RATOS DE PORAO, TERROR REVOLUCIONÁRIO, KILLBITE / 09.07.2017 – Hamburg, Bambi Galore

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ENDLICH eröffnet sich die Chance, RATOS DE PORAO mal wieder live zu sehen! Die Band ist zwar irgendwie immer aktiv und veröffentlicht ohne viel Klimbim einen Killertonträger nach dem anderen, aber live bekommt mensch sie extrem selten zu fassen, zumindest diesseits des großen Teiches. So liegt mein letztes und einziges RATOS-Konzi nicht nur Jahre, sondern ganze Jahrzehnte zurück. Es muss in den Neunzigern gewesen sein, als die Brasilianer das MarX zerlegt haben. (Weiß jemand das genaue Datum?) Das Ding ist mir als totales Highlight in Erinnerung geblieben, entfesselte Energie und ein Gordo, den seine damalige Körperfülle nicht davon abgehalten hatte, wie ein Flummi herumzuspringen. Eines der Konzerte, die der Grund dafür sind, warum ich auf Konzerte gehe, wenn ihr versteht, was ich meine.


Als wir ankommen, zocken KILLBITE bereits. Also sämtliche Begrüßungsversuche aus dem Mob mit arroganter Miene ignoriert und ab vor die Bühne! Doch was ist das? Wo ist Alex? Jedenfalls nicht am Mikro. Stattdessen teilen sich Ballo (d) und Clemens (b) die Gesänge (eher: das Gebrüll). Klappt durchaus gut, wobei es natürlich mit Extra-Sänger den größeren Anschockereffekt hat. Ansonsten aber hab ich KILLBITE noch nie so geil gesehen. Nein, gehört, sollte ich sagen, denn das liegt vor allem an dem massiven Sound, der heute aus den Boxen prasselt. Da klingen Ballos Drums derart mächtig, als rolle gerade eine Lawine auf dich zu. Songs wie „In A Kid's View“, „Break Down All Borders“, „Wutbürger“ oder „Brillant Hell“ kommen in diesem Gewand ebenso brachial wie edelcrustig.


Die Stimmung an diesem Abend ist natürlich erst mal gemischt. Nach den G20-Tagen kommt die Sorge auf, dass schwere Zeiten für die Rote Flora, ja vielleicht für autonome Zentren generell auf uns zukommen werden. Bedenklich!


Eine uns noch völlig unbekannte Band namens TERROR REVOLUCIONÁRIO kommt da gerade richtig. Deren Sound ist dazu wie geschaffen, neuen Mut zu schöpfen. Garstig growlt der Sänger, während er durch das halbe Bambi tigert und jeden anschubst, der noch nicht so richtig in Wallung gekommen ist. Die Bassistin hat vielleicht sogar die noch fiesere Stimme und faucht uns raubtierartig ihre Wut in die Hackfressen. Die Songs sind Ein-Minuten-Eruptionen zwischen Hardcore/Punk und Crust. Sozusagen RATOS ohne Metaleinschlag. Auf Bandcamp wird das Tier an der „Bateria“ als Jeffer Hellmatismo angegeben. Ich weiß zwar nicht, ob die Angaben aktuell sind, aber das würd passen. Der Gute muss zwar immer mal instruiert werden (der Gitarrist ist offenbar der Chef), wann und wie er einzusetzen hat, aber wenn es läuft, dann läuft's. Es wird viel gelacht auf der Bühne - TERROR REVOLUCIONÁRIO haben ganz offensichtlich einen riesigen Spaß. Die Wildheit und Spontanität ihres Auftritts gefällt mir super und reißt schließlich auch den ganzen Laden mit.


Schöne Sache: In den Pausen läuft eine Amiband durch die Gegend und schnorrt alle anwesenden Musiker um Instrumente und Backline an. Die Kollegen sind gerade auf Tour, haben heute aber (noch) keinen Gig und zecken sich tatsächlich heute noch aufs Billing. Daumen hoch für Flo, welcher der Truppe einen Slot nach dem RDP-Auftritt freimacht.


Bei RATOS DE PORAO brechen dann alle Dämme. Alt sind sie geworden, graue Haare, weiße Bärte, aber das verschmitzte Lächeln ist nicht aus Gordos Gesicht geschwunden. Der Gitarrist, merkt Strecker völlig richtig an, erinnert in Physiognomie und Bühnengebaren sehr an Pete Stoeckicht (BONEHOUSE, MÖRDER), allerdings trägt er Schuhe. Anyway, die Kellerratten lassen den Orkan frei. Hochgeschwindigkeits-HARDCORE mit angepisstem Gebrüll! Das Energielevel, auf welches sich RATOS bei Geschosen wie "Terror Declarado", "Medo" oder "Vai Ficar Preto" gegenseitig hochputschen, ist einfach UNGLAUBLICH. Ein Thrash Metal-Einschlag lässt sich ebensowenig von der Hand weisen wie `ne Crust-Kante. Ab und zu blitzen sogar mal Melodien auf ("Fragments Of Conquest" oder "Rabia Social"). Gordo ist mit den Moves vorsichtiger geworden, strahlt aber grenzenlosen Spielbock aus. Ich kann mir vorstellen, dass diese hochexplosive Mischung auf dem OBSCENE EXTREME total gezündet haben muss. Wobei RDP eben auch oder sogar gerade in diesen kleinen Läden funktionieren. Das Bambi ist zwar nicht vollbesetzt, aber nahezu alle Anwesenden begeben sich in den vorderen Bereich und slammen. Bei derartig alten Bands wird ja häufig an der Setlist gemeckert – das Problem haben RATOS eigentlich nicht, da sie in allen Phasen der Bandgeschichte mit starken Songs überzeugt haben. Es ist vielleicht mal etwas metallischer, mal etwas punkiger – die rohe Power und dieses Chaosgefühl versprüht die Band jedoch immer! Hammerauftritt, der jenem eingangs erwähnten in nichts nachsteht.


Leider müssen wir uns dann entfernen und bekommen nichts mehr von der Spontanband mit. Ärgerlicherweise fällt dann der Zug aus, den wir nehmen wollen und so hätten wir im Nachhinein doch noch länger bleiben können. So wird halt mehr Bier getrunken und weniger geschlafen.

Kommentare   

+4 #1 bernd 2017-07-11 12:51
sehr schön!
die überraschnungsbänd (WILT) war übrigens auch noch ganz schmissig.
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