YOUTH AVOIDERS, STALLED MINDS / 14.05.2017 – Kiel, Medusa

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Philipp: Nachdem ich mehrere positive Reviews von YOUTH-AVOIDERS-Tonträgern gelesen hatte und die PINS die Band in ihrem PLASTIC-BOMB-Interview empfahlen, erntete ich den selbstbetitelten Longplayer ab. Das Ergebnis: Begeisterung. Um so doller freute ich mich, als bekannt wurde, dass die Pflasterstein-Crew die Punks aus Paris fürs Medusa gebucht hatte.

Und der heutige Tag ist dann auch noch so schön! Als ich gegen 21.15 Uhr mit dem Rad übern Vineta eiere, ist es immer noch warm und ich muss zwischen spielenden Kindern und pöbelnden Zecher*innen meine Slalomkünste unter Beweis stellen. Während die beiden erwähnten Bevölkerungsgruppen bald zu Bett gehen dürften (bei den Kindern bin ich mir nicht sicher), schlafen andere noch: Ein Pärchen ruht auf den Sofas des Medusa und wie mir jemand erzählt, lagen die da schon, als die Konzertgruppe mit dem Aufbau begonnen hat. Ist ja auch gemütlich im Medusa. (Übrigens stehen beide nach dem Youth-Avoiders-Auftritt doch mal auf…)

Dirk: Zwei Bands aus Paris. Hierbei ist eventl. zu erwähnen, dass beide Bands aus fast den gleichen Leuten bestehen. Mit nur ‘nem kleinem Besetzungswechsel. STALLED MINDS und YOUTH AVOIDERS bringen Punk und Hardcore ins Medusa.

 
Philipp: Ja, ein zukunftsträchtiges Konzept angesichts sinkender Tonträgerabsätze: Sei deine eigene Vorband! Dann mit beiden Bands auf Tour gehen und natürlich jeweils separat die fette Gage einstreichen. Aber bei STALLED MINDS scheint die Tourbesetzung nicht der sonstigen zu entsprechen. Auf der nach dem Konzi abgeernteten Single ist jedenfalls eine Bassistin vermerkt. Somit hat der YOUTH-AVOIDERS-Sänger hier vielleicht nur temporär ausgeholfen? Anyway, die Band zockt schön luftig und bereitet mir auf Anhieb Spaß. Flotter Garage Punk mit viel Hall auf der Stimme erfreut die Sinne. Die Vibes im proppevollen Medusa sind greifbar positiv. Ob mit dem Titel „Shit City“ etwa Paris gemeint ist? Ist offenbar ein globales Phänomen – als Punker hasste halt deine Stadt, selbst wenn dir jede*r erzählt, wie schön diese doch sei. Geile Band, oder was sagst du, Dirk?  

Dirk: Erstere zocken netten, nicht zu abgedrehten Punk. Gesang gewollt verhallt. Sound gut und die Menge feiert sich nebenbei ein bisschen in Stimmung. Die Band selbst ist entspannt und dreht noch nicht so ab... Ich ziehe ein wenig umher und halte bis zum Ende des Gigs noch einen Plausch am Gartenteich. STALLED MINDS ist ok, aber vielleicht bin ich einfach noch nicht warm. 


Philipp: Bei den YOUTH AVOIDERS ist dann allerdings nochmal ein ganz anderer Zug drin. Ich hab quasi sofort die Tanzschuhe an und kann schlicht nicht anders, als mich zu bewegen. Schlagzeuger und Gitarrist sind an ihren Plätzen geblieben, wobei letzterer übrigens bei STALLED MINDS gesungen hatte. Der Bassist übergibt sein Instrument an ein viertes Bandmitglied und ist fortan für die Vocals zuständig. Alle vier sind Meister der Effizienz – Hardcore/Punkbands gibt’s viele, auch zahlreiche gute, klar, aber YOUTH AVOIDERS haben das legendäre Etwas, was eine hervorragende Band von den „nur“ guten unterscheidet. Alles treibt und dengelt, steht immer kurz vor der Explosion, ist aber jederzeit melodisch. Der Gitarrist mag es nur leicht verzerrt, was ja häufig umso wilder und dreckiger klingt. Aber das ist nur ein Pluspunkt – Bass und Drums sorgen zudem für einen Höllenalarm mit pumpenden Rhythmen, zu denen nach wenigen Songs fast alle Anwesenden abgehen. Und der Sänger bewegt sich zwischen aggressiven Shouts sowie eindringlicher Cremigkeit. Hölle, aber das wär ja alles nichts, wenn das Songwriting nicht stimmen würde. Und gerade das ist das Geile – die Songs hämmern in wenigen Minuten derart catchy durch die Hütte, dass du dem gerade gespielten Biest noch hinterherhechelst, während der nächste schon beginnt. Killer!  

Dirk: Doch die 2. Combo belehrt mich eines Besseren. Es lag doch am Bühnenabgehfaktor, der innerhalb der nächsten (weiß gar nicht, wie lange die eigentlich gespielt haben) 40 Minuten um ein Vielfaches nach oben geschraubt wurde. YOUTH AVOIDERS machen Hardcore. So richtig schnell, mit geilem Shouter, der sich in die Annalen der HC-Fronter schreit, einem Drummer, der nach jedem Break einen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen versucht und einer Klampfenfraktion, die gekonnt die scharfen Riffgewitter in die Gehörgange der nach kurzer Zeit tobenden Masse presst. YOUTH AVOIDERS zünden in drei Sekunden von 0 auf 300 und feuern eine Granate nach der Nächsten in die hüpfende HC-Crowd. Meine Fresse, ist das geil! So kann ich nicht anders und zolle ihnen verdienten Respekt durch lautes Gröhlen am Bühenrandbereich. Das war richtig schön aufs Maul grade! Überzeugt von dem Geballer, stecke ich die für Gerstensaft geplanten Kröten in ein schönes Vinyl dieses Krachers aus Frankreich. Laser!


Philipp: Eben. Es ist so halb zwölf, als ich zurückradele – die Stadt ist immer noch wach und überall sitzen wärmehungrige Menschen draußen vor den Läden – unwissend ob der Tatsache, dass sie den heißesten Teil des Tages leider dennoch grad verpasst haben.

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