Minuten Spielzeit. Der Lärm pendelt sich zumindest für's Publikum gegen Ende des Openers LIKE RATS brauchbar ein, der auf der Bühne braucht noch ein bis zwei Songs mehr. Egal. Sie spielen. Endlich!



10 Menschen sind bereit sich vor der Bühne zu bewegen, der Rest steht rum, sucht Schutz vorm Regen (HA HA!) oder geht kurze Zeit später auch nach Hause. CHRISTBAIT RISING und STREETCLEANER sind die nächsten Songs. Druck, Druck!, DRUCK!!!
TINY TEARS, AVALANCHE MASTER SONG, neue Songs sind heute nicht im Angebot. Die Bewegung hält uns warm (na ja). Zum Abschluß brennen SPITE und MOTHRA noch die restlichen Synapsen weg. Kein CRUSH MY SOUL und keine Zugabe möglich, CARCASS stehen schon auf der anderen Bühne vor den letzten 30 Zuschauern.



Aber wir sind nass, so nass. Und es wird kalt, so kalt. Scheiß was auf CARCASS! Sie begleiten musikalisch immerhin noch den Weg zum Auto. Klamottenwechsel. Selbst die Unterhosen sind durchnässt.
Mate, vegane Gummibärchen, Studentenfutter (und die Heizung!!) versüßen uns dann die 4,5 Stunden zurück nach Hause. Ich war um 5 im Bett und die nächsten Tage hatten alle mit Wahrnehmungsstörungen zu kämpfen.
Nie wieder ohne Hotel. Oder doch lieber gleich: Nie wieder so eine lange Anfahrt, das steht doch in keinem Verhältnis mehr zum Nutzen. Hmm, wir waren uns aber schon alle einig, dass es sich gelohnt hat, also für GODFLESH jetzt. War ja auch nicht viel länger als die Tour nach Malmö im Februar für JESU & SUN KIL MOON, nur halt wesentlich feuchter...



Die Early Bird-Tickets gibt es bereits für 2018, bestätigt sind bisher PESTILENCE, GRAVE, CARNIFEX und FIRESPAWN. Das würde sich ja schon wieder lohnen...seufz!


Fotos von Karsten (alle Godflesh)
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