TOTAL CHAOS, EAT THE BITCH / 20.07.2017 – Kiel, Schaubude

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Drei TOTAL-CHAOS-Berichte finden sich jetzt in der Dremu-Datenbank. Die LA-Punks mit anteiliger Bremen-Homebase waren mittlerweile schon in der Meierei, in der Räucherei und heute zum zweiten Mal in der Schaubude, kommen somit offenbar gern nach Kiel. Mit Recht natürlich, schließlich sind hier die netten Punks zu Hause. Und die kommen – naja, fast – alle, lohnt sich der Konzertbesuch durch die Hamburger*innen EAT THE BITCH doch gleich doppelt.


Und EAT THE BITCH sind einfach in allen Belangen ein Stück besser geworden. Nun hatte ich sie bisher zwei Mal im Bunker unter harten Klangbedingungen gehört, während es heute fettklaren Bockysound zu genießen gibt. Johannas Gesang wechselt zwischen ultraangepisst aggro und in bester HANS-A-PLAST-Referenz melodisch, letzteres aber mit so einem geil übergeschnappten Touch. Von Perfektion ist das Zusammenspiel zum Glück noch ein paar Meter entfernt, aber die Band wirkt entschlossener und rabiater als zuletzt. Besonders Schlagzeugerin Linda kesselt ohne Unterlass und zieht dabei ‘ne finstere Flunsch. Mittlerweile gibt’s auch eine „richtige“ CD, die „Desillusioniert“ heißt und elf Songs, Texte sowie Downloaddingsie enthält. Textauszüge wie „Hand aufs Herz und das Herz auf der Zunge, / poröse Niere und teerverdreckte Lunge / Statt es auszuspucken, lernen wir weiter zu schlucken / fressen es in uns hinein und gehen letzten Endes ein“ oder „Irgendwie haltlos in einer Welt, / die doch so von Struktur geprägt, / ist Schein viel wichtiger als Sein.“ unterstreichen den Albumtitel. Die Besucher*innen halten sich zwar noch mit Tanzmoves zurück, aber ich habe den Eindruck, dass es so ziemlich allen gut gefällt. Ich freu mich schon aufs nächste Mal!


Bei TOTAL CHAOS weißte, was du bekommst, nämlich stumpf auf die Fresse. Abwechslung? Hahaha! Aber gerade das ist so schön, solche Bands sind viel zu selten geworden. Derbster Punk, der wütend nach vorne drischt und du stehst zwischen herumwirbelnden Körpern und fühlst dich, als ob ein Sandsturm dir eine Hautschicht nach der anderen vom Gesicht scheuert. Übrig bleibt die grinsende Knochenvisage. Der Schlagzeuger kennt nur einen Auftrag: gnadenlos nach vorne zu galoppieren. Rob Chaos schreit und gurgelt dazu mit beeindruckender Eindringlichkeit, die nach fast 30 Jahren Bandexistenz auch nicht selbstverständlich ist. Wenn ich von „stumpfer“ Attacke spreche, will ich damit natürlich keineswegs die musikalische Qualität in Frage stellen – die Fucker sind fit und zocken alle exakt auf den Punkt. Das soll eben genau so klingen, was auch ein neuer Song unterstreicht, der „Street Punx“ heißt und genauso gut von einer zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre alten Platte der Band stammen könnte. Die eingehärteten Refrains zünden beim ersten Kontakt und peitschen die Schubser unter den Besucher*innen zu mehr Geschubse an. „Police Rat“ wird den G20-Cops gewidmet. (Was, ich dachte, da habe es keine Polizeigewalt gegeben?) Andere Klassiker wie „Riot City“, „Complete Control“, „Unite To Fight“ oder „Total Massacre“ hätten witzigerweise auch alle gut zum Thema gepasst. Ach ja, die Optik der Band sollte nicht unerwähnt bleiben: Angesichts vier verschiedener Frisen - Spikes, Doppel-Iro, Stacheln und fettigem Langhaar – kannste deinen Lieblings-TOTAL-CHAOS-Musikanten wählen. Im Grunde müsste es Actionfiguren wie von KISS von denen geben.


Schöne Sache. Bis zum nächsten TOTAL-CHAOS-Abriss!
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