CAMPUS FESTIVAL 2017 mit u.a. EGOTRONIC, THE BABOON SHOW, DRANGSAL, STUMBLING PINS / 27.05.2017 – Kiel, Audimax Vorplatz

0 Dislike0
THE BABOON SHOW
Wie gut ist das denn? Ein Umsonst-und-draußen-Festival wenige Minuten Fußweg von meiner Haustür entfernt, auf welchem mindestens zwei Bands spielen, die ich richtig gut finde. Zudem noch mit politischem Anspruch: „Der AStA Uni Kiel präsentiert zum zweiten Mal das festival contre le racisme an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Das festival contre le racisme ist ein politisches Festival gegen jede Ausgrenzung und Diskriminierung. Wir rufen zu mehr Solidarität und Refugee Support auf und zeigen, dass rechtes Gedankengut keinen Platz an der Uni oder sonst wo hat. Nicht zuletzt zeigt die Zustimmung für rassistische Parteien deutlich: Dem Rechtsruck in der Gesellschaft muss etwas entgegengesetzt werden.“ (aus der Veranstaltungseinladung)

Audimax
Fotos von Svetlana Grigorieva  

Nur der frühe Beginn ist für uns nicht zu schaffen, zog sich die letzte Nacht doch mit einer privaten Party auffem Dorf hart in die Länge (es gibt übrigens zwei Orte mit dem Namen Schönhorst in Schleswig-Holstein, die nur ca. 20 min Autofahrt voneinander entfernt liegen. Muss man wissen). Aber während wir uns dem Audimax nähern, schält sich ein Instrument nach dem anderen aus dem Äther. Am Brauereiviertel beginnen wir die Drums zu hören, es folgt der Gesang, dann die Gitarren und schließlich der Bass. Spätestens bei Punkt zwei sind wir uns sicher: Dat ist Willer, das sind die STUMBLING PINS.

STUMBLING PINSPINS


Vor der Bühne ist es schön laut und es drückt tatsächlich enorm, was ich so gar nicht zu hoffen gewagt hätte. Ab und zu brüllt ein irritierendes Brummen aus der Anlage, was die Band etwas bekümmert. Den Besucher*innen ist das Störgeräusch aber wumpe und es lässt sich ganz klar von einem weiteren PINS-Auftritt in gewohnter Qualität berichten. Die Jungs sind schließlich nicht umsonst unlängst beim Dremupoll zur „Liveband des Jahres 2016“ gewählt worden, nech. Die Melodien entfalten sich ebenso wie ihre Botschaften, was bei einem meiner Lieblingsstücke, „Off The Beaten Track“, für Gänsehautattacken sorgt. Auch toll: Das eingängige „Ode To Joy“ sowie „The Beauty In Imperfection“ mit Flicke als Gastsängerin.

 
PINSPINS
 

Das Audimaxgebäude ist eigentlich potthässlich, spendet aber vor der Bühne angenehmen Schatten, während mensch in Mensanähe auf dem sonnenbeschienenen Rasen herumlümmeln kann. Überall gibt’s Stände mit Infokram, Merch, Bier und veganen Leckereien. Die Stimmung ist somit höchst entspannt, als DRANGSAL loslegen. Angesichts des Bandnamens hatte ich pöbeligen Deutschpunk erwartet, doch gleich bei den ersten Akkorden schießt mir eine JOY-DIVISION-Assoziation durch den Schädel. Das zum Teil leicht gestelzt wirkende Pathos in Stimme, Texten und Bühnengebaren sorgt unten für unterschiedlichste Reaktionen – Ablehnung, Amüsiertheit, Zuspruch… Ich finde DRANGSAL tatsächlich gar nicht schlecht und habe Spaß an den wabernden Synthieteppichen und dem leidenden Vortrag des Sängers, muss aber häufig auch grinsen, wenn ganz dicke aufgetragen wird. Die ersten Songs kommen mit deutschen Texten, oft handeln sie von verschmähter Liebe und Zeilen wie „deine Blicke machten mich zum Kastraten“ sorgen vielfach für hochgezogene Augenbrauen. Zum Abschluss überrascht die Band aus Herxheim mit einem METALLICA-Cover von „For Whom The Bell Tolls“, das tatsächlich in voller Länge gezockt wird und definitiv ‘ne interessante Version darstellt. Also, mutig sind diese DRANGSAL.

 
DRANGSALDRANGSAL
 

THE BABOON SHOW legen dann wie gewohnt los wie die Feuerwehr und versprühen bei 1A-Sound sofort eine ansteckende Spielfreude. Cecilia flitzt über die Bühne und lässt sich nicht anmerken, dass die Band um 4:00 Uhr morgens aufstehen musste, um für diese Show pünktlich zu sein. Die Mischung aus Punk, Hardrock und Rock’n’Roll zündet einfach immer, zumal die rotzig gesungenen Hooklines unwiderstehlich sind. Die Stücke der neuen Platte reihen sich in der Hinsicht klar ein und so kommt im Grunde ein Hit nach dem anderen, ich picke einfach mal eine Handvoll als Beispiele heraus: Da wären „Queen Of The Dagger“, „Me, Myself And I“, "Tonight", „Working All Night And Day“, „Punk Rock Harbour“, „You Got A Problem Without Knowing It“, „Faster Faster Harder Harder“ oder „Gareth“ zu nennen, letzteres wieder mit dem Break im Mittelteil, bei dem Niclas Svensson die Sticks weglegt, sich Cecilias Mikro schnappt und am Bühnenrand den geliebten Boss lobpreist.

THE BABOON SHOWTHE BABOON SHOW


Schon geil, wenn auf dem sonst langweiligen Campusgelände eine Rock’n’Roll-Party gefeiert wird. Den Höhepunkt markiert ein ausgedehnter Crowdsurfing-Trip von Cecilia, die sich während des Surfens noch ein Bier reichen lässt. Diese Band liefert einfach immer, ich habe nichts zu meckern.

 
THE BABOON SHOWTHE BABOON SHOW
 

EGOTRONIC sind dann gar nicht so sehr von Electro-Einflüssen geprägt, wie ich erwartet hatte (ich kenne die Band lediglich vom Namen her), tatsächlich sitzt da auch ‘n Mensch an ‘nem richtigen Schlagzeug und ein anderer Mensch spielt ‘ne richtige Gitarre… Instrumental also eher klassisch Punk. Die Mucke ist ansonsten recht egal – nervt nicht, schockt aber auch nicht an. Sehr schön sind aber die Ansagen, in denen sich der Sänger über eine liberale Hochschulgruppe lustig macht, welche den EGOTRONIC-Gig habe verhindern wollen. Eine bessere Vorlage kann es ja gar nicht geben. Leider bekomme ich die Ansagen nicht mehr wörtlich auf die Kette, geil war auch so eine Art Gedicht als Hymne an die Alliierten („Ich muss die Alliierten loben, denn alles Gute kommt von oben“) und überhaupt wird in jedem zweiten Stück Deutschland zerstört.

EGOTRONICEGOTRONIC


Der Mob randaliert und tanzt dazu. Ich kann mich aber irgendwann kaum noch auf das Geschehen vor mir konzentrieren, weil ich ständig zum Audimax glotzen muss. Alle Fenster sind mit LED-Dingsies bestückt worden, sodass das gesamte Gebäude als gigantische Lichtshow funktioniert. Ich feier das schon ziemlich: Hatte ich diesen Klotz bis heute mit langweiliger Bürokratie und Warterei auf irgendwelche Bescheinigungen verbunden, liefert es heute die optische Untermalung zu Songtiteln wie „Raven gegen Deutschland“, haha! Respekt an die Orga, dass hier derart klar positionierte Bands auf dem Campus zocken dürfen.

EGOTRONICEGOTRONIC

Weitere Fotos in der Galerie

Campus
Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv